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Wolken, Rückenwind und andere Pannen


teedoubleyou

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Hallo zusammen

 

Wie kann man seinem Hobby frönen und jemanden ein Geburtstagsgeschenk machen das nichts kostet? Richtig, man lädt zum Rundflug ein. Da hat man alles, was man ohnehin tun würde mit der Schenkerei vereint. Es war ein toller Flug zumal das Wetter nicht einfach das "grande beau" versprach und man etwas gefordert wird. Aber von Anfang an.

 

Um 8.45 Uhr kommen mein Vater (der "Beschenkte") und ich im Speck an. Da mein Internetzugang seit Tagen ausser Betrieb ist, konnte ich überhaupt keine Informationen von zuhause abrufen. Also ging es zuerst mal ans AMIE aus welchem ich soviel Infos wie möglich rauskitzle. Das Wetter war eigentlich besser versprochen, es liegt ein Deckel von 6/8 auf ca. 8000ft über dem Oberland und einige Quellwolken um 5000ft. Das Streckenwetter nach Samedan sieht jedoch passabel aus, tendenz steigend und der Anruf auf dem Engadiner Flugplatz bestätigte das. Schwerpunkt und Masse für die Grob HB-UGA wurde bereits zuhause berechnet, jedoch musste ich vor Ort aus technischen Gründen den Flieger wechseln. Also nochmals Masse und CG berechnen (so lernt man es), da natürlich alle drei Gröblis im Speck eine andere Masse haben. Alles andere wäre ja zu einfach. Aber auch mit der UGB klappt der Flug. Mit einem errechneten Gewicht 2kg unter MTOW ging es dann gegen 10 Uhr los. Geplante Route: Walensee - Chur - Tiefencastel - Septimer- und Malojapass. In der Region Walensee lasse ich mich auf 7500ft von einem Westwind mit ca. 12 kts. noch etwas schneller vorwärtstreiben. Höher sind die Winde ungünstiger, darum bleibe ich bis Landquart auf dieser Höhe. Dann geht es dann im Steigflug weiter. Das Gröbli erweist sich als echtes Arbeitstier und steigt wunderbar. Für den Überflug des Septimerpasses ist eine Zielhöhe von 9500ft geplant, leider ist bei knapp 8500ft Schluss. Kein Problem, für den Fall habe ich mir den Julierpass als Alternative parat gelegt. Ab Tiefencastel lockert die Bewölkung jedoch auf und wir können auf 9500ft weitersteigen.

 

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Nähern uns dem Septimerpass

 

Img_4301.jpg

Bald ist der Übergang geschafft

 

Nach der Passüberquerung sofort in einen passagierfreundlichen Sinkflug übergehen. Mit ca. 300-400ft/m sollte ich bei St. Moritz auf 7000ft sein. Die Frequenz von Samedan habe ich vor dem Überflug Septimer bereits gerastet und höre gerade wie ein Flieger Maloja meldet; Leider wieder einmal ohne Höhenangabe. Ich halte mich scharf auf der rechte Talseite und rufe Semaden Tower auf. Dieser hört mich leider noch nicht, hoffe jedoch, dass der entgegenkommende Flieger mich hört, obwohl er von Samedan Tower bereits von der Frequenz entlassen wurde. Kurz darauf sehe ich die Piper, in der Talmitte leicht über uns, davon steigen. Erneuter Aufruf kurz nach dem Malojapass ist erfolgreich und ich bin freigegeben für einen direkten Anflug auf die Piste 03.

 

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Kurz nach dem Malojapass

 

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Endanflug auf die Piste 03

 

Die Ziellandung klappt nicht ganz. Den gelben Kreis, der die Touchdownzone für meine Klasse Flieger signalisiert, treffe ich nur mit dem Bugrad, das Hauptfahrwerk ist leider einige Meter zu früh am Boden.

