N1 and ITT Geschrieben 29. Dezember 2004 Geschrieben 29. Dezember 2004 Zum 2. Teil. So, meine Herrschaften. Nach mehrjährigem Rumstöbern in diesem Forum und nach ein, zwei Jahren der Mitbesserwisserei ist es nun an der Zeit: Nachdem meine Ausbildung etwas anders beendet wurde, als ich mir ursprünglich vorgestellt hatte, suchte ich eine Weile in der grossen, weiten Welt nach meinem aviatischen Glück. Dieses fand ich ein halbes Jahr später, Anfangs 2002, in Form einer kleinen aber feinen „Bedarfsfluggesellschaft“, welche sich eben daran machte zu wachsen. Und wie... Die Erlebnisse dieser Zeit im und beim Flugzeug habe ich wenn immer möglich festgehalten. Diese möchte ich Euch, werte Mit-Flightforümler, nicht vorenthalten. Auch erhalten wir so einen Einblick in eine aviatische Sparte, welche ich zumindest vorher kaum richtig wahrgenommen hatte. Ein Wort der Warnung: Ich bin dem urchig-puritanischen „Spotten“ nicht ganz so zugeneigt wie die Experten in diesem Forum. Deshalb sind die Bilder Chrut und Rüebli drucheinander: Cockpitshots, Photos aus der Ausbildung, Touristen-Phöteli, etc. Aber nun los: Februar 2002 – Cessna Citation II-Kurs in San Antonio Objekt der Begierde: Begonnen hat alles im Februar 2002, als ich – relativ – kurzfristig das Angebot bekam ins Flugzeug zu steigen und in die USA zu düsen, um dort die Cessna Citation II näher kennen zu lernen. Dass mein damaliger Arbeitgeber mich innerhalb von 3 Tagen ziehen lassen musste, war für mich eine den Umständen entsprechend kleine Hürde. Meine Reise nach San Antonio, TX, fand mit einem Swissair-11er statt, welcher sehr bald in die SWISS integriert werden würde. Aber das war damals noch Zukunft... Jedenfalls waren Cockpitbesuche noch möglich und wenn der Copi schon mal muss, muss ein Photo seiner Sitzunterlage her: Und da ich den Captain noch von der Ausbildung her kannte (Zufälle... unglaublich), war die Landung im Cockpit gebongt. Im Buttwil-Slang würde das jetzt wohl heissen: „’Xray-Romeo, Left-hand downwind 09R-full Stopp, tschüss zäme.“: Und da waren wir auch schon im Final. Der Copi fliegt, kämpft.... ... und verliert. Rumsbums. Aber wir sind in Chicago/ORD und dürfen innerhalb von 45 Minuten unseren Anschluss nach San Antonio/SAT finden. Terminal-Zügelchen hin und her und das Gepäck muss ja auch noch mit. Und die gefährliche Schere aus dem Hand-Gepäck muss auch noch in ORD bleiben. In Zürich schein sie nicht als speziell bedrohlich aufgefallen zu sein. Aber wir schaffen’s und sind nach 3 Stunden AA-MD-80 in SAT. Es kann losgehen. Nachdem alle Formalitäten erledigt sind, dürfen wir den sog. Ground Course über uns ergehen lassen. Im Wesentlichen ein durchkauen jedes Systems des Flugzeugs, eins nach dem anderen. Die Instruktoren wissen zwar meist gut bescheid, sind aber didaktisch in der Steinzeit und dementsprechend zieht sich die erste Woche hin. Stimmungsbild Tag 5, 3pm: Dafür geht’s am Montag darauf endlich mit dem Simi los. Die Kiste ist stein-alt: Aber sie läuft und macht Spass und fordert, so wies sein sollte... Die Citation wird je nach Besitzer auf der Käptens-Seite mit analogen Instrumenten oder mit einem EFIS geflogen. Je nach Crew wird der Simi innert 10 Minuten umgebaut. (Siehe die Schrammen unter der HSI auf der linken Seite) Der Copi darf derweil Archäologe spielen und ohne Flight Director und dergleichen Hilfsmittelchen seine Leistung erbringen: Nachdem mein Kollege und ich nach einer Woche den Simi beackert hatten, war der Check auch kein wirkliches Problem mehr. Der eigentliche Spass kam dann einen Tag später, da wir nun noch das Difference-Training auf den Citation Bravo machen durften. Dieser ist standard-mässig mit EFIS auf (Achtung: Luxus!) beiden Seiten ausgestattet: Und auch die Kiste macht auch als Ganzes einen etwas moderneren Eindruck: Ironischerweise hat uns die alte Rumpelkiste namens Citation II-Sim nie im Stich gelassen. Der Bravo-Sim gab schon nach einer Stunde den Geist auf... José und Joe sind ratlos. „What the ...