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RayBan Story 2.0: Vom Flughafenzaun ins Airline-Cockpit


Tis

Empfohlene Beiträge

Hallo zusammen

 

In den Anfangszeiten des Flightforums (offenbar so alt, dass ich sie gar nicht mehr finde) erreichte die "RayBan Story" Kultstatus. Darin beschrieb Forums-Urgestein Tom seinen Weg vom Fussgänger zum Privatpiloten. Nach so vielen Jahren fand ich, dass es Zeit für eine Neuauflage und Weiterführung ist 🙂

 

Im vergangenen Jahr beschrieb ich in einer Jahres-Serie im Schweizer Aviatik-Magazin Jetstream die Erfüllung meines grossen Berufstraums, sprich meinen Weg "vom Flughafenzaun ins Airliner-Cockpit". Da aber das Flightforum definitiv die Wiege meiner grossen aviatischen Leidenschaft ist, finde ich es nichts als angebracht, die Texte auch hier zu veröffentlichen. Vielleicht vermögen sie dem einen oder anderen einen interessanten Ausblick in die vielschichtige Pilotenausbildung zu geben, oder immerhin etwas Lese-Vergnügen während trüber Wintertage bieten. Ich werde daher in diesem Thread hier in unregelmässigen Abständen (Ziel: mindestens wöchentlich) immer wieder eine Episode veröffentlichen. Und sollten die Abstände mal zu unregelmässig werden (wie beim Postauto-Projekt), könnt ihr mir auch gerne auf die Finger hauen 😄 

 

Also dann, viel Spass beim Lesen und guten Flug!

 

Liebi Grüess

 

Tis

 

 

1: Prolog: Die erste Hürde ist geschafft
Flugzeuge faszinieren mich schon seit meiner frühsten Jugendzeit: Ich beobachtete und fotografierte sie an zahlreichen Airports dieser Welt, ging auf ausgefallenen Flugreisen mit ihnen auf Tuchfühlung und schrieb oft voller Leidenschaft über sie – auch für dieses Magazin. Während den vergangenen vier Jahren arbeitete ich daran, dass aus dieser Leidenschaft womöglich mehr werden könnte: Ich wollte mir meinen Berufstraum erfüllen und absolvierte die Ausbildung zum Linienpiloten. In der neuen jetstream-Jahresserie werde ich diesen Weg Schritt für Schritt in jeder Ausgabe nachzeichnen, um den Lesern diese spannende, aber auch sehr langwierige und intensive Ausbildung im Detail näherzubringen. Wer noch mehr wissen möchte oder weitere Fragen hat, kann mich auch gerne jederzeit direkt kontaktieren.   

 

 

Es ist ein grauer Nachmittag im Dezember 2015, ich befinde mich in einem kleinen fensterlosen Raum in einem Anbau der Horizon-Flugschule im Industriegebiet von Zürich-Kloten. Hier bin ich angetreten zur «Standortbestimmung». Was etwas blumig klingt, ist nichts Geringeres als ein Eintrittstest, welcher Klarheit darüber bringen soll, ob ich zum Piloten tauge. Er ist damit zu einem grossen Teil auch Selbstschutz, bevor man der Flugschule hoffnungsvoll einen beträchtlichen Geldbetrag überweist und ihr seine weitere Zukunft anvertraut.

 

Ja, eine solche Pilotenausbildung ist kostspielig. Und nicht nur finanziell ist dieser Weg sehr anspruchsvoll – auch mental und zeitlich nimmt er einen ganz schön in Beschlag. Die Aussichten auf einen Job in der Luftfahrtbranche sind derweil stark abhängig von der Wirtschaftslage – und zwar derjenigen, die dann bei Abschluss des Trainings herrscht, was man natürlich bei Ausbildungsbeginn drei Jahre zuvor noch gar nicht einzuschätzen vermag. Daher will dieser Schritt gut überlegt sein. Es ist nie verkehrt, noch mindestens einen Plan B in der Tasche zu haben – eine bereits abgeschlossene Erstausbildung immerhin oder einen Beruf, den man mit kleinem Pensum nebenher weiter ausführen und in den man allenfalls auch ganz zurückkehren kann. Das gibt einem während der gesamten Ausbildung ein Mindestmass an Sicherheit – man ist seinem Glück, seiner Performance und der Weltwirtschaft nicht komplett ausgeliefert. Dies gilt umso mehr, wenn man seine Ausbildung (wie in meinem Fall) bei einer freien Pilotenschule macht und an deren Ende nicht von der Übernahmegarantie einer Airline ausgehen kann, sondern sich auf dem freien Markt bewerben muss. Zudem ist man auch persönlich schon reifer und erfahrener, wenn man nicht direkt ab der allgemeinen Schule die Piloten-Ausbildung antritt. Das hilft nicht nur bei der Bewältigung von Lernstoff und Tests, die unterschiedlichen Stärken und Backgrounds der Piloten sind auch später im Cockpit sehr wertvoll.

 

Der Test beginnt

Dass die Schule noch nicht ganz so lange her wäre, wünschte ich mir allerdings bei der Vorbereitung auf besagte «Standortbestimmung» dann doch: Als erster Schritt sind nämlich Tests in Mathematik, Physik und Trigonometrie zu absolvieren. Ein veritables Mathe-Genie war ich schon zu Schulzeiten nicht, das nachfolgende Jura-Studium war der Festigung meiner Rechen-Fähigkeiten auch nicht wirklich dienlich. Also blieb mir nichts anderes übrig, als mit «Trigonometrie für Dummies» und einigen etwas seriöser klingenden Werken aus dem Buchhandel meine Kenntnisse zu reaktivieren («auffrischen» würde der Sachlage nicht vollumfänglich gerecht). Der nächtelange heroische Kampf mit Winkeln, Klammern, X-en und Gleichungen hat sich aber immerhin ausgezahlt, denn die drei Wissenstests der Standortbestimmung bringen mich nicht wirklich an meine Grenzen.

 

Als nächstes steht ein ausgedehnter psychologischer Fragebogen auf dem Programm. Dieser soll nicht nur abklären, ob ich als Person fürs Cockpit tauge (später bei der Anstellung bei einer Airline wird darauf noch viel mehr Wert gelegt), sondern vor allem, wie gross meine Lernmotivation und Ausdauer ist. Schliesslich braucht es einiges an Durchhaltevermögen und eine grosse Portion Disziplin, um über mehrere Jahre hinweg all die verschiedenen anspruchsvollen Ausbildungsstufen zu bestreiten – stets ohne die Gewissheit, ob die Bemühungen am Ende denn auch vom Erfolg einer Anstellung gekrönt sein würden.

 

Als Herzstück und grosses Finale der Standortbestimmung wartet der sogenannte HUPEX-Test (Abkürzung für das wohlklingende «Human Potential Explorer») – ein Computerprogramm, dem ich in verschiedenen Spielrunden unter Zeitdruck mein räumliches Vorstellungsvermögen, meine Entscheidungsfähigkeit, meine Achtsamkeit, meine Konzentrationsfähigkeit und das richtige Setzen von Prioritäten beweisen darf. Darauf vorbereiten kann man sich nicht wirklich. Ich habe es zwar versucht und ein oder zwei Bücher mit Knobelaufgaben, Suchbildern und ähnlichen Pseudo-Intelligenzrätseln durchgeblättert. Deren Mehrwert war allerdings bescheiden – einzig ein angeknackstes Ego trug ich davon, weil meine Freundin, ohne Vorwissen und irgendwelche aviatischen Ambitionen, die vermaledeiten Suchbilder oft viel schneller löste als ich. Umso gespannter bin ich daher auf die Resultate.

 

Wie ich wohl abschneide?

Die Ergebnisse präsentiert mir ein Horizon-Mitarbeiter wenig später in einem kleinen Büro drei Stockwerke höher oben (diesmal glücklicherweise mit Fenster, denn dank Westwindlage rauschen im Minutentakt die Flugzeuge im Anflug auf Zürichs Piste 28 vorbei und winken mir neckisch zu – als ob es mir noch an Motivation gefehlt hätte!). Der psychologische Test attestiere mir eine «überdurchschnittlich starke Leistungsmotivation», und auch das HUPEX-Verfahren hätte ich sehr erfolgreich bestritten, fasst er zusammen. Nicht nur habe ich die Mindestpunktzahl für den Eintritt in die Flugschule erlangt, sondern sogar so gut abgeschnitten, dass ich dereinst auch für das «Pre Screening»-Programm einer eng mit der Schule zusammenarbeitenden Airline in Frage kommen würde – eine Art gegenseitiges Beschnuppern mit einem potenziellen späteren Arbeitgeber. Was für ein wunderbares verfrühtes Weihnachtsgeschenk! Der erste von hunderten noch kommenden Tests ist positiv verlaufen, der Grundstein für meinen Weg zum Traumberuf ist also gelegt.

Beflügelt von meinem Abschneiden und den rosigen Aussichten melde ich mich definitiv für die Pilotenausbildung an. Das neue Jahr soll mit dem ersten Schritt starten: Der Erlangung der Privatpilotenlizenz. Doch das wird der Stoff der nächsten Episode sein. 

 

 

Ein kleiner Ausblick auf die noch kommenden Meilensteine:

 

Hier überglücklich neben der Tecnam P2008JC HB-KMF der Flugschule Schupfart, mit welcher ich wenige Minuten zuvor den ersten Alleinflug («first solo») absolviert habe (2016)

 

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Etwas später werden die Flugzeuge schon grösser: Das Training im Instrumentenflug und im Steuern zweimotoriger Maschinen fand auf
der Diamond DA-42 HB-LUK der Flugschule Horizon statt - hier in Memmingen (2018)

 

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Ziel erreicht: Als Copilot bin ich auf der Embraer E190 am Himmel Europas unterwegs – hier gerade in Graz (2019).

 

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  • Tis änderte den Titel in RayBan Story 2.0: Vom Flughafenzaun ins Airline-Cockpit

Mein erster Gedanke war direkt: „na endlich!“.😀 

Nachdem ich nur so halb mitbekommen habe das es nach deinem PPL noch auf größere Flieger geht, habe ich mir echt gewünscht das eine Art Bericht folgen würde. And here we are! Ich freue mich schon auf mehr! 
 

Tis, danke fürs teilen deiner ersten Schritte. Grade in heutigen „Forums Tagen“ kann man garnicht oft genug danken das sich noch jemand die Mühe macht seine Erlebnisse zu teilen.

 

Ich bin gespannt wie es weiter geht!🙂 

Bis dahin!

 

Bearbeitet von Yoda
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  • 2 Wochen später...

Vielen Dank fürs liebe Feedback! Es freut mich, wenn ich mit meinen Texten einen hoffentlich spannenden Einblick geben kann 🙂

Weiter geht's...

 

 

2: Abgehoben wird erst in der Theorie
Endlich geht es los, der erste Schritt meiner fliegerischen Karriere steht bevor. Die theoretische Ausbildung zum Privatpiloten kleiner Kolbenmotor-Flugzeuge. Der Postbote bringt mir ein Paket mit verschiedenen Luftfahrt-Schweizerkarten und mehreren zum Bersten gefüllten blauen Ordnern: «Basic Aviation Knowledge» prangt in riesigen Lettern darauf. 7 Kilogramm kondensiertes Wissen, welches mich binnen weniger Monate befähigen sollte, ein Kleinflugzeug artgerecht zu behandeln und in allen erdenklichen Situationen fachgerecht zu steuern.

 

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Auslegeordnung des Lernmaterials. Auf mich warten auch ein Plotter (eine Art Lineal zum Ablesen von Distanzen und Kursen aus Flugkarten) sowie die altgediente Jeppesen CR-3-Rechenscheibe. Dieser sogenannte «Navigationscomputer» erlaubt diverse Umrechnungen sowie Berechnungen von verschiedenen Geschwindigkeiten, Windkomponenten, Treibstoffdichten und vielem mehr – und ist dabei so genial und komplex aufgebaut, dass ihn wohl kaum ein Flugschüler je zu hundert Prozent verstanden hat.

 

Im Winter sind die Berge höher

Insgesamt acht Theoriefächer sind es (plus das Sprechfunkzeugnis für den Sichtflug, das separat läuft): Von den eher technischen Gebieten Flugzeugkenntnis, Flugphysik, Navigation, Flugplanung und Betriebsverfahren geht es über die Fächer Menschliches Leistungsvermögen und Flugwetter bis hin zum Luftrecht, das mit seinen Definitionen und Regeln alles im Hintergrund zusammenhält.

Mit Luftrecht starte ich dann auch gleich. In gestelztem Deutsch schwadronieren die Gesetzestexte darüber, was man alles zu tun und zu unterlassen hat, wenn man sich in totaler Freiheit wähnend durch den Luftraum bewegt – und schrecken mich damit gleich kurz gehörig ab. So drohen dem Luftfrachtführer (das Wort «Pilot» wäre wohl zu profan gewesen) Busse und Gefängnis für alle möglichen Fehlhandlungen – und sei es nur, dass ein Passagier auf der Fluggasttreppe ausrutscht und stürzt. Doch das Luftrecht hat auch viele nützliche Seiten. So legt es zum Beispiel fest, wer an Bord überhaupt Kommandant ist – damit es im «cock-pit», also der Hahnengrube, nicht zu Hahnenkämpfen kommt.

Der Stoff wird mit dem Flugwetter und den technischen Fächern aber bald praxisnaher und interessanter, und ich lerne schnell ein zentrales Credo der Luftfahrt: Nichts ist so einfach, wie es scheint. So zum Beispiel mit der Höhe – ein wichtiges Gut, wenn man sich im dreidimensionalen Raum bewegt. Es gibt aber nicht nur einfach eine einzige Höhe, nein. Es gibt die vom Höhenmesser angezeigte Höhe über Meer, die kalibrierte Höhe (korrigiert um Messfehler des Instruments), die Dichtehöhe (korrigiert um temperaturbedingte Luftdichten), die Druckhöhe und auch die absolute Höhe (Abstand vom Terrain). Und dann, endlich: Als ich schon fast nicht mehr daran glaubte, die «wahre Höhe». Doch wie hoch man wahrhaftig fliegt, hängt davon ab, wie kalt oder warm die Luftsäule unter einem ist – denn kalte Luft ist stärker komprimiert und die Luftsäule daher weniger hoch. Blöderweise kann man die liebe Luftsäule aber nicht einfach fragen. Und so bleibt das für einen angehenden Flieger ziemlich ernüchternde Fazit: Wie hoch man genau fliegt, das weiss man gar nicht (übrigens auch nicht, wie schnell man fliegt – aber das ist ein anderes Thema). Daher gibt mir das Buch folgenden Merksatz auf den Weg: «Im Winter sind die Berge höher». Man sollte bei kalten Temperaturen also lieber etwas höher steigen, als gewohnt, wenn man einen Berg sicher überfliegen möchte.

 

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Der Höhenmesser des Flugzeugs misst (vereinfacht) in beiden Fällen einen Druckunterschied von 10'000 «Luftteilchen» im Vergleich zum Boden und zeigt so eine Flughöhe von 10'000 Fuss an. Bei Wärme sind die Luftteilchen allerdings ausgedehnter als bei kühlen Temperaturen. Entsprechend fliegt das Flugzeug im Sommer faktisch höher als die angezeigten 10'000 Fuss, im Winter tiefer (an einem kalten Wintertag gut und gerne 300 Höhenmeter/1'000 Fuss). Der 10'000 Fuss hohe Berg allerdings, der aus Gestein und nicht aus Luft besteht, ist immer gleich hoch – und wird so potenziell zum Hindernis

 

 

Nichts als Luft(druck)

Die nächsten Wochen ziehen ins Land und ich tauche immer tiefer in die Materie ein. Im Fach «Flugzeugkenntnis» lerne ich erst, wie Tragflächen, Rumpf oder Fahrwerk aufgebaut sind. Im zentralen Teil erhalte ich dann ausführlich die verschiedenen Typen von Flugzeugmotoren erklärt – immerhin sind sie ein unabdingbares Gut, möchte man sich längere Zeit der Schwerkraft entziehen. Nachdem mir ihre Zünd-, Kühl-, Schmier- und Treibstoffsysteme sowie deren zahlreiche gefährlichen Schwachpunkte detailreich erklärt wurden, geht es dann weiter mit der Beschreibung der verschiedenen Fluginstrumente und ihrer (wie ich feststellen muss ziemlich archaischen) Funktionsweise. Zusammengefasst wird – weil es in der Luft leider sonst nicht viel gibt, das man für Messungen herbeiziehen könnte – alles irgendwie auf Basis des Luftdrucks gemessen. Danach wird das Gemessene über komplizierte Mechanismen so hingebogen, dass es das anzeigt, was man eigentlich wissen möchte. Das gilt nicht nur für die Höhe und die Steigrate, sondern auch für die Geschwindigkeit. Diese ermittelt das hierfür zuständige Instrument zum Beispiel dadurch, dass sein Messrohr im Fahrtwind liegt, und es dann vom Druck der aufprallenden Luft den ohnehin herrschenden Umgebungsdruck abzieht – was übrigbleibt, ist der reine «Fahrt-Druck», also die Geschwindigkeit. Über ein Getriebe wird dieser Druck dann so auf einen Zeiger übertragen, dass er auf einer Knoten- oder Km/h-Skala das Richtige anzeigt. Faszinierend schlau und kompliziert, aber funktioniert. Zumindest, solange das Flugzeug schön gerade in der Luft fliegt und korrekt angeströmt wird – und es sich nicht eine Wespe im Messrohr gemütlich gemacht hat und dieses verstopft, was auch des Öfteren vorkommt (deshalb gibt es die schönen Pitot-Covers). Das einzige, was man da oben sonst noch zum Messen verwenden kann, ist das Magnetfeld der Erde. Doch auch zum Magnetkompass notiere ich in meiner Zusammenfassung konsterniert: «Er ist diversen Fehlern unterworfen und zeigt daher nur im unbeschleunigten Geradeausflug richtig an.» Fazit: Im Cockpit ist man zwar von einem Dutzend extrem kompliziert aufgebauter Instrumente umgeben, weiss aber trotzdem nie mit absoluter Genauigkeit, wie man denn gerade so fliegt.

Das Fach «Menschliches Leistungsvermögen» ist auch ganz interessant – es gibt einen Crash-Kurs des Herz-Kreislauf-Systems sowie der menschlichen Sinnesorgane und erklärt, auf welch perfide und mannigfaltige Arten sie Piloten zu trügen vermögen. Im Fach «Navigation» geht es (wider Erwarten) zu zwei Dritteln nicht darum, wie ich den Weg von A nach B finde, sondern um die verschiedenen Techniken, wie man seit Jahrhunderten die runde Erde auf flachen Karten abbildet, und welche Tücken jede Abbildungsvariante für den Piloten so mit sich bringt. Und darum, dass man grundsätzlich nach magnetischen Kursangaben fliegt – die magnetischen Pole aber leider stetig wandern, weshalb es komplizierte Formeln und Tabellen gibt, um den magnetischen in einen (genau!) «wahren Kurs» umzurechnen, der demjenigen auf den Flugkarten entspricht.

Das Fach «Betriebsverfahren» erzählt mir dann endlich, welche Tätigkeiten und Hindernisse in jeder Flugphase auf mich warten und welche Abläufe es einzuhalten gilt. Dies meist in schön klarer Sprache, die ich daher mit besonderer Hingabe in meine Zusammenfassung übernehme. Speziell charmante Beispiele: «Sofort nach Anweisung Durchstarte-Manöver einleiten, ohne Hinterfragen!»  «Flug unterlassen, wenn Räder erkennbar im Erdreich einsinken.» «Hochspritzender Schneematsch kann am Tragflügel gefrieren!» Oder wenn alles schiefgeht, aus dem Kapitel «Überleben im Gebirge»: «Mitzunehmende Utensilien: Leuchtkörper, Trillerpfeife, Taschenlampe, Überlebenshilfen (Lebensmittel nicht nötig, Mensch kann 3 Tage ohne Essen überleben)».

 

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PPL-Theorie im Klassenzimmer 

 

 

Endsieg der Gravitation…

Als letztes Fach wartet schliesslich noch ein veritabler Brocken: Was sich unscheinbar «Grundlagen des Fluges» nennt, ist in Tat und Wahrheit ein Master-Studiengang in Physik mit einer gehörigen Portion Aerodynamik im Nebenfach. Hier geht es um nichts weniger als die Entzauberung der Magie: Die Erklärung, weshalb ein Flugzeug eigentlich fliegt – und unter welchen Umständen es das physikalisch nicht mehr tut (ein Instruktor nannte dies trocken den «Endsieg der Gravitation»).

