Skandinavienreise 12.-16.6.23

[Flieger-Chrigel]

PROLOG

2000 bis 2018 organisierte ich fast jedes Jahr eine Flugreise mit ein bis drei Flugzeugen ins Ausland (Irland-Schottland, Norwegen, Bulgarien, Griechenland, Tunesien uvm.). Nach der Baltikum-Reise im 2018 hatte ich dann genug von den aufwändigen Planungen. Nach Corona kam in der Kerngruppe dann doch etwas Wehmut auf, wieder mal was zu machen, und als einer der Kollegen meinte, er würde den Hauptteil der Planung übernehmen, machten wir uns Gedanken, wohin es gehen sollte. Auf unserer Europa-Länderkarte gibt es nur noch wenige weisse Flecken. Eines davon ist Portugal. Also planten wir eine Tour über Biarritz, Porto, Lissabon, Jerez, Tanger, Gibraltar, Andorra und zurück in die Schweiz. Doch je näher das Datum kam, desto mehr zeichnete sich ab, dass das Iberien-Tief unsere Pläne durchkreuzen würde, während über Skandinavien ein stabiles Hoch für schönes Wetter sorgen würde. Zwar waren wir auf mehreren Flugreisen in all diesen Ländern schon, aber besser eine Wiederholung, als in einem unbekannten Land steckenbleiben.

 
TAG 1

So machen wir uns also am Montag früh mit kaum Vorbereitung auf die spontane Reise mit einer Rockwell Commander AC11 ab Triengen. Am Titisee vorbei geht es Richtung Norden:

 
Eigentlich dachten wir, wir müssten Frankfurt westlich und tief umfliegen, doch der FISO in Langen hat so wenig zu tun, dass er uns spontan vorschlägt, ein Crossing der TMA Frankfurt auf FL80 zu organisieren:

 
Frankfurt City:

 
Danach erfolgt der Bordservice mit dem Frühstück ;-)

 
Unsere Zwischenlandung machen wir in Bremen:


Beim Aussteigen schlage ich mir den Kopf so unglücklich an, dass ich mir eine Wunde an der Stirn im nahegelegenen Spital versorgen lassen muss. Beim Anblick des Wartezimmers befürchte ich schon, dass wir es nicht mehr bis Dänemark schaffen würden, doch die Dame an der Anmeldung hat ein Einsehen, dass mein Fall wohl nur wenige Minuten dauern würde und so schleust sie mich nach nur kurzem Warten ins Behandlungszimmer. So errreiche ich meine Kollegen bald wieder auf dem Flugplatz und exakt im Zeitplan unseres aufgegeben Flugplans nach Odense in Dänemark. Nach dem Start erblicke ich auch „mein“ Spital:


Bald schon erreichen wir die dänischen Inseln:


…und landen in Odense:


Meine Kollegen kann ich überreden, statt in der nahegelegenen Stadt zu übernachten, ins hübsche Hafenstädtchen Kerteminde zu fahren:


Ein Bad im Meer darf nicht fehlen:


Unser Hotel direkt am Hafen ist hübsch…


…und das Zimmer hat Meerblick:

[Flieger-Chrigel]

TAG 2

Der morgendliche Abflug in Odense (EKOD) verzögert sich leicht ausgerechnet wegen einem Schweizer :-)


Unsere Abflugroute führte über Kerteminde:


Anholt wäre auch eine Landung wert gewesen:


Doch wegen der nachfolgend nötigen Zollmöglichkeit entscheiden wir uns für Læsø als Mittagsstopp:


Dort finden wir Fahrräder…


…mit denen wir in 15min zu einem wunderschönen Strand mit kristallklarem Wasser und recht angenehmen geschätzen 18° fahren:


Ausgedehntes Bad:


Um 14 Uhr fliegen wir weiter, raus übers offene Meer:


Doch nur 25min später erreichen wir bereits die Küste Norwegens:



In einer geraden Linie übers Hochland…


…gelangen wir zum Lysefjord…


…dem wir sinkend folgen bis zum Preikkestolen, auf dem ich schon 2x zu Fuss war:


Anschliessend folgen wir der Küste…






…nach Bergen:


Dort bekommen wir unsere mangelnde Vorbereitung zu spüren: Ohne BP/Shell-Karte geht da gar nichts. Seit 2021 werden keine Kreditkarten mehr angenommen. Und der Tanklastfahrer will auch kein Bargeld. Was nun? Unzählige Telefonate inkl. dem Versuch einer Freigabe durch ein Büro in den Arabischen Emiraten (!) bringen uns keinen Erfolg. Der Mechaniker des örtlichen Aeroclubs hat nach anfänglichem Schulterzucken dann doch Erbarmen mit uns und lässt uns mit seiner Tankkarte das begehrte Avgas in unsere Tanks füllen. Er wird mir dann seine Rechnung per Mail senden. Zum Glück gibt es noch Menschen, die einem vertrauen, wenn nationale Ableger von Ölkonzernen derart absurd agieren.


