Von verlorengegangenen Kinderträumen

[Eagle88]

A.S.: Nicht vom Langen Text abschrecken lassen!

 

Als ich klein war, da hatte ich einen Traum: Ich wollte Pilot werden.

Ich träumte diesen Traum jeden Tag, oft bis zum Umfallen. In meinen Fantasien war ich ein Pilot (Ist ja wohl logisch, ne;) ). Ein Pilot mit schicker Uniform, schönen goldenen Streifen auf den Schultern und den Ärmeln. Einer schwarz getönten Sonnenbrille auf der Nase. Er lenkte eine B747 durch die Lüfte. Ich war ein Pilot, der stolz auf sich selbst war.

Wenn ich mich nicht in meiner Fantasiewelt aufhielt, so zeichnete ich Flugzeuge. Flugzeuge mit Behältern für das Kondensstreifenmittel. Ich zeichnete grosse Flugzeuge, kleine Flugzeuge, riesige Flugzeuge, schnelle Flugzeuge, die Aufzählung liesse sich fast beliebig lang fortsetzen.

Auch Flughäfen entstanden auf dem Papier. Flughäfen, die zugleich Raketenbasen waren.

 

Ich wurde älter und älter. Und je älter ich wurde, desto näher kam die Pilotenausbildung. Und je näher meine Träume der Verwircklichung kamen, desto realer träumte ich. Meine Flugzeuge besassen keinen Behälter für die Kondensstreifenflüssigkeit mehr. Der Weg zum Captain einer B747 war länger und härter als früher. Meine Flughäfen waren jetzt fernab einer Raketenbasis. Ich sah alles mit anderen Augen, als noch vor 6-7 Jahren. Ich zweifelte plötzlich am Captain der B747, der mir doch so vertraut war. Der Captain, den ich besser kannte, als meine Mutter mich. Mit dem ich doch schon so manchen Flug geflogen bin.

 

Irgendwann hörte ich auf zu träumen, denn meine Träume waren die Realität geworden. Ich brauchte nur auf die Strasse zu stehen und ich war mitten in meinen Träumen, die ja nichts weiter als die Realität waren.

Ich beschäftigte mich nicht mehr mit der Fliegerei und sie war für mich nichts mehr weiter, als ein (zu)schöner Bubentraum. Und der Junge, der ihn geträumt hatte, war jetzt aufgewachen.

 

Noch im selbigen Jahr bekam ich ein ferngesteuertes Flugzeug geschenkt.

Da packte es mich wieder. Ich merkte wie ich plötzlich wieder müde wurde und einschlief, um meine Träume wieder zu träumen. Ich kam auf dieses Forum hier und all die Berichte und Fotos, die ich immer schon in meinen Träumen gesehen hatte schreiten förmlich nach einer Fortsetzung des Traumes.

Ich begann mit der Segelflugpilotenausbildung und postete ins Flightforum. Ich wusste nun ganz genau, dass ich Pilot werden muss.

Meine Träume aus der Kindheit sind zwar vergangen und ich träume immer noch die Realität, aber habe kein Problem mehr mit ihr, weil sie mir jetzt gefällt wie sie jetzt ist!

Und manchmal, wenn ich hoch oben am Himmel ein Flugzeug sehe, sage ich mir:"Mann, da sitzst du auch mal als Captain drin", und der 'kleine Raphael' holt den 'grossen Raphael' ein und ich sehe mich in einer B747, mit schönen goldenen Streifen am Ärmel und den Schultern...

 

Was ich mit diesem Posting sagen will?

Lasst euch nicht von der Realität unterkriegen und euch eure Träume und Pläne vermiesen. Orientiert euch neu und macht das wovon ihr träumt bzw. geträumt habt!

 

Mfg Räffu

[Tis]

Wirklich sehr schön geschrieben, gratulation!

