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Reaktion im Notfall


Empfohlene Beiträge

Geschrieben

Hallo Allerseits

 

Nach dem heutigen Besuch der Unglücksstelle in Gruyeres (Epagny) habe ich gleich mehrere Fragen an alle gestandenen Piloten:

 

- Wie sieht Euer Departure briefing aus?

- Fragt Ihr Euch nach der zu erwartenden Performance Eures Fliegers (Temperatur, Wind, Oberfläche)?

- Ueberlegt Ihr Euch wirklich, wo im Notfall eine Landung zu versuchen wäre?

 

Nach meiner Meinung fallen in einer kritischen/Notsituation eigentlich zwei Entscheidungen an:

 

1.) Die Entscheidung 'Ja, ich bin in einer Notsituation'

2.) Versuche ich das Flugzeug zu retten, oder kämpfe ich ums Überleben?

 

Nach reiflicher Überlegung komme ich zum Schluss, dass ich beide Entscheidungen im wirklichen Notfall nicht so einfach fällen könnte (wenn man sich eingesteht, dass ein Notfall herrscht, ist's wahrscheinlich längst zu spät). Und, Hand aufs Herz, würde jemand von Euch willentlich eine Notlandung auf der Saane (unter der Hochspannungsleitung und der Holzbrücke durch) versuchen?

 

Mich interessieren Eure Meinungen zu diesem (in der Wirklichkeit doch eher lasch gehandhabten) Checklistenpunkt, und wie Ihr damit umgeht.

 

MarkusP210

Geschrieben

Hallo Markus,

 

ich habe ja meistens zwei Triebwerke und somit mindestens eines, das übrig bleibt, aber ich denke, dass man im Falle eines Falles GANZ anders reagiert und denkt, als man es sich hier ausmalen könnte. Da sind einem dann die Folgen/Kosten eines Bruchs egal, hauptsache man überlebt.

Geschrieben

Hoi Markus,

 

ich finde es toll, dass hier auch Probleme der Flugsicherheit thematisiert werden!

 

Unserer Flugschule legt bei den Checkflügen jeweils sehr grossen Wert auf korrekte Departure Briefings.

Natürlich machen diese nur dann Sinn, wenn man sie nicht nur auswendig herunterbetet, sondern sie bewusst und situationsangepasst anwendet. Meines sieht gemäss operating procedure wiefolgt aus:

 

-Wind

-takeoff procedure (RWY, climb to . . . ft.)

-climb speeds (vr, vx, vy, cruise climb)

-routing and airspace restrictions (checkpoints, CTR, TMA)

-best glide

-major malfunction on ground / engine failure after takeoff

 

Beim letzten Punkt werfe ich jeweils einen Blick auf die VAC-Karte und wähle vorgängig ein mögliches Notlandegebiet aus (etwa auf Pistenachse). Dabei achte ich insbesondere auf mögliche Hindernisse.

Das procedere mache ich übrigens auch auf meinem Heimatflughafen, jedesmal (!) (obwohl ich dazu natürlich nicht mehr auf die Karte schauen muss).

 

Zusätzlich rufe ich mir nochmals laut in's Gedächtnis, dass unterhalb der circuit altitude keine Umkehrkurve im Falle eines engine failures geflogen werden darf.

 

bzgl. performance der Maschine:

Als sehr defensiver Pilot und aufgrund meiner fehlenden Erfahrung mit Grasflugplätzen muss ich gestehen, dass ich Grasflugplätze wenn immer möglich meide. Kurze Startstrecken auf Pisten, die stark bremsen sind mir ein Graus! Bei Temperaturen über 30 Grad, drei Passagieren und vollgetanktem Flieger auf einem Flugplatz, der so hoch ist wie Gruyeres - würde ich persönlich nie wagen. Ich nehme hier natürlich nicht Bezug auf den aktuellen Unfall, da ich darüber nichts weiss. Der Pilot hat ja vielleicht alle Berechnungen gemacht und das Problem lag ganz woanders.

 

Aber das ist alles eine Sache der Erfahrung, und wenn man die entsprechenden Startrollstrecken-Berechnungen seriös macht, dann sind Graspisten natürlich auch im Sommer kein Problem.

 

Was denken unsere Fluglehrer und Berufspiloten?

 

Philip

Schneider Björn
Geschrieben

Hi

 

Bezüglich NOLA mache ich mir gar nichts vor. Falls ich mal in diese ungemütlich Lage kommen sollte, würde ich nur 3 Aktionen ausführen.  1 Geeignetes Feld suchen und es anfliegen. Während des Anflugs 2. Tankwählschalter umschalten und 3. booster Pump anlassen. Kommt er wieder OK. Wenn nicht bin ich ja bereits im Anflug aufs Feld. Es sind zwar NUR 3 Aktionen, hoffe jedoch das ich sie ausführen könnte.  In solchen Situationen glaube ich das kaum ein Amateur sich cool auf die Checkliste verlassen sollte. Ich denke, dass ich nicht in der Lage währe irgend eine Checklist zu Lesen und Sie durch zu arbeiten. (Im Falle eines Engine failures)!!!!. Desshalb !! 3 Aktionen. Fuel selector, booster pump, landen. Und der letzte Gedanke den ich verschwende ist wohl der, ob diese Blechkiste einen Kratzer abkriegt oder nicht. Ich möchte ja niemandem zu nahe tretten, ich hoffe jedoch, dass sich alle Piloten bewusst sind wie sie in einer solchen Lage zu reagieren hätten. Wie es bereits angetönt wurde kann man es sich wohl kaum vorstellen. Desshalb ist es sehr wichtig das man es sich so einfach wie möglich immer und immer wieder einprägt.

