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inside Jeddah


nff

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Das Thermometer hat die 40°C Grenze schon überschritten und ich sitze noch immer etwas schlaftrunken im Hotelzimmer vor dem Computer und bereite mich auf das Verlassen meines Refugiums vor. Im Rest der Welt genügt vor dem Zuschlagen der Zimmertüre ein Griff in die hintere Jeanstasche um zu überprüfen, ob der Zimmerschlüssel auch wirklich auf Mann ist. Hier in Jeddah, ein Steinwurf von Mekka entfernt, braucht es etwas mehr Vorbereitung.

Zwei A4 Seiten DO’s and DON’Ts, zusammengestellt von unseren Sicherheitsexperten in der Firma, liegen vor mir und wollen genaustens studiert werden.

Schon mit dem ersten Punkt der DO Liste, ‚store valuables in the Hotelsafe’, habe ich meine liebe Mühe. Wie zum Henker soll ich meinen kleinen Computer, meinen iPod, meine 10 DVD’s und das Handy in den 10x10 cm grossen Zimmersafe bringen? Unmöglich!

Der zweite ‚DO-Punkt’ befasst sich mit der Kleiderordnung. ‚Halte dich gefälligst an die Kleidervorschriften der Religionspolizei MUTAWWA!’, so könnte man den fast eine halbe Seite langen Vorschriftenkatalog kurz umschreiben. Das Wichtigste in Kürze: Miss Sixty Jeans - geht nicht, bauchfrei – unmöglich, Shorts – ein Tabu, enge Tights im Fitness – eine Todsünde! Frauen werden gleich nach der Ankunft in die schwarze und bis zu den Knöcheln gehende Abbaya eingekleidet und fühlen sich erstaunlich wohl darin. Motzen hat keinen Sinn, wir sind schliesslich in diesem Land zu Gast und haben uns entsprechend zu verhalten.

Jetzt habe ich aber die Nase von all den Vorschriften voll und schaue, was ich als Ungläubiger in dieser Hotelanlage alles anstellen kann.

Ein Bus fährt zu einem Strand und Männlein und Weiblein ist es dort gestattet, hinter stacheldrahtgesicherten Mauern in europäischen Bikinis zu planschen. Die Sonne brennt senkrecht herunter, kein Schatten weit und breit und selbst Daylong 50 versagt bei diesen misslichen Verhältnissen in Kürze den Dienst. Ich bin übrigens der einzige der Crew, der heute nicht am Strand röstet.

Doch auch sonst bietet das Hotel noch einiges. Im Keller hat es einen gut ausgestatten Fitnessraum mit allem was das Herz begehrt. Statt zum Egelsee hoch zu rennen, kann man Al Jazeera schauend auf dem Laufband die Minuten zählen. Eigentlich könnte man das Gerät statt Laufband auch Depressionsbeschleuniger nennen! Es hat wenige Sportbegeisterte in den Räumlichkeiten, kein Wunder, denn an der Eingangstüre prangt ein goldenes Schild mit der Aufschrift men only.

Der Swimmingpool mit Ausblick auf das Meer und das Restaurant kann mit vielen Anlagen in den Tropen verglichen werden. Es gibt alkoholfreie Drinks, nette Liegestühle, viel Servicepersonal und auch hier ein diskretes, goldenes Schild mit der Aufschrift men only. Der Tennisplatz steht beiden Geschlechtern zur Benützung offen. Es sei aber darauf hingewiesen, dass Kleidervorschriften genaustens befolgt werden müssen. Viel Spass bei diesen Temperaturen!

So sitze ich jetzt wieder in meinen ‚eigenen’ vier Wänden und hoffe, dass die Zeit zum Heimflug so schnell als möglich verstreicht. Es geht noch genau 52 Stunden, ich muss noch zwei Mal schlafen, habe noch 8 ungeschaute DVD, eine ungelesene Weltwoche, iPod Musik für neun Tage, viele Schreibprojekte im Kopf und die undankbare Aufgabe auf den halbjährlichen Check zu büffeln. Langweilig sollte es mir nicht werden, genug vom Land habe ich aber schon alleweil!

 

nff v/o Peter

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tino-dietsche

Hey Peter,

 

und wieder bringst du uns eine Story die man so richtig auffrisst! Da könnte ich gleich seitenweise davon lesen!!

 

Freu mich schon auf den nächsten Teil!!

 

Gruss Tino

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