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Vergleich Schweiz-USA


nataniaus

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Hallo!

 

Ich erlaube mir, hier ein neues Thema zu erstellen, um eine Sache aufzugreifen, welche häufig zu den absurdesten Diskussionen führt: Wie vergleicht sich die Privatfliegerei in der Schweiz mit den USA?

 

Bin gespannt, was ihr zu sagen habt.

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Nachdem ich oben das Thema eröffnet habe, hier gleich zur Einleitung etwas Stoff.

 

Der Vergleich der Fliegerei zwischen der Schweiz und dem Ausland (insbesondere USA) hat mich während zwei Jahren intensiv beschäftigt. Ich selber (CPL/IR, Single, Multi, Heli) habe viel Erfahrung in den USA, insbesondere was Fliegen, Instruktion und Regelwerk anbelangt. Auch in der Schweiz gehören zahlreiche Instruktoren, ATPs und PPs zu meinem Freundeskreis.

 

Man könnte über das Thema buchstäblich Bücher schreiben ... ich habe viel recherchiert, herausgefunden und erlebt, wovon hier das Wichtigste an der Oberfläche genannt sein soll. Tatsache ist (leider), dass um dieses Thema sehr viel polemisiert und politisiert wird, leider häufig ohne sachlichen Hintergrund, sondern "vom hören sagen".

 

Es gibt sowohl in der Schweiz als auch in den USA ein Spektrum, d.h. einen mehr oder weniger grossen Bereich zwischen guten, sicheren und verantwortungsvollen Piloten und den anderen. Man darf nicht die "Guten" hier mit den "Schlechten" dort vergleichen, aber auch nicht umgekehrt.

 

Generell herrscht in der Schweiz die Meinung, dass die Amerikaner schlechte Flieger sind und dass die Ausbildung schlecht sei. Die Unfallstatistiken zeigen, wie schon oft zitiert, leider ein eindeutiges Gegenteil zum Nachteil der Schweiz, das nur allzu schnell und einfach mit den "hochfliegenden Bergen" und zu kurz geratenen Pisten erklärt wird. Die Definition eines Flugunfalls stimmt übrigens in beiden Ländern fast wörtlich überein.

 

Zunächst ein paar Fakten zur US-PPL, die vielleicht weniger bekannt sind:

 

Die PPL-Ausbildung in den USA beinhaltet je drei Stunden Nachtflug und Instrumentenflug (ohne Sicht nach aussen). Im Durchschnitt geht ein US-PPL-Anwärter mit ca. 60 Flugstunden an die Prüfung (statt der notwendigen 40 Stunden), wo von ihm 50 verschiedene Manöver geprüft werden können. Dazu gehören übrigens auch spezielle Landetechniken, wie "Short Field Landing" und "Soft Field Landing", und dies trotz der kilometerlangen Betonpisten. Es gibt in den USA keine Landetaxen und man kann Landungen üben, bis die Räder wackeln. Eine PP-Ausbildung kostet ca. 3-5000 USD.

 

Ca. 20 Prozent der US-PPs haben ein Instrumentenrating. Obwohl es als das schwierigste aller Ratings gilt, fördert die US-Behörde (FAA) diese Ausbildung, weil IR-Piloten statistisch "bessere" und gewissenhaftere Piloten sind. Ein Instrumentenrating kostet ca. 4-6000 USD.

 

Im US-System sind die Kontroller gleichermassen für VFR- und IFR-Verkehr zuständig und kaum ein "Hobbypilot" wird sich je zweitklassig behandelt fühlen. Die Kontroller bieten auch für VFR erstklassige Services an - selbstverständlich kostenlos.

 

Für Instruktion auf PP-(VFR-)Level werden i.d.R. keine Simulatoren eingesetzt, da der Nutzen für PPL/VFR allgemein als zweifelhaft beurteilt wird.

 

Die US/PPL-Theorie beinhaltet das Thema "Aeronautial Decision Making", wo jeder seine eigenen Tendenzen, sein potentielles Fehlverhalten und sinnvolle Gegenmassnahmen in Stresssituationen kennen und analysieren lernt, um die berühmte "Kette von Fehlentscheidungen" zu durchbrechen.

