Markus D. Geschrieben 30. Januar 2005 Geschrieben 30. Januar 2005 Hallo Piloten, ich möchte das Thema "Wetterbriefing" zur Diskussion stellen. Speziell geht es mir um die Interpretation der Wetterberichte um eine Go-/NoGo-Entscheidung zu fällen. Welche persönliche Erfahrungen, Faustformeln, etc. wendet ihr dbzgl. an? Welche Limite (Wind, Sicht, Grossraumwetterlage, etc.) setzt ihr euch bei einem geplanten Alpenflug? Freue mich schon auf einen interessanten Thread ... Ciao, Markus ;) Zitieren
Valkyrier Geschrieben 31. Januar 2005 Geschrieben 31. Januar 2005 Hallo zusammen! Nun, meine Mindestanforderungen an das Wetter sind ganz unterschiedlich, je nach geplantem Flug. Wenn ich mit Paxen (unter umständen noch nie in nem kleinen Flugi geflogen....) in die Alpen möchte, will ich tiptopes Wetter. Will ich aber allein mit dem 152gi "trainieren" gehen, so ist mir ehrlich gesagt ein Wetter "an der Grenze" fast lieber als SkyClear! Eine fixe Grenze hab ich mir eigentlich nicht gesetzt, jedoch ist Wind > 20kt für mich immer ein NoGo-Entscheid. Grüessli Chregu Zitieren
Markus D. Geschrieben 31. Januar 2005 Autor Geschrieben 31. Januar 2005 ... jedoch ist Wind > 20kt für mich immer ein NoGo-Entscheid. Auf welcher Höhe? Ciao, Markus ;) Zitieren
Valkyrier Geschrieben 31. Januar 2005 Geschrieben 31. Januar 2005 @ Markus Touché :rolleyes: ! Hab ich irgendwie vergessen zu präzisieren. Ich meinte den Wind über Grund, sonst hätte ich ja auch am SO bei dem fantastischen Wetter nicht fliegen können :) Noch zu den fixen Grenzen: Selbstverständlich gelten immer die offiziellen Grenzen was Wolkenuntergrenze und Sicht anbelangt, nicht dass ihr mich falsch versteht! Grüessli Chregu Zitieren
Markus D. Geschrieben 31. Januar 2005 Autor Geschrieben 31. Januar 2005 Hallo zusammen, machen wir mal ein kleines aktuelles Beispiel aus meinem Fliegerdasein. Ausgangslage: Alpenrundflug (Start in Samedan) mit PA-28 mit einigen geplanten Passüberquerungen (zwischen 8.000 und 10.000ft Flughöhe). Folgender Wetterbericht liegt vor: Das kraeftige Hoch mit Zentrum westlich von Irland hat sich zum Alpenraum ausgedehnt. Das Tief bei Sueditalien zieht unter Auffuellung suedostwaerts ab. Eine maessig bis starke nordoestlichen Hoehenstroemung fuehrt zunaechst trockene und in der Hoehe etwas weniger kalte Luft heran. Im Laufe des Nachmittags fliesst in den unteren und mittleren Schichten aus Norden wieder etwas feuchtere Luft zur Schweiz. Wolken (Menge, Basis, Obergrenze), Sicht, Wetter: Alpennordseite, Nord- und Mittelbuenden: Meist heiter. Am Juranordfuss bis zum Bodensee und zum Teil auch ins Mittelland uebergreifend 4-7/8 Basis 5000-6000 ft/msl. Im Flachland gebietsweise Dunst mit Sicht von 5-8 km, sonst meist ueber 8 km. Wallis, Alpensuedseite und Engadin: Meist heiter und Sicht ueber 10 km. Im Mittel- und Suedtessin sowie im Oberengadin teilweise etwas Dunst mit Sichtweiten von 5-8 km. Wind und Temperatur Alpennordseite HOEHE GRAD/KT TEMP GROUND Bise, im Osten 3-8kt, im Westen 9-14kt 05000FT 060/020 MS10 10000FT 060/035 MS11 18000FT 050/060 MS24 30000FT 045/080 MS50 39000FT 040/055 MS56 53000FT 010/035 MS61 30000FT 045/080 MAXIMALWIND 35000FT TROPOPAUSE MS61 GROUND NULLGRADGRENZE Wie wäre eure Entscheidung? Ciao, Markus ;) Zitieren
Gast Hans Fuchs Geschrieben 31. Januar 2005 Geschrieben 31. Januar 2005 10000FT 060/035 MS1118000FT 050/060 MS24 Ist normalerweise bei der geplanten Flughöhe ein NO GO. Allerdings hat grad die vergangene Woche gezeigt, dass die Prognosen der Windstärken öfters zu hoch lagen. Daher war und wäre ein Flug nach einem eingehenden Blick auf die ASTA Karten ev. zu rechtfertigen. Voraussetzung: man hat wirklich viel Erfahrung mit Flügen im Relief. Man beachte z.B. den Unfallbericht der HB-OQP, bei dem bereits bei viel weniger Wind als Unfallursache "Der Unfall ist auf die Fortsetzung eines Fluges unter widrigen Windverhältnissen zurückzuführen" konstatiert wird. http://www.bfu.admin.ch/common/pdf/1770 Hans Zitieren