Die Motivation bleibt trotz all den physikalischen und technischen Details im Lernstoff enorm hoch – immerhin habe ich mein Fernziel fest im Blick, und all dieses Wissen hilft mir ja, dorthin zu kommen. Als ich die zwei dicken blauen Ordner nach drei Monaten durchgearbeitet habe, darf ich mein angeeignetes Wissen in der Fragen-Datenbank meiner Schule testen, indem ich hunderte Multiple-Choice-Aufgaben löse. Deren Schwierigkeit gründet aber meist nicht einmal im abgefragten Lernstoff, sondern in der äusserst hinterhältigen Formulierung von Frage und Antworten, die einzig und allein darauf abzielen, die Neo-Piloten schon allein sprachlich zum Absturz zu bringen. Daher empfiehlt sich auch in der gesamten Ausbildungs-Laufbahn ein ausgedehntes Training dieser Aufgaben. Denn nicht nur wendet man so all das erlangte Wissen an – man bekommt auch ein Gespür für die eingebauten linguistischen Gemeinheiten.

 

…und des Probanden

So gerüstet darf ich schliesslich Mitte April 2016 zur ersten offiziellen Demonstration meines Wissens antreten: Der «Theorieprüfung PPL» des Bundesamtes für Zivilluftfahrt. Jedes Fach muss mit einem Ergebnis von mindestens 75% richtig beantworteter Fragen abgeschlossen werden, um als bestanden zu gelten. Und offenbar habe ich nicht nur richtig gelernt, sondern vermag auch die sprachlichen Fallstricke zu umgehen: Ein paar Stunden und einige Schweissperlen später verlasse ich den Prüfungsraum mit einem Schnitt von 95% erleichtert und überglücklich. Ich bin nun also Privatpilot! Also so rein theoretisch zumindest. Praktisch abgehoben wird nämlich erst in der nächsten Ausgabe. Sorry, liebe Leser – aber da musste ich auch durch! 

 

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Flugplanungsübung zuhause - kann auch etwas umfangreicher werden 🙂 

 

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Etwas später sieht die Flugplanung dann so aus:  Papiere für einen Rundflug über die Schweiz: Zu den Flugkarten und dem selbst erstellten Flugplan (mit Flugroute, Kursen, berechneter Flugzeit und Treibstoff) gesellen sich diverse Berichte über das Wetter und spezielle/geschlossene Lufträume oder eingeschränkt nutzbare Flugplätze. Dazu kommen eigene Berechnungen des Schwerpunkts sowie der Start- und Landeleistung – idealerweise auch für Ausweichflughäfen.

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Luftrecht - bäääh🤮, mein Horrorfach😂

 

Coole Idee dein Report, ist spannend, das so zu lesen und dabei seine eigene PPL-Ausbildung mal wieder Revue passieren zu lassen. Schmunzelnd kommen einem all die Situationen wieder in den Sinn, wo man an den gleichen Stolpersteinen hängengeblieben ist🙈

 

Ich hoffe doch, dass ich dabei an der hier gezeigten Entwicklung nicht ganz unschuldig bin und diverse Diskussionen auf montenegrinischen Hotelbalkonen und in englischen Vorortszügen haben ihre Spuren hinterlassen?!?😎

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  • 2 Wochen später...

Hehe klar, einen gewissen Einfluss kann ich da nicht leugnen 🙂  

So, und dann machen wir doch gleich weiter - und erstmals geht's in die Luft 😄

 

 

3: Der allererste Flug
Die Theorieprüfung der Privatpiloten-Ausbildung habe ich erfolgreich absolviert – nun geht es darum, das Gelernte in der Praxis anzuwenden. Eines sonnigen Frühlingstages steht sie am Schweizer Flugplatz Fricktal-Schupfart dann vor mir: Die rassige italienische Lady, die mir das Fliegen beibringen soll. Nein, die Rede ist nicht von einer braungebrannten südländischen Fluglehrerin, sondern von der Tecnam P2008JC HB-KMF – dem Flieger, in welchem meine fliegerische Karriere nun so richtig starten soll, und der mich meinem lange gehegten Lebenstraum entgegentragen soll.

 

Mit seinen schnittigen Proportionen, dem modernen Design und Baujahr 2008 stach der italienische Zweisitzer eindeutig hervor aus dem Einheitsbrei mehr oder weniger würdevoll alternder Cessnas und Pipers, welche die anderen Flugschulen so feilboten. Daher entschied ich mich für meine praktische Ausbildung zum Privatpiloten für die Flugschule Fricktal am Nordrand der Schweiz, zwischen Zürich und Basel. Die Tecnam war dafür ein Hauptgrund. Denn auch ihr modern ausgestattetes Cockpit begeisterte mich – etwas Airliner-Feeling würde da bestimmt aufkommen. Aber so einen Exoten fliegen, zu dem man kaum Testberichte findet? Und dann noch einen Flieger aus Italien? In meinem Kopf kreisten unablässig Bilder frührostender Fiats und klappriger Lancias umher. Schliesslich rang ich mich dann aber doch durch, der italienischen Kiste eine Chance zu geben – immerhin war sie ja von einer Luftfahrtbehörde zertifiziert worden.

 

Zaghaftes erstes Aufeinandertreffen

Umso mehr bin ich nun, da ich ihr erstmals Angesicht zu Angesicht gegenüberstehe, auf «meine» Tecnam gespannt. Als ich ihre sportlichen Proportionen und ansprechenden Rundungen beeindruckt aus der Nähe bewundere, tun mir die früheren Vorurteile ja fast leid. Ja, sie ist eine Schönheit! Doch dieses Verdikt kommt offensichtlich zu spät. Sie hat meine Zweifel längstens gerochen und wackelt als Retourkutsche ziemlich furchteinflössend im auffrischenden Wind – als einziger Flieger auf dem Vorfeld notabene, die schweren Amischlitten hüben und drüben stehen bockstill. Aber meine Italienerin ist halt auch ein Leichtgewicht und eine echt linienbewusste Lady – zeigt die Waage mal über 630 Kilo an, traut sie sich schon gar nicht mehr in die Luft. So schwer ist der nächstgrössere Schulungsflieger schon ohne Beladung, Piloten und einen einzigen Tropfen Sprit.

 

Sprit ist denn auch gleich das nächste Thema. Noch bevor ich in meiner Tecnam probesitzen darf, hetzt mich der Fluglehrer schon mit dem Tankschlauch auf die Leiter – 2x 20 Liter einfüllen bitte! Könnte mir mal jemand erklären, ob ich den Tankstutzen richtig halte? Ob ich den Treibstoff einfach so einfüllen kann, oder ob er mir im nächsten Moment unverhofft entgegenflutscht und mir vor den achtzig Augenpaaren im prall gefüllten Flugplatzrestaurant eine kalte Dusche verpasst? Und ganz generell, wie man diesen vermaledeiten Tankdeckel überhaupt öffnet? Trotz all der gepaukten Theorie: Hier dauert die Flugvorbereitung noch keine fünf Minuten, schon werde ich auf dem linken Fuss erwischt und scheitere an einem widerspenstigen Tankdeckel. Das kann ja heiter werden!

Nach dem Kampf mit dem Tankdeckel und etlichen weiteren Aha-Erlebnissen beim Aussencheck soll es dann aber tatsächlich in die Luft gehen. Damit wir heute überhaupt noch die dritte Dimension erobern können, übernimmt der Fluglehrer alle Motorstart-Abläufe, mein nächster Einsatz folgt beim Rollen. Hier folgt bereits die nächste Ernüchterung – ein lenkbares Bugrad haben die perfiden Ingenieure der Tecnam nämlich auch nicht spendiert, und so kann die Kiste am Boden einzig durch gezieltes Bremsen mit dem linken bzw. rechten Hauptfahrwerk gelenkt werden. Ojeh. Wie ich da so über die Wiese der Piste entgegenschlingere, muss von aussen zum Johlen aussehen – halt eben wie eine italienische Lady in Designerhacken mit monströsen Absätzen, die sich nur dummerweise nicht auf dem Laufsteg zu Mailand promeniert, sondern im abschüssigen und windgepeitschten Acker des Flugplatzes Fricktal-Schupfart.

 

Der erste Start

Endlich, wir sind bereit für den Start. Zusammen geben der Fluglehrer und ich Vollgas, während ich die Aufgabe, das zickige Fliegerlein beim Startlauf in der Mitte der Piste zu halten, mit Freuden an den Fachmann neben mir delegiere. Das Rotax-Motörchen vor mir macht ordentlich Lärm, und bald rattern, hüpfen und schlingern wir über die Graspiste. 50 Knoten, rotieren! Schon erhält die italienische Lady ihre gewünschte Dosis Luft unter die Flügel und beginnt uns in den Himmel zu tragen. Was für ein Gefühl! In diesem Moment scheint der Himmel riesengross und ich winzig klein. Es eröffnet sich eine völlig neue Welt vor, vor allem aber über und unter mir. Eine wunderschöne Welt, aber auch eine respekteinflössende. Während das Flugplatzrestaurant, erste Felder, Bäume und Bauernhöfe in einem Affenzahn vorbeirasen, rasen mir nämlich tausend Dinge aus dem Theorieunterricht durch den Kopf, die ich jetzt doch eigentlich unbedingt tun, oder zumindest doch wissen und beachten müsste. Slipstream-Effekt, Vergaservereisung, negatives Wendemoment, Druckpunkt, Notlandefeld, Venturidüse, Strömungsabriss – eine ganze Welle an theoretischen Fachbegriffen kracht gerade über meinem Kopf zusammen. «Versuch, mit der Steigrate 70 Knoten zu halten», klingt es vom Nebensitz. Diese leichte Aufgabe kommt wie eine Befreiung, die mich aus der tosenden Welle reisst – nichts leichter als das!

 

Und während wir so die Lüfte erklimmen und mit irgendwas zwischen 66 und 74 Knoten dem Rhein entgegensteigen, scheinen auch all die tausend Dinge, die es nun zu beachten gälte oder die nun schiefgehen könnten, auf dem Boden zurückzubleiben und mit jedem gewonnenen Höhenmeter langsam an Bedeutung zu verlieren. Bei mir oben stellt sich langsam ein Gefühl der Befreiung ein. Hier in der Luft fühlt sich nicht nur meine italienische Lady sichtlich viel wohler als am Boden, sondern auch ich gewöhne mich rasch an das neue Element und habe grossen Spass dabei, die gestellten Aufgaben möglichst gut zu erfliegen: Höhe halten, auf Kurs 240 drehen, Kurve links mit 15 Grad Querlage, Kurve rechts mit 30 Grad, leichter Sinkflug, etc. Da machen sich meine jahrelangen heimischen Flugsimulator-Sessions nun endlich bezahlt, ich finde mich in den Instrumenten und Anzeigen rasch zurecht, weiss diese zu interpretieren und mit den entsprechenden Steuerinputs zu reagieren. So hatte ich mir das vorgestellt! Offenbar mache ich meine Sache auch recht gut, oder zumindest gibt mir der Fluglehrer neben mir das Gefühl, mit dem Gesehenen zufrieden und sogar fast etwas beeindruckt zu sein.

 

34 spannende Flugminuten

Er lässt mich sogar ein paar Manöver fliegen, die erst in späteren Lektionen auftauchen, Vollkreise und dergleichen – sie alle meistere ich doch recht ansehnlich. Als Grande Finale folgen dann noch ein paar Strömungsabrisse, genannt «Stalls» – der Zustand, bei dem man den Schubhebel gegen alle Instinkte einfach in den Leerlauf zurücknimmt und das Flugzeug solange seiner Geschwindigkeit beraubt, bis es irgendwann zu wenig davon hat, um noch fliegen zu können, es den Auftrieb verliert, plötzlich zur Seite ausschert und absackt. Damit das nicht böse endet («Endsieg der Gravitation», man erinnere sich…), sind dann ruckzuck die richtigen Gegenmanöver gefragt, und zwar subito, in der korrekten Abfolge, und im perfekten Moment – fünfminütiges Herumknobeln wie an der theoretischen Prüfung ist nicht mehr. Etwas mulmig wird mir daher schon, als ich mich mental auf das bevorstehende Manöver vorbereite. Im nächsten Moment kippt der Flieger tatsächlich ab, der Magen rutscht kurzzeitig der Hirnregion entgegen, doch alsbald fängt sich die torkelnde italienische Diva wieder – ich habe offenbar instinktiv das Richtige getan.

 

Wenige Minuten später sind wir bereits wieder im Anflug auf unseren Heimatplatz, ich melde uns gar korrekt und speditiv am Funk an und halte unseren Flieger bis kurz vor der Landung einigermassen stabil auf Kurs – der Abschluss ist dann natürlich Chefsache, schliesslich sind wir noch immer in Lektion eins. 34 Minuten sind wir in der Luft gewesen. 34 Minuten, die sich meist wunderschön angefühlt hatten, weil ich genau das machen konnte, was ich immer machen wollte; genau das abrufen konnte, was ich mir über die Jahre im heimischen Kämmerlein schon angeeignet hatte, und vor allem auch weil ich der Verwirklichung meines Traums ein Stückchen nähergekommen bin. Mit dabei waren aber auch einige Momente, in denen ich mir im grossen Himmel eher verloren vorgekommen war, erdrückt von all der gelernten Theorie, die es hier situativ richtig und punktgenau getimed anzuwenden gilt, ohne Netz und doppelten Boden. Aber für etwas habe ich ja noch 44 weitere Flug-Lern-Stunden vor mir – 44 Stunden, auf die ich mich trotz (oder gerade wegen) der bevorstehenden steilen Lernkurve ausserordentlich freue!

 

 

Etwas Theorie muss dann doch noch sein: Vertrautmachen mit der Tecnam vor dem ersten Flug

 

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Flugplatzidylle zu Schupfart

 

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Tanken ist angesagt!

 

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Das erste Mal den Motor starten; Freude herrscht!

 

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Takeoff!

 

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Ein Blick ins moderne Cockpit der Tecnam auf einem späteren Flug

 

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Finde den Flugplatz 🙂

 

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On Final Runway 07 (GoPro Stills)

 

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Juhuii - die ersten Logbuchzeilen können gefüllt werden!

 

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Hallo Tis

 

Zuerst mal ein herzliches Dankeschön für Deine Berichte über Deine Pilotenkarriere.

Deine professionellen Reiseberichte (z.B. Dash Flüge oder Postauto) waren schon immer ein Genuss und jetzt Im SkyNews und hier über Deinen Pilotenkarriere Werdegang.

 

Ich verfolge Dein wirken und Deinen Werdegang schon seit sehr langer Zeit im besonderen nachdem ich beim Besuch der Pilatus Flugzeugwerke Dich kennen gelernt habe.

Beim lesen Deiner Berichte dachte ich damals schon:  wenn der einmal nicht Pilot wird wer den sonst! Jetzt ist das aber eingetroffen und wie.  Auf der Linie mit mit dem Passagierjet.

 

Ich gratuliere Dir zu Deinem Berufserfolg ganz herzlich und auf weitere Berichte warten wir gerne.

 

Beste Grüsse Roger

Bearbeitet von Romair
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... das sind ja schon fast Bedingungen wie in Courchevel, nein schwieriger noch, die Hochspannungsleitung, die terrestrischen Hürden bezüglich der visuellen Identifikation des Platzes aus der Luft, vielleicht auch noch dem Bauern entlaufene Kühe oder Hühner auf der Runway  🙂 , Congratulation!

 

Wurde Dir dieser Flugplatz für Deine PPL Ausbildung empfohlen oder waren Dir die Herausforderungen auf einer Beton- oder Asphalt Piste irgendwo in der Ebene einfach zu wenig?

 

Ich selbst bin nur ein einziges Mal auf einer Graspiste gestartet ( gelandet noch nie ), da uns der Controller in LOWG Graz vom Hanger West gleich auf der angrenzenden und relativ ungepflegten Graspiste starten ließ, obwohl wir die RWY17 C requestet haben. Der Roll-Widerstand war natürlich deutlich höher, die Startstrecke dadurch spürbar länger, sehr ungewohnt war auch das Schütteln und Rütteln über die Grashauben der darunter liegenden Maulwurfshügeln.

 

Ich ziehe meinen Hut 👒

 

Gregor

 

Bearbeitet von sharkbay
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Grossartiger Bericht, danke. Fricktal war mein erster Platz, den ich alleine anflog. Da kommen auch gleich gute Erinnerungen 🙂 

 

Gregor, das ist nur Gewöhnungssache.  Ich hab auf Gras gelernt und finde Asphalt nun fast schwieriger. Das Maulwurfhügelschütteln ist doch die wichtigste Referenz bei Start und Landung 😉 

 

Gruess, Dani

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Merci vielmal für das liebe Feedback!

 

 

vor 3 Stunden schrieb sharkbay:

... das sind ja schon fast Bedingungen wie in Courchevel, nein schwieriger noch, die Hochspannungsleitung, die terrestrischen Hürden bezüglich der visuellen Identifikation des Platzes aus der Luft, vielleicht auch noch dem Bauern entlaufene Kühe oder Hühner auf der Runway  🙂 , Congratulation! Wurde Dir dieser Flugplatz für Deine PPL Ausbildung empfohlen oder waren Dir die Herausforderungen auf einer Beton- oder Asphalt Piste irgendwo in der Ebene einfach zu wenig?

 

 

Haha, jein 🙂 Meine Ausbildungsstätte arbeitete zum damaligen Zeitpunkt mit vier Partnerflugschulen für die PPL-Stufe zusammen. Zwei weitere Airports (Grenchen, St. Gallen-Altenrhein) wären zwar mit befestigter Piste und Flugverkehrsleitung ausgestattet gewesen, allerdings von meinem Wohnort viel weiter entfernt. Der vierte Platz (Buttwil) wäre ähnlich gewesen wie Schupfart, aber auch etwas weiter weg, zudem hat mir die Lage und die Flotte in Schupfart gut gefallen, und auch das Klima vor Ort. Ja, den Platz zu finden, ist nicht leicht - wenn man die Hügel drum herum aber mal kennt, findet man ihn im Schlaf. Aber nicht umsonst hiess das Motto des Flugplatzes lange: "Hard to find, hard to leave" (oder so ähnlich) 🙂 Die Graspiste empfand ich nicht als besondere Challenge, aber ich kannte es ja anfänglich auch nicht anders. Natürlich sollte ein Anflug stimmen, sonst gibt's bald mal einen Go Around. Die Hochspannungsleitung hat die Augen einiger mitfliegender Kollegen, die ihre Ausbildung auf freieren Plätzen gemacht haben, schon etwas grösser werden lassen. Und ja, wenn man mit 2-3 PAX und genügend Sprit rauskommen wollte, musste man halt etwas rechnen. Aber das ist nur eine gute Vorbereitung für später. Die grösste Herausforderung war eher, dass die Graspiste naturgemäss nach heftigen Niederschlägen mehrere Tage lang nicht benutzbar war und mich so mehrfach in meinem Ausbildungsfortschritt hinderte, aber das gehört halt dazu. Das hat mich dann in meiner Verzweiflung mal zu diesem Neudesign inspiriert 🙂 

 

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vor 3 Stunden schrieb Romair:

Zuerst mal ein herzliches Dankeschön für Deine Berichte über Deine Pilotenkarriere.

Deine professionellen Reiseberichte (z.B. Dash Flüge oder Postauto) waren schon immer ein Genuss und jetzt Im SkyNews und hier über Deinen Pilotenkarriere Werdegang.

Ich verfolge Dein wirken und Deinen Werdegang schon seit sehr langer Zeit im besonderen nachdem ich beim Besuch der Pilatus Flugzeugwerke Dich kennen gelernt habe.

Beim lesen Deiner Berichte dachte ich damals schon:  wenn der einmal nicht Pilot wird wer den sonst! Jetzt ist das aber eingetroffen und wie. 

 

Merci vielmal für die lieben Worte! Ja, ich hatte diesen Traum oder dieses Ziel ja schon lange, und die tolle aviatische Umgebung hier im Flightforum mit den zahlreichen Profis, Enthusiasten und speziellen Events hat mich auch immer wieder aufs Neue motiviert 🙂. Umso schöner, wenn das dann auch alles tatsächlich klappt, denn selbstverständlich ist dieser Ausgang natürlich nie (besonders nicht in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage...)

 

 

LG

Tis

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  • 3 Wochen später...

