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GPS-Nutzung unter IFR


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Geschrieben

Hallo Spezis

 

Man sieht ja immer häufiger IFR-taugliche GPS-Empfänger in GA-Flugzeugen eingebaut. Dazu eine Frage: Unter der Voraussetzung, dass diese Geräte auch tatsächlich IFR-zugelassen sind, was ist eigentlich in der Schweiz, bzw. in Europa, der heutige Stand der GPS-Nutzung unter IFR? Insbesondere:

  • Einsatz von GPS für En Route und Terminal Navigation?
  • "Direct" Routes?
  • GPS Approaches?
  • Overlay Approaches?
  • Substitution von RNAV, DME, VOR und NDB durch GPS-Fixes?
  • LNAV, VNAV, LPV?

 

Vielen Dank,

Heinz

Geschrieben

Hy Heinz.

Das GPS-Signal wird bei Flugzeugen mit FMC schon jetzt zur Positionsberechnung mit herangezogen.

Für den Approach ist GPS mit ca. 15m Genauigkeit (mit DGPS 3m) vielleicht noch tolerierbar, aber für

Autoland wäre auch ein DGPS alleine noch zu ungenau.

 

Ingo

Geschrieben

Danke, Ingo, für deine Antwort. GPS wird also offenbar "mit herangezogen", aber noch nicht exklusiv für die Navigation verwendet, stimmts? Gibt es denn schon GPS-Approaches oder andere Anwendungen, wo GPS als exklusives Navigationsinstrument unter IFR verwendet wird, bzw. werden darf? Gibts Pläne dafür?

 

Vermutlich ist die Antwort "Nein" (oder "Jein"), aber sicher können die Experten hier im Forum eine zuverlässigere Antwort geben.

 

Danke,

Heinz

Geschrieben

GPS wird seit der Einführung von RNAV insbesondere von GA-Flugzeugen häufig als primäre und einzige Navigationsart benutzt. GPS ist das einzige RNAV-taugliche System, das erschwinglich ist und somit in einem Kleinflugzeug verwendet werden kann. Dies wurde nötig, seit ab FL100 RNAV obligatorisch ist. Somit muss ein IFR-ausgerüstetes Flugzeug (auch wenn es eine Piper Warrior ist) ein IFR-taugliches GPS haben (natürlich nur, sofern keine anderen RNAV-Systeme vorhanden sind).

 

Meines Wissens darf GPS als alleiniges Navigationsmittel heute ausschliesslich zur en-route-Navigation verwendet werden (evtl. falls dafür zertifiziert auch für 'terminal-RNAV'???).

Geschrieben
...GPS wird also offenbar "mit herangezogen", aber noch nicht exklusiv für die Navigation verwendet, stimmts?...

Der FMC benutzt GPS-, IRU-, VOR-. DME- und LOC-Signale. Aus all diese Signalen wird ein Mittelwert gebildet.

Allerdings werden nicht alle Signale gleich stark berücksichtigt. Je nach Signalstärke und Genauigkeit

fließen die Signale mehr oder minder in die Berechnung ein.

 

 

...Gibt es denn schon GPS-Approaches oder andere Anwendungen, wo GPS als exklusives Navigationsinstrument unter IFR verwendet wird, bzw. werden darf? Gibts Pläne dafür?...

Ich kann da nur in Bezug auf den Final Approach Antworten:

Nein, denn 3 Meter mögliche Höhendifferenz (bei DGPS) ist für Autoland einfach Unakzeptabel. Einen RA mit einer Genauigkeit im einstelligen cm-Bereich (und kleiner) kann GPS nicht ersetzen.

 

 

 

...aber sicher können die Experten hier im Forum eine zuverlässigere Antwort geben...

Ich hoffe, das sich noch mal ein Avionik-Experte zu diesem Thema äußert, denn ich schöpfe hier nur aus Mechanikerwissen und gerade absolvierten EASA Modul 11.5

 

Ingo

Geschrieben

Nein, denn 3 Meter mögliche Höhendifferenz (bei DGPS) ist für Autoland einfach Unakzeptabel. Einen RA mit einer Genauigkeit im einstelligen cm-Bereich (und kleiner) kann GPS nicht ersetzen.

 

Stimmt so nicht ganz.

 

Beim Autoland wird in der Endphase, also Abflachen und Aufsetzen, die vertikale Navigation nicht mehr durch das GS-Signal (oder eben GPS) bestimmt, sondern durch die Radiohöhe.

 

So kann z.B. beim Airbus der Gleitwegsender oder -empfänger unter 100 ft total ausfallen, das System führt die Landung dennoch normal durch, ein Go Around ist nicht erforderlich.

 

Dasselbe gilt übrigens unter 15 ft auch für den Localiser; die laterale Navigation wird in diesem Fall durch die Trägheitssensoren übernommen.

 

Gruss

 

Ruedi

Geschrieben

@Ruedi

Ich verstehe nicht, was an meiner Aussage "nicht ganz" stimmen soll. **confused**

Das "Nein" galt ja der Frage, ob GPS exklusiv verwendet wird.

