ErnstZ Geschrieben 6. Juli 2021 Teilen Geschrieben 6. Juli 2021 Ich bin über folgenden Incident gestolpert: http://avherald.com/h?article=4e9d5319&opt=0 Passiert ist der Hagelsturm offenbar direkt nach dem Start, trotzdem ist man danach über 2 Stunden weiter an die Destination Moskau geflogen. Was mich Wunder nimmt: Ist das kein Risiko, mit solchen Schäden an der Cockpit-Scheibe weiterzufliegen? Oftmals liest man ja sonst bei cracked windshield dass zurückgekehrt wird. Zudem könnte Hagel ja auch die Triebwerke in Mitleidenschaft ziehen, oder nicht? Wie sehen das die Profis? Normal oder die "russische Art" zu fliegen? Grüsse Ernst Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
FalconJockey Geschrieben 6. Juli 2021 Teilen Geschrieben 6. Juli 2021 Natürlich dreht man um und landet wieder. Keine Ahnung was die da geritten hat. Ach doch: Kommerzieller Druck (Passagiere + Maintenance). 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
fieldinsight Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 (bearbeitet) Am 6.7.2021 um 21:59 schrieb ErnstZ: Normal oder die "russische Art" zu fliegen? Ziemlich abwertend, Dein Kommentar über alle russischen Piloten. Ist die „schweizerische Art“ zu fliegen besser? [Swissair 111. Flugzeug brennt, aber wir dürfen auf keinen Fall die Vorschriften verletzen und über MTOW landen! Deswegen fliegen wir erst einmal auf’s Meer hinaus, um Treibstoff abzulassen! Ergebnis 229 Tote.] edit: Nicht MTOW, sondern MLW Bearbeitet 8. Juli 2021 von fieldinsight 1 6 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Richard Hächler Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 Lieber fieldinsight Die Piloten von SR 111 hatten keine Chance. Das wurde klar festgehalten. Sie sind nach Lehrbuch vorgegangen. Leider war das Lehrbuch nicht optimal für diesen Fall. Der hauptsächlich Grund für das Feuer waren die brennbaren Isoliermatten. Das war schon eine ziemliche Sauerei und wurde angepasst. Zu Beginn war da aber kein Feuer. Es hat nur etwas gestunken und später auch noch Rauch. Hätte nur die Kaffeemaschine etwas geraucht und SR 111 wäre übergewichtig und unvorbereitet in Halifax gelandet, hätte man die Piloten auch nicht gelobt. Insbesondere wenn die Maschine beschädigt worden wäre. Danach ist man immer etwas schlauer, aber über die beiden Piloten herzufallen ist wirklich daneben. Gruss Richi 6 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
onLoad Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 1 hour ago, fieldinsight said: Ziemlich abwertend, Dein Kommentar über alle russischen Piloten. Total abwertend, zumal die russischen A320 ja mit einem speziellen Anti-Hagel und Anti-Schnee Material beschichtet sind. Der selbst enteisende Flügel hier gut zu sehen: 1 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
FalconJockey Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 vor einer Stunde schrieb fieldinsight: über MTOW landen Du meinst "über MLM", vermute ich. Ansonsten hat Richi schon geschrieben, was Sache ist. Die Abstürze der Crossair waren beide absolut vermeidbar, darüber kann man lästern, aber nicht oder nur wenig über die SWR111, arme Schweine waren das. Lies doch mal den Bericht durch. Das Fazit der Untersuchung war, dass sie es selbst ohne Fuel Dumping nicht geschafft hätten, weil sie ja noch eine Runde drehen mussten, um Höhe zu verlieren. Hätten sie nur nicht den Strom in den Galley/Kabine abgeschaltet, dann wäre es gut gegangen - wusste aber niemand! vor einer Stunde schrieb fieldinsight: Ziemlich abwertend, Dein Kommentar über alle russischen Piloten. Das Problem ist halt, dass dort in den letzten Jahren ziemlich viel passiert ist, vorallem auf haarsträubende Art und Weise. Zum Beispiel Pitotheizung wegen schlampiger Checklistenarbeit vergessen - alle tot. Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