So, und prompt hab' ich's verpennt. Aber dafür ist die nun folgende Episode etwas länger 🙂

 

 

 

4: Müsterchen aus der Privatpiloten-Ausbildung
 

Ein unbekanntes Fluginstrument

45 Flugstunden muss man mindestens gesammelt haben, um die praktische Prüfung zum Privatpiloten ablegen zu dürfen. Die ersten fünf Lektionen werden dazu verwendet, mit der Grundsteuerung des Flugzeuges und der Interpretation der Instrumente vertraut zu werden. Dank meiner jahrelangen Flugsimulations-Erfahrung finde ich mich sehr schnell zurecht und meistere alle gestellten Aufgaben ansprechend. So notiere ich das bei der obligatorischen Selbsteinschätzung während des Debriefings unter «Gut war». Doch der Hammer folgt auf dem Fuss: Meine fliegerischen Fähigkeiten seien ja wirklich ansprechend, meint der Fluglehrer. Auch im Cockpit fände ich mich gut zurecht. Allerdings vernachlässigte ich sträflich das grösste und wichtigste Flug-Instrument: die Windschutzscheibe beziehungsweise die sich dahinter ausbreitende Aussicht. In dieser Art der Fliegerei auf Sicht sei nämlich das Rausschauen und die Interpretation der Fluglage anhand des Gesehenen das Wichtigste – auch, um stets andere Flugzeuge im Blick zu haben und Kollisionen zu vermeiden. Mein erlerntes Fliegen nach Instrumenten sei zwar durchaus beachtlich, allerdings in diesem Teil der Ausbildung gar nicht gefragt. Na wunderbar, das hat gesessen. In der darauffolgenden Flugstunde wird das entdeckte Problem sofort pragmatisch angegangen: Damit der abgerichtete Flugsimulant nicht permanent auf seine Instrumente starrt, pappt der Fluglehrer einfach ein weisses Blatt Papier davor und deckt sie allesamt ab. Und so lerne auch ich es – das wahre Fliegen nach Sicht.

 

Wieso auch auf die Instrumente schauen, wenn die Aussicht draussen so schön ist? Rückflug von Wangen-Lachen dem Zürichsee entlang

 

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Die heilige Runde

Nach den Grundfunktionen des Flugzeuges folgt Stufe 2 der Ausbildung: «Standardverfahren im Flugplatzbereich». Damit ist vor allem eines gemeint: die Platzrunde. Sie ist so etwas wie das regionale Heiligtum eines jeden Flugplatzes: Die Bahn, auf der Flugzeuge den jeweiligen Flugplatz geordnet umkreisen, austariert in jahrelangen Gesprächen mit den Anwohnern. Verständlicherweise will niemand den Fluglärm in seiner Nähe haben. Und so schlängeln sich die Platzrunden-Konstrukte bisweilen äusserst kreativ zwischen Dörfchen hindurch, mit der einen oder anderen Beule, um den Hof eines besonders ruhebedürftigen Bauers auch noch auszusparen. An meinem Heimatflugplatz Fricktal-Schupfart ist das nicht anders. Entsprechend anspruchsvoll ist es für die neuen Flugschüler, nicht nur ihr Fluggerät zu beherrschen, sondern dabei auch feinsäuberlich den imaginären Linien der Platzrunde durch den Luftraum zu folgen und möglichst keine wütenden Anrufe lärmgeplagter Anwohner zu provozieren. All diese Feinheiten der eigenen Platzrunde lerne ich nun kennen und präge sie mir auf dutzenden Runden um den Flugplatz ein. Am entferntesten Ort der Schupfarter Platzrunde fliegt man hinter einem bewaldeten Hügelkamm und sieht den Flugplatz kaum mehr. Neugierig frage ich dort meinen Fluglehrer, ob es denn zum Flugplatz zurück reiche, wenn einem hier der Motor ausfalle. «Versuchs mal!» meint er, als er in Sekundenschnelle den Schubhebel in den Leerlauf zurückzieht und mich so unverhofft ins kalte Wasser wirft. Natürlich reicht es auch im Gleitflug perfekt zum Flugplatz zurück, und während er mit einem dicken Grinsen daneben sitzt, lerne ich eine wichtige Lektion: Stets vor allem Unverhofften auf der Hut zu sein und seine Optionen zu kennen.

 

 

Bevorzugtes Trainingsgebiet etwas ausserhalb der Platztunde: Etwas weiter rheinaufwärts über Koblenz, mit Blick auf das KKW Leibstadt. Nur nicht zu hoch steigen, denn darüber brausen die Anflüge auf Zürichs Piste 14 vorbei!

 

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First Solo

Nach etwa einem Monat Flugtraining (ich habe 14 Stunden Flugerfahrung und 64 Landungen gesammelt) weist mich der Fluglehrer nach drei weiteren Platzrunden zur Landung an. Kaum steht die HB-KMF still, stellt er die bestens bekannte Frage, die fast schon ein Codewort ist: «Wie fühlst du dich?». Das heisst nichts weniger als: Fühlst du dich bereit, den Flieger ganz allein durch die Luft zu dirigieren? Obwohl mein Puls kurzzeitig in die Höhe schnellt, antworte ich mit «sehr gut!». Schon befinde ich mich erstmals ganz allein im Flugzeug. Noch gewissenhafter als sonst erledige ich alle Checks, vergewissere mich vier- statt zweimal, dass alle Schalter und Anzeigen so stehen, wie sie sollen. Dann rolle ich bedächtig zur Piste und gebe Vollgas. Nach viel kürzerer Distanz als gewohnt hebt meine Tecnam die Nase (immerhin ist sie nun 70kg leichter) und entführt mich in die Luft. Zwar bin ich noch sehr konzentriert und speziell darauf bedacht, alles richtig zu machen, doch schon nach einer halben Platzrunde stellt sich die Routine ein – die Handgriffe sitzen, alles läuft wie am Schnürchen und ich kann es richtig geniessen. Auch Anflug und Landung gelingen, der Fluglehrer steht zudem über Funk mit Tipps zur Seite. Vier Runden absolviere ich schliesslich, bevor ich es für heute gut sein lasse. Das erhabene Gefühl aber, das bleibt noch eine lange Zeit: Ich bin heute zum ersten Mal ganz allein geflogen!

 

 

Ab in die Berge

Die Ausbildung hat damit aber erst richtig begonnen. Wieder mit dem Fluglehrer an Bord starte ich in der Folgewoche die Alpeneinweisung und erlerne die Flugtaktik im Gebirge: Immer genügend Höhenreserven einplanen, Auf- und Abwinde richtig einschätzen, Pässe nie im rechten Winkel, sondern schräg überqueren (damit man einfacher wieder abdrehen kann, wenn einem nicht gefällt, was man dahinter erblickt). Die Landungen auf den Alpenflugplätzen von Saanen, Samedan und Sion brennen sich als besonders imposant ins Gedächtnis ein – genauso wie die Starts auf den hochgelegenen Flughäfen, bei denen der Motor wegen des geringeren Luftdrucks plötzlich viel weniger Leistung hat als gewohnt.

 

Ab in die Berge!

 

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Erster Anflug auf Saanen, festgehalten von der GoPro

 

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Wer auf Videos steht: Das filmische Endprodukt davon gibt's hier:

 

 

Für Notfälle gewappnet

Auf dem Motor liegt auch das Hauptaugenmerk der nächsten Ausbildungsstufe: «Notverfahren und extreme Fluglagen». Der Fluglehrer bringt an allen möglichen Orten im dreidimensionalen Raum den Schubhebel in den Leerlauf, um einen Motorausfall zu simulieren. Meine Aufgabe: Zuerst die optimale Gleitgeschwindigkeit einnehmen. Dann entscheiden, ob es zum Flugplatz zurück reicht oder nicht. Und wenn nicht, dann ein möglichst gutes Notlandefeld zu suchen. Auf diesen Acker muss ich dann einen Anflug einleiten und alles richtig einteilen, denn schliesslich hat man ohne Motor nur einen Versuch. Erst wenige Dutzend Meter über dem angepeilten Ziel erlöst mich der Fluglehrer und gibt Vollgas. Wie viele Anwohner wir auf diese Weise erschreckt haben, möchte ich gar nicht wissen – dass wir nicht Zeitungsschlagzeilen en masse produzierten, grenzt eigentlich an ein Wunder.

 

Wenn wir gerade keine Motorenschäden simulieren, geht es darum, Strömungsabrisse in allen möglichen Situationen zu erfliegen und dann richtig zu reagieren, um das Flugzeug wieder zurück in einen normal flugfähigen Zustand zu bugsieren. So ganz pudelwohl ist mir dabei, mein Fliegerlein an den Rand des physikalisch Zumutbaren zu dirigieren, nie. Gleichwohl ist es gut und richtig, die entsprechenden Handgriffe zur Rettung einzuüben und so für den Fall der Fälle gut vorbereitet zu sein. Trainiert werden auch actionreichere Fluglagen: Vollkreise mit 45 Grad Querneigung, bei denen es einen ordentlich in den Sitz presst; Parabelflüge, bei denen man kurz 0 G erfährt und schwerelos ist. Und steile Sinkspiralen, um im Notfall möglichst rasch runter zum Flugplatz zu kommen. Alles Dinge, die mir nicht ganz so sehr behagen – wohl, weil ich zu diesem Zeitpunkt weder meinen Anfänger-Fähigkeiten noch der Konstruktion des Flugzeuges zu hundert Prozent vertraue. Doch alle Manöver klappen problemlos. Die einzige Übung, die mir von Beginn weg grossen Spass bereitet, ist der simulierte Einflug in eine Wolke. Mittels einer speziellen Haube wird mir die Sicht nach draussen geraubt und ich muss das Flugzeug im «Blindflug» allein nach den Instrumenten steuern. Ha, endlich! Hier bin ich im Element! Schwitzen einige Flugschüler unter besagter Haube manchmal Blut und Wasser, werden es für mich die zwanzig entspanntesten Flugminuten meiner Ausbildung!    

 

Für besagte Notfallszenarien wäre dies eine kritische Wetterlage, da die Bodensicht durch den Hochnebel über dem Schweizer Mittelland teilweise versperrt ist. Auf der anderen Seite (Jura-Gebiet) war jedoch alles "offen". Auch in Sicht unser eigenes atomares Funkfeuer Gösgen, das sich wunderbar als Fernrichtpunkt für den Nachhauseweg eignet 😄 

 

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Unter der Haube fühle ich mich fast am wohlsten - nun kann ich endlich wieder nach Instrumenten fliegen 🙂 

 

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Allein übers Land

Parallel dazu drehe ich fleissig meine Solo-Runden um den Flugplatz – bis der Fluglehrer findet, ich sei fähig, die Heimat nun auch aus weiterer Entfernung wiederzufinden. So breche ich zu einer etwas grösseren Runde auf, fliege allein übers dicht besiedelte Schweizer Mittelland zum nächstgrösseren See und wieder zurück. Nach der vertrauten Umgebung der ländlichen Platzrunde ist das eine ganz andere Hausnummer! Während ich meine Augen schweifen lasse, erkenne ich unter mir tausende Häuser, Autos, Strassen und überblicke wohl hunderttausende Menschen. Flugs werde ich mir der Verantwortung bewusst, die ich hier oben für jeden einzelnen unter mir habe: Ein Missgeschick meinerseits könnte jeden von ihnen beeinträchtigen. Ein eindrücklicher Gedanke, der das Bewusstsein für Umsicht und stetige Professionalität noch weiter schärft. Auf dem Rückweg stellt sich mir dann auch noch ein rasch wachsender sommerlicher Quellwolkenturm in den Weg. Da komme ich mir in meiner 500 Kilogramm leichten Tecnam im Gegensatz winzig klein und durchaus verletzlich vor – und bin nicht unglücklich, als ich unbeschadet zurück in der vertrauten Platzrunde bin.

Weitere Alleinflüge folgen bald. Während mich das Gefühl der grossen Verantwortung dabei stets begleitet, werde ich doch bald entspannter und kann die Flüge mehr geniessen. Einige Lektionen später wartet als Krönung ein noch viel längerer Alleinflug: Um sich für die Prüfung zu qualifizieren, muss man alleine mindestens 270 Kilometer zurücklegen und dabei zwei auswärtige Flugplätze anfliegen. Mittlerweile ist es bereits Routine, ganz alleine über die Lande zu gondeln und ich finde grossen Spass daran, meine feinsäuberlich geplante Route abzufliegen: Mein Weg führt einmal quer über das gesamte Schweizer Mittelland bis nach Lausanne am Genfersee, wo ich trotz schwer erkennbarer (und gut bevölkerter) Platzrunde sicher aufsetze. Auch den Rückweg an meinen Heimatplatz, inklusive einer Zwischenlandung auf der kurzen Flugpiste von Langenthal, finde ich problemlos.

 

Das Ziel des Solo-270km-Flug: Lausanne und der Genfersee

 

 

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Prüfungsflug mit Diva

Fast exakt vier Monate nach meinem ersten Flug ist der grosse Tag gekommen: die praktische Prüfung für den Privatpilotenschein steht an. Gut 48 Flugstunden habe ich in dieser Zeit gesammelt, 137 mehr oder weniger gefühlvolle Landungen hingelegt. Mit einer dicken Briefingmappe unter dem Arm und einem leichten angespannt-vorfreudigen Kribbeln im Bauch mache ich mich auf in Richtung Flugplatz. Geplant ist ein Flug nach Bern und zurück mit Flug- und Navigationsmanövern auf beiden Strecken. Das Wetter ist perfekt, auch der Prüfungs-Experte scheint nett. Nur die HB-KMF ist mal wieder im Diva-Modus und hat den Entschluss gefasst, mich heute zusätzlich zu fordern: Ich schalte beim Vorflug-Check wie gewohnt den Batterie-Hauptschalter ein, um Lichter und Anzeigen zu überprüfen. Doch statt die Prozedur wie gewohnt über sich ergehen zu lassen, reagiert die KMF nach dem «Klick» des Schalters mit einem unerwarteten «Klock» von rechts. Huch? Spricht sie nun schon mit mir? Nein, das «Klock» ist tatsächlich real und der Urheber schnell gefunden: die Sicherung der Instrumenten-Warnleuchten ist herausgesprungen. Na das ist neu! Und nichts, was man kurz vor einem Prüfungsflug sehen will. Ist da ein Kurzschluss im System? Würde ein vermaledeites kaputtes Lämpchen den wunderschön geplanten und meteorologisch perfekten Prüfungstag kaputt machen? Schnell konsultiere ich den Chef-Fluglehrer und schildere das Problem. Der Maestro schreitet zur Tat, bugsiert die Sicherung rein, schaltet den Batterieschalter wieder ein, «Klick» - «Klock». Ojeh! Wieder rausgesprungen. Nun ist auch dem Cheffluglehrer die Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben – eine Miene, die ich bei ihm trotz etlichen gemeinsamen Flugstunden in sämtlichen möglichen und unmöglichen Fluglagen bisher nicht gekannt habe. Langsam sehe ich schon den Experten und mich ohne eine Flugminute wieder von dannen ziehen, beide den Tag verfluchend, an dem wir uns füreinander an einem Samstagmorgen um 05:30 Uhr aus dem Bett gehievt haben. Die letzte Hoffnung: der Chef schiebt die Sicherung diesmal bei angeschalteter Batterie wieder rein. Sie bleibt erstmal drin. Hauptschalter aus, Hauptschalter wieder ein, «Klick», gebanntes Warten. Nichts. Kein «Klock». Auch nach weiteren Tests nicht. Erleichterung macht sich breit – gepaart mit der inständigen Hoffnung, die Sicherung möge für den Rest des Tages drinbleiben.

 

Nach dieser nervenaufreibenden Ouvertüre kann dann endlich die Vorstellung beginnen – die ist ja schon an sich aufregend genug. Doch der Start und die ersten Flugminuten verlaufen positiv und ereignislos. Dann, über dem Jura, die erste Herausforderung: Steilkurven bitte, einmal linksherum, einmal rechts. Perfekt geflogen waren sie nicht, aber offenbar reicht es – in meinem Augenwinkel sehe ich, wie auf dem Prüfungsprogramm des Experten ein weiteres Häkchen seinen Weg ins Feld «passed» findet. Die Spalte «fail» ist weiterhin leer. So soll es bitte bleiben! Weiter geht’s auf einem festgelegten Funk-Strahl in Richtung Fribourg-VOR (FRI), während ich auf eine für diese Flugrichtung korrekte Höhe von 6'500 Fuss steige. Just als ich diese erreiche, höre ich auf der Informationsfrequenz für Sichtflugpiloten die Nachricht eines anderen Piloten, der über Fribourg ist und mir entgegenzufliegen gedenkt – ebenfalls auf 6'500 Fuss. Den standardisierten Regeln folgend, sollte er eigentlich auf 5'500 oder 7'500 Fuss Höhe fliegen, aber das interessiert diesen Luftcowboy offenbar herzlich wenig. Auf einen Showdown im Morgengrauen habe ich aber genauso wenig Lust wie auf eine Frontalkollision über Burgdorf. Und da der Klügere bekanntlich nachgibt, sinke ich rasch wieder runter auf 6'000 Fuss – was mir nicht nur einen potenziellen Crash erspart, sondern mir auch ein Lob des Experten für meine Um- und Weitsicht einbringt.

 

Ich finde ja jetzt schon, dass ich bereits über Gebühr geprüft worden sei, doch meine italienische Lady der Marke Tecnam ist anderer Meinung. Wenig später meldet sie sich mit einer nächsten Zickerei. Zwar bleibt diesmal die Sicherung drin, doch nun zeigt die Anzeige für den Alternator plötzlich «0» an. Heisst: Das Bauteil, das aus der Energie des Motors Strom fürs Bordnetz liefern soll, tut dies nicht mehr, und es hängt nun alles an der Batterie. Das wiederum heisst, dass wir noch Strom für etwa 20 Minuten haben, dann wird’s ziemlich rasch ziemlich dunkel im Cockpit. Kein Grund zur ultimativen Besorgnis, der Motor läuft auch dann noch munter weiter. Aber all die anderen kleinen Helferlein wie Funk, GPS, Trimmung, Klappen oder Warnfunktionen würden aus dem Ensemble verschwinden, dessen Dirigent sich hier gerade seiner Prüfung stellt. Vermaledeite italienische Plastikware! Kurzes Brainstorming, was ich machen würde, wie viel Zeit mir bleibt, und ob die momentane Fluglage sicher und stabil ist, dann der Griff zur Checkliste für genau diesen Fall. Doch ehe ich diese erreicht habe, hat sich die Bordspannung wieder normalisiert. Ja ja, spielt ihr doch nur alle Katz und Maus mit mir…

 

Gewissenhafte Vorbereitung auf den Prüfungsflug, inkl. Sichtanflugkarte von Bern. Mittels Zahnseide messe ich die Länge der Platzrunde und zeichne ein, wo ich den Sinkflug beginnen muss, damit dieser im optimalen Winkel zur Piste führt

 

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Endlich (Privat-)Pilot!

Der Rest des Fluges verläuft dann relativ ereignislos. Ich schiele zweimal pro Minute rüber zu den Sicherungen und zur Elektronik, doch die italienische Zicke zeigt sich fortan gnädig. Auch die Berner lassen mich brav ihren Luftraum durchqueren, weitere Rencontres mit dem Gegenverkehr bleiben mir erspart, und trotz dem einen oder anderen kleinen Fehlerlein finde ich schliesslich den Weg ins Belpmoos. Auch Anflug und Landung gelingen ganz gut – bis der Experte ruft: «Durchstarten!». Ich tue, wie geheissen – wohlwissend, dass dies zum Prüfungsprogramm gehört. Der Prüfer möchte noch eine Platzrunde und einen Anflug ohne Landeklappen sehen. Klar, wird gemacht! Kurz vor dem erneuten Eindrehen zur Landung schiebt sich mir zwar (zur Überraschung von mir, dem Experten und dem Fluglotsen im Tower gleichermassen) noch ein anderer Flieger frech vor die Nase. Doch instinktiv verlängere ich meinen Anflug etwas und entschärfe die Situation so. Ein anerkennendes Nicken vom Nebensitz zeigt mir, dass auch der Experte Freude an meiner Umsicht hat. Ist ja schön, wenn ich mich auszeichnen darf – aber so viele schräge Situationen wie auf diesem Flug habe ich während den ganzen restlichen 48 Stunden in der Luft noch nicht erlebt!

 

Die Landung gelingt dann trotz der simuliert fehlenden Auftriebshilfen ganz gut. Puh, was für ein Flug! Und dabei war das erst die halbe Prüfung! Immerhin, der Experte lebt noch, hat noch Farbe im Gesicht, ja ist gar zu Spässchen aufgelegt und fotografiert mich munter. Entweder wird das die Beweisaufnahme für einen erwarteten Unfallbericht, ein gut getarntes Fahndungsfoto für die Luftpolizei, oder ich bin auf Kurs, die Prüfung zu bestehen, und das ist schon das vorgezogene Glückwunschbild. Mal sehen! Wir bezahlen die Landetaxe und besprechen kurz den Rückweg. Dieser verläuft dann ohne grössere Ablenkungen, ich kann das Programm von Steilspiralen, Notlandeübungen und meinem geliebten Fliegen nach Instrumenten ohne Störmanöver abspulen. Als sich die simulierte Wolke verzogen hat, sind wir über Olten und das Prüfungs-Drehbuch ist abgearbeitet. Mein Heimatflugplatz liegt gleich ums Eck und die Landung dort gelingt auch recht ansehnlich. Eine gewisse Erleichterung macht sich breit: Der Flug ist zu Ende und ich bin ohne ganz grobe Patzer durchgekommen. Ein paar kleine Stolperer gibt es zwar zu verzeichnen, aber den perfekten Flug gibt es ohnehin nie. Ob es wohl reichen würde? Die Hand, die mir nach dem Setzen der Parkbremse entgegengestreckt wird, gibt die Antwort: Sie gratuliert mir zusammen mit einem freudigen Lächeln des Prüfers zum Bestehen. Jetzt bin ich offiziell Privatpilot! 

