ursmunger Geschrieben 4. Januar 2002 Geschrieben 4. Januar 2002 Hallo Freunde! Hier folgt Teil 3 des ATC-Workshops - die Nachtschichten sind dazu geradezu prädestiniert. Gerade in der Schweiz können die Alpen ein Problem bieten: was macht man mit einem IFR-Flieger, der unter die min-IFR-altitude muss, oder mit einem VFR in IMC? Das Zauberwort: emergency descent tracks. Wir haben auf unseren Radars einen button 'emergency'. clicken wir darauf, so werden alle Notfall-interessanten Anzeigen gemacht: Seen, Berge, Flugplätze...und die emergency descent tracks - aus Faulheit werde ich sie ab jetzt edt nennen. diese edt sind Linien, die den Tälern folgen - inklusive Höhenangaben, ab wo welche Höhe 'safe' ist. Safe bedeutet: Radar- und Funkempfang, und natürlich AUSSERHALB des Berges. Die Toleranz dabei ist klein: wir müssen Vectors geben (z.T. sind Kurven von 70 Grad dabei...) und die maximale seitliche Abweichung darf 1.35NM sein - stellt euch vor: ein Jumbo mit 350kts um eine 70-Grad-Kurve zu dirigieren, mit einer Abweichung von max. 1.35NM. Ich habe mal VFR eine dieser Routen abgeflogen - und schon für VFR fand ich mich ungemütlich nahe an den Bergen. Im ACC Genf führen die meisten dieser Tracks nach Genf (da will man ja landen), einer auch nach Sion. Nun, in welchen Situationen wird das angewendet? 1) VFR in IMC 2) Verlust des Kabinendrucks: da wird ja auf 10000ft abgesunken, der min.-IFR-Level ist in der Regel FL180 3) Ein Notfall, der so schnell wie möglich landen muss. Die wahrscheinlichsten Fälle: Brand an Bord oder 'short of fuel'. Ah ja, der Funk - hört sich etwa so an: C: vectors for emergency track, fly heading xxx. follow all instructions without delay (wegen der kleinen Toleranz). später: C: expect 13000ft in 5NM (noch 5NM von der Route). C: fly heading 312 (so genau wird gearbeitet), minimum 13000ft, QNH1001. C: fly heading 314, expect 8000ft in 3NM C: minimum 8000ft, 25NM from Geneva undsoweiterundsoweiter. Natürlich wird in so einem Fall die Frequenz für den Notfall reserviert - anderer IFR wird am wahrscheinlichsten auf 121.5 kontrolliert. Trifft der Notfall auf Information ein, so holt die Dame sofort einen ACC-Controller. Denn als Info-Lotsin hat sie nicht die Berechtigung, Radar-Arbeit zu machen. Ich hoffe, das war interessant. Bin noch eine Karte der Routen am organisieren. Mangels Webspace (resp: habe mich nie darum gekümmert) werde ich wohl ein Mail an Markus schicken, der es dann einfügen kann. Gruss Urs Zitieren
Hans Tobolla Geschrieben 4. Januar 2002 Geschrieben 4. Januar 2002 Hallo Urs, Jetzt habe ich durch Deinen informativen Beitrag wieder etwas dazu gelernt. Abweichungen von 1,35 NM – da reicht ja schon die FS-Erfahrung aus um zu erkennen, dass der Radarlotse zusammen mit dem Piloten eine Präzisionsarbeit leisten müssen. Als Pilot würde ich wahrscheinlich auf ca. IAS 200 reduzieren, wegen der Kurven. Radar und Berge, das sowieso so eine Sache. Es darf ja auch nicht passieren, dass der Pilot in einen Schatten hineinfliegt und nicht mehr zu sehen ist, falls er mal doch etwas ungenau fliegt, denn so etwas muss man wohl von Hand fliegen. Ich habe es schon mal geschafft, bei VFR in IMC eine Radarkeule zu unterfliegen. „C: fly heading 312 (so genau wird gearbeitet), minimum 13000ft, QNH1001“ Dazu braucht der Pilot einen genauen Gyro. Was geschieht, wenn er den nicht mehr hat? Handhabt Ihr das dann so wie bei einem „No Gyro GCA“ ? Gruß! Hans Zitieren
teedoubleyou Geschrieben 4. Januar 2002 Geschrieben 4. Januar 2002 Hallo Urs Einmal mehr eine sehr interessante Lektion. Du schreibst, wenn so ein Notrall auf Information vorkommt, holt die Dame einen Lotsen. Haben denn die Damen doch einen Radarschirm vor sich? Gruss Tom ------------------ visit: Rundflüge mit Tom mail: tom@teedoubleyou.ch [Dieser Beitrag wurde von teedoubleyou am 04. Januar 2002 editiert.] Zitieren
Raffael Geschrieben 4. Januar 2002 Geschrieben 4. Januar 2002 Hallo Urs. Aus deinen Ausführungen ist ersichtlich, dass auf Grad genau gerbeitet wird. Wir funktioniert dies genau. Das müsst ihr ja wohl kaum abschätzen bei solche einer Genauigkeit. Fahrt ihr da mit einem "Mauszeiger" auf das Flugzeug und anschliessen auf die Stelle, wo das Flugzeug hinfliegen soll, so dass das zu fliegende Heading gleich angezeigt wird? Wenn ja, wird der Wind hier auch gleich miteinberechnet bei den Angaben? Gruess und Merci Raffael Zitieren
ursmunger Geschrieben 4. Januar 2002 Autor Geschrieben 4. Januar 2002 Hallo zusammen, erst mal danke für das gute Echo - motiviert mich natürlich, weiterzumachen. @Hans: ohne Gyro ist so eine Radarführung sozusagen unmöglich. Wir haben unsere Procedures für Radarführung ohne Gyro, aber damit erreicht man nie die nötige Genauigkeit. Hoffen wir, dass dieser Fall nie eintrifft. Und wenn doch: dann heissts halt improvisieren. @Tom: Am FIC haben sie einen Radar, aber die FIC-Lotsen haben KEINE FVL-Lizenz. D.h. sie dürfen den Radar nur rein informativ benutzen, aber NIE Separationen anwenden oder Radarführung machen! @Raffael: wir haben einen 'vector', mit dem das Flugzeug angewählt werden kann - und am anderen Ende ein beliebiger Punkt. Dann wird der magnetic track, die Distanz und die Zeit, die der Flieger zum Punkt noch braucht angezeigt. Wind wird nicht berücksichtigt. Darum hört man häufit ein 'report heading', bevor man eine Kurve ordert. Gibt man (wie in unserem Fall, da es schnell gehen muss) aus dem Stegreif ein Heading, so wird das wahrscheinlich danach korrigiert werden müssen. Normalerweise wird nur in 5-Grad Stufen gearbeitet, aber in diesem Fall muss es genauer sein. Uebrigens, auf der Frequenz gehört: C: HB..., report heading A: heading 282 C: roger, fly heading 280 A: sorry sir, we can only make turns of minimum 5 degrees C: roger, turn right heading 290 and then left headin 280 Gruss Urs Zitieren
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