 

 

 

Gruss Björn

Geschrieben

Hallo zusammen,

 

ich bin noch in der Ausbildung zur PPL und da wird sehr wohl grosser Wert auf das Departure Briefing gelegt was für mich aber auch nach der Ausbildung selbstverständlich sein wird.

 

Mein Departure Briefing sieht ungefähr so aus:

 

- Airfield, Runway, Conditions (runway, weather, wind)

- Speeds (Vr, Vx, Vy, Vbg)

- Outbound route and restrictions

- Abnormal situations - on the runway

- Abnormal situations - below circuit altitude

- Abnormal situations - at circuit altitude

 

Wenn man sich bewusst diese Dinge kurz vor dem Start ins Gedächtnis ruft kann es helfen bei etwaigen abnormalen Situationen beim Start die notwendigen Kapazitäten zu haben um Passagiere und Flieger halbwegs heil runter zu bringen und keine fatalen Umkehrkurven unterhab Circuit Altitude zu fliegen.

 

Natürlich sieht das Departure Briefing auf jeden Flugplatz etwas anders aus, vor allem bei den Abnormal Situations sollte man anhand der VAC-Karte etwaige Notlandegebiete ins Auge fassen. Sofern Kapazitäten vorhanden hilft es schon beim Anflug sich ein Bild über die Flugplatzgegend zu machen. Departure Briefing in Wangen Lachen auf der 08 z.B. heisst bis ca. 200-300ft AGL Landung im Feld, 300ft AGL bis Circuit Altitude Landung im Wasser, erst auf Circuit Altitude ist eine Umkehrkurve möglich.

 

Performance ist bei den aktuellen Temperaturen natürlich Thema, aber ich denke jeder von uns hat gelernt wie man Startstrecken berechnet. Wichtig dabei, die Angaben im AFM sind unter optimalen Bedingungen, mit neuen Motoren und von Piloten erflogen worden welche auf den Knoten genau fliegen können. D.h. hier sollte man einen grosszügigen Puffer (10-20%) einplanen. Graspiste gibt nochmal 20% mehr, hohe Temperaturen lassen die Leistung des Motors um einige % sinken. Mit Hilfe einer seriösen Fuel-Calculation lässt sich einiges an Abfluggewicht einsparen, z.B. finde ich es unnötig und unwirtschaftlich wegen eines halbstündigen Rundflugs vollzutanken um eine Endurance von über 3 Stunden und entsprechendes Gewicht im Tank zu haben.

 

Ciao, Markus ;)

Geschrieben

Mein Dep. Briefing ist mit Markus' identisch (Swiss PSA lässt grüssen ;) ). Zudem versuche ich zu Hause vor jedem Flug mental nochmals die Handgriffe für die wichtigsten Emergency Procedures des jeweiligen Flugzeugtyps durchzugehen. Auch ein Studium der VAC Kärtchen mit evtl. "Ausweichrouten" gehört dazu, obwohl sich das Ganze dann in Realität nochmals etwas anders präsentiert, da ja nicht jeder Baum, Zaun und Hügel eingezeichnet ist.

Und schliesslich gibt's auch Plätze, bei denen man trotz guter Vorbereitung einfach nur hoffen kann, dass man vor einem Motorausfall mind. Platzrundenhöhe erreicht hat. Während man im Birrfeld mit RWY 26 noch ein paar Möglichkeiten hat, sieht's mit RWY 08 bis ca. Ende Crosswind eher düster aus. Schafft man das Wäldchen, reichts vielleicht mit etwas Glück auch noch über den Reuss Graben. Falls nicht, bleibt fast nur die "Autobahnschneise" mit dem Risiko, zusätzlich einen Autounfall zu verursachen. Für die von meinem Fluglehrer favorisierte Variante einer "ausnahmsweisen vorsichtigen Umkehrkurve" (ca. 150°!) rechts entlang der Autobahn nach Bern, konnte ich mich nie so richtig erwärmen. Würde mich interessieren was andere "ortskundige" Piloten hier machen würden.

 

Hans Peter

  • 2 Wochen später...
Geschrieben

Salü Hans Peter

 

Vielleicht musst Du Dir mal einen neuen Fluglehrer suchen... Der mit der 150° Umkehrkurve soll ja wohl ein Witz sein oder? Leider gibt es immer noch Piloten, welche versuchen die Physik neu zu erfinden.

