TMJ Geschrieben 22. Juni 2004 Geschrieben 22. Juni 2004 Hallo allseits Bin schon eine Weile daran, Infos über Billigairlines im Internet zu suchen, und bin auch schon fündig geworden. Grösstenteils jedoch waren es bisher jedesmal nur Informationen über die Grösse der Airline, die Flotte, die angeflogenen Ziele etc. und nie wirklich wirtschaftliche Daten über eine Billigairline. Genau jene jedoch bräuchte ich, da ich darüber, wie vielleicht der eine oder andere weiss, eine Maturaarbeit schreibe! Wäre also extrem froh um Tipps und Tricks wie ich an solche Infos rankomme, bzw. vielleicht sogar um eine genau Internetsites die z.B. die Kostenstruktur von LCC's aufzeigt... egal was, hauptsache es hat was mit Billigairlines und Wirtschaft zu tun. Gruss Tobi Zitieren
Danny C172 Geschrieben 22. Juni 2004 Geschrieben 22. Juni 2004 Hi Tobi Easyjet ist an der Börse in England kotiert und ist daher verpflichtet, viele Anlegerinformationen zu veröffentlichen. Diese findest Du hier: http://www.easyjet.com/EN/about/investorrelations.html Bei "privaten" Airlines wie Ryanair ist es schon deutlich schwieriger, an finanzielle Informationen zu gelangen. Aber frag sie doch einfach einmal - sie können höchstens nein sagen. Gruss Daniel Zitieren
Quax37 Geschrieben 22. Juni 2004 Geschrieben 22. Juni 2004 Hallo, FYI: Ryanair ist keine "private" Gesellschaft, sondern eine AG. Die Geschäftsberichte (Financial Reports) findet man auf deren Homepage unter "Investor Relations". Von nicht börsennotierten Unternehmen wirst Du kaum Informationen bekommen - die werden einen Teufel tun, irgendwelche Finanzdaten preiszugeben. ___________ Grüße Quax37 Zitieren
petersutch Geschrieben 22. Juni 2004 Geschrieben 22. Juni 2004 Hi, also zunächst mal - das Thema LCC`s wird von wirtschaftswissenschaftlicher Seite derzeit nur schwach beleuchtet. Dies ist nur auf den ersten Blick überraschend, wer sich ein wenig mit Wirtschaft beschäftigt der wird schnell feststellen, das das Geschäftskonzept der Billigflieger eigentlich nix Neues ist - nur eben auf die Airlinebranche angewandt ist - und das ist die NEUERUNG! Also, folglich kann man die LCC Strategie wunderbar anhand von "traditionellen" BWL Büchern studieren und darüber referieren. Was dann noch fehlt ist das "Zahlenmaterial" anhand dessen die theoretischen Modelle mit Leben erfüllt werden und quantifizierbar werden. Und einige Zahlen gibt`s jetzt: Zunächst vielleicht was Grundsätzliches zu LCC, oder dem LCC schlechthin: Southwest in den USA....So kann man das Geschäftsmodell einleitend umreissen: Quellen für das folgende sind versch. veröffentlichungen (siehe Lit.liste unten / eigene Gedanken / sonstige Quellen) --------------------------------------------------------------------------------- 737-300 Operating Costs im Vergleich (US cent/angebotene Sitzmeile) - nur Direkte Kosten für Treibstoff, Personal, Wartung, Abschreibungen, Mietkosten/Leasing. Delta 5,54 cent United 5,20 cent US Air 5,04 " Continental 4,28 " America West 3,91 " Southwest 3,10 "# ----> nur 56% von Delta! Das sind im übrigen die Stückkosten. Bei Airlines spricht man von Stück angebotenem Sitz/KM. Durchschnittliche Sektoren Länge im Vergleich: Delta 708NM United 668NM USAir 698NM Continental 1007NM America West 701NM Southwest 461NM Daily Utilisation in Stunden: Delta 9,80h United 10,32h USAir 10h Continental 10,55h America West 11,85h Southwest 11,31h Sitze pro Fluggerät im Schnitt: Delta 126 United 128 USAir 126 Continental 129 America West 131 Southwest 127 --------------------------------------------------------------------------------- Das Geschäftsmodell von Southwest: Flugtarife: - niedrig - einfach zu verstehen, unbeschränkt - Punkt zu Punkt (=KEIN Hub and Spoke!) - kein Interlining Distribution / Vertriebspolitik: - Reisebüro und Direktverkauf - Ticketloses Fliegen In-flight: - eine Klasse, hohe Sitzdichte - Keine Sitzplatzreservierungen - Keine Mahlzeiten - nur leichte Verpflegung (Trinken/Snacks) Flugfrequenz: - Hoch! Pünktlichkeit: - Extrem hoch, in den USA > 95% Flotte: - Einheitsflotte Boeing 737 / 4 Varianten mit hoher Utilisation > 11h/Tag Sektoren: - Kurz, unter 800Km Flughäfen: - Sekundärflughafen, ohne Verkehrsbelastung / Bodenzeiten < 20min Wachstum: - Wachstumsziel 10% pro Jahr (Anm. siehe europ. LCC!), mit maximaler Deckelung bei 15% Mitarbeiter: - wettbewerbsfähige Lohnstruktur - Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter - Hohe Produktivität der Mitarbeiter -------------------------------------------------------------------------------- Für dich ist vielleicht ist noch folgendes für dich interessant: Zur Frage ab welchem Preis pro Ticket verdient ein LCC eigentlich Geld? Ich habe in einer wissentschaftlichen Arbeit so argumentiert: Der Break-even von Ryanair ist selbstverständlich ein Geheimnis der Fluggesellschaft. Aus den Daten für das Geschäftsjahr 2003 (bis 31. März) geht jedoch hervor, dass der „Flugumsatz" bei 731,951 Mill. Euro und der sonstige Umsatz bei 110,557 Mill. Euro lag. Dem steht ein Reingewinn nach Steuern in Höhe von 239,398 Mill. Euro gegenüber. Ziehen wir den Gewinn und die Steuern (25,152 Mill. Euro) vom Umsatz ab, so kommen wir auf eine Summe von 577,958 Mill. Euro. Diese Zahl sollte durch die angegebene Passagierzahl in Höhe von 15,74 Mill. Fluggäste dividiert werden. Daraus errechnet sich ein "theoretischer" Break-even von 36,71 Euro. Es gibt aber auch Andeutungen von Ryanair-Boss Michael O'Leary, der den eigenen Break-even höher ansiedelt. Insofern liegt ein Wert von rund 40 Euro sicherlich nicht weit von der Realität entfernt. Auffällig ist bei dem Beispiel Ryanair, dass nur die Termine wirklich gut laufen, an denen besonders viele Menschen die Möglichkeit haben zu fliegen - also etwa rund um Feiertage oder lange Wochenenden. Über Ostern gab es saftige Gewinne, danach begann eine Flauteperiode. Eine „hochwissenschaftliche Analyse“ kann dazu nicht geliefert werden. --------------------------------------------------------------------------------- Wo liegen die Kostenvorteile für LCC`s nun im Detail? Im vergleich zu einem konventionellen Liniencarrier sieht das ungefähr folgendermaßen aus (in % Kostenersparnis zu den traditionellen Carriern): Operative Vorteile: Höhere Sitzdichte an Bord -16% Höhere Utilisation pro Tag -3% Niedrigere Löhne Kabine /Cockpit -3% Nutzung sog. Secondary Airports -6% Outsourcing Wartung/Einheitsflotte -2% Produktion/Dienstleistungsbezogene Vorteile: Minimale Stationskosten und Ourtsourcing Handling -10% Kein kostenloses Catering -6% Marketing/Vertriebskostenvorteile: Keine Kommissionen an Intermediäre -8% Reduzierte verkaufs/Reservierungskosten -3% Sonstige: geringe Verwaltungskosten -2% ----------> bei 4U in EDDK arbeiten ungefähr 60 Leute in der Verwaltung (!). In der Summe ist der Kostenvorteil als etwa 49% gg. trad. Airlines. ------------------------------------------------------------------------------------ Aus der Nähtasche: Aktuell sind eine Reihe von "Nachahmern" auf dem Low-Cost Markt zu finden - in der Regel sind das Charterfluggesellschaften (wie z.B. HLF) die nun eine "LCC-Division" ins Leben gerufen haben. Deren Kostenstrukturen sind NICHT mit den o.g. Strukturen vergleichbar - dies hat mit vielerlei Gründen die man sich gut denken kann. Inoffizielles Zahlenbeispiel: HLF traditionell aus dem Heimatmarkt nach PMI ist im Vergleich zur "Billigtochter" HLX nur marginal ca. 4% teuerer. Dies kam bei einer internen Untersuchung des Reiseveranstalters TUI heraus, als man nach Kosteneinsparpotentialen bei der Kalkulation für Pauschalreisen suchte - und sich fragte ob der Billigflieger lohnen würde. In dem Zusammenhang auch das Condor Beispiel: Die Kosten sind laut Vorstand Teckentrup viel zu hoch - Verlust 2002/2003 251Mill. €. Gegenmaßnahmen: Piloten fliegen zukünftig statt 500-600 Stunden mindestens 800 Stunden / Jahr. Ansonsten gilt 15% weniger Gehlat bei 30% mehr Arbeit.... Massive Flotteeinschränkungen von 50 nur noch 34 Maschinen in Betrieb. 10% Entlassungen von 5.500 Mitarbeitern. ------------------------------- So, nun gibts noch ein paar Literaturhinweise: Butler/Keller: Handbook of Airline Strategy. NY 2001 Conrady/Pompl: Luftverkehr, München-Wien 2003 Sabathil, lehrbuch des Linienflugverkehrs, Frankfurt 1998 Doganis: The Airline Business in the 21st century, NY 2001 Doganis: Flying off Course, NY 1991 Empfehlen kann ich Dir den ersten Doganis und den Conrady :-) den kenne ich nämlich ganz gut aus der Uni... sonst noch Veröffentlichungen des ZFL unter http://zfl.umwelt-campus.de/ -> Mail schreiben über Präsentationenn zum Thema..die haben sicher was! Ansonsten mal bei oston Consutling in der Datenbank wühlen: unter www.bcg.com mit den entsprechenden Stichworten - sofern Du englisch kannst....davon gehe ich aber aus. Tja, ansonsten kannst Du mir gerne auch Fragen stellen - ich gebe mir Mühe die so gut wie möglich zu beantworten, mein Studienschwerpunkt ist (demnächst war) 1. BWL und 2. Verkehr und Logistik, insb. Luftverkehr.... Ich hoffe das ich Dir soweit erstmal helfen konnte....Grüße, Jobst Zitieren
