Ich hab's auch gemacht, die Ballonfahrt!

[Christian Thomann]

Ja ja, ich weiss, aber wo soll ich denn dieses so interessante Erlebnis der Luftfahrt hintun!? Ich bin zwar nicht gerade der Ballonfahrt hingegeben, doch finde ich, dass es ein tolles Erlebnis war!

 

Also:

 

Der Grund zu diesem luftigen Ereignis war halt wieder einmal meine Neigung zur Luftfahrt und interessanterweise auch mein Alter. Ich bin halt mal ein UHU und da habe mir einige wohlwollende Verwandte und Freunde einen Gutschein verpasst. Obwohl ich einen Monat früher schon mal fremd gegangen war, so habe ich diese Heissluftballonfahrt heute (gestern) Donnerstag, 4.9.03 abgemacht.

 

Hier meine Eindrücke und Kommentare...

 

Kaum 1 km ausserhalb des Hallwiler-Seetaler Dörfchens Fahrwangen (CH) war der Startplatz. Der Pilot meinte, ich sei der Jüngste der Teilnehmer. Stimmt: 9 Zitterburgkandidaten plus ich, der UHU (der Jüngste).

 

Ein nicht endenwollendes Gebilde aus Segelstoff wurde mit Hilfe aller tragtauglicher Teilnehmer ausgeladen... Man beachten die Sicherheitsverbindung zwischen Ballonkorb und Verfolgerfahrzeug.

 

 

 

Es braucht einen Bläser ohne Trompete, um viel, viel Luft in die Hülle zu bringen, um dieser zuerst mal eine Form zu geben. Urs wird gewählt:

 

Der schlaffe Sack (nicht Urs) bekommt schon nach kaum 5 Minuten eine Form, die einen Ballon erahnen lässt.

 

Der Pilot in der halb aufgeblasenen Hülle lässt die immense Grösse der ganzen Trageinheit nur erahnen!

 

Na endlich! Das wird schon was. Die Leute sind noch alle sehr nervös und eilen umher mit ihren Foto- und Videokameras und wimmern: 'Uh, und Eh, und Ah und Jesses'. Ich bleibe eher cool und mache meine Aufnahmen natürlich immer am dümmsten Ort. Dort, wo es schön ist ;) Schlaffer Sack! Eines habe ich vergessen zu fragen: wie gross ist jetzt der Innendruck in der Hülle während des Aufblasens. Ich schätze schlaffe 1 - 3 hPa, aber es trägt!

 

Nein, die Lage der Aufnahme ist richtig! Hier heisst es nicht: 's'Grüene obe!'. Vor dem Aufrichten der Hülle muss der Korb genügend belastet werden. Das stabilisiert das Gefährt. Fast wie im Pfadilager: 'Buebe oben, Meitli unten'. Ich habe inzwischen als Tatkräfiger andere Aufgaben.

 

Ich trau meinen Sinnen kaum. Ein Bild für Götter! Ein riesen Gebilde über meinem Grind, das mit dem Wind leicht hin und her wiegt und im Hintergrund die zu Tode erschreckte Erna, die mir zuruft: ' Neiiiiin, komm hervor, schnell. Der erdrückt dich! Uiiiiii! Dabei hat der Schwarze von links mit kaum 100 Gramm an meiner Seele gerüttelt. *knirsch*

 

Jawoll, dieses Geräusch verstehe ich. Das ist der Fauchi. Der spricht nur Propan und heizt einem ganz schön den Nacken ein, wenn er plaudert. Seine Sätze sind zwar nur 10 - 20 Sekunden lang aber man muss wenigsten die Haut nicht einkremen. Ich war froh, nur ein T-shirt getragen zu haben. Andere waren der Überzeugen: im Sommer gibt ein Pullover am wärmsten!

 

Das rosarote Plätzchen ganz zuoberst im Ballon ist so etwas, wie der Stöpsel in der Badewanne. Wenn der Pilot die 60°C heissere Luft entlassen will, dann zeiht er an einem einzigen Seil und kann die Tragkraft augenblicklich dosieren.

 

Ein letzter Powerschub des Fauchi und wir verspüren unter unseren Füssen ein leichtes Rütteln unsers Tragkorbes, dann nichts mehr... Hui Schöööön Eheeem:confused: ...

dann wurden wir von der Welt entlassen.

 

Der Startplatz in Bildmitte neben der Strasse (weisses Fahrzeug) wurde rasch verlassen. Ich schätze 4 m/sec. Man beachte bereits den Abstand des Schattens.

 

Der Hallwilersee ist sauberer als je zuvor. Man sieht auch die Windrichtung von rechts unten = 40 Grad. Wir steigen aber rasch in grössere Höhe, wo der Wind genau entgegen bläst aus 250 Grad!

 

Interessante Geländeformen, die wir in der 4. Schulklasse über unseren Heimatkanton lernen mussten, sehen wir endlich in ihrer vollen Pracht: der stillgelegte Arm der mäandrierenden Reuss ist immer noch als Naturreservat aktiv.

 

So eng ist es in der Stehgondel. Im Hintergrund der Pilot Shawn Mackinga aus Florida.