 

Grundsätzlich lieber kontrolliert in einem Baum (oder auf der Autobahn, oder im Fluss) landen, als aus 100m abzuschmieren.... (Ich weiss im Birrfeld fliegt ab und zu mal noch ein Low Level Steep Turn Schleppilot einen extra coolen Anflug, nach dem Motto, wer schafft den tiefsten und steilsten Finalturn)

 

Die Umkehrkurve haben schon viele STARS ausprobiert. Doch leider können wir sie alle heute nicht mehr fragen obs geklappt hat...

 

Never slow, never low

 

Was interessiert einen Piloten nie?

 

- Die Piste hinter dem Flugzeug

- Den Fuel im Tankwagen

- Die Luft über dem Flügel

 

Grüessli THOMMY

Geschrieben

Hoi THOMMY

 

Na ja, das mit der 150° Umkehrkurve kam bei eigentlich nur in Ermangelung einer besseren Alternative, bzw. wenn man "eben bereits hoch genug wäre" zustande. Mit einem mittelprächtig motorisierten Flieger ist man dort aber kaum hoch genug und schon gar nicht mit einem 152gi. Deshalb kam für mich eine Kurve sowieso nicht in Frage. Bei der 'Autobahn' hiess es "niemals!", wegen der zu befürchtenden Massenkollision und beim 'runter in den Reussgraben' "keine Chance!", bleibt also nur noch ein "kontrollierter Absturz" ins Wäldchen...:rolleyes:

 

Gruss

Hans Peter

Geschrieben

Hallo

 

Gemäss Aussage eines altgedienten Fluglehrers ist das Verletzungsrisiko bei einer Kollision mit einem Hindernis am Boden (horizontal) kleiner als bei einem Fall aus einigen Metern Höhe (vertikal). Aus diesem Grund würde ich mangels anderer Gelegenheiten wohl ebenfalls eine 'Baumwipfellandung' versuchen.

 

Markus

Geschrieben

Hi

 

Ueber Emergency checks wird ja viel diskutiert. Bei der praktischen PPL-Pruefung, hat man sie auch noch im Griff. Ein paar Flugstunden spaeter haben aber die meisten PPLer die Emergency checks schon lange vergessen.

Bei einem Motorausfall gibts fuer mich nur eines: approach check! Da ist naemlich alles dabei, was man braucht. Und das ist wohl der check der jeder Pilot noch intus hat.

1. fuel pump

2. fuel indicator

3. fuel selector

4. mixture

5. carb. heat

 

Was braucht man mehr?

 

Gruss

Dominik

 

http://www.takeoff.ch.vu

Geschrieben

Hallo Zusammen,

 

interessantes Thema - was haltet Ihr von dieser Landung:

 

http://131.173.121.97/videos/langley.mpv.mpeg

Am besten mit 'Ziel speichern unter...' auf herunterladen und dann erst abspielen - 15MB(!).

 

Meiner Meinung nach, wäre ein Duchstarten angebracht gewesen.

 

Gruss,

 

Markus

Geschrieben
Original geschrieben von Dominik L

Hi

 

Ueber Emergency checks wird ja viel diskutiert. Bei der praktischen PPL-Pruefung, hat man sie auch noch im Griff. Ein paar Flugstunden spaeter haben aber die meisten PPLer die Emergency checks schon lange vergessen.

Bei einem Motorausfall gibts fuer mich nur eines: approach check! Da ist naemlich alles dabei, was man braucht. Und das ist wohl der check der jeder Pilot noch intus hat.

1. fuel pump

2. fuel indicator

3. fuel selector

4. mixture

5. carb. heat

 

Was braucht man mehr?

 

Gruss

Dominik

 

http://www.takeoff.ch.vu

 

evtl. die Zündung? :D

 

Ansonsten vernünftige Idee. Jedoch sollte man vorgängig trotzdem mal Best Glide einfliegen und sich allenfalls nach einer hübschen Wiese umsehen, falls wirklich nichts mehr geht.

 

 

Gruss

Tom

Dominic Windisch
Geschrieben

Alle Checklisten in Ehren... man muss sie vor dem Start machen, damit man wenigstens eine Ahnung oder Idee hat, was man machen könnte.

 

Aber im Notfall selber (und wie Markus das erwähnt hat, ab wann erkennen wir einen Notfall, ab wann geben wir ihn selber zu, ab wann sind wir fähig zu reagieren) wird selbst ein noch so erfahrener Pilot nicht mehr als 3 Dinge im Auge behalten können (meine Meinung): Geschwindigkeit, Fuel Valve closed, heil runterbringen

 

Ein ehemaliger Swissairpilot (also ein paar tausend Stunden, sowohl emergency training als auch in der Luft) und Kollege von mir hatte eine Notlandung mit einem Leichtflugzeug.

Wie mir erzählt wurde, hatte er genau die 3 Dinge "im Auge".

Den ohnrebetäubende Krach, den er bei der Landung hinlegte (sein Freund wurde so ein paar Hundert Meter entfernt aus dem Hangar geschreckt) habe er nicht mal wahr genommen... der Flieger war zum Glück nur "leicht" beschädigt und fliegt heute wieder...

...leider ohne ihn, er hat danach den Schein abgegeben...

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