Walter Fischer Geschrieben 22. Juni 2004 Geschrieben 22. Juni 2004 Mann Jobst, starker Tobak, den Du da anlieferst! Endlich mal eine nachvollziehbare Durchleuchtung einer "lichtscheuen" Branche! Und das vesrteht nun sogar ein unbeleckter Heini, wie ich. Vielen Dank deshalb für Deine Erhellungen. Werde jetzt noch nach und nach Deine Links durchpflügen. Gruss Walti Zitieren
Walter Fischer Geschrieben 22. Juni 2004 Geschrieben 22. Juni 2004 Hoppla, diese Links gehen noch nicht:rolleyes: Zitieren
petersutch Geschrieben 22. Juni 2004 Geschrieben 22. Juni 2004 Hallo, die Links habe ich wohl irgendwie falsch eingepflegt - und zum Surfen sind sie eigentlich auch nicht wirklich geeignet..war eher als Anregung für Tobi gedacht um mal eine kurze Mail zu schreiben und wie gesagt zum Beispiel ppt Präsentationen vom zfl anzufordern, die deren Profs mal irgendwo gehalten haben - kurz schreiben warum man die will und dann helfen die einem... VG, Jobst Zitieren
Gast RJ100 Geschrieben 22. Juni 2004 Geschrieben 22. Juni 2004 ...und hier gibts noch ein paar Informationen zur easyJet- Kostenstruktur: (immer im Durchschnitt) Ticketpreis pro Flug: £48.70 Einnahmen pro Flug: £6136 Kosten pro Flug: £5591 Gewinn pro Flug: £545 Nicht viel pro Flug, aber bei 156000 Flügen pro Jahr kommt da schon was zusammen! Die Kosten werden folgendermassen aufgeteilt: groundhandling (check-in staff, luggage handlers, refuel people): £542 Flughafentaxen: £817 Kreditkartengebühren: £101 Administration (head office, IT etc.): £728 Flugtreibstoff: £614 Navigation (air traffic control): £420 Werbung: £215 Flugzeuge (vor allem Leasinggebühren): £676 Steuern (ist ja eine Firma die Gewinn macht ) : £251 Löhne der crew und training: £643 Wartung/Unterhalt: £584 Ein captain bei easyJet verdient ca. £80000 pro Jahr, ein first officer £55000, senior crew member £17000 und junior crew member £14000 Gruss, Thomas Zitieren
Thomas Geschrieben 22. Juni 2004 Geschrieben 22. Juni 2004 @Jobst: Doganis: Flying off Course, NY 1991 Von diesem Buch gibt es eine Neuauflage (2002), die das Thema LCC auch behandelt... war 1991 ja noch nicht so relevant in Europa ;) @ Tobi: Daneben gibt es noch ein Buch von Stephen Holloway ("Straight & Level - Handbook of Airline economics" oder so aehnlich...). Ausserdem hat die Cranfield University Anfang des Jahres eine neue Studie zum Thema no-frills Airlines herausgegeben, mit interessanten Vergleichen zwischen LCC, Netzwerk- und Chartercarriern. Ist leider sehr teuer, aber vielleicht hat es ja eine Uni-Bibliothek in Deiner Naehe? Ansonsten hatte ich auch schon in einem aelteren Beitrag ein paar Zahlen zu LCC's genannt. Ist vielleicht eine Ergaenzung zu Jobst's Statement. Gruss, Thomas -z.Zt. in England- Zitieren
TMJ Geschrieben 22. Juni 2004 Autor Geschrieben 22. Juni 2004 Wow, bin mehr als nur positiv überrascht über die durch und durch informativen Posts die ihr gegeben habt!(mal abgesehen von Walti's :D ;) ) Danke tausend mal an alle... @Jobst Auf dein Angebot, mich mal bei dir zu melden, komme ich sehr gerne mal zurück! Ist sehr nett von dir das du dir die Mühe gemacht hast hier alles aufzulisten. Und so wie das da aussieht verstehst du jede Menge davon, ziemlich sicher einiges mehr als ich gebrauchen kann. Bin heilfroh so jemanden gefunden zu haben. Deine Annahme das ich Englisch verstehe ist natürlich vollkommen richtig, jedoch hört das dann irgendwo bei Fachbegriffen aus der Aviatik auf! Gruss Tobi Zitieren
Quax37 Geschrieben 23. Juni 2004 Geschrieben 23. Juni 2004 Hallo, hab' ---HIER--- noch etwas interessantes gefunden :) ! Zitieren
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