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Wie man die Motivation zum ÖV benutzen noch ganz vermiest


ThomasF

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Die SBB liess heute verlauten, dass im ersten Jahr nach dem 'Bahn 2000'-Fahrplanwechsel die Zahl der Reisenden um 7,5 Prozent zugenommen hat; in derselben Pressemitteilung geht die SBB auch auf Qualitätsprobleme ein:

 

Trotz dieser Zahlen zieht die SBB eine selbstkritische Bilanz der zurückliegenden Monate. «Die Pünktlichkeit auf wichtigen Strecken war ungenügend. Zudem hatten wir zu viele Störungen. Und das Störungsmanagement war oft nicht optimal», sagte Benedikt Weibel, «wir müssen die Qualität verbessern.»

 

Die SBB hatte während der zurückliegenden Monate wiederholt mit grossen Störungen und mit Qualitätseinbussen zu kämpfen. Tiefpunkt bildete die Strompanne am 22. Juni 2005, die zum vorübergehenden Zusammenbruch des ganzen SBB-Netzes führte. Aber bereits im Januar und Februar führten ein Stellwerkausfall in Zürich sowie die grosse Kältewelle zu massiven Betriebsbehinderungen, von denen hunderttausende Kundinnen und Kunden betroffen waren. Ende August sorgte zudem das Hochwasser zur vorübergehende Stilllegung der Gotthard- und weiterer Strecken und verursachte Schäden in zweistelliger Millionenhöhe. «Diese Grossereignisse haben aber mit dem neuen Fahrplan und Bahn 2000 nichts zu tun», sagte Weibel.

 

Wie der Leiter Infrastruktur SBB, Hansjörg Hess, ausführte, lag die durchschnittliche Pünktlichkeit auf dem SBB-Netz zwar auch in diesem Jahr über dem von Bund und SBB vereinbarten Zielwert von 95 Prozent: In der Zeit von Januar bis Ende November 2005 erreichten 95,64 Prozent der Züge innerhalb einer maximalen Fahrplanabweichung von weniger als fünf Minuten ihr Ziel. «Das ist aber ein Mittelwert und sagt nicht alles», erklärte Hess. Für die Beurteilung der Qualität seien noch andere wichtige Kennzahlen von Bedeutung, so etwa die Pünktlichkeit pro Linie und Tageszeit, die Zahl der verpassten Anschlüsse und die Zahl der vorzeitig gewendeten Züge und der Zugausfälle. So fielen 2005 auf tausend Züge durchschnittlich zwei bis drei Züge aus, wobei allerdings die Grossereignisse (Stellwerkpanne in Zürich, Strompanne, Unwetter) bei dieser Statistik ausser Betracht gelassen wurden. Auf einzelnen Strecken lag die Pünktlichkeit unter dem Durchschnittswert. Auf der Strecke Zürich–Bern etwa lag die Ankunftspünktlichkeit im September bei lediglich 91 Prozent, zwischen Bern und Lausanne bei 92 Prozent (Ankunft Lausanne) resp. 93 Prozent (Ankunft Bern).

 

Gibt es Zahlen zur Pünktlichkeit der S-Bahn Zürich? Denn der viel zitierte Mittelwert von ca. 95% sagt wirklich äusserst wenig aus.

 

Gruess,

 

Flo

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Würde mich auch interessieren.

 

Ich wage es zu behaupten, dass die Zürcher S-Bahn den Pünktlichkeitsschnitt einiges nach unten drückt.

 

Alleine S14 und S5 sind "zuverlässig" mind. 5 Minuten verspätet - da kommt schon eine anständige Zahl Züge zusammen.

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Gibt es Zahlen zur Pünktlichkeit der S-Bahn Zürich? Denn der viel zitierte Mittelwert von ca. 95% sagt wirklich äusserst wenig aus.

 

Ja, die gibt es, ebenfalls zur Anschlussicherheit. Je nach Wunsch gesamthaft oder aufegteilt nach wichtigen Knoten, Linien oder Regionen. Die automatische Erfassung macht solche Zahlensammlungen ohne grossen Aufwand möglich.