“: Nachdem uns dann ein Swissair A330 über Chicago wieder nach ZRH gebracht hatte, war einen Tag darauf Landetraining angesagt. Die mindestens 5 Landungen sollten uns von ZRH nach Epinal LFSG und wieder zurück führen. Mein Kumpane aus dem Simi flog hin ich zurück und natürlich – wie immer, wenn man zum ersten mal den Chlapf real unter dem Hintern hat – war es nicht gerade windstill... Man beachte den Crab-angle: Jedenfalls kam der Experte und sah doch, dass es gut war... Es konnte ernsthaft losgehen: März 2002 bis April 2003 Fliegen auf dem IIer Zunächst muss ich auf den Unterschied zwischen dem klassischen Iier und dem Bravo hinweisen. Beide fungieren unter dem gleichen Rating C550, sind aber vom Cockpit her meilenweit auseinander. Seht selbst... Cessna Citation II (C550): Cessna Citation Bravo (C550): Die „Probelmatik“: Am Montag Bravo, am Dienstag IIer, am Mittwoch Bravo, .... Es macht die Sache interessant. Schon nach kürzester Zeit hatte ich das Vergnügen, meinen ersten „Samadner“ LSZS fliegen zu dürfen. Mit dem jüngsten Copi und dem – sagen wir – weisesten Käptn der Firma gings durch die Suppe Richtung Bündnerland. Freie Sicht aufs Wolkenmeer! (mit Hilfe des geliebten Y-Flugplanes): Kurz vor Julier reissts auf und der Platz kommt in Sicht. Mit dem typischen High and Fast geht’s im Schweinsgalopp auf die 03 los! (Die dabei nötigen 8is um die Höhe zu vernichten lassen wir jetzt unerwähnt...) Enagdin! Sonne! Schnee! Torte! Punsch! Und in ZRH hat uns 2 Stunden später die Suppe wieder. Welcome back in Zurick... (Schafft die Z-Flugpläne ab!): Und auch der andere Klassiker London-City EGLC steht schon bald auf dem Programm. Den Anflug muss ich regulations-bedingt dem Herren links überlassen. Dafür darf ich Phötele. 5.5° die Ebene runter sieht schon krass aus...: Und all zu lange ist das Pistchen ja auch nicht... Aus Murmeln sitzen, nennt man das: Der Rückweg beschert uns die wohl unglaublichste Sunset-Reihe. Vom TOD bis zum APP in ZRH einfach traumhaft... FL280 descending: FL240 passing: Die letzten Strählchen: Einflug in die Schichten: Und in bekannten Gefilden, ungefähr bei Leibstadt: Dazwischen bescheren uns der Dispatch so interessante Orte wie z. Bsp. Lviv UKLL in der Ukraine. Da der Sommer um sich greift, beginnt sich die fehlende APU bemerkbar zu machen. Es wird heiss... Aber seht selbst: In Lviv bringt uns der Tankwagen „Bestes russiches Petrol, chachacha!“: Und im sehr nahen Ivano-Frankivsk UKLI sind die beiden Herren der Flughafen-Verwaltung kaum mehr vom Flugzeug wegzubringen... Dafür laden sie uns zum Borschtsch-Essen ein.: In Mykolaiv UKON sind etliche A/Cs abgestellt. Unter anderem Hunderte (wirklich: Hunderte!) von AN-2. Leider alle im selben schlechten Zustand wie dieser Vogel hier. Kein Wunder bei 35°C im Sommer und wohl unter Null im Winter... Auch eine IL-76 wartet auf Kundschaft. Die Mannschaft verbringt die Wartzeit (zum damaligen Zeitpunkt zwischen 1 bis 3 Wochen) im Flugzeug. Der Campingwagen von Chris von Rohr