 

Danke auch für die Offenheit! Erkenne mich in einigen Punkten wieder! ;)

 

Bin grad Hemingway's "Man and the Sea" für eine Prüfung am aufbereiten. Folgendes Zitat daraus passt irgendwie noch...:

 

A man can be beaten but not defeated

 

Tis

[MikeW]

Dito,

damit könnte ich mich auch identifizieren...

 

Wirklich schön zu lesen!

 

Gruss,

Michael

[Johannes Müller]

Was hat es eigentlich mit dem Fliegen, was einem so faszinieren kann? Knattert draussen irgendein komischer Motor in der Luft, schau ich automatisch hoch, versuche den Flieger zu orten und stelle mir vor, dass ich mitfliegen würde.... Ist das antrainiert, angeboren oder nur eingebildet?

 

Wer Zeit hat + english kann, soll doch mal die Geschichten von "InTheShade" hier lesen, ist echt spannend, unterhaltsam und verstärkt das Fliegen-Wollen nur noch mehr :):

http://www.airdisaster.com/forums/viewtopic.php?t=3140

 

Gruss + träum weiter (ist positiv gemeint),

Johannes

[joh-k]

Hallo Räffu, hallo Herbert.

 

Eure Geschichten haben etwas wunderschönes an sich! Sie lassen den Traum "Fliegen", dessen Ursprung - hoffentlich - niemals von einem Mensch durchleuchtend erklärt werden kann, in einer sehr sentimentalen und verträumten Art herüberkommen!

 

Wollt Ihr nicht ein Buch schreiben? :D

 

Danke und Grüsse, Johannes

[Marc L.]

Wow, super Text!!!

 

Er hats mir irgendwie angetan :rolleyes:

 

 

Gruss Marc

[Classic]

Sehr schön ge-/beschrieben, Raphael. :)

 

Leider lässt sich mit ehrlichem Blick kaum verleugnen, daß der Pilotenjob sehr wenig mit Traum, sondern eher sehr viel mit "Schedule", technischer Auffassungsgabe und persönlicher Disziplin zu tun hat.

 

Immerhin ist mir aufgefallen, daß jene, mit denen ich einst Plastikflugzeuge bastelte und die heute auf realen Pilotensitzen hängen allenfalls den "Traum vom Fliegen" gegen die "Faszination Aviatik" eingetauscht haben und immer noch zufrieden Lächeln, wenn sie sich einem Flugzeug nähern.

 

Übrigens:

Würde es heute noch röhrende Sternmotoren, staubige Gesichter unter Lederkappen/Schutzbrillen und Landmarkennavigation auf Passagierflügen geben, hätte ich mich wohl auch für die Fliegerschule gemeldet. ;)

 

Es grüsst,

 

Stephan

(Propelleranbeter)

[ZeroAltitude]

Original geschrieben von Johannes Müller

Was hat es eigentlich mit dem Fliegen, was einem so faszinieren kann? Knattert draussen irgendein komischer Motor in der Luft, schau ich automatisch hoch, versuche den Flieger zu orten und stelle mir vor, dass ich mitfliegen würde.... Ist das antrainiert, angeboren oder nur eingebildet?

 

Wer Zeit hat + english kann, soll doch mal die Geschichten von "InTheShade" hier lesen, ist echt spannend, unterhaltsam und verstärkt das Fliegen-Wollen nur noch mehr :):

http://www.airdisaster.com/forums/viewtopic.php?t=3140

 

Gruss + träum weiter (ist positiv gemeint),

Johannes

Kann ich nur unterstützen. InTheShade ist zwar nicht unumstritten wegen seines bizarren Humors, aber seine Geschichten stehen auf einem Level mit Richard Bach oder Ernest K. Gann. Der Mann lebt für die Fliegerei und plant, seinen Job als FedEx-Captain aufzugeben und in seiner Heimat Fort Worth Tx eine Flugschule mit Doppeldeckern (von denen er drei besitzt und gerade eine Stearman restauriert) zu eröffnen.

[Adi]

Mann Räffu! Ein starker Text mit Tiefgang!