FalconJockey Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 vor 5 Minuten schrieb onLoad: zumal die russischen A320 ja mit einem speziellen Anti-Hagel und Anti-Schnee Material beschichtet sind. Der selbst enteisende Flügel hier gut zu sehen: Das sind halt Dinge, die bei uns vor 40 Jahren passiert sind, dann aber geändert wurden. Und zwar durch einen Kulturwechsel! Das geht nicht durch härtere Vorschriften, sondern nur durch eine grundlegende Änderung der Einstellung zur Arbeit und vorallem zu den Menschen mit denen man arbeitet. Auch in Russland ändert sich dies langsam, es gibt weniger "I am captain and you shut up" Zwischenfälle. Sogar die Türken scheinen es langsam zu lernen: Habe letzte Woche in Bodrum eine Anadolu/Turkish 737 im Go-Around gesehen, weil sie auf einem Sichtanflug zu hoch/zu schnell reinkamen. Und sie haben es sogar zugegeben: "not stabilized". Wunder geschehen! 2 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Hausi122 Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 vor einer Stunde schrieb fieldinsight: Ziemlich abwertend, Dein Kommentar über alle russischen Piloten. Ist die „schweizerische Art“ zu fliegen besser? [Swissair 111. Flugzeug brennt, aber wir dürfen auf keinen Fall die Vorschriften verletzen und über MTOW landen! Deswegen fliegen wir erst einmal auf’s Meer hinaus, um Treibstoff abzulassen! Ergebnis 229 Tote.] Bevor du so einen Kommentar verfasst, empfehle ich dir dringend, den offiziellen Unfalluntersuchungsbericht einmal gründlich durchzulesen. Vielleicht wird dir dann klar, welch völlig falschen Beitrag du hier gepostet hast. Bei deinem Profil erstaunt mich dies eigentlich. Gruss Hausi 1 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Hausi122 Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 Sorry Andreas, unsere Beiträge haben sich gekreuzt. Gruss Hausi Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
FalconJockey Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 vor 16 Minuten schrieb Hausi122: Sorry Andreas, unsere Beiträge haben sich gekreuzt. Kein Problem. Rund um die SWR111 ranken sich ja weiterhin einige Mythen. Wurde das in der bekannten "Air Crash Investigation" Serie korrekt dargestellt? Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Frank Holly Lake Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 (bearbeitet) vor 7 Stunden schrieb fieldinsight: Ist die „schweizerische Art“ zu fliegen besser? [Swissair 111. Flugzeug brennt, aber wir dürfen auf keinen Fall die Vorschriften verletzen und über MTOW landen! Deswegen fliegen wir erst einmal auf’s Meer hinaus, um Treibstoff abzulassen! Ergebnis 229 Tote.] Hallo, Kritik: Lies doch mal den Unfallbericht … Das ist hier schon fast zu einer Standartfloskel geworden und wenig zielführend, zumal viele der Unfallberichte auch Spielraum für Interpretationen zulassen. OT an Aus dem Bericht. SR 111 Laut FDR kam es durch das Feuer innerhalb von 90 Sekunden zu vielen Funktionsstörungen. Erst jetzt merken die Piloten den Ernst der Lage, bis dahin gingen Sie von einer defekten Klimaanlage aus. Man hat bei der Unfall Analyse im Simulator die zuständigen Sicherungen gezogen, um diese Störungen zu simulieren. Natürlich kann man einen Brand im Kabelbaum nie 100% simulieren, deshalb ist das eine Annäherung, wie die Flugsysteme ausgefallen sein könnten, und was es für Auswirkungen gehabt haben müsste. Am Simulator hat man verschiedene Szenarien durchprobiert. Selbst wenn die Crew ohne eine Checkliste abzuarbeiten direkt Kurs auf den Flughafen genommen hätten, nachdem die ersten Ausfälle sichtbar wurden, hätten Sie zwar den Airport erreicht. Keine Frage. Nur hätten Sie mit ca 320 Knoten landen müssen, weil es nicht mehr möglich war den Schub zu reduzieren, die Gashebel liefen nach den zurückziehen sofort