 

Flight- und Ground-Instruction dürfen nur lizenzierte Instruktoren erteilen.

 

Wie gesagt, man darf jetzt nicht das Gute drüben mit dem Schlechten hier vergleichen, aber es ist schwierig, Gleichwertiges in der CH/PPL-Ausbildung zu finden. In der Schweiz lernt ein Pilotenanwärter vermutlich mehr Theoriestoff als in den USA, dazu gehört aber absolut auch Blödsinniges, wie das thermodynamische Zustandsdiagramm eines Otto-Motors oder der Sauerstoffdruck in einer Zelle.

 

Die Ausbildung in den USA - das bestätigen eigentlich fast alle Instruktoren, die hier und drüben instruieren - ist wesentlich praxisorientierter. Auffallend bei durchschnittlichen Schweizer Piloten ist, dass sie die Checklisten absolut perfekt und auswendig beherrschen, anders als in den USA. Dort wird primär auf die sichere und überlegene Beherrschung des Flugzeuges Wert gelegt, Checklisten sind aber auch wichtig. Subjektiv beurteilt gilt hier ein Pilot als gut, wenn er die Checklisten beherrscht

und perfekte Volten fliegt, während viele US-Instruktoren auch aus dem Bauch urteilen und sagen: "Yes, I would let my children fly with you."

 

Der wohl wesentlichste Unterschied zwischen Schweiz und USA, und jetzt wird es etwas schwierig mit der Sachlichkeit, ist in den Köpfen der Menschen. Ich könnte Bücher füllen mit Beispielen, wie arrogant und selbstsicher ich Piloten in der Schweiz erlebt habe. Ich habe mehrfach Piloten, Fluglehrer und sogar Chef-Fluglehrer erlebt, wie sie im persönlichen Gespräch oder am Biertisch in einer Art und Weise über andere Piloten und namentlich die Amerikaner hergezogen sind, dass es mir fast übel wurde. Das hat nichts mit Fliegerei und Sicherheit zu tun, das ist fehlender Verstand und letztlich ein Ausdruck charakterlicher Schwäche. Das färbt natürlich ab. Ich habe einen jungen PPL-Schüler erlebt, der mit grösster Selbstverständlichkeit in der Klasse behauptet hatte, er könne ein Flugzeug problemlos in den Wolken ohne Sicht beherrschen. Alle waren beeindruckt und niemand, nicht einmal der anwesende Instruktor, hat ihm widersprochen. Das sind für mich "herangezüchtete Unfallkandidaten". (Der anwesende Instruktor hatte meines Wissens kein Instrumenten-Rating; in den USA muss das jeder Fluglehrer haben.)

 

Anders als in den USA ist die Privatfliegerei in der Schweiz eine exklusive, elitäre und kostspielige Angelegenheit. Die Anerkennung dieser Freizeitaktivität in der breiten Bevölkerung ist in der Schweiz aber scheinbar geringer und somit sind auch die (politischen) Einschränkungen immer schärfer. In den USA sind die meisten Flughäfen und -plätze 24 Stunden am Tag offen und es gibt kaum Wiederstand, wenn in der Nacht geflogen wird. Eine einfache, aber schwer zu beweisende Theorie sagt, dass die Toleranz der Bevölkerung auch deshalb grösser ist, weil sich die Piloten nicht so elitär und arrogant distanzieren. Demgegenüber dominiert hier Neid und Eifersucht, welche leider durch entsprechendes Verhalten vieler Piloten noch gefördert wird. Sind wir doch einmal ehrlich. Fliegen lernen ist doch keine Teufelssache, sondern höchstens zeitaufwändig (und vielleicht noch teuer). Vom Ausbildungsaufwand sind viele andere Hobbies wesentlich aufwändiger und viele Leute investieren wesentlich mehr in Ausbildungskurse für ihre berufliche Zukunft als ein PPL für seinen Flugschein. Es gibt keinen rationalen Grund, seine Nase 2 cm höher zu tragen, nur weil man ein Flugzeug steuern kann.