 

Du musst wohl gerne Schreiben. Dies gehört auch zu meinen Leidenschaften, schöne Momente, Erinnerungen und Erlebnisse in Worte zu fassen.

 

Hier im Forum kommt das ganze zu kurz und ich hatte nie richtig darüber nachgedacht, dies hier einzubringen. Vielleicht schwappt bei meinen Bilderberichten etwas davon rüber?

 

Wenn wir es schon von Träumen haben, die man leben soll, kann ich Dir nur voll und ganz beipflichten. Vielleicht hast Du damals meinen Concorde Reisebericht übersehen? Ein unvergessliches Erlebnis

 

Beste Grüsse von Adi

[simon1232]

Original geschrieben von Johannes Müller

Was hat es eigentlich mit dem Fliegen, was einem so faszinieren kann? Knattert draussen irgendein komischer Motor in der Luft, schau ich automatisch hoch, versuche den Flieger zu orten und stelle mir vor, dass ich mitfliegen würde.... Ist das antrainiert, angeboren oder nur eingebildet?

 

 

 

Es geht mir genauso. Fliegen, oder nur das Denken ans Fliegen löst einen richtigen Glücksschub aus. Einfach Wahnsinn.

 

Einerseits könnte ich fast jeden Tag am Flughafen stehen, in einem Flugzeug sitzen oder auch nur am heimischen PC "herumknüppeln", andererseits bin ich manchmal richtig froh, dass ich hochgerechnet nur jedes 1/2 Jahr fliegen (und eigentlich auch nur dann am Flughafen bin). Und jedesmal ist das Glücksgefühl wenn ich da beim check-in etc steh umso größer weil halt die zeitspanne zwischen den einzelnen "Berührungspunkten mit der Aviatik" doch so groß ist (Ist beim Flusi eigentlich das gleiche: wenn ich mal eine Woche in Urlaub war und nicht virtuell geflogen bin macht der erste Flug dannach super viel Spass, ein ganz anderes erlebnis!)

[Peter Schneider]

hallo Räffu

 

beim Lesen von deinem Posting ist mir so vieles aus meiner Jugendzeit wieder in den Sinn gekommen, vor Allem das Flugzeuge zeichnen

Ich zeichnete grosse Flugzeuge, kleine Flugzeuge, riesige Flugzeuge, schnelle Flugzeuge

Nur ca. 2 Km südlich vom Platz Birrfeld bin ich auf einem Bauernhof in Birrhard aufgewachsen.

In all diesen Jahren gabs rund um den Platz manch lustige Geschichte, aber auch ernste und sogar traurige.

Mir fehlt einfach ein bisschen der Mut und die brillante Ausdrucksweise, die dir scheinbar in die Wiege gelegt wurde.

Eine herrliche Abwechslung in diesem Forum, ich habe es genossen.

[Eagle88]

Danke für das Lob, das ihr mir geschenkt habt!

 

Es freut mich zu hören, dass ich ein guter Schreiber bin und mein Text irgendwo die eigenen Erinnerungen des Lesers streift, ja sogar ein Stücken mit meinen auf dem gleichen Weg geht! Merci!

 

Ich finde es toll, dass man hier solche Texte posten kann ohne als sentimentales Weichei bezeichnet zu werden. Sowas vermisse ich in meiner Schule ein bisschen.

Gut, irgendwodurch ist jeder ein sentimentales Weichei! Oder will mir jemand sagen, es gäbe für ihn keine Momente, die er selbst nicht zu fassen glaubt? Erlebnisse, die er am Liebsten in die ganze Welt hinausposaunen möchte, jedoch bemerkt, dass die Worte um dies zu umschreiben noch gar nicht erfunden wurden?

Wohl nicht!

 

Mfg Räffu

[teedoubleyou]

Hoi Räffu

 

Mitunter etwas vom schönsten was ich je gelesen habe.

 

eine Kurzgeschichte die man gut und gerne mit Geschichten von St. Exupéry oder Richard Bach auf eine Stufe legen kann.

 

Danke

Tom