wieder auf 90% Schub, die Verbindung zwischen Cockpit und FADAC war verloren gegangen. Aufgrund dieser Annahme hätten sie mir 320 Knoten (600 Kmh) mit fast vollen Tanks und weit über dem maximalen Landegewicht landen müssen. Da hätte der Airport sicher in Flammen gestanden, überleben an Bord hätte es nicht gegeben. Der Unfall hat viele Kontroversen ausgelöst, “Smoke means Fire and Fire means you had to land soon as possible” Hätte hier nichts mehr ändern können. Mit dem Ausfall der AP war das Flugzeug "doomed" In dem Falle war der Cabin Bus Switch ausschalten auf der Checkliste tödlich. Die Entscheidung der Crew in diesem Fall war richtig, keine Anderen zu gefährden und über Wasser zu kreisen Sprit abzulassen. Vielleicht hat die Crew das schon gesehen, dass es nicht geht den Airport anzufliegen. Die Untersuchung der SR111 war mit die umfangreichste und beste, die ich bis heute gesehen habe. Und war am Ende mit ein Grabstein zur Pleite der Swissair" Sieh mal hier: Ab 2504 https://youtu.be/UfXH7CRGq44&t=25m4s OT aus Grüße Frank Bearbeitet 7. Juli 2021 von Frank Holly Lake Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Hausi122 Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 vor 6 Stunden schrieb FalconJockey: Kein Problem. Rund um die SWR111 ranken sich ja weiterhin einige Mythen. Wurde das in der bekannten "Air Crash Investigation" Serie korrekt dargestellt? Hallo Andreas ich kenne die Aussagen der "Air Crash Investigation" Serie nicht. All meine Informationen, u.a. auch Resultate von Versuchen im Sim gehen dahin, dass auch bei sofortiger emercencylanding ohne Checkliste und optimaler Einteilung des Anfluges punkto speed die MD11 im Final verloren war. Gruss Hausi 2 2 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
teetwoten Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 Das habe ich auch gehört: Ein Freund, seines Zeichens damaliger MD11 Kapitän, durfte mit seinem Sohn im Rahmen einer Maturaarbeit den Fall im Simulator nachstellen und bestätigte, dass auch bei schnellstmöglicher Landeeinleitung (mit Übergewicht) es nicht gereicht hätte. Was aber wenig zur Sprache kam, ist die Ursache des Übels, welches in der lausigen Installation des Pax-Unterhaltungssystems vermutet wird. Immerhin wiederholte sich der Fall nicht, nachem die Systeme unmittelbar ausser Betrieb genommen, die fragliche Isolation jedoch noch eine Zeitlang belassen wurde..... Stefan Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Hausi122 Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 vor 18 Minuten schrieb teetwoten: die fragliche Isolation jedoch noch eine Zeitlang belassen wurde..... Stefan Hallo Stefan der Genauigkeit halber sei gesagt, dass nicht die Kabelisolation des IFEN ausgetauscht wurde, sondern die Isolationsmatten, welche zwischen der Kabinen- und Cockpitverkleidung und der Rumpfhülle von vorne bis ganz hinten im Flugzeug als Lärm- und Temperaturisolation verbaut waren. Diese sollten gemäss Spezifikation eigentlich unbrennbar sein, was sich aber in Laborversuchen leider als nicht zutreffend erwiesen hat. Zudem wurde eine Videoüberwachungsanlage im Electronic-Compartment installiert, um Rauchentwicklungen besser lokalisieren zu können. Zur Information noch folgende Bemerkung. Eine voll besetzte MD11 mit einem Gewicht, welches wesentlich über dem maximalen Landegewicht liegt, braucht mit allen Würgen und Zwängen 10-15 NM Horizontalflug, um die Geschwindigkeit auf ein einigermassen so tiefes Niveau herunterzubringen, welches einen Anflug erlaubt. Ich kenne dies aus eigener Erfahrung. Gruss Hausi 2 2 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Richard Hächler Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 Die Installation des Unterhaltungssystems wurde als Ursache nicht festgelegt. Es war nur eine mögliche Ursache. Die