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02.04.2024 | HB-ZCZ, Air Glacier| AS350 B3 | Crash an der südlichen Alpenkette im Wallis


Empfohlene Beiträge

Geschrieben (bearbeitet)

Die Meldungen treffen fast stündlich ein zu diesem Unfall.

Mein tiefstes Beileid an die Angehörigen und Mitarbeiter der Air Glacier.

Nachfolgend einige Zeilen aus der Lokalzeitung (Autor Patrick Ferrari), von mir ins Deutsche übersetzt.

 

Die Profis (Bergführer, Bergrettung) sind zutiefst bestützt über diesen tragischen Unfall mit drei Toten und drei Verletzten.

Der Pilot ist ein Walliser (34), der Bergführer (45) sei ein Eingebürgerter aus den USA, Mitglied des Bergführerteams von Verbier. Der dritte Verstorbene war Passagier.

 

Die drei anderen Passagiere wurden verletzt. Einer konnte das Kantonsspital bereits verlassen.

Alle drei Überlebenden seien Briten.

Ferrari schreibt, aus den Posts in den sozialen Medien sei zu erfahren, dass es zwei der Passagiere brüder sind, die vom Dritten (ein 60-jähriger Brite, der sich in Verbier niedergelassen hat und aus einer angesehenen Brauereifamilie stammt) geistesgegenwärtig aus der Kabine gestossen wurden, "nachdem der Heli zu fallen begann".

Die beiden Brüder seien schnell gefunden worden und der Eine konnte das Spital inzwischen verlassen.

 

Anders ergieng es dem Auslöser:

Er glitt im nahezu senkrechtem Hang etwa 500m in einem Schneebrett oder Lawine, die vom stürzenden Wrack ausgelöst wurde bis er auf dem Gletscher in eine Gletscherspalte fiel. Trotz intensiver Suche mit Grossaufgebot konnte er erst 5h danach gefunden weden- mit zahlreichen Knochenbrüchen.

 

Der vierte Passagier , welcher leider verstarb sei ein 34-jähriger  Irländer

 

So sieht es manchmal auf den Absetz-Landeplätzen aus, wenn die Schneeverhältnisse gut sind:

607316910-highres.jpg.webp?9be05871c7891

 

Beileidsbezeugung auf der Website der Air Glaçier:

(auf deutsch)

 

 

 

Cosy a.k. Bruno

Bearbeitet von cosy
Geschrieben (bearbeitet)
On 4/3/2024 at 5:03 PM, MarkusP210 said:

Die Wind-Chart zeigt auf FL100 einigermassen unspektakuläre 30 Knoten aus Westen (die Föhnsituation hat sich in der Zwischenzeit gelegt). Die Lentis könnten auch den Jet's geschuldet sein welche auf der SIGWX-Chart direkt über den Alpen zu liegen scheinen.

Diese 30 kt können sich lokal sehr stark erhöhen- durch den Ventury-Effekt.

Wenn es Föhn gibt über den Alpen beginnen wir* ab 3 hPa Druckunterschied Nord-Süd darauf zu achten. bei 6 hPa u.m. verzichten wir auf Flüge (* grobe Faustregel hier im Club, die Gesamtsituation ist entscheidend).

 

Das ist keine fixe Regel, sondern , Anhaltspunkte bei der Risikoeinschätzung in der Planungsphase.

 

Die Topologie ist sehr speziell in diesem Gebiet:

Die Alpenkette an der Grenze (Schweiz-Italien) ist die höchste Gebirgsformation in Europa und stellt eine Barage für die dynamische Luftströmung dar. 

 

 

Wenn die Luftmasse durch herschende Druckunterschiede nordseits der Alpen (schweizer Mittelland) und südseits (Piemont resp. Po-Ebene) zum Ausgleich gezwungen wird, wird sie über mehrere Alpenketten gedrückt In der hier betroffenen Gegend kann man mindestens drei ost-west Alpenketten von 4000m (13000ft) und höher erkennen, die der Wind nacheinander überwindet. Jedesmal wenn die Luftmasse ansteigen muss, wird sie beschleunigt und kondensiert aus.

Gipfel stellen wie Inseln im Fluss dar: sie werden umspühlt, wobei die Verwirbelung stark zunehmen

Auf der Leeseite entstehen Rotoren die sich  im hochalpinen Raum dreidimensional ausrichten können (da die abgebremste Bodenschicht weitgehend fehlt).

 

Der rote Marker ist der Petit Combin mit 3668m Gipfelhöhe (12034 ft). Die tieferliegenden Senken mit dem blauen Pfeil sind Zonen direkt daneben, wo mit wesentlich erhöhten Windgeschwindigkeiten zu rechnen ist. 

spacer.png

Sicht von Süden her nach Norden.

 

Hier noch einmal die Kartenansicht (Landeskarten 1:25'000): Der blaue Pfeil markiert ungefähr den Vektor, den die Maschine im Fall vermutlich einnahm.  Der schmale Teil des Gletschers oberhalb der Pfeilspitze bildet eine Kante, die etwa 600m unterhalb des Gipfels liegt.

 

spacer.png

 

Die Situation wird etwas besser verständlich, wenn man die grössten Erhebungen gesondert betrachtet.

Dazu habe ich auf dem folgenden Bild die  Flugfläche 2500m ü.M. (8200ft) violett eingefärbt (mit Transparenz).