Heinz Richner Geschrieben 1. Februar 2005 Geschrieben 1. Februar 2005 Hallo was mir hier etwas fehlt, ist die Beurteilung des Druckunterschiedes in den Alpen. Gerade bei Nordostwinden besteht meist ein grösseres Nord/Süd-Gefälle. Ich beziehe in erster Linie diesen Wert in meine Ueberlegungen für einen Alpenflug ein. Gruss Heinz Zitieren
Gast Hans Fuchs Geschrieben 1. Februar 2005 Geschrieben 1. Februar 2005 Weiterer Windunfall: http://www.bfu.admin.ch/common/pdf/1751 Auch hier waren die unfallauslösende Winde erstaunlich schwach. Ich selber habe schon mal bei höchstens 15 Knoten Südwind etwa 1800 Fuss Sinken nördlich der nahegelegenen Gamchilücke (Übergang Kiental zum Kanderfirn) angetroffen. Hans Zitieren
BH47 Geschrieben 1. Februar 2005 Geschrieben 1. Februar 2005 Ich selber habe schon mal bei höchstens 15 Knoten Südwind etwa 1800 Fuss Sinken nördlich der nahegelegenen Gamchilücke (Übergang Kiental zum Kanderfirn) angetroffen. Da müssen aber zusätzlich noch erhebliche Temperaturunterschiede im Spiel gewesen sein, sonst ist das ja fast nicht möglich. Wohlbemerkt, fast nicht möglich .... Darum: Vorsicht, in den Bergen ist nichts unmöglich. Grüessli Joachim Zitieren
Markus D. Geschrieben 1. Februar 2005 Autor Geschrieben 1. Februar 2005 Hallo zusammen, der von mir publizierte Wetterbericht stammt vom So., 30.1.2005. Am Sa., 29.1.2005 herrschte eine sehr ähnliche Wetterlage. Ich war übers Wochenende in Samedan und wollte am Sa., 29.1. einen Flug von Samedan nach Bozen (mit Fluglehrer wegen Alpenflugtraining) unternehmen. Aufgrund der 35kts auf 10000ft habe ich von dem Flug abgesehen. Auch die Schilderungen (deutliche Turbulenzen) meines Fluglehrers, welcher am Vormittag mit einer PC-12 unterwegs war, haben mich in meiner Entscheidung bestätigt. Am Nachmittag schien laut ASTA der Wind auf den umliegenden Gipfeln etwas nachzulassen. Am 30.1. wurden sehr ähnliche Windverhältnisse gemeldet (siehe oben) jedoch schienen mir diese subjektiv etwas zu hoch .... konnte das aber nur vom Boden aus beurteilen. Welche "Faustregeln" bzw. Grenzwerte (Druckgefälle N/S, Windlimite, etc.) zieht ihr nun in eure Überlegungen ein? Ciao, Markus ;) Zitieren
Markus D. Geschrieben 1. Februar 2005 Autor Geschrieben 1. Februar 2005 Weiterer Windunfall:http://www.bfu.admin.ch/common/pdf/1751 Hallo Hans, der Unfallbericht gibt mir schon zu denken. Das könnte mir jederzeit genauso passieren. Wie kann man dem entgegnen? Sind nun wirklich jahrzehntelange Alpenflugerfahrung mit entsprechenden tiefen Kenntnissen über die regionalen Wetter- und Windlagen notwendig um diesem Risiko zu entgehen? Ciao, Markus ;) Zitieren
joh-k Geschrieben 1. Februar 2005 Geschrieben 1. Februar 2005 Hallo zusammen. Sehr interessantes Thema, welches ich gespannt mitverfolge, mangels eigener diesbezüglicher Erfahrungen jedoch mehrheitlich lieber als Zuschauer. ;) Der Bericht Nr. 1751 ist hochinteressant. Ich habe ihn jetzt vollständig durchgelesen und ich bin der Meinung, dass er am Flightsafety-Seminar in Hergiswil ziemlich ausführlich thematisiert wurde; abgebrochene Suchaktion, die nach der Vermisstmeldung aus Grenchen spätabends wieder aufgenommen wurde, kommt Euch das nicht auch bekannt vor...? Etwas an dieser Situation und Wetterlage fällt mir auf: Wind: Auf 3500m/M aus ca. 140° mit 15-20kt ... Die Flughöhe von ungefähr 10'000ft AMSL, die das Flugzeug zum Zeitpunkt hatte, verlieh ihm gegenüber dem Fründenjoch eine Höhenreserve von