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Fachkräftemangel an Luftfahrzeuginstandhaltundspersonal


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Geschrieben

Hallo zusammen,

 

Der Verband Schweizerischer Flugtechnischer Betriebe hat im Februar einen Workshop zum Thema "Fachkräftemangel im Flugzeugunterhalt" durchgeführt. Ziel des Workshops war es, Lösungen und Alternativen zu entwickeln, um auch in Zukunft genügend qualifizierte Fachkräfte für den Unterhaltsbereich unserer Industrie zu finden.

 

Eines muss ich vorweg ganz klar sagen: Wir werden kurz- und mittelfristig kaum Schweizer Personal finden, um den Fachkräftemangel zu beheben. Es braucht also Alternativen.

 

Ein Thema, das in der Luftfahrtindustrie lange Zeit allgegenwärtig war, aber viel zu wenig Beachtung fand, da die Unternehmen auf Leiharbeitskräfte (Contractor) oder ausländische Fachkräfte zurückgreifen konnten. Inzwischen gibt es Vorgaben der nationalen Luftfahrtbehörden, wie hoch der Anteil von Zeitarbeitskräften und fest angestelltem Personal sein soll. Dies wird auch genau überwacht. Auch der Markt für ausländische Fachkräfte ist verschlossen. Sei es, dass die Einstellungshürden in der Schweiz ausserhalb der EU/EFTA sehr hoch sind, wenn ich EU/EFTA Personal finde, welches qualifiziert ist, scheitert es meist an den Schweizer Arbeitsbedingungen. Da meist im 24/7 Schichtbetrieb gearbeitet wird, machen es die Vorgaben des SECO fast unmöglich, einen attraktiven Schichtplan für die MA zu erstellen (Nacht- und Wochenend- bzw. Feiertagsarbeit sind in der Schweiz verboten). Auch die Schwierigkeit, privat eine geeignete Wohnung zu finden, stellt oft ein Problem dar. Zudem sind die Anstellungsbedingungen wie z.B. die Wochenarbeitszeit oder das Gehalt im internationalen Vergleich nicht mehr konkurrenzfähig. Hier muss etwas passieren:

  • Schichtpläne: Soweit mir bekannt ist, hat das SECO alle Sonderbewilligungen bis auf weiteres aufgehoben/auf Eis gelegt und attraktive Modelle wie z.B. 5/5 oder auch 7/7 mit einer Normalarbeitszeit von 42.5 Stunden sind rechtlich nicht mehr möglich. Hier braucht es eine Anpassung des Arbeitsgesetzes und die Arbeitgeber müssen hier von den klassischen 42.5 Stunden wegkommen.
  • Für das Onboarding in der Schweiz ist die Unterstützung des Arbeitgebers gefragt, ein gutes Beispiel ist z.B. die "Helvetic-WG".
  • Die Gehälter müssen wieder marktgerecht werden. Vergleicht man die Gehälter von Medizintechnikern oder IT-Technikern, so ist die Bezahlung nicht mehr marktgerecht. Angesichts der Verantwortung, die die Mitarbeiter tragen (z.B. Freigabe für Arbeiten an der Flugsteuerung), steht die Diskrepanz in der Entlohnung in keinem Verhältnis zur Verantwortung, die sie tragen.

 

Auch das Thema Mitarbeiterführung spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ein autoritärer oder militärischer Führungsstil ist immer noch weit verbreitet. Die vorherrschenden traditionellen Führungsstile kommen bei jüngeren Generationen wie der Generation Z, die Flexibilität, Innovation und ein zielorientiertes Arbeitsumfeld bevorzugen, nicht gut an. Ich muss zugeben, dass die Luftfahrt ein stark reguliertes Umfeld ist, in dem die strikte Einhaltung von Vorschriften zwingend ist. Das steht nicht unbedingt im Widerspruch zu modernen Führungsstilen, aber es ist ein Problem, das gelöst werden kann. Dieser Artikel geht gut darauf ein: https://www.cio.de/a/wie-ein-moderner-fuehrungsstil-aussieht,3260793

 

 

Der SVFB hat nun folgende Punkte ausgewählt, um das Thema weiter voranzutreiben und Lösungsansätze zu finden:

  1. Optimisation of the lateral entry model for licensed Aircraft Technicians
  2. Development of an own apprenticeship for Aircraft Technicians
  3. Harmonisation of Swiss and European regulations (FOCA & EASA)
  4. Marketing and public relations work for the profession of an Aircraft Technician

 

Zu Punkt 1: Hier habe ich ein Déjà-vu-Erlebnis. In Deutschland wurde Anfang der 2000er Jahre der gleiche Ansatz verfolgt. Damals ging es um die Umstellung vom nationalen Recht auf die EASA Part 66 Regelung. Das Ergebnis war, dass jeder, der in seiner Lehrzeit ein Stück Metall in der Hand hatte, durch relativ kurze Umschulungsmaßnahmen zum Fluggerätmechaniker nach Part 66 ausgebildet werden konnte. Der Markt wurde mit Personen überschwemmt, deren handwerkliche Fähigkeiten eher zweifelhaft waren. Der Aufwand dies betrieblich unter Kontrolle halten zu können ist gestiegen, um die Qualitätsansprüche halten zu können. Auch die Reallöhne sind dadurch eher gesunken, wo ein voll ausgebildeter Fluggerätmechaniker, der nicht nach dem Part 66 Syllabus in der Berufsschule ausgebildet wurde, das Nachsehen hatte. Die Unterschiede zwischen dem klassischen Ausbildungsrahmenplan der IHK und dem Part 66 Syllabus waren jedoch marginal. Ich selbst war damals direkt betroffen. Ich war damals in der letzten Klasse von Fluggerätmechanikern - Instandhaltungstechnik, die offiziell nicht nach Part 66 ausgebildet wurden. Das heißt, der Betrieb und die Berufsschule sind schon nach JAR/Part 66 vorgegangen, aber das LBA hat das Audit bis zum letzten Tag hinausgezögert.

 

Zu Punkt 2: Glücklicherweise gibt es seit einiger Zeit das Berufsbild des Polymechanikers Fachrichtung Flugzeugunterhalt. Hier wäre mein Vorschlag, einen Pool für die Stifte zu schaffen. Diese sollten den theoretischen Teil zentral ausgebildet werden und dann durch die Luftfahrtbetriebe in der Schweiz rotieren. Dieses Modell hat mein Ausbildungsbetrieb z.B. mit Airbus und anderen LTBs gemacht. Das hat uns damals sehr gut auf den Markt vorbereitet und man war nicht auf firmeninterne Abläufe und Vorschriften fixiert. Der kommerzielle Faktor darf in der Ausbildung auch nicht im Vordergrund stehen, der Stift braucht Zeit, um die Abläufe zu verstehen. er darf nicht der günstige Arbeiter sein.

 

Punkt 3: Es ist klar, dass der Beruf Polymechaniker:in Fachrichtung Flugzeugunterhalt den Regularien des Part 66 folgen muss, aber in der Harmonisierung zwischen nationalem Recht und den Regularien der EASA steht die Schweiz eigentlich gut da.

 

Punkt 4: Hier sind wir wieder bei den Arbeitsbedingungen, hier muss etwas passieren, damit ein positives Marketing für den Beruf des Flugzeugmechanikers aufgebaut werden kann.

 

Vieles hängt vom Arbeitgeber ab, zu lange hat man sich darauf verlassen, dass ein Flugzeugmechaniker seinen Beruf als Leidenschaft begreift und dementsprechende Abstriche in Kauf nimmt. Diese Zeiten sind vorbei! Die Anstellungsbedingungen und Arbeitszeitmodelle müssen dringend überarbeitet werden. Auch muss der Arbeitgeber erkennen, dass wir gerade in der Luftfahrt auf ausländisches Personal angewiesen sind und sich dementsprechend öffnen und auch Unterstützung beim Onboarding anbieten. Das waren erst einmal die kurz- und mittelfristigen Punkte. Langfristig muss die Talentförderung im eigenen Land im Vordergrund stehen, denn die Luftfahrtindustrie in der Schweiz ist doch größer als viele denken.

 

Wer bis hierher durchgehalten hat, ist herzlich eingeladen, sich an dieser Diskussion zu beteiligen. Ich freue mich darauf!