Die Sicht richtung Norden aus dem Aostatal zeigt sehr schön, wo die Luftströmung ungebremst durchströmen kann, ohne die thermodynamische Effekte von Aufsteigen und Absinken:

Es gibt neben dem Mont Blanc (15780 ft, etwa 10NM entfernt) und den 4'000ern des Val de Bagnes zwei wesentliche 'Autobahnen':

 

- Col Ferret, Passhöhe 8100ft : blauer Pfeil links

- Grand St. Bernard  8300 ft Passhöhe: blauer Pfeil rechts

 

Die Strömungsgeschwindigkeiten und damit die Verwirbelung ist in dieser Region wesentlich intensiver als z.B. auf ausgedehnten Gletscherflächen.

 

 

Von dieser Position nach rechts (Osten) ist die Bergkette noch höher und 'gipfelt' im höchsten Punkt der Schweiz 176m niedriger als der Montblanc (Dufourspitze 15200 ft). Die Luftmassen aus dem Süden haben somit erhöhte Widerstände.

spacer.png

 

benutzte Hilfsmittel:

- geo.admin.ch (ICAO-Karte Schweiz, Landestopographie 1:25'000)

- google earth 

-  directupload.net  (fertige Graphiken)

 

Cosy  a.k. Bruno

 

Bearbeitet von cosy
Andi Rotorchopf
Geschrieben
vor 5 Stunden schrieb cosy:

Jedesmal wenn die Luftmasse ansteigen muss, wird sie beschleunigt und kondensiert aus.

Wenn die Luftmasse den höchsten Punkt überwindet hat, ist sie in der Regel ausgeregnet. (Beim aufsteigen ist die Temperaturreduktion feuchtadiabstisch {Kondensation ist Wärmerückgewinnung}).

Die Luftmasse beschleunigt beim Absinken weil der trocken adiabatische Temperaturanstieg höher ist und diese mehr ausdehnen lässt. Ist einfache Thermodynamik und wurde im Fach Meteo am richtigen Ort angekreuzt. Ob begriffen oder nicht...

 

Wenn der Wind nicht direkt vom Grand Combin oder vom näheren Combin de Corbassière verwirbelt und rübergeweht wird ist dieser Platz nichts spezielles. Die Beurteilung der Landbarkeit im Endeffekt lernt man nicht umsonst aufwändig in der MOU-Schulung und zwar vor Ort.

 

Schöne Kartenausschnitte und Google earth mit ein paar Pfeilen sind vielleicht nützlich in einer Primarschulklasse, haben aber mit dem echten Wetter im echten Gebirge gar nichts zu tun. Wenn der Wind 30kt. laminar kommt, könnte man sogar easy mit R22 landen. (wäre etwa wie mit B3 auf dem Everest). Thermische Ablösungen können tückischer sein wie ein gleichmässiger Föhn.

Ist wie mit Freund und Feind, nur weisst Du beim Feind woran Du bist...

 

vor 6 Stunden schrieb cosy:

Hier noch einmal die Kartenansicht (Landeskarten 1:25'000): Der blaue Pfeil markiert ungefähr den Vektor, den die Maschine im Fall vermutlich einnahm.  Der schmale Teil des Gletschers oberhalb der Pfeilspitze bildet eine Kante, die etwa 600m unterhalb des Gipfels liegt.

Ist zwar grad gar nichts nützliches einzupfeilen wohin der Heli gestürzt ist. Viel interessanter wäre die Windrichtung und-Geschwindigkeit und die Anflugrichtung.

 

Bezüglich Heliskiing könnte man die Diskussion in den Stammtisch verschieben; nur eine kleine Anmerkung: Jeder MOU-Pilot muss für den Erhalt der Erweiterung 50 Landungen in den letzten 12 Monaten nachweisen. (letzter Wissensstand von 2016🙃)

 

Gruess Andi

 

Geschrieben
Zitat

Jedesmal wenn die Luftmasse ansteigen muss, wird sie beschleunigt und kondensiert aus

 

Etwas aus der Thermodynamik habe ich behalten (und mit dem Effekt arbeite ich in meinem Beruf häufig):

 

Die Kondensation erfolgt aufgrund des Absinkens der Temperatur der Luftmasse (HX-Diagramm, ständiges Erreichen des Sättigungsdampfdrucks). Der Punkt wo die Kondensation aufhört richtet sich nach der in der Luft enthaltenen Feuchtigkeit und dem Temperaturverlauf der Athmosphäre zu diesem Zeitpunkt (relative Feuchte <100%); das kann auch schon vor Erreichen des Kamms (nicht aber danach) der Fall sein.

 

Durch den höheren trocken-adiabatischen Koeffizient erwärmt sich die Luft auf der Trockenseite der Alpen (es gibt auch Nordföhn) beim Abstieg stärker wodurch die bekannten hohen Temperaturen entstehen.

 

Die Windstärke schlussendlich gebirt sich aus dem (dynamischen) Druckunterschied zwischen Luv- und Leeseite, je grösser der Druckunterschied umso stärker der Wind.

 

Markus

Andi Rotorchopf
Geschrieben
vor 19 Minuten schrieb MarkusP210:

Die Windstärke schlussendlich gebirt sich aus dem (dynamischen) Druckunterschied zwischen Luv- und Leeseite, je grösser der Druckunterschied umso stärker der Wind.

...und des Abstandes zwischen den Isobaren; also wie weit die Drucksysteme auseinander Liegen.

3 hPA zwischen Aosta und Sion rumpeln anders als zwischen Turin und Basel.

 

Gruess Andi

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