 

Gruss, Michael

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Im Intranet auf Seiten der Betriebsführung. Ich werde allerdings keine Informationen veröffentliche, welche nicht bereits auf offiziellem Wege publiziert wurde. Abgesehen davon wird angesichts dieses Threads schnell klar dass Fakten grundsätzlich hinter Vorurteilen zurückstehen, deshalb ist mir für eine solche Zusammenklauberei auch die Zeit zu schade.

Zitat von mds

Wie sähen wohl die geschönten Verspätungsstatistiken der SBB aus, wenn die Zahl der betroffenen Fahrgäste oder der verpassten Anschlüsse berücksichtigt würde?

Unwissenheit lässt sich bekämpfen, Igrnoranz ist da deutlich widerstandsfähiger.

Eine Anfrage an die Pressestelle (ev. beim Besteller ZVV oder beim Kanton) kann sicherlich Klarheit schaffen.

 

Gruss, Michael

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Im Intranet auf Seiten der Betriebsführung. Ich werde allerdings keine Informationen veröffentliche, welche nicht bereits auf offiziellem Wege publiziert wurde.

 

Also gibts die für die Öffentlichkeit nicht? Publiziert ist auf der SBB-Homepage jedenfalls keine detaillierte Statistik. Das wären doch die interessanten Facts, oder?

 

Gruess,

 

Flo

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Zumindest die (Fach-)presse veröffentlicht manchmal genauere Daten, teilweise auch mit Hintergundberichten und Analysen (Vorsicht: die sind je nach Zeitschrift wenig objektiv). Irgendwo kann man also bestimmt solche Daten erhalten.

 

Gruss, Michael

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Inzwischen sind die Daten bis zum Fahrplanwechsel 11. Dezember abrufbar:

 

http://mct.sbb.ch/mct/infrastruktur/infrastruktur_bahnbetrieb/bf/bf-kennzahlen/bf-kennzahlen-reiseverkehr.htm

 

Mehr Zahlen gibt es ebenfalls unter http://mct.sbb.ch/mct/051209_b21-bilanz_praesentation.pdf

 

Gruss, Michael

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Hoi Michael

es gibt ja auch Gegebenheiten, in denen man eine kleine Verspätung zu einem Zeitgewinn benutzen kann. Funkt so: Vor etwa 2 Wochen eine Fahrt von Schlieren nach Schwerzenbach. S12? kommt pünktlich, wird aber wegen kaputter Lok im Zürichbergtunnel via Oerlikon geführt. Dort angekommen wäre exakt zu dieser Zeit die S14 nach Hinwil abgefahren, da diese aber auf den 4 Kilometern von Zürich ebensoviele Minuten Verspätung hatte, erwischten wir diese noch. Fazit: 15 Minuten früher beim Bier in der Ranch in Schwerzenbach. (Kennt hier irgend jemand dieses feine Restaurant?)

Also, auch abschmörelnde Loks haben ihr Gutes.

Gruss Hans

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Habe vor ein paar Tagen http://www.sbb.ch/prosurf entdeckt und mal ein bisschen geschaut.

Habe gerade vorher mir das ganze mal angeschaut.

 

Zum Thema Pünktlichkeit der S-Bahn.

Und Michael, wenn du jetzt behauptest das stimme nicht, oder das sei gefälscht dann kann ich dir auch nichtmehr helfen :007:

 

sbbbla7qr.jpg

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15 Minuten früher beim Bier in der Ranch in Schwerzenbach. (Kennt hier irgend jemand dieses feine Restaurant?)

Also, auch abschmörelnde Loks haben ihr Gutes.

 

Wenn du im Maschinenraum der Lok etwas vom Duft des "abgerauchten" Kompressors in die Nase bekommen hast hält sich der Appetit danach für einen kurzen Zeitraum leider in engen Grenzen :D, der Besuch von "angeschriebenen Häusern" steht danach nicht auf der Prioritätenliste zuoberst.