Wilko Wiedemann
Geschrieben

Ich habe damals aus den genannten Gründen den Job als Luftfahrzeugmechaniker aufgegeben. Beschissene Schichtpläne und schlechte Bezahlung liessen mich diesen interessanten Job aufgeben. Heute arbeite ich immer noch Schicht, denn grundsätzlich passt mir das am besten. Nur habe ich jetzt angenehmere Schichtzeiten und eine angemessene Bezahlung.

 

Allerdings haben wir auch in der Energiebranche Mühe, genügend geeignetes Personal zu finden. Das liegt aber zu einem grossen Teil daran, dass viele junge Leute gar keine Schichtarbeit mehr wollen, oder dann zu einfach unmöglichen Konditionen.

Geschrieben

Die Geschichte liest sich, wie als haben manche Firmen das Problem selbst verursacht. Es wäre daher aufschlussreich zu erfahren welche Firmen dies betrifft, wer sind die Inhaber der Firmen, was tun die Firmen um den Nachwuchs zu fördern und welche Kostenstruktur haben die Firmen? Es ist bekannt, dass in anderen Branchen Zulieferer unverschämt hohe Preise verlangen bloss weil sie in die Schweiz liefern.

 

Der deutsche Ansatz mit Coach und Mentor ist m.E. fraglich. Wer trägt die Verantwortung und kommt vor Gericht wenn etwas passiert oder jemand nicht richtig ausgebildet wurde? Wenn diese Verantwortung beim untersten Mitarbeiter ist, warum sollte dann ein Coach, Mentor und CEO mehr verdienen als der Verantwortungsträger?

 

Gruss Fridolin

FalconJockey
Geschrieben

Primär sind es die Kunden, also die Airlines, die enormen Druck auf die Preise ausüben. Sie wollen, nein, sie müssen mit anderen Firmen auf dem Weltmarkt kompetitiv bleiben. Das ist auch der Grund warum viele Airlines ihre großen Wartungsarbeiten im Ausland durchführen lassen und dafür viele Stunden Leerflug, z.B. auf die Philippinen, in Kauf nehmen. Am Ende ist es immer noch günstiger, als es in unseren eigenen, teuren Ländern durchführen zu lassen. Die Qualität der ausgeführten Arbeiten wollen wir mal aussen vor lassen...

Firmen wie Emirates, Qatar und Etihad lassen ihre Maschinen zwar an ihren Basen warten, haben dort allerdings einen enormen Preisvorteil, weil viele der "kleinen Mechaniker" aus Indien, Pakistan, Bangladesh & Co. stammen und dementsprechend auch mit kleinen Gehältern abgespeist werden können.

  • 7 Monate später...
Geschrieben
Am 29.3.2024 um 15:49 schrieb Tigerstift1:

"Das Ergebnis war, dass jeder, der in seiner Lehrzeit ein Stück Metall in der Hand hatte, durch relativ kurze Umschulungsmaßnahmen zum Fluggerätmechaniker nach Part 66 ausgebildet werden konnte."

Das Problem der Lehre ist doch, dass die von den deutschsprachigen Behörden unter Wert verkauft wurde (wohl auf Druck, um die Löhne niedrig zu halten). Es gab ja am Anfang noch nicht einmal automatisch eine CAT-A. Wohingegen derjenige, der einen Kurzlehrgang für die CAT-A machte höher qualifiziert war, als derjenige, der 3 1/2 Jahre eine Lehre absolviert hat.

Meiner Meinung nach sollte die Lehre so aussehen: 2-3 Jahre für CAT-A Ausbildung und 4 Jahre für B1 oder B2 Grundlizenz als Berufsziel.

 

 

 

Geschrieben
6 hours ago, easaman said:

 

Flugzeugspengler - mechaniker usw in der Schweiz: waren es schon immer 4 Jahre (Tipartide Struktur:  Praktische Ausbildung im Lehrbetrieb ca. 3 Tage/Wo, Berufschule (Fach- sowie Allgemeinbildung/Sprachen 2 Tage), und verbands- oder Schweizweit organisierte Branchenkurse  in Blöcken verteilt über das 2.-4. Lehrjahr. 

Wie es heute gehandhabt wird weiss ich nicht.

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