 

Ach ja, die Preise sind noch zu erwähnen. Der gesamte PPL-Theoriestoff kann in den USA für 100-200 USD gekauft werden; vieles davon gibts auch gratis zum Herunterladen vom Internet. Die Schweiz ist so klein, dass durch die kleinen Auflagen trotz x-fach höheren Preisen vermutlich noch immer kaum ein Geschäft gemacht werden kann. Rhetorische Frage: Warum muss denn bei uns immer alles "Speziell" sein? Die Spirale dreht sich weiter: Wegen der hohen Preise wird weniger geflogen und deshalb erhöhen sich die Preise noch mehr...

 

Ein Glaubenskrieg zwischen Europa und den USA ist ferner, dass man hier jedes Problem mit zusätzlichen Vorschriften zu lösen versucht, während die Amerikaner stets versuchen, kritische Dinge der Sicherheit zu Liebe einfach zu behalten. Das Ziel von JAR war beispielsweise, die Sicherheit zu verbessern; es gibt neuerdings genügend Fachartikel, die das wehement bestreiten. Ein anderes Beispiel sind die Lufträume, welche seit der Einführung der ICAO-Luftraumklassen in den USA wesentlich vereinfacht wurden. Man vergleiche nur mal die Lufträume über Kloten mit einem ähnlichen Ort in den USA. CTRs, TMAs u.d.gl. sind in den USA seit ca. 1993 konsequent abgeschafft und durch meist einfache, kreisrunde Gebilde nach ICAO ersetzt. Es gibt auch in den USA Orte, wo Privat-, Militär- und Kommerz-Flughäfen eng beisammen sind, und trotzdem ist der Luftraum einfach und übersichtlich gegliedert. Es scheint mir, als wollen es die Amerikaner "so einfach wie möglich" halten, während bei uns alles "so kompliziert wie möglich" sein muss.

 

Es gäbe noch viel zu sagen, aber jetz interessieren andere Meinungen.

 

Happy Flying!

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Gast Hans Fuchs

Willkommen im Forum nataniaus

 

Wir freuen uns über jeden Neuen, vor allem wenn er etwas zu sagen hat. Die übliche Anonymität solcher Foren haben wir zumindest insoweit etwas eingeschränkt, als dass wir uns zumindest mit unseren Vornamen zu erkennen geben.

 

Die Ernshaftikeit der Diskussionen hat sehr an Tiefe gewonnen, seit praktisch jeder davon ausgehen muss, dass er vom einen oder andern Mitleser und Mitschreiber auch bald einmal erkannt werden wird.

 

In diesem Sinne, nur keine Scheu!

 

Zum Thema selbst von mir nur dies: wesentliche Unterschiede konnte ich diesseits und jenseits des Atlantiks beim besten Willen nicht feststellen. Es ärgert mich aber, wenn ich die oft verbissenen Argumentationen höre, dass es genau dort am besten sein soll, wo der Diskutant seinen eigenen Schein erworben hat.

 

Hans

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Interessant!

 

Aber zu diesen Vergleichspunkten Schweiz - USA sehe ich das etwas anders.

Es sind mir Piloten bekannt, wo es in der Schweiz & Deutschland nicht geschafft haben eine PPL Liezens zu erhalten, da Sie verschiedene Prüfungen nicht bestanden haben.

Danach sind Sie in die USA gereist und nach ca. 8 Wochen mit einen ICAO PPL Schein nachhause gekommen.

Ich muss selber eingestehen, das die JAR Ausbildung sich noch schwachstellen aufweist, aber grundsätzlich einen sehr hohen Ausbildungsstandart gewährleistet, was man von der USA nicht behaupten kann.

Also wer es in der Schweiz nicht schafft sollte, eine PPL Schein zu erhalten, reist am besten in die USA, da sind die Aussichten gut, das es Klappt.

 

Gruss Toby

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Gast Hans Fuchs
Original geschrieben von nataniaus

Eine einfache, aber schwer zu beweisende Theorie sagt, dass die Toleranz der (US) Bevölkerung auch deshalb grösser ist, weil sich die Piloten nicht so elitär und arrogant distanzieren (wie die Schweizer).

Das hier hätte ich doch gerne aufgegriffen. Ich hoffe doch wir beide leben in der gleichen Welt?