muss im Inneren wohl ähnlich aussehen... Auch die Kommandobrücke des 76ers wird als Wäschetrockner verwendet. Für das Photo werden wenigstens die Unterhosen versorgt: Ein paar Tage später ist Kharkiv UKHH unser Ziel. Der Flughafen ist ein typischer Sowjet-Bau und gleicht den Airports in anderen Städten der Ex-Sowjetunion aufs Haar: Unsere Unterkunft im Nahen Aeroport-Hotel ist zwar very basic, aber erfreulich sauber. Obwohl ich schon eine Massage-Dusch-Brause erwartet hätte: Die Kantine für unser Nachtessen macht erst auf unser Drängen auf. Aber die einzige Angestellte ist dann umso netter und mit dem Zeigefinger und allerlei Faxen kommen wir zu unserem Essen. Ein heikler Esser darf man in diesem Beruf ohnehin nicht sein...: Viele der Hotels in der Ukraine waren und sind wohl heute noch selten als Hotel im Gebrauch. Die meisten Zimmer dienen als Wohnung für mehrere Personen. Mein Captain und ich waren jedenfalls das Ereignis der Woche oder sogar des Monats in diesem Hotel. Es mag etwas „kolonialistisch“ klingen, aber jeder Bewohner dieses Hotels wollte uns regelrecht begaffen. Und das natürlich unter grossem Gekicher und Mit-Händen-und-Füssen-Kommunizieren... Bis dann die Etagen-Matrone den Pulk aufgelöst hat und wieder Ruhe einkehrte. Was ich zu dieser Erfahrung immer wieder sage: Wir leben kaum 1000km von der Ukraine entfernt, aber es ist eine ganz, ganz, ganz andere Welt... Für mich noch heute ein höchst interessanter und gleichzeitig nachdenklich-machender Gedanke... Zum Schluss unseres Trips im Osten gings noch nach Nyiregyhaza LHNY (Preis für den, der das 10x hintereinander fehlerfrei aussprechen kann...). Die Piste ist gerademal 3200ft lang. Es langet grad... Hier ist der Captain mit dem lokalen Fliegernachwuchs ins Gespräch vertieft: Der anschliessende Take Off war natürlich auch was für die stählernen Nerven. Wobei es privat und nach AOM vorig reicht, aber trotzdem... Dafür beschert uns der Rückweg über Berlin EDDI wiedermal einen sunset der Sorte: „Aber bitte mit Sahne...“: Soweit mal die Zeit mit dem Citation II. Die nächsten Tage dürften die Zeit von März 2003 bis ungefähr heute ans Tageslicht befördern. Dabei ist auch ein Flugzeugwechsel zu verzeichnen... Für Interessantes ist also gesorgt. Viel Vergnügen und bis bald, Greg Zum 2. Teil. Zitieren
Urs Lippuner Geschrieben 29. Dezember 2004 Geschrieben 29. Dezember 2004 Greg In mehreren zeitlichen und geografischen Sprüngen geht's durch deine Erfahrungen und Erlebnisse, es ist ein Vergnügen. Dein knapp-prägnanter Schreibstil ist dann noch der Zucker auf dem Guetzli. Oder so. Vier Sterne: Besten Dank Gruss, Urs Zitieren
MikeW Geschrieben 29. Dezember 2004 Geschrieben 29. Dezember 2004 Wirklich ein sehr spannender und gut gemachter Bericht!! Ein weiterer klasse Einblick in die Business-Aviation! Ich freu mich jedenfalls schon auf den Nächsten!! :) Schönen Gruss, Michael Zitieren
Danny C172 Geschrieben 29. Dezember 2004 Geschrieben 29. Dezember 2004 Hi Greg Super Bericht mit super Fotos - ich beneide Dich um Deinen Job. Als Ostblock-Fan hat mir die Story natürlich besonders gut gefallen und Du hast schon recht: Ein Flug nach Russland oder in die Ukraine ist wie eine Zeitreise in eine andere Welt. Auf der anderen Seite zeigt es mir auch jedes Mal wieder wie veramerikanisiert wir in der Schweiz eigentlich sind. Gerade kulturell (wie Literatur, Ballett, klassische Musik u.ä.) hat uns die ehemalige Sowjetunion vieles voraus und obwohl der Wohlstand nicht so gross ist wie bei uns, stehen die Menschen für Werte wie die Familie noch ein. Ich freue mich bereits auf Deine weiteren Berichte und wünsche Dir stets many happy landings. Daniel Zitieren