 

(Im Ernst, manchmal hat man auch das Gefühl, dass das alte Trafoöl aus der Lok nach mehrjährigem Gebrauch direkt in die Friteusen der Kantine umgefüllt wird... :009: )

 

Gruss, Michael

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Im Internationalen Vergleich stehen die SBB was Pünktlichkeit anbelangt ganz weit oben (Achtung, was da so Froschgrün hervorsticht ist nicht die SBB, die ist eines weiter oben):

 

vergleich4xy.jpg

 

Das ganze bei einer sehr hohen Zugdichte:

 

zugsdichte9kt.jpg

 

und auf einem der komplexesten Netzwerke:

 

komplex7bt.jpg

 

Durch den stetigen Ausbau wird auch die Infrastruktur stärker belastet:

 

ausbau5mi.jpg

 

Und hier die häufigsten Störungsursachen im Bereich der Infrastruktur:

 

grund0mg.jpg

 

Gruss, Michael

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Und hier die häufigsten Störungsursachen im Bereich der Infrastruktur:

 

grund0mg.jpg

Hallo Michael

 

Statistiken lesen war noch nie meine Stärke, darum frage ich mal nach, ob ich diese Grafik richtig interpretiere, und auch gleich eine Frage dazu:

 

Wenn ich es richtig sehe, ist Bern der absolute Schweizermeister im sich verspäten infolge technischen Störungen. Es gibt keinen Balken bei einem anderen Bahnhof, der höher ist. Warum ist dies so? Ist der Bahnhof Bern so veraltet, dass er so viele Störungsverspätungen aufweisst?

 

Vielleicht sollte ich der SBB Führung mal vorschlagen, den Preis des GAs an die Verspätungen anzupassen. Ich behaupte einmal, dass Brig (mein wichtigster Bahnhof) Schweizermeister ist im sich verspäten infolge schlecht abgestimmtem Grenzverkehr, und das Bern (mein zweitwichtigster Bahnhof) wie die Grafik oben zeigt, am meissten Verspätungen wegen Störungen aufweisst. Sollte das GA für diese armen Wartenden nicht billiger sein, als das GA einer Person die zwischen Fribourg und Lausanne regelmässiger pünktlicher verkehrt. :D

 

Na ja. Solange auf der SBB Homepage der Cisalpino von Brig nach Bern die schnellste Verbindung dieser zwei Städte darstellt, solange kann man der Reisedauer auf der Homepage auch nicht glauben, und startet am besten eine Stunde früher, um die Termine einhalten zu können. :rolleyes:

 

Liebe Grüsse

Glücklicher GA-Besitzer Silvio

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Wenn ich es richtig sehe, ist Bern der absolute Schweizermeister im sich verspäten infolge technischen Störungen. Es gibt keinen Balken bei einem anderen Bahnhof, der höher ist. Warum ist dies so? Ist der Bahnhof Bern so veraltet, dass er so viele Störungsverspätungen aufweisst?

 

Nicht zwingend da es sich um verursachte Verspätungsminuten handelt. Bei dichtem Verkehr kann eine Störung also viele Verspätungsminuten ausmachen, während an einem anderen Ort viele Störungen aufgrund von weniger Verkehr (oder besser entflechteter Infrastruktur) weniger Verspätungsminuten verursachen. Dann ist noch die Frage ob Mischbetrieb stattfindet (Güter-, Regional- und Schnellverkehr) oder (mehr oder weniger) eine Trennung stattfinden kann. Je beschränkter die Infrastruktur desto stärker die Auswirkungen.

 

Gruss, Michael

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Ist das jetzt der dritte "Personenunfall" innerhalb von 3 Stunden allein östlich vom "Röschtigraben"??? :002: Ich will es mal nicht hoffen!

 

(Gegen Weihnachten fliegen sie immer besonders tief...)

 

Gruss, Michael

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Ist das jetzt der dritte "Personenunfall" innerhalb von 3 Stunden allein östlich vom "Röschtigraben"??? :002: Ich will es mal nicht hoffen!

 

(Gegen Weihnachten fliegen sie immer besonders tief...)

 

Gruss, Michael

Und die dritte Verspätungswelle des heutigen Tags in Zürich :009:

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Und die dritte Verspätungswelle des heutigen Tags in Zürich :009:

Tsunami?

 

Na ja. Auf der Strasse ist es noch schlimmer, also bin ich trotz Verspätungen mit der SBB glücklich.

 

Ideen, wie man Verspätungen verhindern könnte, wären gefragt. :008:

 

Schönen Morgen, Silvio

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Morgens war es die Übliche Stosszeittragödie, Abends dasselbe (dazu kam ein liegengebliebener Zug in Stadelhofen) und was jetzt ist, weiss ich auch nicht.

