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Fliegen bei TURB in den Alpen


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Geschrieben

Hallo fliegende Forumisten

Ich bin auf eure Meinung gespannt, es geht mir um das Thema Fliegen im und über dem Alpenhauptkamm, Gebietsbezeichnung Swiss Alps (VFR in der Kategorie SEP).



Für mich gibt es 3 Produkte, die ich jeweils zur Beurteilung herbeiziehe, die Flugwetterprognose Schweiz, die LOW LEVEL SWC ALPS(SFC bis FL250) und die Druckverteilung über den Alpen. Kurz vor dem Flug konsultiere ich die aktuellen Winddaten aus dem Swiss Met-Net (Skybriefing) und schau mir dort im speziellen die 2-stelligen Windwerte an.

«LGT TURB» wird ja nicht in der SWC Karte publiziert, mit dem ist grundsätzlich immer zu rechnen. Sobald ich aber MOD TURB vorfinde in den Alpen (so wie heute Sonntag 24.1.2021), werde ich vorsichtig und sehe tendenziell von einem Flug ab.

Wie handhabt ihr das? Was sind eure Limiten? Gibt es Vorgaben/Richtlinien von euren Vereinen?  

Ich beobachte auf FR24 tw Flugzeuge die bei fraglichen Meteo-Forecasts unterwegs sind. Es geht schlussendlich auch um das Material=Flugzeug das unter umständen auch in Mitleidenschaft gezogen werden kann.

Geschrieben

Hallo zusammen,

 

Also auf die betreffende geflogene Flugzeugtypen C152, C172RG, AC11 und Piper L4 sind meine Limiten auf max. 20 KTS ab FL130, darüber gehe ich nicht mehr übers Jungfraujoch bez. ins Aletschgebiet. Bei MOD TURB generell für mich ein No-go in den Alpen.

 

Mit diesen persönlichen Limiten bin ich in den letzten 25 Jahren gut gefahren. Bekanntlich muss jeder Pilot seine eigene Limiten setzen, was für ihn noch zutraulich ist, um sich nicht in Gefahr zu bringen.

 

Grüsse

Stefan

Geschrieben

Du stellst eine gute Frage. Auch nach 15 Jahren und 800 h Flugerfahrung ist das für mich immer wieder mal ein Thema.
Grundsätzlich gibt es für mich zwei Punkte zu beachten:

- Was habe ich für Passagiere und was ist für diese noch angenehm

- Was ist aus dem Sicherheitsaspekt heraus für eine Beurteilung ergibt

 

Oftmals ist der erste Punkt limitierender als der Zweite.

Lassen wir die Passagiere mal aussen weg, liegt mein Limit zwischen 20 - 25 Knoten. Es spielt aber natürlich eine Rolle, wo dies gemessen ist. Über 25 kt ist für mich klar ein No-Go, darunter rauchen die Köpfe. Gelegentlich frage ich dann auch mal einen Piloten Freund nach seiner Meinung, welche ich dann in meine Beurteilung einfliessen lasse. Falls ich dann gehe, passe ich meine Flugtaktik an. Ich suche in sicherem Gelände schon mal nach Turbulenzen und vermeide tiefe Überflüge. Z.B. fliege ich dann nicht über Jungfrau-Joch sondern aussen rum über den Pass zum Matterhorn. Die Option eine Rückkehr ins Flachland halte ich mir immer offen.

 

Die Beobachtungen auf Flightradar mache ich natürlich auch. So darf ich mit gutem Gewissen sagen, dass ich wohl eher einmal zu viel ab Boden bleibe. Das ist gut so und soll auch so bleiben.

 

Ich wäre natürlich interessiert an genauen Informationen zu Limiten und Grenzen. Dies wird es aber leider so nie geben. Jede Wetterlage beinhalte andere Faktoren, was fixe Wert verunmöglicht.

 

 

Gruss

 

Timo

 

Geschrieben
vor 19 Stunden schrieb Paradiver:

Bei MOD TURB generell für mich ein No-go in den Alpen.

Stefan, ich bin da völlig mit dir, ich handhabe das auch so.

 

Ich kann es nicht mit mir vereinbaren bei MOD TURB in/um/über die Alpen zu fliegen um dann meinen Schädel oder noch schlimmer den Schädel meiner Paxe am Canopy anzudonnern. Im Bewusstsein das MOD TURB prognostiziert wurde.