Abschaltung war eine vorsorgliche Massnahme. Dass es danach zu keinem Fall mehr gekommen ist, kann auch Zufall sein. Auf jeden Fall war das besser so. Sicher ist, dass es zu Funkenbildung an Kabeln gekommen ist, welche die Isoliermatten so lange befeuerten, dass sie warm genug waren, um selber zu brennen. Das darf einfach nicht vorkommen. In welchen Zeitspannen Flugzeuge mit diesen Matten abgeändert werden mussten, weiss ich nicht. Aber dass die Matten selber zu Brennstoff werden, musste ja auch erst noch bewiesen werden. Gruss Richi Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
ErnstZ Geschrieben 7. Juli 2021 Autor Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 Vielen Dank insbesondere an Andreas für seine Antwort auf meine initiale Frage. Ich wollte hier eigentlich weder alle russischen Piloten in einen Topf werfen (deshalb war es auch in Anführungs- und Schlusszeichen), geschweige denn den SR111-Crash wieder aufleben lassen... Grüsse Ernst Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Gulfstream Geschrieben 7. Juli 2021 Teilen Geschrieben 7. Juli 2021 Ich bin über folgenden Incident gestolpert: http://avherald.com/h?article=4e9d5319&opt=0 Passiert ist der Hagelsturm offenbar direkt nach dem Start, trotzdem ist man danach über 2 Stunden weiter an die Destination Moskau geflogen. Was mich Wunder nimmt: Ist das kein Risiko, mit solchen Schäden an der Cockpit-Scheibe weiterzufliegen? Oftmals liest man ja sonst bei cracked windshield dass zurückgekehrt wird. Zudem könnte Hagel ja auch die Triebwerke in Mitleidenschaft ziehen, oder nicht? Wie sehen das die Profis? Normal oder die "russische Art" zu fliegen? Grüsse Ernst Wir wissen doch, dass man in RU nachmittags nicht mehr fliegen sollte, sondern nur morgens. Die Promille befeuern offenbar mutige Entscheide…MarkusAchtung: Spuren von Galgenhumor können vorkommen. Gesendet von iPad mit Tapatalk Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
fieldinsight Geschrieben 8. Juli 2021 Teilen Geschrieben 8. Juli 2021 vor 16 Stunden schrieb Richard Hächler: Danach ist man immer etwas schlauer, aber über die beiden Piloten herzufallen ist wirklich daneben. Daneben ist es, über alle Piloten dieses Landes mit grosser Luftfahrttradition herzufallen. vor 16 Stunden schrieb onLoad: Total abwertend, zumal die russischen A320 ja mit einem speziellen Anti-Hagel und Anti-Schnee Material beschichtet sind. Der selbst enteisende Flügel hier gut zu sehen: Sehr witzig... Nur mal ein paar nordamerikanische Enteisungs-Klassiker: Air Florida im Potomac River USAir Flushing Bay Air Ontario in Dryden etc. Ist das dann die „nordamerikanische Art“ zu fliegen? Und welche ist besser? Oder können wir uns darauf einigen, dass Piloten/Menschen unabhängig von ihrer Nationalität Fehler machen und Verunglimpfungen wie im ersten Beitrag nicht zielführend oder berechtigt sind? 1 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
landinglight Geschrieben 8. Juli 2021 Teilen Geschrieben 8. Juli 2021 (bearbeitet) Haben die früheren Militärpiloten in Russland eigentlich auch oft einen fetten Schnauzbart? Aus Erfahrung in einem internationalen Konzern kann ich nur sagen, dass der kulturelle Hintergrund sich - neben den individuellen Faktoren - spürbar auf die Arbeitsweise auswirkt. Die Ergebnisse (hier Unfallstatistik) müssen zeigen ob es eine günstige oder ungünstige Wirkung hat. Bearbeitet 8. Juli 2021 von boston83 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