 

Mehr zu den "hour building"-Flügen als Privatpilot gibt's dann in der nächsten Episode - doch ein paar visuelle Zückerchen hab' ich unten schon eingebunden 😄 

 

Video des ersten Streckenfluges nach der Prüfung: Schupfart - Säntis - Wangen/Lachen - Schupfart

 

 

Natürlich nutze und schätze ich die neu gewonnene fliegerische Freiheit, und lasse sie durch meine Passagiere auch fleissig fotografisch dokumentieren. Bald geht es auf erste Flüge, u.a. nach Wangen-Lachen...

 

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...nach Les Éplatures zum bekannten "McFly"...

 

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...oder nach Tinohausen LSZR (zu den bekannt knackigen Landetaxen 😉)

 

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Gern angeflogenes Ziel: "Mein" Berg, der Säntis - aber er sieht auch einfach bei jeder Wetterlage atemberaubend schön aus!

 

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(hinten, Richtung St. Gallen/Bodensee war die Bodensicht übrigens stets gegeben...)

 

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Darf in der Sammlung auch nicht fehlen: Der Rheinfall

 

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Wunderschöne Voralpenszenerie: Der Sihlsee mit dem Kloster Einsiedeln

 

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Von oben lassen sich ganz neue Muster erkennen: Die Altstadt von St. Gallen mit dem Stiftsbezirk

 

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Flugvorbereitung im dichten Nebel (der sich glücklicherweise nach einer Stunde auflöste) 🙂

 

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Am Ziel Samedan herrscht eitel Sonnenschein 🙂 

 

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Am 20.1.2021 um 18:50 schrieb Tis:

Erster Anflug auf Saanen, festgehalten von der GoPro

 

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@Tis verzeih mir, wenn ich nicht alle "basic" information durchgelesen habe. Die Bilder habe ich alle genossen. Hoffe Du hast sie alle gut abgespeichert, mir scheint, viele neue Air2Switzerland pics kommen nicht mehr dazu... Besonders ins Auge stach mir aber obiger Anflug auf LSGK. Deine Kamera hielt damals in meiner Ausbildung genau diesen Blickwinkel auch fest. Einfach vom Rücksitz aus. Hättest Du damals schon gedacht, wohin Deine Reise Dich noch bringen würde? Ich auch nicht....... in diesem Sinne auch hier Gratulation zum Erreichten! Auch ohne Leser des besagten Magazins zu sein, ich geniesse die insights in diese Karriere!

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Merci vielmal, Mirko! 

 

Ja, an diesen Flug kann ich mich noch sehr gut erinnern! Wie so manche Episoden, die ihren Ursprung in diesem Forum haben, hat er meine Lust auf diese Laufbahn nur noch mehr befeuert. Gehofft, dass es dereinst einmal so herauskommen würde, hatte ich bestimmt - wirklich zu erwarten gewagt hatte ich es aber definitiv nicht 😉

 

Uuuund weiter geht's mit Teil 5:

 

 

5: Das «Hour Building» - Flugerfahrung sammeln und Charakter stärken
Um die Prüfung zum Berufspiloten ablegen zu können, benötigt man 200 Flugstunden. Knapp 50 habe ich bis zur Privatpiloten-Prüfung absolviert. Nochmals etwa 50 werden für die späteren Ausbildungsstufen auf der zweimotorigen Maschine benötigt. Bleiben also noch etwa 100 Flugstunden, die ich sonst irgendwie zusammenbekommen muss – die sogenannten Erfahrungsstunden (Englisch: Hour Building). Gleichzeitig wird ein Teil dieser Zeit auch noch für zusätzliche Zwischen-Schulungen verwendet.

 

 

Neben meinen Erfahrungsstunden hat auch schon der gut neun Monate dauernde Theorie-Unterricht für die nächsten Ausbildungsstufen, also für die Berufs- und Linienpilotenausbildung begonnen (Thema der nächsten Ausgabe). Parallel dazu bin ich angehalten, so viele Flugstunden wie möglich zu sammeln – sofern es Zeit und Wetter erlauben. Zeit und Wetter sind allerdings nicht die einzigen Faktoren, welche ihren Einfluss geltend machen. Auch die Flugzeuge selbst sind ein knappes Gut und daher zu den besten Zeiten oft schon Wochen im Voraus von anderen Vereinsmitgliedern gebucht. Zudem auferlege ich mir selbst, dass ich nicht allein im Flugzeug sitzen möchte – auch wenn mich das ab und zu einen Flug «kosten» wird, weil ein Passagier absagt. In der Fliegerei auf Sicht geschieht nämlich auch das Abstandhalten von anderem Verkehr ausschliesslich auf Sicht. Und das ist bei Fluggeschwindigkeiten von 200 bis 300 km/h nicht immer einfach. Gerade an schönen Sommerabenden und Wochenenden tummeln sich sehr viele Kleinflugzeuge im engen Luftraum über dem Schweizer Mittelland und mir sind mehrere Piloten bekannt, die bereits eine Kollision in der Luft erleben mussten. Zwar gibt es auch in der Kleinfliegerei Kollisionswarn-Systeme – diese sind aber weder flächendeckend eingebaut noch hundertprozentig zuverlässig. Da hilft es, mindestens ein weiteres Augenpaar im Flugzeug zu haben, das ebenfalls nach Verkehr Ausschau hält – zumal es schon rein physikalisch tote Winkel gibt, die man vom Pilotensitz gar nicht überblicken kann.

 

Die Welt von oben entdecken

Bereits eine Woche nach dem Prüfungsflug, genauer am 11. September 2016, starte ich zu meinem ersten Flug mit Passagier (mehr als ein Fluggast findet in meinem Tecnam-Zweisitzer auch nicht Platz). Es ist nur eine einstündige Runde über die erweiterte Flugplatz-Region – und doch fühlt es sich grossartig an, ein Stück meines Traums mit Familie und Freunden zu teilen und ihnen auch die Schönheiten der Vogelperspektive zu zeigen. Schnell erweitere ich meinen Rayon, schon zehn Tage später unternehme ich knapp dreistündige Alpenrundflüge. Mit einem Flugschul-Kollegen absolviere ich zudem eine Flug-Runde durch Süddeutschland und merke, wie unkompliziert und entspannt das Fliegen auf der anderen Seite der Grenze ist: Im Gegensatz zur Schweiz gibt es hier in der Luft viel mehr Platz – dadurch wird nicht nur die Navigation einfacher, sondern auch der Verkehr verteilt sich viel besser. Entsprechend bin ich in der Folge gerne und oft Gast im deutschen Luftraum und unternehme Streckenflüge nach Saarbrücken, Mannheim oder via Chiemsee und Schloss Neuschwanstein ins österreichische Salzburg.

 

Unter den (Halb-)Grossen in Saarbrücken 🙂

 

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Zwischenstopp in ... 

 

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Ob all dem Drang, für das persönliche Weiterkommen möglichst rasch möglichst viele Flugstunden zu sammeln, darf aber die sichere Flugdurchführung nicht zu kurz kommen. So dauert die Flugplanung oft länger als der eigentliche Flug. Und ab und zu muss man auch die Entscheidung fällen, einen Flug umzuplanen oder ganz wieder abzusagen, weil man die Bedingungen als grenzwertig einstuft – selbst, wenn man die Flugstunden gut hätte gebrauchen können und sich der Passagier sehr über die Aussicht gefreut hätte. So werden in dieser «Hour Building»-Phase nicht nur das Logbuch und der fliegerische Erfahrungsschatz bereichert, sondern definitiv auch der Charakter geformt.

 

Ich geniesse jede Minute, die ich in der Luft verbringen kann. Unzählige einzigartige Momente prägen die Erinnerung an diese 100 Flugstunden. Zwar habe ich es, anders als viele meiner Kameraden, nie mit dem Kleinflugzeug ans Meer geschafft – obwohl Venedig oder die französische Riviera nur etwas über zwei Flugstunden entfernt sind. Dafür habe ich es umso mehr geschätzt, die Schönheiten der Schweiz aus der Luft zu erkunden. Nicht selten habe ich die Flüge zeit- und routentechnisch so gelegt, dass der Sonnenstand für Fotos optimal war. Besonders magisch war es jeweils, im tiefroten Abendlicht über die schneebedeckten Gipfel der Schweizer Alpen zu fliegen. Gerne denke ich auch an einen Zweitages-Ausflug nach Lugano zurück: Die Freundin nach Ende ihrer Frühschicht abgeholt, im letzten Licht des Tages über die Alpen nach Lugano geflogen, flugs die Tecnam auf einem Grasparkplatz festgezurrt und eine Stunde später schon die Pizza am See genossen. Nach einer Hotel-Übernachtung, etwas Sightseeing und einem Gelato an der Uferpromenade ging es am nächsten Mittag zurück – rechtzeitig, damit die Freundin zur Spätschicht wieder am Arbeitsplatz war. Lange Sommerabende luden auch dazu ein, nach einem Schul- oder Arbeitstag zu einem Kleinflugplatz irgendwo in der Schweiz zu fliegen, wo ein idyllisches Restaurant für ein leckeres Abendessen wartete. Auch in diesen Situationen muss man aber stets Herr der Situation und der Zeit bleiben: Mehr als einmal mussten wir leicht unelegant aus besagten Restaurants stürmen, weil sich die Bedienung etwas mehr Zeit liess als eingeplant, und wir drohten, es nicht bis zum Ablauf der gesetzlichen Tageslicht-Limite zum Heimatflugplatz zurückzuschaffen.

 

Anflug auf Yverdon am Nachmittag

 

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...und wegen nicht ganz so speditiver Bedienung im Restaurant etwas nach der geplanten Zeit wieder zurück 😛 

 

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Night-VFR

«Tageslicht-Limite» ist auch gleich das Stichwort für die nächste Zusatz-Ausbildung. Nur wenige Wochen nach meiner Prüfung neigt sich mit dem Sommer die traditionelle Flugsaison dem Ende entgegen. Mit dem Winter werden die Tage kürzer, doch das ist perfekt für den nächsten Programmpunkt der Ausbildung: Die Erweiterung für den Sichtflug bei Nacht (Night-VFR). Ohne diese dürfen Sichtflugpiloten nämlich nur tagsüber fliegen, der «Tag» reicht hierbei von 30 Minuten vor Sonnenaufgang bis 30 Minuten nach Sonnenuntergang. Um in der Nacht fliegen zu können, benötigt es Flugzeuge mit etwas besserer Beleuchtung und natürlich auch entsprechend befeuerte Flugplätze. Mein Heimatflugplatz Schupfart ist komplett unbeleuchtet, daher greifen mein Fluglehrer und ich für diesen Ausbildungsteil auf den Flughafen Basel-Mulhouse und die Tecnams der dortigen Flugschule zurück. Die erste Begegnung mit dem Fliegen in der Nacht ist eindrücklich: Nicht nur im Cockpit finde ich mich mangels guter Beleuchtung viel weniger leicht zurecht und eigentlich gut eingeschliffene Abläufe werden plötzlich holprig, auch in der Luft ist die Navigation um einiges anspruchsvoller. Bei Dunkelheit fehlen die meisten visuellen Referenzen: Flüsse, Wälder, Fabrikgelände, unbeleuchtete Strassen – alles verschwindet im pechschwarzen Nichts.

Meine ersten acht Nacht-Platzrunden absolviere ich am Flugplatz Colmar, den ich zuvor noch nicht kannte. Entsprechend fällt mir die Orientierung nicht immer leicht und der Stressfaktor erhöht sich beträchtlich. Doch schon in der nächsten Nachtflug-Session fühle ich mich wieder hundertprozentig wohl im Cockpit: Bei einem Streckenflug von Basel nach Bern und zurück bewundere ich die zahlreichen Licht-Oasen des Schweizer Mittellandes, während in der Ferne die schneebedeckten Alpengipfel im Vollmondlicht glitzern. Ein äusserst erhabener Anblick! Da ich das Gebiet zudem schon besser kenne, kann ich das mentale Bild der Region viel besser an die dunklen Gegebenheiten anpassen und entsprechend gut navigieren. Nach einem weiteren Flug an den deutschen Flugplatz Lahr sowie einigen Platzrunden ohne Fluglehrer habe ich dann nach insgesamt gut fünf Flugstunden meine Nachtflug-Berechtigung in der Tasche. Trotzdem mache ich nur selten von ihr Gebrauch. Auch hier spielt, neben dem ohnehin nicht nachtflugtauglichen Heimflugplatz, wieder die Risikominimierung eine Rolle: Beleuchtete Zielflughäfen sind schön und gut. Bei einem Motorausfall im Reiseflug helfen diese aber wenig. Und während sich bei Tageslicht relativ leicht ein adäquates Feld für eine Notlandung finden lässt, ist dies in der Dunkelheit ungleich schwieriger…

 

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Umschulung Piper

Nach etwa der Hälfte meiner Erfahrungsstunden ist gemäss Ausbildungsprogramm die Zeit gekommen, mich auf die Piper-Flugzeuge meines Vereins umschulen zu lassen, um mich an die etwas grösseren und schwereren Flugzeuge sowie ihr analoges Cockpit-Layout zu gewöhnen. Zwar bin ich zuerst nicht allzu erfreut darüber – immerhin habe ich meine italienische Tecnam-Diva trotz all ihrer Macken inzwischen richtig liebgewonnen, der Wechsel auf die viel älteren Piper PA28 mit ihren Uhren-Instrumenten scheint ein unwillkommener technologischer Rückschritt. Doch ich benötige bloss eine Flugstunde, um bekehrt zu werden: Der fliegende Ami-Schlitten ist nicht nur ein paar hundert Kilo schwerer und liegt daher viel stabiler in der Luft, er verfügt auch über einen seit Jahrzehnten erprobten Lycoming-Motor und besitzt im Cockpit viel weniger technischen Firlefanz. All dies führt dazu, dass ich in die Konstruktion und Zuverlässigkeit der Piper bald schon ein viel grösseres Vertrauen habe und mich an Bord viel wohler fühle. Nach wenigen Lerntagen habe ich dann auch das Handbuch durchgelesen, das neue Cockpit-Layout verinnerlicht sowie die vitalen Geschwindigkeiten für Start, Landung und das Setzen von Klappen memorisiert. So braucht es nur fünf Flüge und 3,5 Flugstunden, ehe ich vom begeisterten Tecnam-Flieger zum noch begeisterteren Piper-Piloten werde. Ein weiterer Vorzug der Piper: In der grössten und stärksten Variante, die mein Verein besitzt, bietet sie Platz für vier Personen – so kann ich nun endlich auch mehrere Passagiere auf einmal mitnehmen. Zumindest, sofern sie alle von höchstens durchschnittlicher Statur sind – sonst ist die Maschine nämlich entweder überladen und/oder kommt von der kurzen Graspiste meines Heimatflugplatzes nicht mehr in die Luft.

 

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CPL-Ausbildung

Etwas mehr als ein Jahr benötige ich, um neben der Theorie-Ausbildung die notwendigen 100 Erfahrungs-Flugstunden zu sammeln. Mit einem letzten Alpenflug mit drei guten Freunden und einem Essenshalt am idyllischen Flugplatz Wangen-Lachen beende ich diese Phase am 14. Oktober 2017 schliesslich. Die fliegerisch nächste Stufe nach der Privatpiloten-Lizenz (PPL) ist die Berufspiloten-Lizenz (Commercial Pilot Licence, CPL). Als Abschluss auf der einmotorigen Maschine folgt daher noch ein 15-stündiges CPL-Training mit Fluglehrer. Dieses ist zum einen dafür da, mögliche Schludrigkeiten zu korrigieren, die sich über die hundert allein geflogenen Stunden eingeschlichen haben könnten. Zum anderen soll man hier lernen, im Hinblick auf die am Ende der kompletten Ausbildung angesetzte Prüfung als angehender «Commercial Pilot» auch etwas präziser, also innerhalb etwas engerer fliegerischer Limiten zu operieren als zuvor als Privatpilot.

 

Da sich meine fliegerischen Standards offenbar in den 100 «unbeaufsichtigten» Stunden nicht wirklich verschlechtert haben, sind keine intensiven Korrekturen mehr notwendig. Stattdessen nutzen mein Fluglehrer und ich die Zeit, um neben wichtigen Navigationsübungen nochmals einige grössere und speziellere Flughäfen wie Stuttgart oder Innsbruck anzufliegen, sowie die Flugtaktik bei anspruchsvollen Wetterbedingungen (tiefe Wolken, Wind) zu trainieren – eine sehr lehrreihe Erfahrung. Besonders lebhaft in Erinnerung bleibt ein abendlicher Rückflug von Stuttgart in die Schweiz, während welchem die Wolkenbasis durch eine herannahende Front immer weiter absinkt und uns so auch tiefer nach unten zwingt, als eigentlich geplant. Mit dem verschwinden des Tageslichts machen die Hügel des Schwarzwaldes ihrem Namen vermehrt alle Ehre und wirken zunehmend bedrohlicher, auch die vielerorts postierten Windturbinen wollen beachtet werden. Der Funkkontakt zu den Fluglotsen ist aufgrund des hügeligen Terrains und der tiefen Flughöhe schon fast gänzlich abgebrochen. Während ich penibel aufpasse, dass ein möglicher Rückweg nach Stuttgart von Wetter und Terrain her stets offen bleibt, suche ich in diesem düster-bedrohlichen Labyrinth einen fliegbaren Weg hinüber ins flache Rheintal. Als ich ihn endlich gefunden habe, zurück über bekanntem Terrain bin und auch wieder Funkkontakt habe, bin ich definitiv erleichtert. Und obschon die Situation nie wirklich gefährlich war, war es doch eindrücklich zu sehen, wie schnell die Anzahl an Optionen in der Luft abnehmen und der Stresspegel ansteigen kann. 

 

Die letzten fünf Stunden des CPL-Teils sind zudem dafür reserviert, einer weiteren gesetzlichen Anforderung nachzukommen: Jeder Flugschüler dieser Stufe muss mindestens fünf Stunden lang ein sogenanntes «Complex Aircraft» steuern – ein zwar noch immer einmotoriges Flugzeug, das allerdings über ein Einziehfahrwerk und einen verstellbaren Propeller verfügt. Am 2. Dezember 2017 absolviere ich auf der Piper Turbo Arrow HB-PGF der Flugschule Basel die ersten anderthalb Stunden davon. Den Moment, als ich zum ersten Mal in meinem Leben aktiv einen Fahrwerkhebel betätige, nehme ich als sehr speziell wahr. Natürlich ist es nur ein weiterer Handgriff im Cockpit. Und dennoch bringt mich diese Handlung wieder einen Schritt näher an die Airliner, von denen ich seit Jahren träume. Auch die Feinheiten der Propeller-Verstellung werden mir beigebracht. Im Gegensatz zum Fahrwerkhebel vermag mich das allerdings nur wenig zu begeistern, immerhin würde ich es – wenn alles nach Plan läuft – später kaum je wieder benötigen.

 

Rückflug von Innsbruck-Memmingen nach Basel

 

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"Gear up" - zum allerersten Mal! 

 

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Unerwarteter Schicksalsschlag

Dass in der Fliegerei allerdings nicht immer alles nach Plan läuft, zeigt sich bald: Am 29. Januar 2018 hätte ich meinen zweiten und letzten Flug auf der HB-PGF haben und damit die Ausbildung auf den einmotorigen Flugzeugen abschliessen sollen. Eine Woche zuvor kollidierte diese Maschine jedoch auf einem Ausbildungsflug im süddeutschen Raum mit einem Helikopter, wobei neben dem Flugschüler auch einer meiner beiden Hauptfluglehrer der Privatpiloten-Ausbildung sein Leben verlor – ein erfahrener Airline-Kapitän und passionierter Freizeitflieger gleichermassen, der stets nach sehr hohen Standards geflogen war und von dem ich tausende wertvolle Tipps habe übernehmen können. Einen solch gut bekannten Menschen in einer von mir auch schon geflogenen Maschine durch einen Flugunfall zu verlieren ist ein veritabler Schock; es ist ausgesprochen tragisch und berührt mich sehr. Es zeigt mir zudem auf eindrückliche Weise einmal mehr, dass die Gefahr in der Fliegerei allen Sicherheitsmassnahmen zum Trotz ein steter Begleiter bleibt. Ein bekanntes Buch eines amerikanischen Piloten trägt den Titel «Fate is the Hunter» – das Schicksal ist der Jäger. In der Fliegerei dreht sich vieles darum, Risiken zu «mitigieren», wie man sagt – eine Wortkonstruktion aus dem Englischen «mitigate», das «entschärfen» oder «mildern» bedeutet. Als Pilot wird man ständig darauf getrimmt, sich gedanklich vor dem Flugzeug zu befinden, mögliche Gefahrenquellen in den Bereichen Umwelt, Technik und auch Mensch frühzeitig zu identifizieren, und dann Massnahmen zu treffen, um sie zu entschärfen. Sich zum stetigen Vorausdenken zu zwingen mag oft unbequem und fordernd sein. Doch es ist der einzige Schlüssel, um dem unablässig jagenden Schicksal zu entkommen – in den allermeisten Fällen zumindest. So habe ich trotz dieses tragischen Unfalls nie meine Leidenschaft für die Fliegerei oder meine Karrierepläne in diesem Metier in Frage gestellt. Aber er hat mich nochmals eindringlich gelehrt, noch umsichtiger und wachsamer zu werden. Und mich so hoffentlich zu einem besseren Piloten gemacht.