rund 200ft oder 60m. Um bei Fallwinden und Turbulenzen einen Pass noch sicher überfliegen zu können, ist allerdings ein mehrfaches dieses Wertes notwendig. Mit 140° herrschte m.o.w. Südwind, was doch heisst, dass auf der Alpenkamm-Nordseite mit Bergwind zu rechnen ist und in Passnähe ein Höhenverlust einberechnet werden sollte. Warum also so tief? Hat er diese Windverhältnisse beim Meteo-Briefing ev. noch gar nicht erkennen können? Die Dienstgipfelhöhe der PA 28 wird mit 14'000ft angegeben. Alleine an Bord mit 2:50h Endurance war die Steigleistung (abgesehen vom Wind, da er das Climbing ja weit vorher hätte ausführen sollen) wohl kaum seine Überlegung... Was denkt Ihr darüber? Gruss Johannes EDIT: Grammatik ;) Zitieren
BH47 Geschrieben 1. Februar 2005 Geschrieben 1. Februar 2005 Sind nun wirklich jahrzehntelange Alpenflugerfahrung mit entsprechenden tiefen Kenntnissen über die regionalen Wetter- und Windlagen notwendig um diesem Risiko zu entgehen? Nein sicherlich nicht. Aber: Limite für generelle Windstärken und Richtungen lassen sich nur sehr sehr schwer prognostizieren. Es hat einfach zu viele Faktoren. Die einfachste Regel lässt sich aber fast immer umsetzen. Das ist eben eine ausreichende Pass- oder Kretenüberhöhung. Wobei ich die schulmässigen 1'000ft eher für sehr konservativ halte. Die andere Regel ist eben über ein genügend leistungsfähiges Flugzeug zu verfügen. Wenn eine PA28 bei 10'000ft bereits Atemnot hat und sich mit 200-300ft hochquält, so ist das alles andere als ein Sicherheitspolster. Eine weitere Regel ist der geplante Flugweg. Dieser sollte immer, und gar immer, einen freien Fluchtweg in tiefere Lagen ermöglichen. Nein, ich will keine verbindlichen Tipps oder ähnliches geben, aber einige kleine Grundregeln haben immer wieder gut getan. Wenn man diese auch bei vermeintlicher Windstille einhält, so ist man zumindestens nicht auf der schlechten Seite. Tastet Euch langsam an die Limite heran. Jeder weitere Flug ist dann eine weitere Erfahrung und ein Mosaiksteinchen des Wissens und der Sicherheit. Grüessli Joachim Zitieren
Heinz Richner Geschrieben 2. Februar 2005 Geschrieben 2. Februar 2005 Hallo ich war am 30.1.05 nach Süden ( Grimsel / Gotthard ) unterwegs. Wir hatten auf 13'300ft im Schnitt 45 Knoten aus Nord bis Nordost. Als grössere 'Unannehmlichkeit' empfand ich die 9 Hectopascal Druckdifferenz von Nord nach Süd. Aus diesem Grunde habe ich diese Flughöhe gewählt, dies war in etwa die 'Holpergrenze'. Wie Joachim sagte, für mich ein weiterer Mosaikstein in Erfahrung für Alpenflüge. Gruss Heinz Zitieren
BH47 Geschrieben 2. Februar 2005 Geschrieben 2. Februar 2005 Das untenstehende Bild zeigt in etwa die Flugsicht und Höhe des verunfallten Piloten. Der von mir eingezeichnete Weg ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der geplante Weg. ... und dann durch die kleine Lücke durch ... :confused: :confused: :confused: Grüessli Joachim Zitieren
Tom - Cat Geschrieben 2. Februar 2005 Geschrieben 2. Februar 2005 Als grössere 'Unannehmlichkeit' empfand ich die 9 Hectopascal Druckdifferenz von Nord nach Süd. Heinz, kannst du diese Aussage noch etwas erläutern? Meinst du damit den resultierenden Wind / Turbulenzen oder die falsche Höhenanzeige oder sonst irgend etwas, was ich noch nicht kenne :007: Zitieren
Heinz Richner Geschrieben 3. Februar 2005 Geschrieben 3. Februar 2005 Hallo ich meinte damit die ausgeprägten Turbulenzen beim Absinken und anschliessenden Rückflug in der Alpensüdhälfte. Der Wind war ja auf 13'300ft mit derselben Stärke, aber eher stabil und ruhig. Unterhalb 12'900 ft befanden wir uns dann nahezu bis Ground im Schüttelbecher. Heinz Zitieren
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