 

Ideen, wie man Verspätungen verhindern könnte, wären gefragt. :008: QUOTE]

Es gibt sogar schon Projekte wie zum Beispiel den Bahnhof Löwenstrasse oder mehr Spuren zwischen Effretikon und Winterthur usw. aber der Bund schaut ja lieber, dass auch jedes letzte Kaff noch eine ÖV-Anbindung hat :rolleyes:

 

Dann wäre es mal eine Idee mehr Rollmaterial zur Verfügung zu stellen, dann könnte man auch kürzere Wartungszyklen schaffen und dadurch liegenbleibende Züge, nicht schliessende Türen und was es sonst noch so gibt verhindern.

 

Hätte man dem Bahnhof Stadelhofen 4 oder sogar 5 Gleise gegönnt, so wäre es heute Abend nicht so präkär gewesen.

 

usw...

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...usw...

Mehr Spuren, mehr Wagen, mehr ÖV in Zürich, das habe ich nun mitbekommen, und ich bin mit dir einig, das mehr Kapazität in der Regel immer zu weniger Wartezeiten führt.

 

Aber gerade das "usw" wär interessant. Was gibt es für Möglichkeiten, den ÖV pünktlicher und besser zu machen, ohne riesige Investitionen tätigen zu müssen. Hast du keine Idee, wie man der SBB helfen könnte?

 

Gute Ideen von Schlauen Leuten wie dir sind gefragt. Abgesehen von Projekten die es gibt, dem Bund der nichts macht und Infrastruktur die man bräuchte, die man aber nicht hat, oder sich nicht leisten kann, gibt es doch sicher leicht umsetzbare Lösungen, die in deinem Kopf rumschwirren. Bring die doch mal auf Papier. Ich spühre, dass du die Probleme der SBB lösen könntest.

 

Mein Dank, wenn ich pünktlicher transportiert werde, ist dir sicher. Merci schon mal im Voraus.

 

Liebe Grüsse, Silvio

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Ja das Problem ist ja mehr oder weniger offensichtlich das, dass die Ideen, welche eine Verbesserung bringen ohne grosse Kosten zu verursachen schon aufgebraucht sind und man ohne Infrastrukturausbau garnicht mehr machen kann.

 

Das Geld für die wichtigsten dieser Massnahmen wäre schon vorhanden, aber man bezahlt halt lieber Dinge wie eine Porta Alpina, die zwar niemerten was bringt ausser Prestige, aber immerhin hat man noch ein paar Milliönchen in eine Studie verlochen können, während man andern Orts dem Verkehrskollaps nahe ist...

 

 

PS: Ich kann nur für Zürich sprechen, weil ich nur hier tagtäglich unterwegs bin, aber ich denke nachdem zB in Bern ziemlich in ein "S-Bahn-System" investiert wurde und man schon beginnt neue Tiefbahnhofprojekte zu starten, sollte man zuerst mal dort weitermachen wo es überdringend nötig ist...

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Na ja. Über die verschiedenen laufenden Projekte kann man sich streiten, welches nun wichtig ist, und welches Prestige ist. Da ich sowohl in der Stadt wie auf dem Land wohne, habe ich das Bedürfnis eines möglichst jedes Kaff erschliessenden Netzes. Andere sind Stadtmenschen und brauchen den ÖV nur um innerhalb der Stadt vorwärts zu kommen. Der Bund muss dann entscheiden, welchem Teil der Bevölkerung er nun mehr Gehör schenkt. Damit müssen wir wohl leben, dass er nicht allen alle Wünsche erfüllen kann.

 

Mein provozierender Vorschlag: Jede Person, die den Service des ÖV als zu schlecht anschaut, sucht sich eine Wohnung in der Nähe ihrer Arbeitsstelle, und schaut, dass es dort noch einen Lebensmittelladen hat. Dann kann diese Person locker zu Fuss zur Arbeit und Einkaufen gehen, und braucht den ÖV nicht. :D

 

Sorry. Ich will nicht ketzerisch erscheinen. Auch ich bin nicht immer glücklich mit dem Angebot der SBB. Aber ich hoffe, dass wir irgendwann mal aufhören, mit der Stoppuhr durchs Leben zu rennen, und die Wartezeit wieder dazu nutzen, um einander zu begegnen.