LEAP Geschrieben 8. Juli 2021 Teilen Geschrieben 8. Juli 2021 Hallo zusammen Auf dem Airbus A320 gibt es im Falle von Schäden an den Cockpitfenstern das Amber QRH (Quick Reference Handbook) Procedure "[QRH] COCKPIT WINDSHIELD / WINDOW CRACKED". Einen Printscreen der besagten Seite in unseren Handbüchern darf ich aus Datenschutzgründen nicht veröffentlichen. Nachfolgend gebe ich Euch gerne eine kurze Zusammenfassung des Verfahrens weiter: Schäden am Windshield können wir als Pilot recht gut erkennen. Das grosse Risiko besteht dabei, dass mehrere Schichten des Fensters beschädigt sein können, was zu einer massiven Schwächung der Struktur führen kann, wenn diese und die ganze Zelle durch das Kabinendrucksystem unter Druck gesetzt ist. Daher müssen wir sofort die Schultergurten anziehen, bevor wir den Schaden mittels dem QRH genauer begutachten. Da das Windshield mehrere Schichten hat, wird überprüft, ob sich der Riss nur auf der äusseren Seite befindet. Dies macht man am besten sorgfältig mit einem Kugelschreiber oder mit dem Fingernagel. Falls die innere Beschichtung nach dieser Begutachtung keinen Schaden hat, können wir normal weiterfliegen, da das Windshield gemäss dem QRH Procedure immer noch genug stark ist, um dem maximalen Differenzdruck der Kabine standzuhalten. Falls die Einsatzleitung das Flugzeug für weitere Sektoren einsetzen möchte, wird es dann nach der Landung gemäss einem MEL (Minimum Equipment List) Verfahren von einem zertifizierten Techniker freigegeben. Allerdings gibt es da einige operationelle Limitationen gemäss MEL, womit diese Freigabe eher dafür dient, das Flugzeug wieder zurück an die Homebase oder an einen geeigneten Flughafen mit entsprechender Maintenance-Facility zu fliegen. Anders sieht es nun aus, wenn der Schaden auch auf der inneren Seite des Fensters ist. Weil so können wir nicht mehr genau feststellen, wie stark der Schaden am Windshield ist und wir müssen nun die folgenden QRH Verfahren anwenden: Sauerstoffmasken anlegen Auf FL230 sinken, um den Differenzdruck der Kabine unter 5 PSI (345 mbar) zu bringen Mittels genau festgelegten Verfahren den Kabinendifferenzdruck auf 5 PSI halten Wenn der Differenzdruck unter 5 PSI gesunken ist, die Sauerstoffmasken anlegen Falls die Sicht durch das beschädigte Fenster für den Anflug und die Landung ungenügend ist, ein AUTOLAND durchführen Im besagten Fall des A320 der S7 Airline, welche durch einen Hagelsturm flog, müsste man sich nun folgende Fragen stellen: Wurde dieses QRH Procedure angewendet? Und falls ja, wurde es korrekt durchgeführt? Waren die Schäden nur auf der äusseren Schicht des Windshields vorhanden, was ggf. gemäss QRH einen Weiterflug von 2 Stunden erlaubt hätte? Aufgrund der sekundären Schäden am Radome, aber vermutlich auch an den Engine Intakes, Fan Blades, Slats und allen anderen nach vorne exponierten Flächen, wurde einen ggf. höheren Treibstoffverbrauch gemäss QRH in Betracht gezogen? Mit welchen Stellen wurde kommuniziert, um nach einem solchen Schaden am Windshield trotzdem für 2 Stunden weiterzufliegen? Und sicher noch weitere Fragen, welche in diesem Falle sachdienlich sein könnten Ich persönlich kenne weder die Handbücher der S7 Airlines noch die Verfahren in den Operation Manuals Part A und B. Somit weiss ich nicht, welche Entscheidungsgrundlagen die besagte Flugbesatzung zu Hilfe nahmen, um einen Weiterflug nach einem solchen Schaden an beiden Windshields und an der Zelle zu rechtfertigen. Meine oben beschriebene Erläuterung ist eine kurze Wiedergabe unserer Verfahren, welche aber von denjenigen der S7 abweichen können. Bei Fragen stehe ich Euch gerne zur Verfügung. Beste Grüsse Leo 5 9 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