 

Neben dem menschlichen Schicksal leidet meine Flugschule in der Folge nicht nur unter dem personellen Verlust einer Schlüsselfigur, sondern auch unter dem Verlust ihres einzigen «Complex Aircraft». Der bürokratische Aufwand, um meine verbliebenen notwendigen 3,5 Stunden auf einem solchen Flugzeug bei einer externen Flugschule absolvieren zu können, ist gross – doch dank der Hingabe und dem grossen Einsatz aller Beteiligten in dieser schwierigen Situation finden wir nach einigen Monaten schliesslich eine Lösung. So kann ich am 8. Mai 2018 meine Ausbildungsphase auf den einmotorigen Flugzeugen mit einem lachenden und einem weinenden Auge abschliessen. Als nächster fliegerischer Schritt winkt die Diamond DA-42, mit der ich das zweimotorige Fliegen sowie das Fliegen nach Instrumentenflugregeln erlerne – genau so, wie auch die Airliner ihre Flüge absolvieren. Doch dafür muss erst noch ein riesengrosser Berg an Theorie verarbeitet werden. Im nächsten Teil der Serie seid ihr daher alle eingeladen, mit mir zusammen wieder die Schulbank zu drücken. 

 

 

Auf dem allerletzten CPL-Flug wird mir endlich ein Midfield Crossing bewilligt. Und während der Fluglehrer kurzzeitig das Steuer übernimmt, erfreue ich mich ab etwas Air-to-Ground-Spotting und betrachte meine zukünftige Homebase schon sehnsüchtig aus der Luft 😉 

 

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Da mehrfach (danke auch für die PNs!) der Wunsch nach noch etwas mehr "Schweiz von Oben" geäussert wurde, folgt hier noch ein "kleiner" Nachschlag 🙂. Ich hoffe, es gefällt! 

 

 

Wasserlandschaften wissen immer zu begeistern; hier bei Stein am Rhein...

 

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...Zürichsee bei Rapperswil...

 

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...Insel Reichenau...

 

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Wunderschöne Landschaften am Chiemsee auf dem Weg nach Salzburg

 

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Auf dem Rückweg wird noch Schloss Neuschwanstein eingesammelt 😄

 

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Sonnenuntergang über dem Vierwaldstättersee...

 

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...und an der Aare

 

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Städte sind aus der Luft auch besonders hübsch - hier Stein am Rhein

 

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Rapperswil ist immer ein Hingucker 😉

 

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Weiter geht's mit der Allerschönsten 🙂

 

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Andere sprechen ihr diesen Titel zu... 😄 

 

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...und die Touristen rennen vor allem hierhin 😉

 

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Zweifellos immer eine Augenweide sind die Schweizer Berge - hier das bekannte Dreigestirn aus Eiger, Mönch und Jungfrau

 

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Mir selbst vor dem Vorbeifliegen gänzlich unbekannt, aber nicht minder imposant: Die Gastlosen

 

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Besuch beim Rhonegletscher

 

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Tecnam meets Matterhon (Photo: Jürgen Trautwein)

 

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Noch cooler, wenn man am Fusse der Berge landen kann, und sich in exklusiver Gesellschaft befindet! Farblich passt's auch schon 😉 

 

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Die Alpen im Abendlicht - ein Traum! Die Lenticularis-Wolken über den Gipfeln (bzw. die starken Winde, die sie visualisieren) etwas weniger...

 

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Trotz all der Schönheit den Heimweg nicht vergessen! Zurück nach Schupfart im letzten Licht des Tages (plus etwas Reserve für mindestens zwei Volten und einen Go Around)

 

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Bis nächstes Mal! 

 

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Schreib ein Buch Tis!

 

Es wäre viel zu schade, wenn so eine schriftstellerische Begabung nicht den Weg in die Buchhandlungen finden würde.
 

Es liest sich logisch strukturiert flüssig, weckt spielerisch in spannender Weise die Aufmerksamkeit und als Privatpilot ( PPL VFR / IFR ) finde ich mich in vielerlei Hinsicht wieder.
 

Sehr interessant im allgemeinen und sehr lehrreich für Menschen im speziellen, die den Weg in die Fliegerei finden möchten.

 

Ich selbst lese fast ausschliesslich Fachbücher, weil ich kaum einen Zugang zur der für mich ewiggleichen und oft sehr langweiligen Alltagsliteratur in den Bücherläden finde. Ich hab zwar viele Bücher zu Hause in meinen Bücherregalen stehen, die ich ausser der Fachliteratur kaum fertig gelesen habe.

 

Lese ich hingegen Deine Zeilen, so bleib ich dran.

 

Nur ein Cafe kann es schaffen, das iPad dazwischen kurz wegzulegen.

 

Gregor

 

Bearbeitet von sharkbay
Rechtschreibung + Formulierung
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Am 30.1.2021 um 14:12 schrieb Tis:

Andere sprechen ihr diesen Titel zu... 😄 

 

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Da hast du ja gerade noch einmal mit seeehr viel Schwein die Kurve gekriegt😂😂😂😂

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Am 31.1.2021 um 19:30 schrieb sharkbay:

Schreib ein Buch Tis!

 

Vielen lieben Dank für deine netten Zeilen, Gregor! Es freut mich natürlich sehr, dass das Geschreibsel offenbar auch lesbar ist. Das ist tatsächlich ein Gedanke, den ich schon eine Zeitlang im Hinterkopf habe. Wenn ich dann dereinst auch noch einige Stories aus dem Flugalltag einstreuen kann, vielleicht von der Copi- und später von der Captain-Perspektive, könnte das vielleicht eine wirklich interessante und abwechslungsreiche Sache werden. Leider fehlen mir aber auch die Connections zu den Verlagen, und da einen Fuss in die Tür zu bekommen, ist ziemlich schwer - das musste ich schon mit einem früheren Buchprojekt-Versuch erfahren, der leider schlussendlich im Sand verlaufen ist (ausser Self-Publishing für astronomische Summen...)

 

Nun denn, weiter geht's! Ich hoffe, es bleibt interessant, auch wenn's mal wieder etwas theoretischer wird 🙂

 

 

6: Theorieausbildung CPL / ATPL
Die theoretische und praktische Ausbildung zum Privatpiloten von Kleinflugzeugen habe ich bereits absolviert. In der nächsten Stufe geht es darum, mir das Wissen anzueignen, um später ein grosses, schnelles Passagierflugzeug verstehen und sicher steuern zu können. Am 7. Oktober 2016 startet bei meiner Flugschule, der Horizon Swiss Flight Academy nahe dem Flughafen Zürich, der Ausbildungsteil, der mir all das beibringen soll: Der Theoriekurs CPL / ATPL (CPL steht für «Commercial Pilot Licence» [Berufspilot]; ATPL für «Airline Transport Pilot Licence» [Linienpilot]). Ein Blick auf den Lektionsplan macht mir schlagartig die Dimensionen bewusst: Der Kurs, der primär an den Wochenenden (manchmal inklusive Freitag) stattfindet, wird sich bis zum 9. Juli 2017 hinziehen – das sind ziemlich genau neun Monate. Nachdem ich die Privatpiloten-Theorie noch im Selbststudium absolviert hatte, schätze ich es umso mehr, hier Teil einer physisch anwesenden Klasse zu sein. Zehn Schüler sind wir, mit persönlichen Hintergründen und beruflichen Ambitionen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten – vom Küchenschreiner über den KFZ-Mechatroniker und den Flugzeug-Mechaniker bis zum Psychologie-Studenten ist alles vertreten. Eingefleischte Planespotter und Aviatik-Nerds sind wir übrigens mit mir nur zwei.

 

Schlagartig wird auch klar, wieso es bei der Einladung zum ersten Kurstag hiess, man solle besser mit dem Auto anreisen: Nach dem Verteilen der Lernmaterialien türmt sich ein Berg von elf Büchern aus dem Hause CAE Oxford auf meinem Pult. Gesamtumfang: 6'000 Seiten. Na heureka! Wehmütig denke ich an die niedlichen zwei Theorieordner zurück, welche den Gesamtstoff zur Privatpiloten-Ausbildung ausmachten. Aber da muss ich jetzt wohl durch! Doch es dauert nicht lange und schon sind wir mittendrin in der Materie. Der Unterrichts-Rhythmus sagt mir ebenfalls sehr zu. Zwar stellen die für neun Monate blockierten Wochenenden die sozialen Kontakte auf eine arge Probe. Dafür erlaubt es die lange Pause während der Woche gut, den Stoff zu verarbeiten, in meinem Fall gar detailliert zusammenzufassen, und aufs nächste Wochenende wieder vorzubereiten. Natürlich ist dieser Kursrhythmus vor allem darauf ausgelegt, parallel dazu unter der Woche arbeiten zu können. Es muss aber doch gesagt werden, dass die Lernkurve so steil ist, dass das Aufrechterhalten eines Vollzeit-Arbeitspensums fast schon illusorisch wird. Insbesondere, wenn man daneben noch private Verpflichtungen hat und fleissig Flugstunden sammeln muss (vgl. letzte Ausgabe). So hat der Grossteil der Klasse im Verlauf des Unterrichts sein Berufspensum reduziert oder ganz ausgesetzt.

 

Die Fachgebiete sind eigentlich die gleichen wie schon während der Privatpiloten-Ausbildung. Das führt mich anfangs zur etwas leichtsinnigen Annahme, ja alles schon einmal gehört zu haben. Schon nach den ersten paar Lektionen realisiere ich aber, dass die Privatpiloten-Ausbildung im Vergleich höchstens mit der Handschaufel an der Spitze des Eisberges gekratzt hat – und mir nun der gesamte darunterliegende Brocken bevorsteht. Immerhin: Grösstenteils ist der Stoff nicht wirklich schwierig zu verstehen, sondern es ist einfach mengenmässig viel und er geht in zahlreichen verschiedenen Fachgebieten stark ins Detail. Tauchen doch einmal Verständnisschwierigkeiten auf, lassen sich diese meist schon in der Klasse lösen – und wenn nicht, sind die Instruktoren mit ihrem Erfahrungsfundus eine sehr geschätzte Anlaufstelle. Das Ganze im Präsenzunterricht zu absolvieren, empfinde ich daher als äusserst wertvoll. Nicht nur für den Unterricht, sondern auch für die Pausengespräche! Das Instruktoren-Team besteht nämlich aus jüngeren und älteren Berufspiloten aus den unterschiedlichsten Gattungen der Fliegerei, die uns mit ihren aviatischen Anekdoten in jeder Pause aufs Neue unterhalten, begeistern und motivieren.



Auslegeordnung vor Lernstart. Neben elf Büchern aus dem Hause Oxford gesellen sich ein Standardwerk über das Flugwetter, mit Übungsbuch sowie ein Trainingsbuch zum Flugfunk dazu - und natürlich das "Jeppesen Student Pilot Manual", eine Sammlung stark veralteter aber deshalb nicht minder faszinierender Flugkarten zu Lernzwecken. 

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Detailliertes Rundum-Studium

Mit fortschreitendem Unterricht realisiere ich, wie breit abgestützt diese Ausbildung ist. Wir erlernen nicht nur einfach die Bedienung des Flugzeuges, sondern erhalten tiefgreifendes Wissen in unzähligen Bereichen vermittelt. Ein Kurs-Wochenende kann zum Beispiel so aussehen: Am Freitagmorgen lernen wir im Fach «Meteo» die Hintergründe der Monsunphasen und die Entstehung von tropischen Wirbelstürmen. Am gleichen Tag steht im Fach «Human Performance» das menschliche Auge auf dem Programm, mit all seinen Bestandteilen und Eigenheiten. Zum Beispiel sind die Lichtsinneszellen, die fürs Farbsehen zuständig sind, sehr lichtsensitiv – weshalb man im Dunkeln weniger Farben sieht. Und all diese Zellen benötigen viel Sauerstoff, um richtig zu arbeiten – daher nimmt unsere Nachtsichtfähigkeit schon auf einer Flughöhe von 2'800 Metern wegen der geringeren Sauerstoff-Sättigung um 18 Prozent ab (eine Prüfungsfrage übrigens). Am nächsten Tag lernen wir im Fach Radionavigation, mit welchen Pulsintervallen ein Sekundärradar den Transponder eines Flugzeugs abfragt (je nach Modus 8 oder 21 Mikrosekunden; ebenfalls eine Prüfungsfrage), oder wie wir anhand der Flughöhe die Empfangsreichweite für ein Drehfunkfeuer errechnen können. In «Principles of Flight» werden uns am Nachmittag komplizierte physikalische Formeln der Flugmechanik an den Kopf geworfen, oder wir beschäftigen uns mit Anstellwinkel-abhängigen Druckpunktwanderungen an verschiedenen Flügelprofilen. Am Sonntagvormittag wird in «Air Law» die Farbkodierung der Pistenbefeuerung erklärt (900 Meter vor Pistenende beginnt die Mittellinie abwechselnd rot und weiss zu leuchten, 600 Meter vor Pistenende wechselt die Randbeleuchtung auf gelb und 300 Meter vor Pistenende die Mittellinie auf rot). Zum Abschluss des Wochenendes folgt dann noch ein halber Tag «Airframes and Systems», wo das Treibstoff-Einspritzsystem des Viertakt-Verbrennungsmotors genauso Thema sein kann wie die verschiedenen Gummischichten innerhalb eines Flugzeugreifens, die Befestigungsmechanismen für Turbinenschaufeln oder die Sternschaltung eines Dreiphasen-Gleichrichters im elektrischen System. Das alles bedeutet, dass man gedanklich enorm flexibel bleiben muss, macht die Ausbildung aber auch ausgesprochen abwechslungsreich.

Klar: In vielen Fällen schiesst der Lernstoff bei Weitem über das hinaus, was man danach im Airline-Cockpit des 21. Jahrhunderts tatsächlich braucht. Das Fach «General Navigation» zum Beispiel ist ein Kandidat, der Teile unserer Klasse schier in den Wahnsinn treibt (mir aber im Vergleich zur Elektronik gut liegt): Wenn wir mit traditionellen polarstereographischen Karten hantieren, oder beim Herauslesen von Steuerkursen über komplizierte Formeln die magnetische Inklination und Variation oder die Kartenkonvergenz einzuberechnen versuchen, stösst selbst das beste dreidimensionale Vorstellungsvermögen oft an seine Grenzen. Zwar versuchen wir vor dem geistigen Auge die Erde, ihre Pole, die Sonne, unsere Steuerkurse und alle anderen Variablen irgendwie so hinzudrehen, dass es Sinn ergibt, verirren uns aber nur allzu oft auf dieser mentalen Achterbahnfahrt und öffnen dann entnervt und leicht seekrank wieder unsere Augen. Dem Dozenten, einem erfahrenen Piloten-Urgestein, der noch DC-4 und DC-8 gesteuert und «Sterne geschossen» hatte, um den Weg nach Südamerika zu finden, entgeht unsere etwas limitierte mentale Kapazität natürlich nicht. Im Habitus eines gutmütigen Onkels nimmt er dann zum x-ten Mal seine zweckentfremdete aufblasbare Schwimmhilfe im Erdkugel-Design hervor und dreht und wendet das Ding so lange, bis sämtliche zehn Klassenmitglieder die Rechnerei staunend nachvollziehen können. In diesen Situationen bin ich sehr froh, die Theorieausbildung im Präsenzunterricht und nicht zuhause zu erledigen. Und nun im späteren Linienbetrieb bin ich auch dem Flugcomputer äusserst dankbar, dass er einem all diese komplizierten Rechnungen im Hintergrund abnimmt!

Blick ins Buch im Kapitel Elektronik:

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Ende in Sicht?

Nach neun sehr anstrengenden, aber immer auch unterhaltsamen und motivierenden Monaten ist es geschafft: Der Theorieberg ist bezwungen und die mentale Gesundheit noch immer mehr oder weniger intakt, obwohl allein der Umfang meiner Zusammenfassung mittlerweile schon auf 447 Seiten angewachsen ist. Was ist nun der nächste Schritt? Direkt an die Prüfung? Gar nicht empfehlenswert! Wie schon auf der Privatpiloten-Stufe besteht die Prüfung nämlich wieder aus Multiple Choice-Fragen. Zum einen ist eine Vielzahl davon wieder äusserst wortklauberisch oder gar hinterlistig gestellt und testet eher die Lese- als die Verständnisfähigkeiten. Zum anderen absolvieren wir die Prüfung beim Schweizerischen Bundesamt, haben aber mit einem englischen Lehrmittel gelernt. Zwar gibt es europaweit einen ungefähren inhaltlichen Konsens, was denn so alles geprüft wird – trotzdem setzt jedes Land seine Prioritäten wieder etwas anders, testet Teilgebiete, die im Lehrmittel nicht enthalten sind, oder erachtet im Vergleich zum Lehrmittel oder zu anderen Ländern gar eine andere Antwort auf die selbe Frage als richtig (!).  Um dem beizukommen ist es strengstens empfohlen, sich mit dem Abarbeiten möglichst vieler Multiple-Choice-Fragen auf die Prüfung vorzubereiten. Auch hier sind die Dimensionen immens: Allein meine Schule bietet einen Katalog von 8’260 Trainingsfragen an. Zusätzlich gibt es noch die sehr empfehlenswerte Software «Aviation Exam», die aus Prüfungs-Feedbacks von allen europäischen Pilotenanwärtern ebenfalls einen Fragenkatalog generiert. Umfang: Über 14'000 Fragen. Selbst wenn man für Lesen und Beantworten jeder Frage nur 15 Sekunden bräuchte, wäre man allein damit knapp 60 Stunden beschäftigt. Selbstverständlich gehen die Fragen dabei genauso in die Tiefe wie der Stoff selbst. Und natürlich investiert man in komplexere Navigationsaufgaben, die einige Rechnungen und das Hantieren mit Luftkarten beinhalten, gerne auch mal fünf Minuten oder mehr. Man sollte daher für die Prüfungsvorbereitung genügend Zeit einberechnen, um das Stresslevel nicht schon zum Vorherein astronomisch hoch werden zu lassen.

Vom Ende meines Kurses bis zum ersten Prüfungstermin dauert es gut einen Monat. Ich entscheide aber, nicht alle 14 Fächer im gleichen Prüfungstermin zu schreiben, sondern sie auf zwei Prüfungssessionen zu verteilen. Eine sehr weise Entscheidung. So kann ich mich erst auf sechs Fächer konzentrieren und habe später nochmals drei Monate bis zur nächsten Prüfungssession Zeit, die verbleibenden acht Fächer im Detail zu verinnerlichen. Dies ist umso sinnvoller, als viele spätere Arbeitgeber die Prüfungsergebnisse in die Beurteilung von Kandidaten miteinbeziehen, oder gar harte Limiten setzen, um Bewerbungen überhaupt anzunehmen.

Lernen mit "Aviation Exam" im Fach "Instruments"

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Karteikarten-Parade kurz vor der Prüfung

 

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Die Prüfungen nahen

Auch so bleibt das Programm sportlich. Oft klicke ich von morgens bis abends die Fragen durch. Bei einigen Fragen, bei denen auf Karten oder schlecht eingescannten Graphen etwas eingezeichnet oder berechnet werden soll, liegen die richtigen Antwortmöglichkeiten leider im Millimeterbereich und sind so selbst für die wissbegierigsten Studenten höchstens durch Auswendiglernen richtig zu beantworten. Andere Fragen sind schlicht und einfach amüsant. Zum Beispiel: «Welches sind die attraktivsten Lebensräume für Vögel im Flughafenbereich?» Antwort: Mülldeponien, Golfplätze, Küstengebiete, kurzes Gras (in dieser Reihenfolge!). Die unbeliebtesten Lebensräume (eine weitere Frage) sind übrigens Bäume (wieso auch immer…) und langes Gras. Auch meine allerliebste Frage überhaupt dreht sich um Vögel: «Wenn sich ein Flugzeug mit einer Geschwindigkeit von 135 Knoten nähert, wann fliegen Vögel erfahrungsgemäss davon? A: 2 Sekunden vorher; B: 10 Sekunden vorher; C Wenn sie den Triebwerkslärm hören; D : Wenn der Startlauf beginnt». Richtig ist (offenbar) übrigens A und ich hoffe seither bei jedem Vogel, den ich aus dem Cockpitfenster erspähe, dass er seine Uhr korrekt gestellt habe.