 

Img_4308.jpg

Wir warten auf die Freigabe zum Überqueren der Piste

 

Ja wir sind definitiv in den Bergen, die Temperatur ist deutlich tiefer als im Flachland. Ein kurzes Gespräch mit einem Einheimischen gibt Aufschluss über die Wetterentwicklung. Anscheinend sind Gewitter auf den Mittag angesagt. Sehen tue ich davon zwar nichts (es gab auch keine) aber ich ziehe es trotzdem vor, nach einem kurzen Kaffee langsam den Weg aus den Alpen unter die Flügel zu nehmen. Mein Vater findet die Rückreise über den Flüela langweilig und wünscht sich einen Flug über den Albula. Bitte sehr... auch das lässt sich realisieren. Kurze Anpassung des Navigationsflugplan und Papa bekommt spasseshalber die Luftfahrkarte und soll doch mal lotsen. Er kennt sich in der Schweiz zwar sehr gut aus, wir wären aber trotzdem schon im ersten Tal falsch abgebogen. ;) Gegen 11.30 Uhr bekommen wie die Rollfreigabe zum Holdingpoint Runway 21. via halber Backtrack Piste 21, damit die italienische Citation wegen uns nicht durchs Gras rollen muss. ;) Kaum am Haltepunkt angekommen meldet der Tower, dass der Wind wieder gedreht hat und jetzt aus 330 Grad mit 12 Knoten kommt. Der Towermann überlässt mir die Wahl, ob ich zurück zur 03 will oder von der Piste 21 starten möchte. Ich räume mir Bedenkzeit ein, mache alle Checks fertig, rechne die effektive Rückenwindkomponente aus und frage danach nochmals nach dem Wind. 300/11kts, also genau von der Seite. Ich starte von der Piste 21. Dies ist mir sympathischer, da ich so Zeit zum steigen gewinne und ich die Mindesthöhe beim Einflug zum Albulapass leichter erreichen kann. Der Start verlauft gut und wir sind bei La Punt bereits auf 8300ft als wir links Richtung Albula drehen.

 

Img_4318.jpg

Überflug Albulapass

 

Nach dem wir den Albula hinter uns gelassen haben geht es via Davos, Walensee wieder Richtung Mittelland zurück. Da extra einen Tag freigenommen habe möchte ich meinem Vater möglichst viel bieten und habe mir noch Lommis, Wangen-Lachen und Bad Ragaz für eine Zwischenlandung rausgesucht. Lommis und Bad Ragaz haben leider über Mittag geschlossen, was uns in der grenzenlosen Freiheit etwas einschränkt. Also bleibt nur noch Wangen - Lachen als Alternative. Wir landen um 12.35 Uhr auf der Piste 26. Die Ernüchterung kommt beim Aussteigen. Beiz geschlossen! Wie weiter? Um 13.30 Uhr ist Lommis wieder offen. Also geniessen wir etwas die Sicht über den See und entscheiden uns, dass wir kurz nach 13 Uhr Richtung Lommis weiterfliegen. Leider ist ein Abflug auf der Piste 26 vor 13.30 Uhr nicht erlaubt. Ich lasse mir im C-Büro den Wind geben und mache eine Startstreckenberechnung. Mit Rund 5-6kts Rückenwind und einem mittlerweile einiges leichterem Flieger kann ich den Start gutheissen. Der Start verlauft problemlos, die Grob schafft die Strecke weit unter dem errechneten Wert. Stimmten die Performanceangaben im AFM oder der Wind nicht? ;-)

Der Flug von Wangen-Lachen nach Lommis ist ein Katzensprung. In der Region Wattwil sieht man auf unserer Route deutlich lokalen Regenschauer. Da sich ohnehin schon einige Mücken auf der Frontscheibe breit gemacht haben, fliegen wir durch. Nach knappen 20 Minuten befinden wir uns schon in Lommis, wo es endlich etwas zu essen gibt.

Nach Verpflegung, Kaffee und einigen lustigen Landungen einer Piper Cadet fliegen wir die letzte Etappe nach Speck. Anflug auf die Piste 30, die Piste auf der ich wohl am meisten Landungen in meiner Fliegerkarriere gemacht habe, ist immer wieder spannend und gelingt gut. Ich verlasse die Piste am Ende, mache die After landing check und rolle Richtung Hangar. Es war ein spannender Tag und alles ist gut gegangen. Alles? Nein, beim zurückrollen merke ich, wie die Grob plötzlich immer mehr nach links zieht, auch muss ich immer mehr Gas geben um vorwärts zu kommen. Auf der Piste beim Backtrack kann ich die Richtung nicht mehr halten und muss stehen bleiben. "To all station, runway is blocked". Ich steige aus und sehe, dass sich frischgemähtes Gras in den Radschuhen verkeilt hat. Ein bisschen bekomme ich heraus und ich schaffe es gerade noch so von der Piste. Der Flugplatzchef bestätigt mir, dass das schon öfters vorgekommen ist, was mich aber nicht beruhigt. Wie hätte es wohl enden können, wenn ich noch einige Touch & Go's gemacht hätte?