 

Grad das ist ja so auffällig, dass die Fliegerei ihren einstigen Nymbus hierzulande so radikal verloren hat. Wer glaubt etwas sein zu müssen, findet sich heute nicht mehr auf dem Flugplatz, sondern auf dem Golfplatz ein. Das hat der Fliegerei aber natürlich auch gut getan. Wer heute hier noch fliegt, tut das zumeist mit viel persönlichem Engagement, mit grossen persönlichen und auch finanziellen Einschränkungen und ohne jeden Dünkel. Eben mit viel Herzblut.

 

Auf der andern Seite gibt es fast keine jungen Leute mehr (ausserhalb diese Forums ?) die sich noch für die Luftfahrt begeistern können. Die Segelflugvereine finden absolut keinen Nachwuchs mehr. Sogar innerhalb diese Forums scheint mir das so zu sein; oder warum konnte sich kein einziger angeblich so Flugbegeisterter dazu durchringen, mal die 50 Franken für einen Schlepp aufzuwerfen, und mit dem Christian einen Nachmittag von Münster aus das Gebirgs und Thermikfligen kennenzulernen?

 

Ich stelle ernüchtert fest: Fliegen ist outer als out. Wo also sind die elitären Snobs, die uns mit ihrer Hochnäsigkeit die Gunst des Publikums verderben?

 

Ganz sicher sind sie nicht bei den Privatpiloten zu finden, wenn schon dann orte ich sie eher bei gewissen Durchdienern, die die Weisheit schon bei Geburt mit dem Löffel gefressen haben, und als knapp 27 jährige ATPLer mich glauben mitleideig belächeln zu müssen, wenn ich in Canada mit Begeisternung in eine Beaver einsteige. "Weisst Du sowas brauche ich nicht, ich fliege ja beruflich." (Originalton)

 

Sicher! aber, wenn es geht, dann lieber ohne mich!

 

Hans

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Ich habe mir lange überlegt, ob ich auf ein anonymes Posting antworte.

Hans ist mir einwenig zuvorgekommen und ich schliesse mich seiner Argumentation vollkommen an.

 

Ein Zusatz noch:

Durch einige Formulierungen fühle ich mich persönlich beleidigt und weise sie als schlichte Frechheit zurück.

 

Joachim

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Original geschrieben von Toby

Es sind mir Piloten bekannt, wo es in der Schweiz & Deutschland nicht geschafft haben eine PPL Liezens zu erhalten, da Sie verschiedene Prüfungen nicht bestanden haben. Danach sind Sie in die USA gereist und nach ca. 8 Wochen mit einen ICAO PPL Schein nachhause gekommen.

 

Ohne die Ausbildung in der Schweiz genau zu kennen, erlaube ich mir hier, natanius in seiner Meinung zu bestärken und zwei wichtige Details hervorzuheben: In der Schweiz wird wahrscheinlich mehr Kenntnis über Dinge verlangt, die man nun wirklich nicht wissen muss.

Oder dass in Nordamerika vieles einfacher gehandhabt wird, (ohne dass die Sicherheit darunter leiden würde). Beispiel: Ich habe letzthin in einem hier im Forum erwähnten Online-Fragenkatalog zur PPL-Prüfungsvorbereitung in der CH geschnuppert. Eine Frage: Welche Druckausgleichsmethode darf ich bei einer Erkrankung des xy nicht anwenden?

In unserem Theoriekurs heisst es einfach 'If you're ill, don't go flying! When in doubt, ask an AME (aviation medical examiner).'

Übertrieben ausgedrückt: Ich habe das Gefühl, dass man in der Schweiz versucht, Piloten perfekt zu machen. Hier in Übersee scheint man zu wissen, dass niemand perfekt ist und vereinfacht daher Abläufe, Zustände, ... so weit wie möglich, um dem entgegen zu wirken.

 

@Joachim: natanius hat ja nicht vorsätzlich anonym geschrieben und ausserdem war sein Beitrag sehr sachlich. Mich interessiert, durch welchen Teil dieses Threads du dich beleidigt fühlst?

 

Dominik

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