 

Schliesslich ist der grosse Tag gekommen: Nachdem ich beide Fragendatenbanken zwei- bis dreimal durchgeklickt habe, mir die hinterlistigsten Fragen herausgeschrieben und hunderte Karteikarten mit auswendig zu lernenden Zahlen oder Formeln erstellt habe, reise ich nach Bern. Der Perfektionist in mir ist mit dem Lernfortschritt zwar noch nicht hundertprozentig zufrieden, dennoch habe ich das Gefühl, dass ich sowohl den Stoff verstehe wie auch auf alle fiesen Fragentypen gefasst bin (was leider zwei unterschiedliche Dinge sind). Zum Bestehen der Prüfung wird in jedem Fach eine Punktzahl von mindestens 75 Prozent des Maximums benötigt. Mein Wunsch-Arbeitgeber verlangt aber einen Schnitt von mindestens 85 Prozent, damit die Bewerbung überhaupt berücksichtigt wird. Entsprechend intensiv habe ich gelernt.

 

In den Gebäuden des Bundesamtes für Zivilluftfahrt absolviere ich dann über zwei Tage verteilt meine ersten sechs Prüfungen, sie dauern pro Fach zwischen 20 Minuten und 2 Stunden. Mit Freude stelle ich fest, dass mir der Grossteil der Fragen bekannt vorkommt. Natürlich können die Antworten anders lauten als während der Vorbereitung, doch weiss ich in etwa, wo die Fallstricke versteckt sind. Am Ende des zweiten Tages bescheinigt mit ein Computer-Ausdruck meine Ergebnisse: Ich habe einen Durchschnitt von 97 Prozent erreicht! Ein Wahnsinns-Resultat, das mich anstachelt, für die zweite Prüfungssession drei Monate später nochmals gleich intensiv zu lernen. Auch diese zweite Prüfungssession läuft gut, die meisten Fragen und Themengebiete sind mir vertraut und ich habe auch das nötige Glück, dass die Karten und Graphen, mit denen ich arbeiten muss, von genügender Qualität sind (andere Kollegen haben nicht so viel Glück und fallen zum Teil allein deswegen durch die Prüfung). Am Ende halte ich wieder einen Ausdruck mit meinen Resultaten in Händen. Der Schnitt: 98 Prozent! Das hätte ich nun wirklich nicht erwartet! Ich fahre erleichtert nach Hause und schlafe erst einmal vier Tage durch.

 

Mit der erfolgreichen Bewältigung der Theorie habe ich wieder einen grossen Brocken meiner Ausbildung hinter mich gebracht. Und ich habe gut genug abgeschlossen, um mir keine Türen zu verschliessen, sondern vielleicht sogar welche zu öffnen. Der Theorieteil der Linienpiloten-Ausbildung ist damit abgeschlossen. Nun gilt es, in der zweimotorigen Diamond DA-42 vieles des eben Erlernten in die Praxis umzusetzen. Wie mir das wohl gelingen wird? Ihr lest es im nächsten Teil dieser Serie!

 

 

Und hier noch ein paar mehr Impressionen...

 

Nächtelanges Brüten über komplexen Navigationsaufgaben

 

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Gearbeitet wird da mit Taschenrechner und der überfordernd vielseitigen Jeppesen-Rechenscheibe, die man ab und an lieber als Frisbee eingesetzt hätte 🙂 

 

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Besonders viele Test- und Prüfungsfragen spielen in der Gegend von Shannon und Cork, weshalb sich Süd-Irland bald schon arg gezeichnet von zahlreichen Bleistift- und Radiergummi-Attacken präsentiert 

 

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So könnten diese Aufgaben lauten...

 

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...oder auch so

 

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Aus meiner eigenen Zusammenfassung im Fach "Meteo", zu den verschiedenen Stadien von Gewittern:

 

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Noch etwas komplexer: Die verschiedenen Merkpunkte eines von links nach rechts durchziehenden Frontensystems, mit einer Warm- und dann einer Kaltfront (daher zu lesen von rechts nach links)

 

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Eigene Übersicht diverser lokaler Windsysteme, die man kennen sollte - gerade die aus Afrika blasenden warmen Winde werden oft durch das eingezeichnete Tiefdruckgebiet über Marokko ausgelöst - und können dann den Saharastaub auch bis zu uns bringen 🙂 

 

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Und zum Schluss noch etwas sehr praktisches, zur Frage: Wie füllt man eigentlich ein Loadsheet aus?

 

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Hallo Tis

Habe heute Morgen Deine Folgeberichte Deiner unglaublichen Karriere wiederum durchgelesen. Du bist ja in jeder Beziehung ein Multitalent nämlich:

ein excellenter Fotograf/Spotter - Author (sehr guter Schreiberling) und jetzt auch Airline Pilot.

Immer wenn ich in Belp die eine oder zwei abgestellten Embraer sehe, denke ich an Dich wie es Dir wohl während dieser Zeit geht.

Vielleicht fliegst Du ja jetzt auf dem Sim wieder einmal die Majestic Dash8 welche mein Simmerliebling im P3Dv5 ist.

Auch für Dich hoffen wir auf bessere Zeiten in Deinem neuen Beruf.

 

Also nochmals herzlichen Dank für das Teilhaben in Deiner noch jungen fliegerischen Ausbildung - Karriere und viel Erfolg auf dem rechten Sitz eines Airliners.

Bearbeitet von Romair
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vor 5 Stunden schrieb sharkbay:

Servus Tis,

 

schon mal probiert bei einem Verlag ausserhalb der Schweiz?

 

Gregor

 

 

 

Danke dir für den Input! Ja, tatsächlich. Damals ging es allerdings darum, ein Foto-/Reisebuch meiner dreimonatigen Reise per Greyhound-Bus quer durch die USA zu produzieren. Möglicherweise ist es also auch einfach daran gescheitert, dass ein so umfangreiches Fotobuch natürlich auch entsprechend teuer ist, trotzdem hätte es auch viele Textepisoden gehabt. Etwas ein "Zwitter" vielleicht. Ein eher textbasiertes Buch wie dieses hier wäre wohl einfacher und viel günstiger zu produzieren. Aber eben - damit möchte ich eh noch warten, bis es auch aus dem Cockpit noch ein Bisschen was zu erzählen gibt. Aber immerhin das Kapitel "Ausbildung" wäre schon mal vollständig vorhanden 🙂 

 

 

Am 9.2.2021 um 08:44 schrieb Romair:

Hallo Tis

Habe heute Morgen Deine Folgeberichte Deiner unglaublichen Karriere wiederum durchgelesen. Du bist ja in jeder Beziehung ein Multitalent nämlich:

ein excellenter Fotograf/Spotter - Author (sehr guter Schreiberling) und jetzt auch Airline Pilot.

Immer wenn ich in Belp die eine oder zwei abgestellten Embraer sehe, denke ich an Dich wie es Dir wohl während dieser Zeit geht.

Vielleicht fliegst Du ja jetzt auf dem Sim wieder einmal die Majestic Dash8 welche mein Simmerliebling im P3Dv5 ist.

Auch für Dich hoffen wir auf bessere Zeiten in Deinem neuen Beruf.

 

 

Merci vielmal für die lieben Worte!

Ja, die momentane Situation ist schon sehr speziell, gerade wenn man noch nicht lange in der Branche ist und rein flugstunden-mässig auch "nicht viel Wert" ist. Aber ich hoffe sehr, dass es bald wieder aufwärts geht, und bin überzeugt, dass wir dann mit unserem Fluggerät die perfekte Grösse für den Aufschwung haben - speziell natürlich mit den wirtschaftlichen E2. Daher bin ich doch positiv, und auch weiterhin happy und überzeugt, am richtigen Ort gelandet zu sein 🙂 

Aber ja, ich fliege auch wieder viel nebenbei am PC-Sim - wenn auch statt der Dash-8 lieber die Embraer, damit ich mich nicht selber total mit verschiedenen Cockpits verwirre 🙂 

 

Liebi Grüess

 

Tis

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  • 2 Wochen später...

Sooo, weiter geht's! Diesmal auch wieder in der Luft 🙂 

 

7: Praktische Ausbildung zum Berufspiloten (IR/MEP), Teil 1
Das theoretische Wissen eines Berufs- und Linienpiloten habe ich in der letzten Ausgabe dieser Serie erlangt. Nun geht es darum, auch in der Praxis zu erlernen, wie Berufspiloten ihre Flugzeuge steuern. Bisher bin ich ja nur im Sichtflug mit kleinen einmotorigen Maschinen trainiert gewesen. Selbstverständlich lässt sich auf diese Weise aber kein Flugplan aufrechterhalten; die Fluggäste möchten auch bei bewölktem Wetter reisen und mit nur einem Motor fehlt die Leistung, um eine grössere Anzahl von ihnen zu transportieren – und natürlich die Redundanz im Falle eines Triebwerksausfalls. Ich erlerne nun also nochmals völlig neue Unterarten des Fliegens: Dasjenige nach Instrumenten (IR) und dasjenige mit mehreren Motoren (Multi Engine Piston; MEP).

 

 

Meine neue Lern-Umgebung: Die Diamond DA-42 HB-LUK mit modernem G1000-Cockpit

 

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Hatte ich die bisherige Flug-Ausbildung bei einer kleinen regionalen Partner-Flugschule absolviert, findet der Rest nun «in-house» bei der Horizon Swiss Flight Academy ab dem Flughafen Zürich statt. Das Ausbildungsprogramm dieser Stufe umfasst ca. 45 Lektionen à meistens 2 Stunden. Allerdings finden nur 12 Lektionen auch wirklich auf dem Flugzeug statt. Der ganze Rest in einem baugleichen, sehr realitätsnahen Simulator im Flugschulgebäude. Der Simulator erlaubt nicht nur einen viel kostengünstigeren Betrieb, sondern ermöglicht es auch, Flugzeug und Schüler durch anspruchsvolles Wetter und diverse Pannen an ihre Grenzen zu bringen.

 

Die Fluglehrer werden einem aus dem Pool der Horizon-Instruktoren zugeteilt. Ich lenke mein Glück durch eine gezielte Anfrage und erhalte so meinen Wunschkandidaten, der selbst als Kopilot bei einer Airline auf der Kurz- und Langstrecke fliegt. Ich erhoffe mir, so bereits während der Ausbildung ein besseres Gefühl für das Denken und Handeln eines Linienpiloten zu erhalten und habe meine Wahl nie bereut.

 

Als Ausbildungsflugzeug für diese Stufe setzt meine Flugschule die zweimotorige Diamond DA-42 aus österreichischer Produktion ein. Ihre zwei Thielert-Dieselmotoren werden dankenswerterweise von einem FADEC, einer Art Motorencomputer gesteuert – so braucht man als Pilot nur noch die Schubhebel zu bewegen und sich über die Feineinstellungen von Propellerblatt-Winkel, Treibstoffgemisch oder gar Kühlklappen wie bei älteren Maschinen keine Gedanken mehr zu machen. All dies erledigt das FADEC im Hintergrund. Auch das Cockpit präsentiert sich sehr modern: Als Haupt-Elemente dienen zwei grosse Bildschirme des G1000-Systems von Garmin. Diese zeigen dem Piloten alle Flug- und Navigationsparameter an und erlauben auch Eingaben für die Routenplanung, den Autopiloten, den Flugfunk oder das Abarbeiten von Checklisten. Alles zentral an einem Ort zu haben, vereinfacht vieles. Gleichzeitig macht es das ganze System auch enorm komplex: Es bietet dem Piloten eine solche Flut an Daten, möglichen Einstellungen und versteckten Untermenüs, dass man zu Beginn bisweilen recht überwältigt sein kann. Der Schlüssel, um diese Ausbildungsphase gut zu meistern ist daher, das G1000-System gut zu kennen. Im mehrere hundert Seiten starken Handbuch ist zwar alles beschrieben, doch relativ abstrakt. Daher beschliesse ich, vor dem Beginn dieser Ausbildungsstufe ein auf zwei iPads und passenden Rahmen basierendes Abbild des G1000 für den heimischen PC-Flugsimulator zu erwerben. Eine nicht ganz günstige Investition, doch sie lohnt sich definitiv: Ich kann mir die wichtigsten Handgriffe und Abläufe bequem und stressfrei zuhause einprägen und bin dadurch gerüstet, als ich erstmals im echten Flugzeug Platz nehme.

 

Intensive Vorbereitung zuhause gehört dazu, und schafft in den eigentlichen Lektionen die Kapazität, um möglichst viel Lernstoff aufzunehmen. 

 

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Der professionelle Simulator bei der Horizon kommt der Realität dann natürlich nochmals ein Stückchen näher...(Bilder: Horizon SFA)

 

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Doppelte Power

Es ist der 5. Juli 2018, gut zwei Jahre sind seit meinem allerersten Flug mit der 630 Kilogramm leichten Tecnam vergangen. Nun darf ich zum ersten Mal in der Realität ein Flugzeug mit zwei Motoren steuern – es wiegt fast zwei Tonnen. In den ersten vier Lektionen geht es um ein Eingewöhnen und das Vertraut werden mit dem neuen Arbeitsgerät, den neuen Flug-Prozeduren und dem zweimotorigen Betrieb. Wir fliegen noch nach Sicht. Mein erster Flug führt von Dübendorf bei Zürich (wo das Flugzeug in der Wartung war) nach St. Gallen-Altenrhein und weiter nach Zürich-Kloten.

Perfekte Vorbereitung ist speziell in dieser Ausbildungsstufe zentral. Die DA-42 hat mit ihren zwei Motoren nämlich viel mehr Leistung als die bisher pilotierten Flugzeuge. So geht alles einiges schneller als bisher gewohnt. Man sollte für den gesamten beabsichtigten Flug seine Überlegungen im Voraus gemacht und einen Plan im Kopf haben. Nur so schafft man es, mit dem Flugzeug Schritt zu halten und ihm wenn möglich gar etwas voraus zu sein. Denn Unerwartetes, das die mentale Kapazität absorbiert, passiert ohnehin noch genug. Und falls die Umstände nicht dafür sorgen, dann bestimmt der Fluglehrer…

 

Dank guter Vorbereitung mache ich meine Sache ziemlich gut, nur die neuen Abläufe im neuen Cockpit müssen noch etwas flüssiger werden. Wenige Tage später folgen auf den nächsten zwei Flügen bereits die ersten simulierten Triebwerks-Ausfälle. Hoch über dem Bodensee lerne ich, einen der zwei Motoren mit der entsprechenden Checkliste stillzulegen, nur noch mit einem Antrieb zu fliegen und den stillgelegten Motor dann in der Luft wieder zu starten. Natürlich gehen alle Schritte relativ zaghaft von statten – immerhin mache ich das zum ersten Mal, zudem muss ich «nebenher» noch das Flugzeug steuern, funken und die Navigation im Auge behalten. Eindrücklich ist das Ergebnis trotzdem: Auch mit einem Motor kann die Maschine problemlos ihre Höhe halten und manövriert werden. Nur das eine Bein des Piloten übersäuert irgendwann, weil man mit einem konstanten starken Tritt ins Seitenruder die grosse asymmetrische Schubkraft ausgleichen muss. Aber dafür gibt es gottlob – wenn man sie denn mal entdeckt hat – die Seitenrudertrimmung.

 

 

Flug mit bewusst stillgelegtem linkem Motor in genügend grosser Höhe über dem Bodensee (im Fussraum ist sichtbar, wie ich die Maschine währenddessen durch Drücken des rechten Ruderpedals auf Kurs halte). Die DA-42 bleibt auch unter diesen Voraussetzungen gut steuerbar und kann langsam an Höhe gewinnen. Das Training des realen Fliegens mit nur einem laufenden Motor ist in dieser Phase ein integraler Bestandteil der Ausbildung bei Horizon. So erlernt der Pilot den Umgang mit dieser speziellen Situation nicht nur im Simulator, sondern auch in der Realität. 

 

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Basic Instrument Flying

Nach diesem fliegerischen Zückerchen in der realen Welt geht es für die nächsten Lektionen in den Simulator. Als erstes steht das «Basic Instrument Flying» auf dem Programm, also die erste Angewöhnung an das Fliegen nach Instrumenten (IFR). Bisher bin ich ja immer auf Sicht geflogen und habe meine Fluglage primär durch das Herausschauen eingeschätzt. Um aber auch in Wolken fliegen zu können, muss man nun lernen, seine Fluglage allein anhand der Instrumente zu steuern und auch nur anhand von Funk- oder GPS-Einrichtungen zu navigieren. Da ich das schon in meiner Jugendzeit am Flugsimulator ständig gemacht habe, fühle ich mich sehr rasch zuhause und die ersten zwei Lektionen sind bis auf wenige kleine Korrekturen sehr erfolgreich. Die dritte Lektion dieses Teils wird bereits intensiver. Das Hauptthema ist es nämlich, von irgendeiner Position im Raum einen bestimmten Funkstrahl einer Navigationseinrichtung einzufangen und diesem entlangzufliegen («Radial Intercept»). Die möglichen Winkel, in welchen man diesen Funkstrahl einzufangen hat, sind allerdings standardisiert – und abhängig davon, wie weit entfernt man vom Funkstrahl ist (siehe Grafik). Das heisst: Sobald einem der Instruktor einen neuen Ziel-Funkstrahl nennt, muss man erst einmal mental seine Position im Raum bestimmen und dann errechnen, in welchem Winkel man den Funkstrahl einzufangen hat. All dies, während man nebenbei noch immer das Flugzeug steuern und innerhalb enger Parameter von Höhe, Kurs und Geschwindigkeit halten muss. Speziell diese Doppelbelastung macht das Rechnen anspruchsvoll und man merkt, wie viel Gehirnleistung allein schon das Fliegen absorbiert. Doch obwohl meine Stärken nicht unbedingt im mathematischen Bereich liegen, mache ich meine Sache auch hier recht gut – ein paar Verrechner und Zahlendreher gibt es natürlich trotzdem, aber das ist bei einer Übungsdauer von zwei Stunden mit schwindender Konzentration auch nicht anders zu erwarten.

Nach drei Lektionen im Simulator darf ich das Erlernte wieder in der realen DA-42 anwenden. Obwohl dabei nicht viel Neues auf dem Programm steht, bleibt es anspruchsvoll – denn auch die gesamte Flug-Planung und -Vorbereitung brauchen viel Zeit, Energie und Nerven. Das erste Mal im komplexen mitteleuropäischen Luftraum einen IFR-Streckenflug planen und einen entsprechenden Flugplan aufgeben. Eine Zeitrechnung erstellen. Entsprechende Slots an den Flughäfen beantragen. Zeitrechnung revidieren, weil die Wunsch-Slots schon vergeben sind. Die Flugplatz-Karten studieren. Mögliche Gefahren vorhersehen, um sie im Briefing anzusprechen. Und dann kurzfristig alles nochmals über den Haufen werfen, umplanen und neu rechnen, weil das Wetter in der Zielregion zu unbeständig ist, in der entgegengesetzten Himmelsrichtung aber fliegbar. So kann die Vorbereitung für einen Flugtag gut und gerne auch einen Arbeitstag in Anspruch nehmen. Und dennoch bin ich froh um mein Mass an Vorbereitung. Denn einmal in der Luft, habe ich eine sehr gute Übersicht der Situation und mache meine Sache wieder ziemlich gut – die Kritik des Fluglehrers bezieht sich grösstenteils auf kleine Details. So bestehe ich auch die erste von vier internen Zwischenprüfungen («Stage Checks») und schliesse dieses Modul erfolgreich ab.

 

 

Drei Flugzeuge möchten gerne auf dem Funkstrahl 090 zur Station «A» fliegen. Befindet man sich innerhalb von 10° vom Ziel-Funkstrahl, steuert man diesen mit einem Winkel an, der dem Doppelten der eigenen Entfernung entspricht. Flugzeug 1 ist 5° vom Funkstrahl entfernt und steuert diesen damit in einem Winkel von 10° an. Befindet man sich in einem Bereich von 10° bis 30° entfernt vom Funkstrahl (wie Flugzeug 2), steuert man diesen in einem 45°-Winkel an. Befindet man sich weiter ausserhalb (wie Flugzeug 3), steuert man erst im 90°-Winkel zum Funkstrahl, bis man nur noch 20° entfernt ist, und wechselt dann auch auf einen 45°-Einflugwinkel (eigene Grafik).