 

Wer von euch kennt Piloten die offen zugegeben haben «ich hätte besser den Flug nicht durchgeführt»? Meistens hört man «ja das war nicht so schlimm», «ach hat nur ein bisschen geschüttelt, das gehört dazu»…

Was ist mit dem Flugzeug das einem nicht selber gehört? Strukturell?

 

Geschrieben

Hat unser Hans Fuchs mal recht griffig formuliert:

 

NO GO für Flug in den Alpen sind: 

1.) Wind > 25 KT auf 10'000 ft oder

2.) Wind > 35 KT auf 18'000 ft oder

3.) QNH Differenz 7 hPa oder mehr zwischen LSZH und LSZL, bereits bei 5 hPa muss man sich überlegen, ob man sich und den Passagieren das antun will.

 

Gruss

Philipp

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Geschrieben (bearbeitet)

Die 25 Knoten kann man natürlich auch nutzen, um im Luv eines Berges den Aufwind zu nutzen um auf eine komfortable Höhe zu kommen. Die Turbulenzen sind in der Regel im Lee, das man natürlich vermeiden muss.

Die Windgeschwindigkeit ist ja nicht das Problem, sondern die Turbulenzen. Vielleicht kann ein Segelflieger da besser Auskunft geben. Die benützen ja ab und zu die Föhnlagen, um in deren Wellen viel Höhe zu machen.

Bearbeitet von Heiri_M
Geschrieben
vor 15 Minuten schrieb Brufi:

QNH Differenz 7 hPa oder mehr zwischen LSZH und LSZL, bereits bei 5 hPa muss man sich überlegen, ob man sich und den Passagieren das antun will.

Diese Werte erachte ich als zu hoch, bereits bei 4hPa kann der Föhn in die Alpentäler durchgreifen, bei 8hPa bereits ins angrenzende Flachland.

Geschrieben

Sehr interessantes Thema.

 

vor 5 Stunden schrieb Andy_Fly2Sky:

Wer von euch kennt Piloten die offen zugegeben haben «ich hätte besser den Flug nicht durchgeführt»? Meistens hört man «ja das war nicht so schlimm», «ach hat nur ein bisschen geschüttelt, das gehört dazu»…

Da kenn ich einen, aber nur flüchtig 😇 

Keine Vorkommnisse mit auch nur annähernd Falten in der Struktur oder unsafe, aber der Passagierkomfort hat doch auch schon gelitten. Hier war mein Problem aber ebenso in der Einschätzung der Passagiere wie der Wetterlage zu suchen. PAXe spreche ich mittlerweile direkt drauf an, dass zwar die Sonne scheint, es allerdings unruhig werden könnte und auch noch andere schöne Tage kommen werden. Wenn ich keine Sicherheitsbedenken habe, lasse ich diese dann entscheiden, ob sie lieber probieren oder Datum/Destination ändern. Wichtig: vor allem die ruhige Frau fragen, wenn der Mann euphorisch in den Flieger springt 😉

Von wirklichen Turbulenzen wurde ich erst einmal am Jungfraujoch überrascht. Anflug aus Norden in relativ ruhiger Luft in Richtung Aletsch; plötzlich ein paar "Schläge auf den Kopf" und teils >1500fpm Richtung Erdmittelpunkt. Zu dem Zeitpunkt waren wir schon südlich der Krete mit Granit auf dem Fluchtweg, also relativ steil >180° rausdrehen und wieder zurück. War dank gesunder Höhenreserve nur unangenehm.

 

Neben dem Low Level SWC finde ich es schwierig, objektive und generelle Go-/No Go Kriterien wie Windgeschwindigkeiten zu verwenden, die nicht überaus konservativ sind. Natürlich werde ich selten Turbulenzen antreffen, wenn ich mir 10kt auf 10'000ft als Limit nehme, allerdings bin ich schon bei wesentlich höheren Geschwindigkeiten z.B. über den Gotthard geflogen (erstes Leg nach Südfrankreich, also stärkere "Motivation" zu fliegen). Ich kannte die Passagiere schon gut und hab entsprechend informiert. Beim Zwischenstopp waren wir alle positiv überrascht, der Flug war gefühlt ruhiger als an einem thermischen Sommernachmittag. Genaue Winddaten hab ich leider nicht mehr, auf jeden Fall war vom Briefing her klar, dass relativ hohe Windgeschwindigkeiten, aber kein Föhn zu erwarten wären. Ein Kollege ist via Genf "aussen rum", hatte danach von wesentlich schwereren Turbulenzen berichtet. Einen gewöhnlichen Alpenflug hätte ich an dem Tag aber trotzdem abgesagt. 