 

Alles in allem war es wieder ein Tag ganz im Zeichen der Fliegerei mit allem drum und dran. Fliegen im Gebirge, Wettereinschätzung, Performance und Limitatationen und auch kleinen Pannen.

 

Gruess

Tom

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Wieder einmal ein super Bericht von Dir! Man fühlt sich beim Durchlesen fast links von Dir im Cockpit und erlebt alles mit.

Dies steigert die Sucht nach dem Fliegen ungemein.

 

 

Bitte mehr!!!!!!

 

PS: War gestern 12.05.2004 auf dem Speck und habe das selbe Problem mit dem Gras an einer Grob beobachten können.

Hatte 2 sehr charmante Gesprächspartnerinnen beim C-Büro angetroffen ( Beide fliegen für Swiss im Jumbolino als FO's ) und bekam viele Informationen über das Fliegen im Speck. ;)

 

Grüsse

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Mike Strasser

Hoi Tom

 

Na, das ist doch was. Da steht man auf, trinkt einen Kaffe, schaltet den PC ein und....wow, ein obergenialer, super spannender Flugbericht mit Deiner unverkennbar amüsanten Art der Berichterstattung mit einer (leider fast zu kleinen) Auswahl an tollen Bildern erleichtert mir den Antritt des Tages. :)

 

Ich hoffe, dass Du noch manch so tolle Flüge machen kannst bei denen wir dabei sein können. Naja, vielleicht ergibt sich's ja sogar wieder mal real....!?

 

Das mit dem Gras in den Rädern ist ja wohl der Gipfel. Sowas darf doch nicht sein! Ich hoffe doch sehr, dass im Speck nun doch mal endlich eine harte piste gebaut werden kann. Wie stehen eigentlich momentan die Dinge diesbezüglich?

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Heinz Richner

Hoi Tom

 

ich lese bald lieber die Reiseberichte hier, als selber im Cockpit zu hocken, eindeutig weniger Stress und erst noch billiger. Danke, dass du uns hier alle mitgenommen hast. Hättest ja gleich den Edi Luzi besuchen können, er wohnt in Samedan.

 

Bis bald mal wieder.

 

Gruss

Heinz

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Super Bericht!!

 

Und erst noch VFR! Mal eine Abwechslung zu den Airline Berichten. Für Lesebegeisterte auch mal mit etwas mehr Fleisch dran :D

 

Grüsse von Adi

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Hoi Tom

 

Merci vielmal für den tollen Bericht.

Ganz nach dem Motto: Bei uns sitzen Sie in der ersten Reihe!

Wie live dabei mit unterhaltsamen Kommentaren und einigen sehr schönen Bilder.

 

Gratulation zum schönen Bericht und ich freue mich darauf ein anderes mal wieder mit dabei zu sein.

 

Gruss

Cyrill

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Hallo zusammen

 

Danke für euer Feedback

 

Peter, würde ja gerne mehr, aber muss ja auch mal arbeiten. Übrigens, wenn du beim lesen das Gefühl hattest links von mir zu sitzen, bist du auf dem Flügel gesessen. ;)

 

Mike, mehr Fotografieren geht nicht. Muss ja noch fliegen und den Bericht in den Laptop tippen. ;)

 

Gruess

Tom

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Mike Strasser
Original geschrieben von teedoubleyou

.......Muss ja noch fliegen und den Bericht in den Laptop tippen. ;)

Während dem Fliegen...? :eek: :eek: ;)

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Genu so hab ichs auch gemeint weil:

 

1. Der Sitz rechts ist von Deinem Vater besetzt.

2. Ich alleine auf dem linken Sitz = NoGo!

3. Keine weitern Plätze vorhanden im Gröbli.

;) ;) ;)

 

Grüsse

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Hallo Tom!

 

Genialer Reisebericht, vielen Dank!

Für mich war er desweiteren sehr informativ, ich weiss jetzt weshalb ich beim first flight ohne Radschuhe fliegen musste! :D

 

Ich hoffe dass ich irgendwann auch solche Geschichten mit den Gröblis produzieren kann! :)

 

Liebe Grüsse

Johannes

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Hallo zusammen

 

Da ich nicht der Einzige war, der mit der Grob UGB stecken geblieben ist, wurde durch eine Taskforce enorme Anstrengungen unternommen das Problem zu lösen. Nach einem Kickoff Meeting und mehreren nächtelangen Sitzungen wurde eine Lösung gefunden:

 

Radkappen weg:

PICT0001.JPG

 

... sieht scheusslich aus...

 

Gruess

Tom

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