 

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Der Dreh mit den Holdings

Das nächste Modul widmet sich noch vertiefter der Navigation. Das erste Hauptaugenmerk gilt den Holdings. Denn was später im Airline-Alltag höchstens als lästige Warteschleife empfunden wird, die mit ein paar Klicks im Bordcomputer einprogrammiert wird, ist in Tat und Wahrheit ein relativ komplexes Gebilde. Schon das Holding selbst zu fliegen ist nicht ganz trivial, denn diejenige Instanz, die den Luftraum konzipiert hat, garantiert nur in einer engen Pufferzone rund um das Holding für Hindernisfreiheit – überall ausserhalb könnte theoretisch ein Berg im Weg stehen, den man (weil in den Wolken fliegend) nicht sieht. Daher ist es zentral, im Holding Zeitchecks zu machen und die Stoppuhr genau im Auge zu behalten. Das Standard-Holding ist für eine Flugzeit von einer Minute konzipiert. Vergisst man, nach einer Minute die nächste Drehung einzuleiten, landet man womöglich bald in der ungeschützten Zone. Natürlich muss man Zeit und Drehung auch noch um den Wind korrigieren – bei viel Rückenwind muss man vor Ablauf der einen Minute bereits die nächste Kurve einleiten. Und so ist das Holding, das eigentlich zum Ausruhen, Sammeln und Vorbereiten der nächsten Schritte dienen soll, eine Aufgabe, die einem ganz schön in Beschlag nimmt. Das Komplexeste ist aber nicht einmal das Holding an sich, sondern der anfängliche Einflug in die Warteschleife. Auch hier ist wieder, je nachdem von welcher Seite man aufs Holding zufliegt, genau definiert, wie man überhaupt in die Kreisbewegung einfädelt, damit man währenddessen seine Position im Raum immer kennt und ja nie aus der geschützten Zone des Holdings herausfliegt (siehe Grafik). Auch das bedingt wieder einige Rechnerei und ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen. Nicht umsonst zählen die zwei Lektionen, die sich um die Holdings drehen, zu den anspruchsvollsten in der ganzen Ausbildung. Vor allem, wenn der Instruktor dann noch starke Winde einbaut, die ständige Korrekturen des berechneten und geflogenen Kurses erfordern, oder einen mit kleinen technischen Fehlfunktionen abzulenken versucht. So torkle ich nach vier Stunden Holdings zufrieden, aber etwas belämmert vom stetigen im-Kreis-Fliegen und der intensiven Rechnerei aus dem Simulator.

Im weiteren Verlauf des Moduls werden dann noch alle möglichen Varianten von Instrumenten-Anflügen durchexerziert und perfektioniert – vom Instrumenten-Landesystem ILS, das einem in der Horizontalen und in der Vertikalen einen genauen Korridor liefert, dem man zur Piste folgen kann, bis zu den einfacher gestrickten Systemen (VOR und NDB), die einiges mehr an Hirnleistung und Koordination erfordern. Und natürlich lässt der Instruktor immer genau dann, wenn man erfolgreich durch die Wolken gestochert ist und die Piste endlich direkt vor sich in Sicht hat, mit einem Knopfdruck die Sichtweite zusammenbrechen und zwingt einen so zum Durchstarten. Langweilig wird es also nie! Wie ich mich in den weiteren Modulen schlage, ist aber Stoff für die nächste jetstream-Ausgabe. 

 

 

Schwarz gezeichnet ist das eigentliche Holding, das von einer Funkstation oder einem GPS-Punkt («Holding Fix») ausgeht. Es basiert auf Flugzeiten von jeweils einer Minute pro Seite, die man im Flugzeug per Stoppuhr abmisst. Umgeben ist es von einer Schutzzone (grau), in welcher die Hindernisfreiheit gewährleistet ist – sie ist so gross, dass sie kleinere Flug- oder Berechnungsfehler sowie einige Windeinflüsse abdeckt. Beim Einflug ins Holding ist je nachdem, aus welcher Richtung man auf den Holding Fix zufliegt, eine unterschiedliche – aber genau festgelegte – Einflugprozedur zu absolvieren; hier gezeichnet in grün, blau und rot. Auch diese stützen sich auf Zeitintervalle oder spezifische Steuerkurse (eigene Grafik).

 

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Auf meinem ersten Outside Check (da alles noch neu ist, brav mit der Extended Checklist in der Hand) werde ich trotz eigentlich herrschendem VFR-Wetter gleich schön geduscht 😉

 

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Ab dem Flughafen Zürich zu fliegen, ist natürlich ein Privileg - und ich (bzw. hier der Fluglehrer) geniesse die inspirierende Aussicht auf die parkierten Widebodies 🙂

 

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Auf einem der ersten Flüge unterwegs nach Donaueschingen...

 

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Über den Wolken...usw. 

 

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Wing View aus der schnittigen Österreicherin

 

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Kurzer Halt in Sion. Liebe Fluglehrer sorgen sogar für die adäquate Einstellung des Zuckerhaushalts ihrer Schüler 😄 

 

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Anflug auf Zürichs Piste 14 - das Foto stammt von meiner Frau, die mich einmal auf dem Rücksitz begleiten durfte 🙂 

 

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Im Horizon-Simulator sieht's verblüffend ähnlich aus, auch wenn das hier das ILS 14 in Bern ist. Nur das Wetter ist meist etwas kritischer 😄 

 

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Uuuuund nochmals ein ILS 14 in Zürich, diesmal aufgenommen von der GoPro

 

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Wo eine GoPro ist, ist häufig auch ein Video nicht weit. Wer noch etwas bewegte Bilder sehen will, et voilà :

Das Video ist von einem IFR-Anflug auf Piste 14 aus Norden via RILAX-Holding. Das Funk-Audio ist von meiner letzten Landung in der DA-42 (= Prüfungsflug), anlässlich eines IFR-Anfluges auf Zürichs Piste 14 aus Osten. Netterweise wurde ich nur 1000 Fuss über die anfliegende Emirates-A380 hinweggelotst, das war besonders cool 🙂 

 

 

 

 

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  • 4 Wochen später...

Huch, statt einer Woche wurde es nun ein Monat Pause - super 🙂 

Hier jedenfalls endlich der nächste Teil

 

 

 

8: Praktische Ausbildung zum Berufspiloten (IR/MEP), Teil 2
Im letzten Teil dieser Serie berichtete ich über die erste Hälfte des praktischen Flugtrainings auf der Stufe Berufspilot, das heisst Flüge nach Instrumentenflugregeln (IR) und mit mehreren Motoren (MEP). Nun geht's weiter mit der zweiten Hälfte dieses "Herzstücks" der Ausbildung. Die Schulung erfolgte auf der Diamond DA-42 der Horizon Swiss Flight Academy in Zürich-Kloten sowie im baugleichen Simulator, wo Mensch und Maschine noch einiges mehr abverlangt werden kann, als in der Realität.

 

Aviate, Analyze, Action

Ich bin mittlerweile in der Hälfte dieser letzten grossen praktischen Ausbildungsphase angelangt und die Lernkurve steigt beharrlich steiler an. Kaum sind mir die Holdings und die verschiedenen Anflugvarianten einigermassen vertraut (vgl. letzte Ausgabe), wird die Schwierigkeit um eine Stufe erhöht: Nun alles noch mit nur einem Triebwerk bewältigen, weil das zweite Antriebsaggregat ausgefallen ist! Das bereichert die Sache um eine zusätzliche Komplexität, denn natürlich will der Flieger mit nur einem verbleibenden Antrieb stets zur Seite abdriften. Während man also fliegt, funkt, rechnet und korrigiert, muss man auch stets darauf achten, dass man ihn mit den Füssen via den Ruderpedalen schön auf Kurs hält. Komfortabel, dass wir all das im äusserst realistischen DA-42-Simulator im Flugschulgebäude trainieren und nicht in der realen Welt!

 

Doch das Fliegen mit nur einem Motor ist nur eine Komponente des Spiels. Fast noch wichtiger ist die schnelle und korrekte Reaktion auf den Motorenausfall, der zuvor geschieht. Gerade beim Start, wenn beide Motoren auf voller Leistung laufen und man noch wenig (stabilisierend wirkende) Fluggeschwindigkeit besitzt, will sich der Flieger bei einem plötzlichen Motorenausfall rasch um die eigene Achse drehen. Da braucht es zuallererst einen beherzten Tritt ins (richtige!) Ruderpedal, um ihn unter Kontrolle zu halten. Und dann kommen die drei A: Aviate, Analyze, Action. Aviate: Zuallererst mal die Fluglage stabilisieren und sichergehen, dass das Flugzeug so fliegt, wie man das möchte. Dann Analyze: Welcher Motor ist überhaupt ausgefallen, und weshalb? Gibt es Folgeschäden oder weitere Komplikationen? Wichtig ist, dass man sich bei der Analyse nicht stressen lässt, sondern kühl, überlegt und strukturiert vorgeht. Aber sich davon trotzdem nicht so vereinnahmen lässt, dass man währenddessen das "Aviate" wieder vernachlässigt. Schliesslich folgt die Action: Die Stilllegung des ausgefallenen Motors. Dadurch werden seine Propellerblätter in Segelstellung gebracht, verursachen weniger Widerstand und erlauben so ein besseres Steigen. Zentral ist, dass man im Eifer des Gefechts den richtigen Motor stilllegt und sich nicht des einzigen noch funktionierenden Antriebs beraubt. Ist dieses anfängliche AAA einmal abgeschlossen, folgt wie in einer Endlosschleife das nächste. Aviate, also Fliegen, hat weiterhin Priorität. Dann geschieht die Analyse der nächsten Schritte: Muss man eine spezielle Route fliegen, weil man mit einem Motor nur noch eine marginale Steigrate schafft? Muss man aus irgendwelchen Gründen schnell zum Startflugplatz zurückkehren oder hat man Zeit? Und schliesslich folgt wieder die Action, das Umsetzen und Kommunizieren des gefassten Plans. Diese feste Struktur soll einem helfen, sich auch im Notfall an einem bekannten Konzept festhalten zu können und nicht in überhasteten Aktionismus oder eine Schockstarre zu verfallen.

 

Wenn er will, kann der Simulator ganz handzahm sein - oder einem den letzten Nerv rauben 🙂 

 

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Darüber entscheidet meist der Fluglehrer an seiner Instructor Station - manchmal reitet sich der Flugschüler aber auch ganz ohne fremdes Zutun in die Misere 😉 

 

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So kann es gehen: Schön gemütlicher winterlicher Anflug auf Bern - und schwupps, bricht gaaaanz zufällig die Sichtweite zusammen und zwingt einem zum Durchstarten 😄

 

 

 

 

Komplexe Systeme, unkonventionelle Lösungen

In Lektion 26 folgt der zweite «Stage Check», in welchem ich auch das Modul der Anflüge und Triebwerksausfälle erfolgreich abschliesse. Das dritte Ausbildungsmodul beginnt mit einem Highlight: Ab Lektion 27 darf endlich der Autopilot benutzt werden. Sofort hat man wieder enorm viel mentale Kapazität frei, weil man die grundlegende Steuerung des Flugzeuges an die Automatik delegieren kann. Doch die frei gewordene mentale Kapazität benötigt man auch dringend, denn im dritten Modul sind komplexere Fehlfunktionen des Flugzeuges das Thema. Zusätzlich zu allen fliegerischen Aufgaben muss man hier die relevanten Checklisten abarbeiten, analysieren, welche Optionen man nach einem Fehler noch hat, welches der sinnvollste weitere Plan ist, und wie man mit dazukommenden zusätzlichen Fehlfunktionen umgeht. Im Gedächtnis bleibt zum Beispiel ein simulierter Flug von Basel nach Stuttgart. Nach dem Start lässt sich beim ersten Versuch das Fahrwerk nicht einfahren. Kaum ist dieses Problem gelöst, gibt es eine Fehlfunktion der Trimmung, daraufhin zickt ein Propeller. Und hat man sich davon erholt und erreicht den süddeutschen Luftraum, steigt der erste Stromgenerator aus. Will man dann das Fahrwerk für die Landung ausfahren, klemmt es und muss über die Notfunktion ausgefahren werden. Während man sich mit alledem herumschlägt, verabschiedet sich auch der zweite Strom-Generator. Das bedeutet zum einen, dass man alle Fluginstrumente verliert und zum Beispiel nicht mehr ohne Sicht nach draussen navigieren kann. Und zum anderen, dass nach etwa einer halben Stunde beide Motoren abschalten – sobald alle Batterien leer sind quittieren nämlich die Motorencomputer mangels Strom den Dienst, und ohne Motorencomputer wollen auch die Motoren selbst nicht mehr arbeiten. Eine ziemlich fiese Eigenschaft der Diamond DA-42, auf der wir trainieren. Ergo muss man wirklich schnell eine Landemöglichkeit finden, und auch mal von den erlernten Schemata abweichen, um am richtigen Ort Zeit zu sparen. Genau in diesem Moment merkt man, dass der Instruktor unerkannt einen starken Wind eingebaut hat, der einem weit vom ins Auge gefassten Flughafen weggetrieben hat. Man sollte eben vor lauter Technik-Analyse auch die Umweltbedingungen nicht aus den Augen verlieren! Am Ende schaffe ich es gerade noch so nach Stuttgart, genau über der Pistenschwelle quittieren die Motoren den Dienst. Lektion gelernt!

 

So kommt es nicht selten vor, dass man arg verschwitzt aus dem Simulator steigt. Die Instruktoren sind sehr gut darin, einen immer genau so weit zu pushen, dass man sich am Limit befindet, aber nicht darüber hinaus. Das sind äusserst wertvolle Erfahrungen, da man nicht nur die komplexen Systeme des Flugzeugs kennenlernt, sondern auch seine eigene Denk- und Handlungsweise in Extremsituationen. Sind schliesslich nach einigen Lektionen alle trickreichen Störungen der Flugzeugsysteme abgehandelt, geht der Fokus aufs Wetter über: Ich lerne, bei marginalen Sichtverhältnissen zu fliegen, Gewittern und Scherwinden auszuweichen sowie das Enteisungssystem zu benützen. Mit einem simulierten Flug von Zürich nach Bern, auf welchem nochmals etwa alle Systeme ausfallen, die überhaupt ausfallen können, was mich zu einigen unkonventionellen Entscheidungen zwingt, schliesse ich auch diese dritte Phase erfolgreich ab.

 

Auch hier ist eine gute Vorbereitung pflicht, und die Schüler sollen vor jeder Lektion auch ein kurzes Briefing über die gelernten Inhalte geben. Mit dem elektrischen System ist es dann etwas ausgeartet; Fuel, Gear & Brakes gingen dagegen noch 🙂 

 

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Auch Hausaufgaben gehören manchmal dazu - hier die Berechnung für sogenannte Points of no Return bei einem Flug von Zürich über die Alpen nach Mailand. Hat man an einem bestimmten Punkt einen Triebwerksausfall, darf man meist nur in eine Richtung fliegen, da es in der anderen Richtung mit nur einem Antrieb nicht mehr über die Berge reichen würde. Nur innerhalb der türkis gefärbten Box (die 11,1 NM lang ist), könnte man im Fall der Fälle (bei einer Flughöhe von 17'000 Fuss) in beide Richtungen fliegen. Ein Flug auf 16'000ft würde dagegen nicht reichen, da man mittig über den Alpen keine Ausweichmöglichkeiten mehr hätte. 

 

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Zurück in die reale Welt

Endlich geht es nun für die fünf verbleibenden Lektionen zurück ins richtige Flugzeug. Mittlerweile hat der (echte!) Winter Einzug gehalten, und nachdem ich auf früheren Flügen noch mit grosser Hitze zu kämpfen gehabt hatte, zeigen sich nun ganz neue Problemstellungen: Einige Zielflughäfen sind wegen Nebels nicht anfliegbar, andere wegen schneebedeckter Pisten gleich ganz geschlossen. Plötzlich limitiert auch nicht mehr unbedingt die mitgeführte Treibstoffmenge unsere Reichweite, sondern die (übrigens ziemlich teure) Enteisungsflüssigkeit in kleinen Spezialtanks. Diese wird während Flügen in Vereisungsbedingungen, also zum Beispiel in Wolken mit Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt, aus hunderten kleinen Poren auf die Flügel und Propeller gepumpt, um einen Schutzfilm gegen ansetzendes Eis zu bilden.

 

Zudem sollten im Hinblick auf die nahende Prüfung nochmals einige Sichtflug-Segmente geflogen werden – kein leichtes Unterfangen beim typischen Januar-Wetter. Auch besitzt die Flugschule zu diesem Zeitpunkt nur eine DA-42 (mittlerweile sind es zwei), entsprechend gut ausgebucht ist sie. Wenn ich dann doch einmal das Glück habe, den Flieger zu bekommen und fliegbares Wetter vorzufinden, kommen deshalb ziemlich seltsame Routen zustande: So fliege ich an einem Tag von Grenchen nach Les Eplatures im Jura, wo wir wegen schneebedeckter Piste allerdings abgewiesen werden und nur einen Anflug ohne Landung trainieren dürfen, und zurück nach Grenchen. Nach einer kurzen Pause geht es weiter nach Friedrichshafen, dann im Sichtflug weiter nach Leutkirch im Allgäu, zurück nach Friedrichshafen und schliesslich nach Zürich. Am Ende des Tages, nach vielen trainierten Anflügen, simulierten Triebwerksfehlern und steter Wachsamkeit vor (ganz real!) vereisenden Flügeln bin ich ziemlich fertig. Doch ich realisiere auch, wie sehr meine Fähigkeiten seit dem ersten Flug mit der DA-42 gewachsen sind: Beanspruchte mich in der ersten Lektion schon ein einfacher Sichtflug von Dübendorf nach St. Gallen zur Genüge, bin ich nun imstande, die Maschine einen Tag lang in fordernden Wetterbedingungen quer über die Schweiz zu steuern und dabei zahlreiche anspruchsvolle Anflüge an verschiedensten Flughäfen sicher zu absolvieren. Mit anderen Worten: Ich habe auch die vierte Phase erfolgreich abgeschlossen und bin wohl bereit für meinen Prüfungsflug!

 

Tolles Routing bzw. Abklappern von Flugplätzen 🙂 . Da die Maschine zur Wartung in Grenchen war, starteten wir an diesem Tag von dort. 

 

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Abflug aus Zürich wie die Grossen, mit einer IFR-Departure ab Piste 28 🙂 

 

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Doch das Wetter ist nicht immer so prächtig. Hier fliegen wir in den Wolken, bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Die Folge: Eisansatz (sichtbar an der Frontscheibe links), weswegen auch das Anti-Ice-System aktiv ist (gelbe Leuchte rechts) 

 

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Touch & Go im winterlichen Leutkirch (D)

 

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Zurück bei den Grossen, Anflug Rwy 14 🙂 

 

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Im Sim sieht's schon verblüffend ähnlich aus! 

 

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Die grosse Flugprüfung

Auch mein Prüfungsflug leidet abwechselnd unter der schlechten Verfügbarkeit der Maschine und des Prüfers oder dem miserablen Winterwetter – denn auch an der Prüfung muss neben dem Instrumentenflug-Teil ein Teil im Sichtflug bestritten werden, und da ist man auf passables Flugwetter angewiesen. Bereits in wenigen Wochen soll der nächste abschliessende Theoriekurs starten, an dem ich gerne teilnehmen würde, um nicht so kurz vor Ende der Ausbildung unnötig Zeit zu verlieren – daher wäre es doch sehr schön, wenn ich meine Prüfung zeitig absolvieren könnte. Schliesslich erspähe ich vier Tage im Voraus ein kurzes Fenster passablen Wetters, auch das Flugzeug ist verfügbar und ein Prüfer lässt sich ebenfalls finden. Die nachfolgenden Tage analysiere ich beinahe stündlich sämtliche Wetterapps und hoffe, dass das Wetterfenster offenbleibt. Es hängt alles davon ab, wie lange und wie stark der Föhn über die Alpen bläst und die herannahende Schlechtwetterfront aufhält. Natürlich muss ich auch mein Prüfungs-Flugprogramm noch einmal komplett umplanen, um es ins Föhnfenster zu quetschen, doch darin habe ich ja inzwischen Übung.

 

Mein Wetterfenster! Pink eingezeichnet die Flugroute, rot der Föhn, der die nahende Front hoffentlich lange genug aufhält!