Das gleiche lese ich aus deiner Ausführung.

 

 

Ingo

Geschrieben

Hallo Ingo

 

Nicht, dass deine Aussagen inhaltlich falsch sind, es ist vielmehr eine Definitionsfrage.

 

In der Tat gibt es meines Wissens in Europa (noch) keine publizierten GPS- Approaches.

 

In deinem von mir zitierten Satz setzt du den Final Approach (auch ein NDB-App. ist ein Final- App) einem Autoland gleich, und hier habe ich angesetzt.

Alle bisher operationellen oder demonstrierten automatischen Landeverfahren, basierend auf ILS, MLS, DGPS oder GCA benötigen schlussendlich den Radiohöhenmesser, da die verwendete Navigationshife für den touch-down selbst keine brauchbaren Daten mit der nötigen Genauigkeit mehr liefert.

 

Somit ist es sinnlos, die Genauigkeit von DGPS gegen die des RA aufzurechnen, da beide Systeme "zu gegebener Zeit", also sich ergänzend zum Einsatz gelangen.

Wenn somit eines Tages GPS Low Minima Approaches mit AL zugelassen werden, wird der "Autoland-Teil" mit Sicherheit auf Radiohöhe basierend und nicht aufgrund von GPS Daten geflogen werden.

 

Gruss

 

Ruedi

Geschrieben

Sorry wegen meiner falsch gewählten Definitionen, aber ich bin nur ein Schrauber und kein Pilot (auch nicht FS). :(

Ingo

Geschrieben

In der Tat gibt es meines Wissens in Europa (noch) keine publizierten GPS- Approaches.

 

da muss ich dich berichtigen, in LOWW (Jeppesen 18-10 29AUG03) gibts eine 16 GPS Chart, somit auch einen GPS-Approach :)

 

lg, alex

Geschrieben

Wir kommen der Sache näher...

 

@Urs:

Interessant, dass GPS-Geräte doch auch in Piper Warriors & Co. für IFR zugelassen sein können. Du würdest (und dürftest) also als Controller einem solchen Piper "Cleared direct WIL" geben, selbst dann, wenn WIL OTS ist? Wie wärs mit "Cleared VOR/DME 16 Approach" wenn das VOR und/oder DME nicht funktioniert? Das gienge dann vermutlich aber nicht, wenn ich dich richtig verstehe.

 

@Ingo & Ruedi:

GPS-Approaches und Autoland sind schon zwei verschiedene Dinge (insbesondere bei Piper Warriors!). Es gibt in den USA bereits etwa 5000 publizierte GPS Approaches, aber das sind Non Precision Approaches, häufig für kleine Airports ohne andere Navaids. Es gibt dort zwar auch schon GPS Precision Approaches, aber die haben vorläufig noch leicht höhere Minima als ein ILS Cat I. Solche Approaches basieren nur auf GPS (inkl. RAIM und WAAS), ohne elektronische Hilfen am Boden. Das ist ja auch das Ziel, auf die Elektronik am Boden verzichten zu können.

 

@Alex:

Respekt vor Österreich, ich staune, ehrlich!

 

Danke,

Heinz

Geschrieben

@Urs:

Interessant, dass GPS-Geräte doch auch in Piper Warriors & Co. für IFR zugelassen sein können. Du würdest (und dürftest) also als Controller einem solchen Piper "Cleared direct WIL" geben, selbst dann, wenn WIL OTS ist? Wie wärs mit "Cleared VOR/DME 16 Approach" wenn das VOR und/oder DME nicht funktioniert? Das gienge dann vermutlich aber nicht, wenn ich dich richtig verstehe.

 

Heinz,

 

Ich habe lediglich die Aussage gemacht, dass in gewissen Flugphasen GPS als alleiniges Navigationsmittel eingesetzt werden kann. Nämlich in den Flugphasen, in denen RNAV-tauglichkeit obligatorisch ist, denn ich muss den Flug ab jeglicher Position direkt TELNO, DITON oder was auch immer clearen können.

 

Dies beinhaltet aber nicht, dass auf die Minimalausrüstung die VOR/ILS-Empfänger, ADF usw. verzichtet werden kann. Diese (auf Radionavigation basierend) müssen in jedem IFR-zugelassenen Flugzeug vorhanden und funktionstauglich sein. Das GPS ist grundsätzlich eine zusätzliche Option.....faktisch Pflicht, wenn höher als FL90 geflogen werden soll (es sei denn, ich wiederhole mich, es existiert eine andere RNAV-taugliche Lösung.....die alten DC9 der Scandinavian haben (oder hatten???) kein GPS, ihr RNAV-System basierte komplett auf Radionavigation).

 

Wenn ich in einer Flugphase, in der das GPS zur Navigation benutzt werden darf, eine clearance auf eine Radionavigationshilfe gebe ist es meinem Verständnis nach dem Piloten freigestellt, wie er dahin gelangen wird - per VOR oder GPS - er muss es nur sicherstellen. Jeder verantwortungsbewusste Pilot wird aber, gerade in GA-Flugzeugen, ständig ein Radionavigations-Backup sicherstellen indem er umliegende VOR's eingedreht hat.