Robin Geschrieben 29. Dezember 2004 Geschrieben 29. Dezember 2004 Hi Greg, sehr spannend geschrieben und auch sehr schöne Fotos. Wir warten schon gespannt auf den 2. Teil. :008: Zitieren
cirrus Geschrieben 29. Dezember 2004 Geschrieben 29. Dezember 2004 hi Wisi und Greg, dachte mir auch, dass mir dieses Fliegerle doch bekannt vorkommt?! Kenne noch jemanden, der bei Servair fliegt. Cool! Gruss Raphael Zitieren
Thomas Geschrieben 29. Dezember 2004 Geschrieben 29. Dezember 2004 Hallo Greg, Danke für diesen interessanten, unterhaltsam geschriebenen Bericht von Destinationen, die ich sonst nur als AN24/74/12-Ziele kenne, wenn auch leider nicht persönlich ("Carga? No prroblem, ve cann arrrange..") Ich freue mich schon auf den zweiten, dritten, vierten, ... n-ten Teil :) Gruss, Thomas Zitieren
Silvan Geschrieben 29. Dezember 2004 Geschrieben 29. Dezember 2004 Super Bericht!!!!!!! BITTE AN ALLE BUSINESS-PILOTEN : MACHT BITTE MEHR FLUGBERICHTE VON EUREN FLÜGEN!!!!! Ich möchte wirklich mal genau in einen Alltag eines Business Piloten reinschauen könnten, um entscheiden zu können, ob mir sowas als Beruf gefallen würde... :D :D :D Silvan Zitieren
Gabriel-ZRH Geschrieben 29. Dezember 2004 Geschrieben 29. Dezember 2004 hallo greg wunderbarer bericht. ich konnte mir zeitweise das lachen nicht mehr verkneifen :) :) :) übrigens was ist der preis wenn ich Nyiregyhaza 10 mal richtig ausgesprochen habe? :rolleyes: :rolleyes: mach weiter so mit den berichten. einfach genial gruss gabriel Zitieren
Micky Miranda Geschrieben 29. Dezember 2004 Geschrieben 29. Dezember 2004 Hi Greg Danke fürs mitnehmen, wirklich hochinteressant, wo Ihr Businesspiloten Euch so rumtreibt ;) Gruess Jimmy, der gerne mehr sieht.... :009: Zitieren
Lorenz EDSB Geschrieben 30. Dezember 2004 Geschrieben 30. Dezember 2004 :007: Mehr davon! Vielen Dank! Gruss Zitieren
N1 and ITT Geschrieben 30. Dezember 2004 Autor Geschrieben 30. Dezember 2004 @Wisi "Vielen Dank für den Einblick in Deine Ausbildung bei (Servair..????)" Ich kann ja nicht gut "no comment" sagen... :rolleyes: "Sind wir jetzt also schon zu viert in der Business Szene tätig.." Ich denke, NJ bietet dir ähnliche Szenen und Erfahrungen? @Gabriel Kus Eine original Ungarische Bockswurst. (Herstellungsdatum ca. Jun 2002) @alle Zu viel der Ehre! Danke! Greg Zitieren
Gabriel-ZRH Geschrieben 31. Dezember 2004 Geschrieben 31. Dezember 2004 hallo greg @Gabriel Kus Eine original Ungarische Bockswurst. (Herstellungsdatum ca. Jun 2002) Greg also also... dann werde ich wohl nicht üben, bis ich Nyiregyhaza 10 mal richtig ausprechen kann... :D :D dachte nicht an was essbares.. gruss aus zürich gabriel kus Zitieren
Ka6Cabrio Geschrieben 18. Oktober 2013 Geschrieben 18. Oktober 2013 Servus zusammen, der Bericht ist echt stark. Leider kann ich die Bilder aber nicht sehen? :003: Habe es schon mit mehreren Browsern versucht, aber leider werden die Bilder nie angezeigt. Habt ihr eine Idee, woran es liegen könnte? Grüße Michael Zitieren
MichaDF Geschrieben 18. Oktober 2013 Geschrieben 18. Oktober 2013 Das liegt sehr wahrscheinlich daran dass der Beitrag und die Bilder vor neun Jahren aufgeschalten wurden. Deshalb dürften die Bilder in der Zwischenzeit aufgrund ihres Alters gelöscht worden sein. ;) Zitieren
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