reverser Geschrieben 8. Juli 2021 Teilen Geschrieben 8. Juli 2021 vor 11 Stunden schrieb LEAP: Da das Windshield mehrere Schichten hat, Auf FL230 sinken, um den Differenzdruck der Kabine unter 5 PSI (345 mbar) zu bringen Mittels genau festgelegten Verfahren den Kabinendifferenzdruck auf 5 PSI halten Wenn der Differenzdruck unter 5 PSI gesunken ist, die Sauerstoffmasken anlege ...wenn das mal kein differenzierter Beitrag ist... Super erklärt & Danke Richard Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Frank Holly Lake Geschrieben 8. Juli 2021 Teilen Geschrieben 8. Juli 2021 vor 12 Stunden schrieb LEAP: Ich persönlich kenne weder die Handbücher der S7 Airlines noch die Verfahren in den Operation Manuals Part A und B. Somit weiss ich nicht, welche Entscheidungsgrundlagen die besagte Flugbesatzung zu Hilfe nahmen, um einen Weiterflug nach einem solchen Schaden an beiden Windshields und an der Zelle zu rechtfertigen. Meine oben beschriebene Erläuterung ist eine kurze Wiedergabe unserer Verfahren, welche aber von denjenigen der S7 abweichen können. Beste Grüsse Leo Hallo, Danke für den Beitrag. Frage: Bestimmt den nicht der Hersteller des Flugzeuges, wie was unternommen werden muss? Wo welche Grenzen liegen? Und ist das nicht dann die Grundlage was in den "Operation Manuals Part A und B" drin stehen muss? Grüße Frank Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Tigerstift1 Geschrieben 8. Juli 2021 Teilen Geschrieben 8. Juli 2021 (bearbeitet) vor 1 Stunde schrieb Frank Holly Lake: Hallo, Danke für den Beitrag. Frage: Bestimmt den nicht der Hersteller des Flugzeuges, wie was unternommen werden muss? Wo welche Grenzen liegen? Und ist das nicht dann die Grundlage was in den "Operation Manuals Part A und B" drin stehen muss? Grüße Frank Grundsätzlich: Ja un Nein. Der Hersteller gibt die "Baseline" vor. Also FCOM, QRH, MEL, CDL, FM, CCOM (die Abkürzungen variieren von Hersteller zu Hersteller) usw... werden vom Hersteller und von der National Authority vorgegeben. Als Beispiel ist die MMEL (Master Minimum Equipment List) zu nennen, welche dann im Zusammenhang mit den nationalen Richtlinien und den OM's zu einer MEL wird. Hier gibt es unterschiede z.B. zwischen FAA und EASA. Airlines haben nun die Möglichkeit bzw. ist es auch deren Pflicht dies in die OM's zu integrieren und es mit nationalen Richtlinien zu verbinden. Die Direktive hier ist das der Operator nie unter das Minimum der Flugzeughersteller und der NA's gehen darf aber er darf natürlich mehr restriktiv sein. Mal etwas plakatives: Bestes Beispiel ist hier das Chapter 38 (Water & Waste, also Frischwasser und Grau- und Schwarzwasser). Airbus als Beispiel hat diese Kapitel nicht in der EASA MMEL erwähnt, also bleibt es einem EASA Operator selbst überlassen ob Toiletten funktionieren oder nicht. Bei der Airbus/FAA MMEL muss aber mindestens die nächste Toilette zum Cockpit funktionieren. Dies nur mal als Beispiel. Bearbeitet 8. Juli 2021 von Tigerstift1 2 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
Tigerstift1 Geschrieben 9. Juli 2021 Teilen Geschrieben 9. Juli 2021 (bearbeitet) Am 8.7.2021 um 11:01 schrieb LEAP: ..... Im besagten Fall des A320 der S7 Airline, welche durch einen Hagelsturm flog, müsste man sich nun folgende Fragen stellen: Wurde dieses QRH Procedure angewendet? Und falls ja, wurde es korrekt durchgeführt? Waren die Schäden nur auf der äusseren Schicht des Windshields vorhanden, was ggf. gemäss QRH einen Weiterflug von 2 Stunden erlaubt hätte? Aufgrund der sekundären Schäden am Radome, aber vermutlich auch an den Engine Intakes, Fan Blades, Slats und allen anderen nach vorne exponierten Flächen, wurde einen ggf. höheren Treibstoffverbrauch gemäss QRH in Betracht gezogen? Mit welchen Stellen wurde kommuniziert, um nach einem solchen Schaden am Windshield trotzdem für 2 Stunden weiterzufliegen? Und sicher noch weitere Fragen, welche in diesem Falle sachdienlich sein könnten ..... Gut erklärt Leo , danke Ich möchte noch etwas die Hintergründe beleuchten wie so ein Fall operativ abgehandelt wird. Wenn es die Procedures erlauben, wie von Leo erklärt, wird erstmal weitergeflogen und in der Regel die Wartungszentrale kontaktiert. Das passiert über verschiedene Kanäle wie z.B. VHF, HF (meist über einen HF patch