Beispiel: Eine Archer Genf-Bern, welcher mich auf FL100 aufruft. Ich gebe ihm 'direct BER NDB', er kann das per GPS oder ADF anfliegen. Dann gibt's ein 'direct BIRKI'...zwar eine Intersection, welche auch konventionell anfliegen kann, sofern man von der 'definierenden' Radionavigationshilfe her kommt - da er aber irgendwo im 'Kakao' ist kommt nur das GPS in Frage. Dann gibt's von Bern APP einen NDB-Approach. Da GPS für diese Flugphase nicht mehr zugelassen ist kommt nur der ADF in Frage, GPS darf zur Navigation nicht benutzt werden!!! Ein Kontrollieren der Position per GPS kann ihm aber niemand verbieten.

 

En-Route geben wir häufig 'direct DJL', auch wenn's momentan nicht funktioniert. Ein Flugzeug auf FL100 und darüber muss ein VOR anfliegen können, ob's jetzt läuft oder nicht. Hingegen dürfen wir einem Flugzeug auf FL90 nie eine ausgeschaltete Navigationshilfe als Route geben, denn unter FL100 ist RNAV nicht nur nicht obligatorisch, sondern nicht erlaubt. Somit muss per Radionavigation geflogen werden.

 

Sollte ein Experte den Mut haben mich zu korrigieren: Nur zu! ;)

Geschrieben
Achtung: Niveaueinbruch :)

Was bedeutet RNAV?

RNAV = Area Navigation

 

Bedeutet im Prinzip nichts anderes, als die Fähigkeit, dass ein Flugzeug von jedem Ort der Welt einen beliebigen Punkt ansteuern kann, der nur durch Koordinaten definiert ist... Das ganze auf 1 Meile genau, und es ist in Europa Pflicht, wenn man über FL100 IFR fliegen will... oder so :)

 

Ansonsten hilft auch die Suchfunktion weiter, damit findet man viele Interessante Threads über RNAV ;)

 

mfg

 

 

Joseph

Geschrieben

Da ich Nachtschicht habe und in einer Pause bin erkläre ich RNAV mal kurz (obwohl sicher schon mal erklärt im Forum ;) ).

 

Fangen wir mal mit dem 'Vorläufer' an: der Radionavigation (bis vor ca. 5 Jahren noch ausschliesslich angewendet):

Dabei wird nach Radionavigation (VOR, NDB, ILS, DME) navigiert. Navigationshilfen können dabei von einem beliebigen Punkt angesteuert werden, Intersections aber (definiert durch Radiale zweier VORs oder ein Radial kombiniert mit DME) können nur angeflogen werden, wenn man auf dem entsprechenden Radial etabliert ist....somit nur direkt, wenn man die Station überflogen hat oder auf dem richtigen Kurs darauf ist.

 

RNAV (Wie schon gesagt: Area Navigation) ermöglicht, einen beliebigen Punkt ab einer beliebigen Position anzufliegen. Natürlich können das auch Intersections sein (der HB-PID des AeroClub Genf hat z.B. ein RNAV-taugliches System, an welchem das Radial und die Distanz des VORs eingegeben werden kann....danach kann die Intersection wie ein VOR mittles CDI angeflogen werden - BRNAV (basic area navigations) System). Hinzu kommt aber die Möglichkeit, einen beliebigen Waypoint (definiert nur durch Koordinaten )anzufliegen.

 

Für RNAV muss grundsätzlich die Position bekannt sein (per GPS, INS, Koppelnavigation von VORs und Vergleich mit einer Datenbank...z.B. bei den vorher zitierten DC9) - plus muss eine Datenbank vorhanden sein, in der die Waypoints gespeichert sind.

 

Alles klar??? ;)

 

PS: Kleine Korrektur an Joseph: RNAV ist nicht obligatorisch für IFR über FL100, sondern für IFR ab (also inklusive) FL100

Geschrieben

Hallo Urs,

 

hoffentlich habe ich deine Ausführungen richtig verstanden. Dazu 2 Beispiele:

 

1. Ich fliege den VOR/DME RWY 34-Anflug im LNAV-Modus mit Hilfe der Daten aus der Datenbank des FMC, ohne dass ich eine Anzeige von KLO-VOR habe. Das ist unzulässig.

 

2. Ich fliege den VOR/DME RWY 34-Anflug im LNAV-Modus mit Hilfe der Daten aus der Datenbank des FMC, entscheide aber ausschließlich auf Grund der Anzeige des VOR, ob das Flugzeug den vorgeschriebenen Weg einhält. Das ist zulässig.

 

 

Gruß!

 

Hans

Geschrieben

Hallo zusammen

 

Vielen Dank für die Beiträge; gibt ein gutes Bild der Situation.

 

Heinz

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