 

So. Jetzt verkommt der Threat zu einem Chat. Ich lasse das Thema mal weiterleben, und melde mich dann irgendwann später mal wieder.

 

Schöne Weihnachtszeit, Silvio

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  • 1 Monat später...

6. Februar 2006, Neue Zürcher Zeitung

Härtetests für neue S-Bahn-Komposition in Wien

Die Tauglichkeit des Desiro-Doppelstock-Triebzugs wird im Klima-Wind-Kanal geprüft

Bis Ende Februar steht ein Desiro-Doppelstock-Triebzug für die S-Bahn Zürich im Rail Tec Arsenal in Wien. Rund um die Uhr wird er auf Zuverlässigkeit und Qualitätssicherung getestet.

 

mc. Die dritte der ab Mai 2006 auf den S-Bahn- Linien 5 und 7 neu eingesetzten Kompositionen durchläuft zurzeit im weltweit einzigen Klima- Wind-Kanal in Wien-Florisdorf ein umfangreiches Testprogramm. Statt einzelner Wagen wird hier der ganze Zug auf sein Verhalten unter Fahrbedingungen geprüft. «Um den Alltagsbetrieb zu testen, können wir jedes Klima der Welt erzeugen», sagt Wolfgang Palz, Geschäftsführer von Rail Tec Arsenal. Mit Regen, Schnee, Eis, Sonnenlicht und Wind werde das gewünschte Wetter geschaffen. Nur so lasse sich das Verhalten von Materialien und Systemen wie Kupplungen und Klimaanlagen vor der Inbetriebnahme realistisch überprüfen. Drei Ziele verfolgt die knapp eine Million Franken teure Testreihe: Es gilt, allfällige Mängel frühzeitig zu erkennen und teure Nachbesserungen zu vermeiden, ein bei allen Witterungseinflüssen zuverlässiges Produkt dem Betreiber abzuliefern und einen thermischen Komfort zu erzielen, der dem Wohlbefinden im Auto vergleichbar ist.

 

Test mit 287 simulierten Passagieren

Um den thermischen Fahrgastkomfort zu bestimmen, richtete das 24-köpfige Team von Rail Tec Arsenal in rund 300 Arbeitsstunden 460 Messstellen im ganzen Zug ein. In zwei Wagen ahmte es ein Klima mit 287 Fahrgästen nach, und zwar mittels Heizmatten und Luftbefeuchtern, welche die Atemluft sowie die natürliche Wärme- und Feuchtigkeitsabgabe simulieren. Gemessen wird die empfundene Wärme im gesamten Raum, am Boden, auf Knie- und Kopfhöhe. Dabei sollte der Unterschied zwischen den Extremwerten bei einer anvisierten Wagen-Innentemperatur von 22 Grad Celsius im Winter und 27 Grad Celsius im Sommer nicht mehr als 3 Grad betragen. Während der warmen Jahreszeit ist fürs Wohlbefinden entscheidend, ob die Klimaanlage genügend Luftfeuchtigkeit auszuscheiden vermag. Ebenfalls geprüft wird die Luftzirkulation, eine in Doppelstockfahrzeugen erfahrungsgemäss sehr heikle und individuell stark unterschiedlich empfundene Komponente.

 

Die Funktionstests finden bei Aussentemperaturen von minus 20 bis plus 32 Grad Celsius und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent statt. Variiert wird mit einer Fahrgastbesetzung von 0 bis 100 Prozent, die Sonne strahlt mit bis zu 500 Watt pro Quadratmeter ein, und der Fahrtwind beträgt 140 Kilometer pro Stunde, was der Maximalgeschwindigkeit des Doppelstock-Triebfahrzeugs entspricht. Regen fällt wahlweise in Tröpfchen oder prasselt wolkenbruchartig nieder. «Wir bilden die Natur realistisch nach», fasst Gabriel Haller, der technische Direktor, die Testmöglichkeiten zusammen.