wie https://storadio.aero/ welches dann via Telefon verbunden wird), SATCOM oder meist üblich via ACARS (Telex). Ich als "Maintenance Controller" (stellt euch das vor wie die Ingenieure bei der Formel 1 welche an der Boxenmauer sitzen) konsultiere auch das QRH / FCOM was mir in der Luft noch für Möglichkeiten bleiben. Bin ich hier im Rahmen stelle ich die Fragen ob irgendwelche Abweichungen von den Standardparametern herrschen bzw. habe ich auch die Möglichkeit Telemetriedaten vom Flugzeug abzufragen. Bin ich auch hier in den Limiten stelle ich mir dir Frage was mir die MEL für einen evt. Dispatch vom Flugzeug am Boden erlauben würde und ob die offensichtlichen Ersatzteile und auch Wartungspersonal an einem nächstgelegen Flughafen verfügbar ist. Ist dies nicht der Fall würde ich auch in diesem Fall der Besatzung empfehlen zu proceeden und auf die/eine Homebase zurückzukommen. Auf den verfügbaren Bildern kann man erkennen das nur der "outer Ply" von den Windshields betroffen ist und keine Delamination zu erkennen ist. Die Beschädigung vom Radom wird man im Cockpit nicht merken und Falls die Triebwerke einen abbekommen haben merkt man es relativ schnell. Wenn nicht im Cokpit dann über die Telemetrie welche mir der Flieger übermittelt. Mit den mir verfügbaren Information sehe ich hier kein verwerfliches Verhalten. Sind vielleicht unpopuläre Entscheidungen die hier getroffen wurden, aber solange es im Limit und laut SOP's ist muss ich dann eher sagen das dort ein kühler Kopf behalten wurde und richtig gehandelt wurde. Das sage ich mit Vorbehalt und mit dem mir verfügbaren Informationen. Und falls die Frage auftaucht. Ja ich habe auch schon diese unpopulären Entscheidungen treffen müssen und es hat einiges an Überzeugungsarbeit gekostet um um die Jungs:innen in Sitzreihe Null (nimmt mir das bitte nicht übel) zu überzeugen, dass man sich in einem sicheren und legalen Rahmen bewegt. Bearbeitet 9. Juli 2021 von Tigerstift1 2 3 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
LEAP Geschrieben 9. Juli 2021 Teilen Geschrieben 9. Juli 2021 9 hours ago, Frank Holly Lake said: Hallo, Danke für den Beitrag. Frage: Bestimmt den nicht der Hersteller des Flugzeuges, wie was unternommen werden muss? Wo welche Grenzen liegen? Und ist das nicht dann die Grundlage was in den "Operation Manuals Part A und B" drin stehen muss? Grüße Frank Guten Tag Frank Gerngeschehen! Zu Deiner Frage: Sebastian hat diese bereits gut und ausführlich beantwortet. Mein persönlicher Dank dafür. Richtig ist, dass der Hersteller - in diesem Falle Airbus - eine Baseline vorgibt, welche nicht unterschritten werden darf (eine sogenannte Baseline Aircraft Definition). Beispiel: bei einem Schaden am Windshield, wo mehrere Schichten betroffen sind, müssen gemäss QRH zwingend die Sauerstoffmasken angezogen werden, um für einen allfälligen Emergency Descent nach der nun wahrscheinlicheren Rapid Decompression der Kabine geschützt zu sein. Dies schreibt der Hersteller vor, ist verbindlich und darf vom Operator nicht umgangen werden. Allerdings darf der Operator (nebst dem Firmenlogo) zusätzliche Informationen wie z.B. den Callout oder Verweise auf weitere Vorschriften diesem QRH-Procedure hinzufügen. Besonders im elektronischen QRH wird gerne von solchen Querverweisen und Ergänzungen gebrauch gemacht. Alle Dokumentationen (QRH, FCOM, FCTM, OM-A/B etc.) müssen - wie von Sebastian beschrieben - durch die jeweilige National Aviation Authority (NAA) wie z.B. BAZL oder CAA genehmigt werden, damit der Operator seine Flugzeuge betreiben darf. Ich kenne mich allerdings in diesem Gebiet zu wenig aus, um eine abschliessende Antwort zu geben. Beste Grüsse Leo 1 Zitieren Link zu diesem Kommentar Auf anderen Seiten teilen Mehr Optionen zum Teilen...
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