Nach diesem Zeit- und Nervenverlust haben wir keine Lust auf irgendwelche Busse oder Züge und nehmen ein Taxi ins Zentrum.


Später fahren wir auf den Fløyen…


…beobachten das Auslaufen des Hurtigruten-Postschiffes…


…und lassen es uns gut gehen:




Bei den Bryggen geniessen wir spätabends bei den letzten Sonnenstrahlen noch einen Schlummi:

[Flieger-Chrigel]

TAG 3

Auf weitere Avgas-Abenteuer haben wir keine Lust. Gemäss AIP schaut die Situation an unserem angedachten nächsten Ort Trondheim gleich schlecht aus. Und an den uns empfohlenen kleinen Avgas-Plätzen Bjorli und Tynset erreichen wir niemanden. So fassen wir die Avgas-Flucht nach Schweden ins Auge. Weil Windy bereits am frühen Nachmittag in den Bergen Gewitter voraussagt, machen wir uns zeitig auf den Weg und treffen schon um 9 Uhr am Flughafen ein.


Dank der Nummer von Avinor, die uns gestern eine Heli-Pilotin gegeben hatte - ich frage mich, was wir ohne die gemacht hätten - werden wir innert weniger Minuten nach dem Anruf am Tor 5 mit einem leicht überdimensionierten Bus abgeholt:


Mit viel Funken und zahlreichen Stopps erreichen wir endlich den Holding Point 35:


In der Luft aber geht alles nach Wunsch.


Zuerst fliegen wir in 1500 resp. 2000ft über Bergen:


Bryggen:


Wie schon am Vortag können wir bei Polaris Control (welch klingender Name) Route und Level frei bestimmen.


Voss:


Flåm:


Jostdedalsbreen:


Eine unglaublich schöne Bergwelt.


Hier in bewegter Form:

Im schwedischen Luftraum geht es genauso unkompliziert weiter:


Skigebiet Idre:


Landung in Sveg (ESND):


Hier klappt das Tanken so, wie es sein sollte: Zwei Tankmänner bedienem einem nett und nehmen Kreditkarte. Und das Terminal ist einfach süss!


Auf unsere Frage nach einem Restaurant führen sie uns in ihr Büro vor einen Tiefkühler, aus dem wir Pizza und Lasagne nehmen dürfen und in der Mikrowelle erhitzen. Selber „Kochen“ in einem Flughafen ist eine Premiere für uns :-)


Als nächstes nehmen wir das Leg nach Mariehamn EFMA in Angriff. Schweden besteht fast ausschliesslich aus Wald und Seen:


Die beinahe ersten Wolken auf unserer bisherigen Reise (PS: nach Porto hätten wir es zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht geschafft).


Mariehamn liegt auf den autonomen finnischen Åland-Inseln, also geht es wieder übers Meer:


Wir hatten per Mail angefragt, ob wir auch ausserhalb der TWR-Zeiten landen dürfen. Kein Problem.


Somit haben wir alle vier skandinavischen Länder in nur drei Tagen besucht. Schlimmer als eine asiatische Reisegruppe. :-)


Rasch sind wir mit dem Taxi in unserem etwas runtergekommenen Hotel. Generell erinnern die Bauten dieser Insel, auch der Flughafen, an längst vergangene Tage im Ostblock. Aber das Restaurant am Hafen lädt zu einem Afterlandingbier ein:


Und weil die Lounge derart gemütlich ist, gehen wir fliessend zum Abendessen über:

[Flieger-Chrigel]

TAG 4

Eigentlich war geplant, den Vormittag auf dem Golfplatz resp. am Strand zu verbringen und dann bis Øland zu fliegen, doch die Wetterprognosen für morgen sagen Niederschlag/Gewitter für Südschweden, Polen und Ostdeutschland, also genau unseren Flugweg, voraus. So treffen wir doch schon gegen 10 Uhr bei unserer NDC ein:


Heute ist der TWR besetzt, trotzdem dürfen wir mit leichtem Rückenwind grad direkt in unsere Reiserichtung abheben und verlassen Finnland:


Wiederum liegt einiges an Wasser unter uns:


Øland weist Strände auf, die an die Karibik erinnern:


Am Vortag hatte ich den Flugplatzchef von Borglanda ESMB angerufen, ob wir bei ihm tanken können. Aus einem uralten Tank, der aber kurz vor unserer Ankunft aufgefüllt wurde, erhalten wir gegen Bargeld in EUR das nasse Gold in überaus freundlicher Atmosphäre. Die Graspiste ist allerdings etwas holprig und mit 600m auch nicht überaus lang.

Somit bleiben wir also nicht in Schweden, sondern wollen weit südwestlich ausweichen. Nun gesellen sich einige Wolken zu uns.


Der Mittagessensservice…


…darf auf einem fast dreistündigen Flug nicht fehlen:


Während wir in Schweden auf FL70 überall, auch durch die TMA Malmö kommen, tut Kopenhagen schwierig. Wir müssen aussen rum. Und auch Deutschland lässt uns wegen aktiver ED-Rs nicht direkt über Kiel fliegen.


An Cuxhaven vorbei…


…fliegen wir zu den ostfriesischen Nordseeinseln…


…und landen auf Borkum:


Nach einem ausgedehnten Strandspaziergang…


…und einem feinen Znacht geniessen wir den Sonnenuntergang am Meer:


Ein weiterer toller Tag geht zu Ende:

[Flieger-Chrigel]

TAG 5

Den fünften und leider schon letzten Tag beginne ich um 7 Uhr mit einem kühlen Bad am Südstrand von Borkum.


Die Stimmung ist traumhaft:


Auf der Sandbank tummeln sich die Seehunde:


Danach gibt es in unserem Hotel direkt am Bahnhof der Bimmelbahn eine warme Dusche.


Nach einem ausgiebigen Frühstück, der Busfahrt zum Flugplatz, dem Tanken und Bezahlen treten wir um 10 Uhr unseren Heimflug an:


Wehmütige Blicke zurück:






Kurz hatten wir mal noch überlegt, in den Niederlanden auch noch eine Landung zu machen, ist sie doch auch noch einer der wenigen weissen Flecken:



Den letzten Pilotenwechsel und Ausflugszoll erledigen wir in Mönchengladbach EDNL. Offenbar der Flugplatz mit dem unbeliebtesten Controller Deutschlands. Er lässt uns aber unbehelligt.
(Generell müssen wir sagen, dass der Service der Controller in Norwegen und Schweden top ist, aber auch Langen Informationen super Dienste leistete und uns von einer zu anderen Frequenz immer tadellos mit allen Details übergab. Und ohne Flugplan von Borkum nach Mönchengladbach erkannten sie uns sogar dank dem FLPN vom Nachmittag schon von selber. Klar, es waren Wochentage, die Arbeitsbelastung hielt sich im Rahmen).


Abschlusslandung in Triengen LSPN:

[Flieger-Chrigel]

EPILOG



3 Piloten
10 Legs
17.5 Stunden Airtime
143 kt Durchschnittsgeschwindigkeit
950 Liter Avgas
1000 Eindrücke

Eine geniale Reise. Danke Andi & Edi für dieses unvergessliche Erlebnis!

[Dominik L]

Herzlichen Dank fürs „Mitnehmen“.

[Andi Rotorchopf]

Kann mich Dominik nur anschliessen, solche feine Berichte werden leider immer seltener hier.

 

Vielen Dank dafür.

 

Gruess Andi

[ueberflieger90]

Danke fürs zeigen, solche Berichte sind immer wieder eine Inspiration und Ideengeber für eigene Projekte

Skandinavien steht auch noch auf meiner to do - Liste, wow krass dass da so ein Theater um die Betankung gemacht wird, gut zu wissen...

 

Zitat

Kurz hatten wir mal noch überlegt, in den Niederlanden auch noch eine Landung zu machen, ist sie doch auch noch einer der wenigen weissen Flecken:

 

Holland kann ich fliegerisch empfehlen, habe schon in Lelystad gechartert. Dort fliegen ist eigentlich unkompliziert, aber der Funk von Dutch Mil ist etwas vom schlechtesten, was ich bisher in meiner Fliegerkarriere erlebt habe...