 

Nach guten zwei Stunden Fahrt setzen wir zur Landung Richtung Muri aus Osten an. Der Pilot will kurz vor der rauchenden Industrie im hellgrünen Feld landen. Ich schaue ihn kurz an und schüttle de Kopf...

 

Das Rückhohlfahrzeug unter uns glaubt es noch nicht...

 

Fauchi gibt Nachbrenner...

 

...wir lassen die Kaminschlote gerade noch in Ruhe...

 

...so hoch habe ich noch keinem Fussballmätsch zugeschaut und noch kein Bahnhofsschild lesen können! Hoooch!...

 

Kurze Instruktion für die Landung: Handgriffe links und rechts, Kopf nach unten, zwei 'Vater unser...' und dann.................

 

....ich hab's gewusst. Shawn will noch nicht. Er gleitet eine Ewigkeit 3 Meter über den Acker im Schritttempo. Die absinkende kühle Luft des abendlichen Osthanges steuert ihn in einem nach Süden abgedrängten Bogen weiter über den nach Osten geneigten Hangens (von rechts nach links)...

 

Die Stelle passt ihm immer noch nicht. Ist er verwöhnt von englischem Rasen??? Es ist unglaublich. Er schleicht kaum merklich in langsamer Fahrt wenige Zentimeter über dem Boden gut hundert Meter weiter!!!

 

Ich glaubs immer noch nicht, 200 Meter weiter Schleichfahrt...

 

 

Hofrathslandung, wie's im Buche steht! (Stehender Korb ohne irgendwelche abrupten Bewegungen).

 

Der Sürmel lässt mich aussteigen. Ihm passt die königliche Stelle immer noch nicht! Ich krieg fast einen Vertrauenskollaps. Zwei Meter vor einem Feldweg! Man beachte die horizontale Linie knapp hinter der Korb und das Ferfolgungsfahrzeug in der rechten Bildhälfte. Der will mich ärgern! Er lässt nochmals anfauchen und ich muss die ganzen 2 Tonnen anschliessend 100 Meter horizontal leicht hangabwärts stossen, wo freies, unangebautes Wiesland liegt. Ich schätze den Typ!

 

Nach erneuter Hofrathslandung steigen die restlichen Gäste über den Korbrand aus. Der "Stöpsel" am Hüllenkopf wird geöffnet und wir ziehen die sich langsam entleerende Hülle in eine zum Zusammenpacken angenehme Richtung zusammen mit dem angrenzenden Landwirt!

 

Es dauert noch gute 20 Minuten, bis die Hülle leer ist, zusammengeknutscht und verpackt ist. Man beachte, der Korb wurde erst nach der Landung umgelegt!

 

Wie es offensichtlich ein schöner Brauch ist, werden die Mitfahrer nach erfolgreicher Landung ehrenvoll getauft; aus der Hand des Piloten, der einen Tropfen Champagner aus den himmelhoch knallenden und vom Piloten wieder aufgefangenen Korkens auf den Kopf des friedlich Gelandeten fallen lässt. Prosit!

 

Ich bin um eine wunderschöne, angenehme und erlebnisvole Erfahrung reicher geworden. Fauchi hat uns nicht im Stich gelassen. Er hat uns eine sonderbare Wärme verpasst, die wir nie vergessen werden. Das ist nicht einfach fliegen, das ist fahren! Es war so schön!

 

Danke Fauchi!

 

 

Last Edit: Fehler in den Bilderlinks korrigiert

[markus]

Hallo Christian....

 

Einfach grandios deine Berichte der etwas anderern Fliegerei....

 

Grandiose Bilder...

 

Was kommt als nächstes? Eigerjump mit Beat Schweizer? Base Jump mit Gottes vertrauen? FA-18 Flug dank guten Beziehungen? UL-Flug dank neuer Technik? oder ganz einfach nur ein kühles Bier nach Feierabend :D

 

Liebe Grüsse und vielen Dank für deine tollen berichte

 

Markus

[Christian Thomann]

Hallo Markus.

 

Danke für die Blumen! Ha, deine Vorschläge sind ja gar nicht so übel. Ich werde mir einige noch überlegen.

 

Eines ist sich: ich fange hinten an, und zwar gleich jetzt! Scho überschnurret.

 

Proscht!

[Daniel B.]

Hallo Christian

Eine packende Story hast du da gschrieben, was mir natürlich am besten gefällt ist das Bild der Stillen Reuss, welche du in der 4ten Klasse gelernt hast, den das Dorf rundherum heisst Rottenschwil und bekanntlich mein Wohnort.

Ich freue mich schon, wenn du das nächste Mal "fremdgehst"

Gruss Dani

[far_away]

Hola!

 

Der Bericht is zwar interessant, aber mich würde so eine Ballonfahrt überhaupt nicht reizen. Keine Ahnung wieso, aber irgendwie intressiert mich diese Art der Fliegerei überhaupt nicht.

 

Noch eine Frage:

Wieso heißt es, dass Ballon fahren, und nicht fliegen?

 

Grüsse

 

Bernhard