 

vor 2 Stunden schrieb Heiri_M:

Die Windgeschwindigkeit ist ja nicht das Problem, sondern die Turbulenzen. Vielleicht kann ein Segelflieger da besser Auskunft geben. Die benützen ja ab und zu die Föhnlagen, um in deren Wellen viel Höhe zu machen.

Absolut! Vielleicht gibt's ja Tipps z.B. zu lokalen Brennpunkten wie Jungfrau, die bei bestimmten Wetterlagen besser gemieden werden.

 

vor 2 Stunden schrieb Andy_Fly2Sky:

Diese Werte erachte ich als zu hoch, bereits bei 4hPa kann der Föhn in die Alpentäler durchgreifen, bei 8hPa bereits ins angrenzende Flachland.

Was haltet ihr vom Föhn-Index der Meteoschweiz? Ist der eventuell differenzierter für Live Beobachtung und Anwendbarkeit auf eine Flugroute als der reine Druckunterschied? Ich hab mich noch nie näher damit befasst, bei mir war bisher auch soft Limit < 5 hPa. 

  • 1 Jahr später...
Marcel Steinmann
Geschrieben (bearbeitet)

Ich hatte mal vor Jahren einen erfahrenen "Gebirgs"-Piloten bei mir an Bord. Als passionierter Bergsteiger kannte er jeden Gupf vom selber Besteigen und wusste dementsprechend auch, was auf der nicht-sichtbaren Rückseite des jeweiligen Berges an Ausweichmöglichkeiten vorhanden war. Er hatte darum auch eine andere Flugtaktik als ich - nicht risikobehafterer, aber eben im Wissen, was ihm auf der Rückseite für "Auswege" zur Verfügung stehen würden im Falle eines Falles.

 

Gleichwohl hat mir gesagt, dass er vor einer Jungfrau-Joch-Überquerung immer zuerst eine Runde über dem Schilthorn drehe, bevor er sich über die Krete bewegt: "Ist es beim Schilthorn ruhig, dann geht's auch über die Jungfrau-Krete" - ich habe mir das so angewöhnt, wenn ich mit Pax über diese Bergkette fliege. Trotzdem sind auch heute noch für mich 5 hPa Druckdifferenz und 20 Knoten das Maximum an äusseren Bedingungen, die ich meinen Pa in den Bergen zumute.

 

Dass es keine Regel ohne Ausnahme gibt, haben meine Passagierin und ich am 27.2. erfahren dürfen. Schönstes Wetter, sensationelle Fernsicht, Einladung pur für einen tollen Flug. Die Windangaben im Skybriefing kurz vor Abflug (ca. 11:00 Uhr) in LSPG haben 12 Knoten auf dem Jungfraujoch verkündet. Auf der Route nach Locarno wie gewohnt beim Schilthorn eine Runde eingelegt - ruhig wie in Abrahams-Schoss. Nach der Querung der Krete mit obligaten Photos und Ahs und Ohs, kurz vor Höhe Konkordiahütte, aus dem Nichts: heftigste Turbulenzen, ups and downs in regelmässiger Folge, der gepolsterte Bügel beim Kopfhörer meiner Passagierin hat sich dann "bezahlt" gemacht....

 

Was genau der Grund für diese Turbulenzen war? Keine Ahnung - vlt. kann mir ja jemand erklären, was das gewesen sein könnte, denn: Speziell, nur gerade über dem Aletschgletscher war dieses turbulente Phänomen vorhanden. Als wir dann das Wallis in Richtung Nufenen und dann ins Maggia-Tal geflogen sind, wieder nichts mehr - ruhig. Habe ich vorher noch nie so erlebt, obwohl die Jungfrau-Matterhorn-Route doch zu meinen vielbeflogenen Routen gehört. Was ich gelernt habe, ich werde noch vermehrter die Wind-Angaben (z.B. andere Seiten als Skybriefing wie Windy) studieren.

 

Dass diese Turbulenzen heute noch Gesprächsthema sind, wenn wir über unseren Flug reden, ist klar. Offenbar aber war das Gesamterlebnis doch so schön, dass meine Passagieren diesen Flug noch einmal machen will.

Bearbeitet von Marcel Steinmann

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