 

Ein straffes Programm

Während der gut fünf Wochen im Klima-Wind- Kanal finden ebenfalls eine Reihe von Kontrollen beweglicher Teile der Züge statt. Einstiegstüren und Schiebetritte müssen auch bei widrigen Verhältnissen wie Eisbefall und Schneetreiben reibungslos funktionieren. Die Sicht des Lokomotivführers stellen in der kalten Jahreszeit geheizte und sauber gewischte Scheiben und Rückspiegel sicher. Die Beleuchtung aussen, die Fahrzielanzeigen und das Signalhorn haben ihre Zwecke bei Tag und Nacht, Wind und Wetter zu erfüllen. Schliesslich soll die automatische Kupplung von zwei Kompositionen auch bei Vereisung möglich sein und sollen die Magnetschienenbremsen ihre Aufgabe im Notfall optimal wahrnehmen. Abrupt ändernden klimatischen Bedingungen bei Tunneldurchfahrten, wo extreme Temperaturschwankungen durch die Bergwärme grosse Herausforderungen an die Systeme stellen wie beispielsweise bei rasch schmelzendem Schnee auf dem Fahrzeugdach, soll ebenso Rechnung getragen werden.

 

Der Doppelstock-Triebzug 514003 hat am 10. Januar die Anlage von Rail Tec Arsenal im Nordosten Wiens erreicht. Eine gute Woche dauerte der Messaufbau, und zwei Tage dauerten die Eichungen der Geräte des Klima-Wind- Kanals. Inbetriebnahme und Einstelltests folgten bis am letzten Freitag. Bis 20. Februar finden nun die Abnahmetests statt, die im Merkblatt 553 der UIC, der Dachorganisationen der Bahnen, definiert sind. Für den Abbau der Messtechnik sind rund fünf Tage veranschlagt, so dass die Komposition am 27. Februar den Weg Richtung Schweiz einschlägt. Dem wahren Test stellt sich der Desiro RABe 514 voraussichtlich im April auf der S 14 von Zürich nach Hinwil. Wann das nächste Fahrzeug mit Schweizer Bezug in den Wiener Klima-Wind-Kanal einfährt, steht noch nicht fest. Wolfgang Palz hofft, in absehbarer Zeit die neuen Neigezugkompositionen CIS Due für die Cisalpino AG zu testen, die ab Ende 2007 das Rückgrat des Schienenverkehrs zwischen der Schweiz und Italien bilden.

 

 

Rail Tec Arsenal ist ein international tätiges, unabhängiges Forschungs- und Testinstitut für Schienen- und Strassenfahrzeuge, neue Transportsysteme und technische Einrichtungen, die extremen klimatischen Bedingungen ausgesetzt sind. Es betreibt zwei Klima-Wind-Kanäle von 100 und 30 Meter Länge zur Optimierung des thermischen Komforts in Massenverkehrsmitteln und zur Überprüfung und Verbesserung der Verfügbarkeit sowie der Sicherheit von Systemen in technischen Bereichen. Temperaturen von minus 50 bis plus 60 Grad Celsius, Luftfeuchtigkeit bis 98 Prozent und Windgeschwindigkeiten bis 300 Kilometer in der Stunde lassen sich ebenso simulieren wie Sonnenwärme inklusive UV- Strahlung. Gebaut wurde die Anlage für 65 Millionen Euro vom österreichischen Staat, der sie der Fahrzeugindustrie seit 2003 für 35 Jahre zu einem fixen Preis verpachtet.

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  • 2 Monate später...
  • 1 Monat später...

Gestern und heute war zum ersten mal einer der neuen Doppelstockzüge der S-Bahn Zürich im Einsatz [http://de.wikipedia.org/wiki/SBB_RABe_514]. Vermutlich - aber ohne Gewähr - wird er bei Verfügbarkeit auch die nächsten Tage noch auf der S14 Zürich - Hinwil unterwegs sein (ab Zürich 09:18, 11:18, 13:18, ab Hinwil 10:18, 12:18, 14:18).

 

Bilder gibt es unter [http://w5.siemens.ch/ts/sbahn/] und [http://www.poulsen.ch/gallery/main.php?g2_view=core.ShowItem&g2_itemId=1601&g2_GALLERYSID=598eeb68643e8362f0200a94ca94b751]

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