 

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Am 1. Februar 2019 ist es schliesslich soweit: Mittags treffe ich mich mit meinem Prüfungs-Experten am Flughafen Zürich. Rasch mache ich die DA-42 bereit, bestelle den Treibstoff und versichere mich vor allem auch, dass genügend Enteisungsflüssigkeit vorhanden ist – die würde ich heute noch brauchen! Doch wettermässig sieht es nicht schlecht aus. So können wir als erstes den Sichtflugteil in Angriff nehmen. Ich starte von der Piste 28 des Flughafens Zürich und folge der Autobahn ostwärts. Wir absolvieren das aus einigen Steilkurven, Strömungsabrissen und simulierten Motorausfällen bestehende Programm und schliesslich fliege ich weiter an den Flughafen St. Gallen-Altenrhein, wo noch ein paar Platzrunden in verschiedenen Klappen- und Triebwerkskombinationen warten. Flugs geht es weiter nach Friedrichshafen – nur ein kurzer Hüpfer über den Bodensee und dadurch recht anspruchsvoll, doch auch hier geht alles gut. Nach der Landung bin ich erleichtert: Der kritische Sichtflug-Teil ist absolviert, das Wetter hat gehalten! Nach einer längeren Pause nehmen wir noch den Instrumentenflug-Teil in Angriff. Der Föhn, der mir wie erhofft meinen ersten Prüfungsteil gerettet hat, ist mittlerweile wie auf Kommando zusammengebrochen. Die herannahende Schlechtwetterfront bringt nun immer stärkere Winde sowie Schneeschauer mit sich. Keine einfachen Bedingungen für meinen zweiten Prüfungsteil! Ich darf verschiedene Instrumenten-Anflüge demonstrieren (zweimotorig und simuliert einmotorig, indem ein Schubhebel in den Leerlauf zurückgezogen wird), ein paar Holdings und Durchstarts fliegen, und mich dann durch die nächtlichen Schneeschauer zurück nach Zürich kämpfen. Das Gefühl ist eigenartig: Ich fliege in den Wolken. Draussen ist es stockfinster, das Cockpit ist einzig von einem schummrigen grünen Licht beleuchtet. Im Aufblitzen der Positionslichter erkenne ich, wie tausende Schneeflocken an meiner DA-42 vorbeizischen. Beileibe kein prächtiges Flugwetter. Aber ich vertraue der DA-42 und ich vertraue meinen Fähigkeiten. Das Fliegen bleibt anspruchsvoll, doch ich finde den Weg nach Zürich problemlos. Schliesslich gibt's noch eine Ehrenrunde: Die A380 von Emirates fliegt gerade an, und wir werden über sie hinweg aufs ILS der Piste 14 gevectored. Schon ein tolles Gefühl, hier im Konzert der Grossen mitzumischen! Und so soll es hoffentlich auch bald weitergehen. Denn nach total 717 Kilometern Prüfungsflug lande ich an meinem Heimatflughafen und der Experte schüttelt mir freudig die Hand. Prüfung bestanden! Ich bin nun ganz offiziell ein lizenzierter Berufs- und Linienpilot. Doch wie geht es nun weiter? Das wird die nächste Episode aufzeigen.

 

Das letzte Leg des Prüfungsfluges: Rückflug nach Zürich durch die Nacht! 

 

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Was man an einem Prüfungsflug halt so macht...

 

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Yay, bestanden! 

 

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Uuuuund wie immer noch ein paar weitere Bilder, die oben keinen Platz fanden:

 

 

Blick unter die Motorhaube der DA-42 - mit Mercedes-Benz-Power! 

 

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Ausflug nach Sion für das Training eines sogenannten Y/Z-Flugplans, bei dem während des Fluges von Sicht- auf Instrumentenflugregeln gewechselt wird. 

 

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Ready for departure in Friedrichshafen

 

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Genau für diese Momente macht man das! 

 

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Den Luftstrassen entlang unterwegs nach Hause...

 

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Auch nächtliche Anflüge (hier auf Zürich) sind wunderschön!

 

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  • 3 Wochen später...

Sooo, weiter geht's 🙂

 

 

9: Das Typerating – vom Flugschüler zum Linienpiloten 


In den ersten acht Episoden dieser Serie habe ich mich vom flugbegeisterten Fussgänger bei einer Flugschule zum Linienpiloten ausbilden lassen. Doch so schön das Gefühl auch ist, die ganze Ausbildung gemeistert zu haben – das letzte zentrale Element zur Verwirklichung meines Traums fehlt noch: Die Anstellung bei einer Airline. 

 

Aus Einzelkämpfer mach Teamplayer
Bevor der fertig ausgebildete Flugschüler bereit für den Pilotenmarkt ist, fehlt noch ein kurzes, aber zentrales Schulungs-Element: Der sogenannte MCC-Kurs. Diese Schulung in «Multi Crew Cooperation» soll die Prinzipien, Verhaltensregeln aber auch Gefahren näherbringen, die den Betrieb mit einer mehrköpfigen Besatzung kennzeichnen. Bisher waren wir in unserer Flugausbildung ja fast immer fliegerische Einzelkämpfer gewesen. Zwar operierten wir nach den Standards und Checklisten unserer Ausbildungsbetriebe, und doch eigneten wir uns alle unsere eigenen Abläufe, Denkweisen und Strukturen an. Im Zweimannbetrieb, der unser zukünftiges Berufsleben prägt, geht das natürlich nicht mehr. Hier ist es zentral, als Team zu arbeiten, um stets die besten Eigenschaften von beiden vorhandenen Piloten abrufen zu können. CRM nennt sich das, «Crew Resource Management». Die Rollen im Cockpit sind von nun an klar verteilt: Einer ist der aktiv steuernde Pilot («Pilot Flying [PF]»), der für die Flugdurchführung verantwortlich ist. Der andere ist der überwachende Pilot («Pilot Monitoring [PM]»), der den Flugfunk erledigt, die Checklisten liest und dem PF bestmöglich zudient – ihn aber vor allem auch bei jedem Schritt überwacht und seine Entscheidungen kritisch hinterfragt. 


Das CRM basiert primär auf Verständnis füreinander und einem funktionierenden Informations- und Kommunikationsfluss im Cockpit. Entsprechend werden wir dafür sensibilisiert, wie und wann wir Informationen am besten austauschen. Aber auch auf die verschiedenen Persönlichkeitstypen im Cockpit wird eingegangen, denn sie spielen bei der Kommunikation eine besonders wichtige Rolle. Während man mit Dominanz, Arroganz und voreiligen Schlüssen rasch eine Mauer aufbaut, kann man mit offenen Fragen und ruhigen Analysen eine wertvolle Teamkultur schaffen. Denn auch den erfahrensten Piloten passieren Fehler – und dann ist es von Vorteil, wenn ein zweiter Pilot im Cockpit diese sieht und sich auch traut (bzw. motiviert fühlt), diese anzusprechen. Auch diese Fehlerkultur selbst ist etwas Zentrales: Abweichungen von den Standards sind sofort, aber neutral und sachlich anzusprechen. Diese Inputs sind auch ebenso sachlich aufzunehmen – auch wenn man sich vielleicht auf den Schlips getreten fühlt. Hält man die Kritik doch für ungerechtfertigt, bespricht man das aber mit Vorteil erst nach der Landung am Boden, damit die Flugdurchführung nicht durch einen aufflammenden Streit beeinträchtigt wird. Durch das Studium verschiedener Unfallberichte wird auch ersichtlich, dass der Faktor Zeit immer wieder eine entscheidende Rolle spielt: Im Stress kommt die geordnete CRM-Zusammenarbeit gerne mal abhanden. Daher ist es wichtig, stets vorausschauend zu agieren, Gefahren frühzeitig zu besprechen, und ruhige Zeiten zu nutzen, um stressige Flugphasen vorauszuplanen – dieses «Window of Opportunity» zu erkennen und anzuwenden ist eine wichtige Fähigkeit. 


Nach einigen intensiven Theorietagen im Klassenzimmer dürfen wir die erlernten Grundsätze im wohlbekannten Diamond DA-42-Simulator anwenden. Gerade in diesem Cockpit, in welchem wir zuvor mehrere Dutzend Flugstunden allein geschaltet und gewaltet haben, zeigt sich, wie festgefahren manche Verhaltensmuster schon sind. Es reicht eine ungewöhnliche Anweisung des virtuellen Fluglotsen, schon fliegen die eben erlernten CRM-Grundsätze über Bord und die Hände beider Piloten schiessen gleichzeitig wild zu einem Instrument, um etwas zu verstellen. Doch die mentale Umstellung benötigt nur etwas Zeit: Mit zunehmender Dauer wird das Arbeiten im Cockpit viel strukturierter und koordinierter. Bald stellt man fest, dass das Fliegen zu zweit noch mehr Spass macht, als allein – weil man sich hervorragend ergänzt, einen grossartigen «Flow» hat und auch viel mehr Kapazität besitzt, um mit anspruchsvollen Situationen umzugehen.  

 

Die Spannung steigt: Die Bewerbung
Mit dem MCC-Zertifikat in der Hand kommt für die Flugschüler nun der Moment, sich auf dem Markt bei diversen Airlines zu bewerben. Üblicherweise wird man dann zu einem oder mehreren Bewerbungsgesprächen eingeladen, absolviert einen Bewerbungs-Flug in einem Simulator und diverse weitere Tests, mit denen die mentalen und fliegerischen Fähigkeiten abgeklärt und eingestuft werden. Rund die Hälfte unserer MCC-Klasse fokussiert aber auf einen Job im Cockpit des primären Partners unserer Flugschule. Da beide zum gleichen Konzern gehören und vertieft zusammenarbeiten, konnte die Airline die Leistung und Entwicklung potenzieller Kandidaten schon über deren ganze Flugausbildung hinweg immer wieder einsehen und beurteilen. Das nützt sowohl der Airline wie auch den Kandidaten, bei denen sich nicht aller Druck auf einen einzelnen Moment konzentriert. Trotzdem schnellt der Puls etwas hoch, als der letzten Simulator-Session des MCC-Kurses ein Vertreter der Airline beiwohnt, der sich unsere (Zusammen-)Arbeit im Cockpit anschaut. Gross ist der Ansporn, sowohl fliegerisch wie auch menschlich eine gute Leistung zu zeigen. Und das gelingt uns scheinbar gut – nicht nur mein Sim-Partner und ich sind mit unserer (Team-)Leistung sehr zufrieden, auch der Airline-Vertreter nickt wiederholt anerkennend. 


Trotzdem ist eine Anstellung noch immer alles andere als sicher, daher bleibt der Druck weiter spürbar. Als nächstes steht bei einem darauf spezialisierten Institut ein psychologisches Assessment an: Zuerst werden über einen halben Tag hinweg mit mehreren Computer-Tests die kognitiven Fähigkeiten, das räumliche Vorstellungsvermögen, die emotionale Intelligenz und die Fähigkeit zur Selbsteinschätzung analysiert. Später werden diese Komponenten in mehreren Gesprächen und Rollenspielen mit geschulten Psychologen auch noch live überprüft. Nach erfolgreichem Bestehen dieser Runde folgt schliesslich die Einladung zum entscheidenden Bewerbungsgespräch. Nun ist der Traum von der Verwirklichung meines Berufswunsches zum Greifen nah – entsprechend bin ich schon etwas nervös und angespannt. Es scheint gut zu laufen, doch so ganz sicher kann man das ja nie beurteilen. Mit dem Versprechen, dass man sich bei mir melden würde, werde ich schliesslich verabschiedet. Eine Stunde später informiert mich mein Simulator-Partner aus dem MCC-Kurs, dessen Gespräch etwas vorher stattgefunden hatte, dass er soeben engagiert wurde. Weshalb habe ich noch keine Zusage erhalten? Das Bibbern beginnt. Mittlerweile ist es 17 Uhr abends. Ich rechne schon damit, dass die Entscheidung über meine Personalie vertagt wurde und ich die Ungewissheit noch eine Nacht länger «auskosten» darf. Doch um 17:33 Uhr klingelt das Telefon. Der Puls steigt, das Herz pocht, das Adrenalin schiesst durch die Adern. Ich weiss bis heute noch genau, wo ich stand (sitzen konnte ich da nicht mehr!), als ich den Anruf entgegennahm. «Wir freuen uns, Sie als Piloten in der Familie unserer Airline willkommen zu heissen», sagte die freundliche Dame von der HR-Abteilung, ohne mich unnötig lange auf die Folter zu spannen. Was für ein freudiger Moment! 

 

Katapultstart in die Berufswelt
Doch das Lernen ist damit noch lange nicht vorbei. Mit dem ersten Arbeitstag startet nämlich auch der erste Lerntag von vielen: Nun steht das Typerating an, also die Ausbildung auf den Flugzeugtypen, den ich später fliegen werde. Könnte man die bisherige Piloten-Ausbildung mit einem vollbepackten Jumbojet vergleichen, der sich mit einem langen Startlauf in einer gefühlten Ewigkeit behäbig in die Luft erhebt, so kommt das Typerating eher einem Katapultstart vom Flugzeugträger gleich: In einem äusserst kurzen Zeitraum muss man eine veritable Lawine an Handbüchern, Informationen und Daten verarbeiten, und sich in komplett neue Denkmuster und Systeme hineinversetzen. 2,5 Monate sind dafür vorgesehen – danach möchte die Airline uns im täglichen Betrieb auf der Linie einsetzen, rechtzeitig auf die geschäftige Sommersaison. 


Unsere Typerating-Klasse besteht aus sechs Teilnehmenden. Vier davon sind wie ich sogenannte «ab initio»-Kopiloten (bzw. eine Kopilotin) direkt ab der Flugschule. Dazu gesellen sich zwei erfahrene Kapitäne, die nach Jahren in der Geschäftsfliegerei in die Airline-Welt zurückkehren möchten. Wir erkennen rasch, dass wir alle sehr gut harmonieren. Zwar verdrehen die Kapitäne ab und zu die Augen ab dem überbordenden Enthusiasmus und der Pedanterie, mit welcher wir Frischlinge den kompletten Lernstoff aufsaugen und bearbeiten. Kein Wunder, schliesslich wurden wir ja zuvor jahrelang von Schulen und Prüfungen darauf getrimmt, alles bis auf die dritte Nachkommastelle genau zu lernen und auszurechnen! Unsere beiden Kapitäne haben dagegen mit ihrer grossen Berufs- und Lebenserfahrung längst gelernt, auf was es wirklich ankommt und können viel besser abstrahieren. Doch sie stehen uns gerne zur Seite und unterstützen uns bei der Orientierung im (für uns neuen und zu Beginn teilweise etwas überfordernden) Dschungel der unzähligen Firmen- und Flugzeughandbücher. Allein schon die Beschreibung der firmeninternen Maximen, Betriebsabläufe und Richtlinien umfasst nämlich ein gutes Dutzend Manuals. Der Hersteller des Flugzeuges, auf dem ich ausgebildet werde, hat zudem ein besonderes Faible dafür, die relevanten Informationen auf viele weitere unterschiedliche Handbücher zu verteilen, weshalb nochmals einige Manuals zum Stapel dazustossen. 15'000 Seiten kommen so mindestens zusammen – ein äusserst ambitiöses Unterfangen, vor allem, wenn man die Kunst des Abstrahierens noch nicht so beherrscht!


Doch dank des grossartigen Klassengeists und des soliden technischen Rüstzeugs, das wir in unserer Pilotenausbildung erlangt haben, kommen auch wir «Ab Initios» sehr gut mit dem Stoff zurecht. So können wir die ersten zwei Wochen, die primär der Einführung in die Firma und ihrer Abläufe dienen, erfolgreich abschliessen. Dann sind die Flugzeugsysteme dran. Zuerst eignen wir uns im Handbuch-Selbststudium, unterstützt von zahlreichen Computer-Lernprogrammen und -Tests, das theoretische Wissen über alle Flugzeug-Komponenten an. In rudimentären Simulatoren lernen wir diese dann in Aktion kennen und studieren alle definierten Cockpit-Abläufe ein. Schliesslich folgt in einer nächsten Woche nochmals eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Flugplanung sowie allen Systemen und ihren Fehlerquellen, bevor wir diesen theoretisch-technischen Teil mit mehreren Prüfungen abschliessen. Damit ist auch der erste Monat vorbei.

 

Schon im MCC-Kurs erlernt man die klar definierte Aufteilung und die Abläufe im Cockpit. Auch später geschieht vieles anhand solcher «Flows», die ich mir zu Trainingszwecken entsprechend visualisiert habe. Das pinke "Malen nach Zahlen" beschreibt zum Beispiel den Flow für die Cockpit Preparation, das hellblaue den Line-up Flow beim Auflinieren auf der Piste vor dem Start.

 

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Oha: Selbst meine Zusammenfassung des technischen Lernstoffs ist auf über 80 Seiten angewachsen... 🙂 

 

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Anstrengende Simulator-Zeit
Der zweite Monat steht ganz im Zeichen der praktischen Ausbildung, welche in den voll ausgestatteten Flugsimulatoren bei unserem Partner Lufthansa Aviation Training in Wien stattfindet. So reisen wir insgesamt fünfmal für jeweils drei bis vier Tage in die österreichische Hauptstadt, gefolgt von zwei bis drei Tagen Erholung zuhause. Insgesamt 15 Simulator-Trainings stehen auf dem Programm. Während die Instruktoren dabei wechseln, fliegen immer die gleichen zwei Piloten zusammen im Team. So entsteht mit diesem Sim-Partner eine enge Bindung, man lernt sich kennen und man kann die Abläufe noch besser einüben. Da in unserer Klasse ja auf vier ab-initio-Copiloten nur zwei Kapitäne kommen, muss ein Simulator-Zweiteteam notgedrungen aus zwei Copiloten bestehen. Wie es der Zufall will, trifft das mich und meinen Kollegen, der ebenfalls erst gerade der Flugschule entwachsen ist. Wir zwei unerfahrenen Grünschnäbel dürfen uns also das Cockpit teilen, ohne von der Erfahrung eines richtigen Kapitäns profitieren zu können. Das bedeutet zwar einiges an Mehraufwand, weil man sich auch die Denkmuster und Abläufe des Kapitäns einarbeiten muss - aber dafür lernt man diese Seite auch gleich besser kennen. Umso besser daher, wenn der Sim-Partner genauso flugbegeistert und motiviert ist, wie man selbst! So ist auch die Ehrfurcht von uns beiden etwa gleich gross, als wir erstmals den «richtigen» Simulatoren gegenüberstehen – millionenschwere technische Meisterwerke, die auf hohen hydraulischen Stützen thronen und mit etwas ungelenken Bewegungen staksig umhertanzen, um ihren Insassen die fast perfekte Illusion vom Fliegen vorzugaukeln. Trotz aller Ehrfurcht: Gleichzeitig platzen wir fast vor Vorfreude! Nur schon diese Simulatoren zu fliegen ist ein Highlight. Der Traum beginnt immer mehr, Wirklichkeit zu werden. 

 

Ein Simulator im LAT-Trainingszentrum (Foto: LAT)

 

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Jede Simulator-Session dauert vier Stunden, wovon jeder von uns je zwei Stunden als Pilot Flying und zwei Stunden als Pilot Monitoring verbringt. Im Hintergrund zieht jeweils ein erfahrener Instruktor die Fäden und "bewirft" uns mit allerlei System-Ausfällen oder heimtückischen Wetterphänomenen. Vor jeder Sim-Session findet ein mindestens stündiges Briefing statt, danach ein nochmals stündiges Debriefing, während dem Flugtaktik, Umgang im Cockpit und Systemkenntnis ausführlich analysiert und bewertet werden. Denn an jedem Tag stehen wieder neue Flugzeugsysteme im Zentrum. Natürlich funktioniert das nicht ohne umfassende Vorbereitung. So setzt man sich zuvor im Hotelzimmer stundenlang mit Aufbau und Funktion der Systeme, aber auch den möglichen Fehlfunktionen und den dafür vorgesehenen Checklisten auseinander, und bespricht danach mit seinem Sim-Partner die gemeinsame Flugtaktik für alle denkbaren Szenarien.

 

Auslegeordnung in der Hotel-Lobby vor der nächsten Sim-Session

 

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Die Tage sind also lang und anstrengend, viel Freizeit bleibt nicht. Dies umso mehr, als wir beide etwas Pech haben: Über die Hälfte unserer Trainings findet zu ziemlich ungewöhnlichen Zeiten statt – z.B. von 1 Uhr bis 5 Uhr nachts. So noch genügend Schlaf, Erholung und Lernzeit zu finden, ist nicht immer ganz einfach. Aber wir sind uns tagtäglich bewusst, dass wir gerade unseren Traum leben. Dies, unsere Motivation und das Fliegervirus tragen uns hervorragend durch diese anspruchsvolle Phase. 
Bald ist die Ehrfurcht vor dem Simulator verflogen und wir setzen uns immer routinierter an unsere neuen Arbeitsplätze. Nicht nur die Flugzeugsysteme lernen wir der Reihe nach kennen und bedienen, auch von den wertvollen fliegerischen Inputs unserer Instruktoren – meist erfahrene und verdiente Piloten – können wir Jungspunde viel profitieren. Zum Abschluss dieser Phase folgt natürlich wieder eine Flugprüfung: In einer letzten vierstündigen Simulator-Session wird geschaut, wie wir den Normalbetrieb bestreiten, aber vor allem auch, wie wir auf technische und wetterbedingte Herausforderungen reagieren: Triebwerksausfälle in den ungünstigsten Momenten gehören dabei ebenso zum Standard-Prüfrepertoire wie das Durchstarten in allen Varianten, Ausweichmanöver bei Abwinden und Kollisionsgefahr oder das Korrigieren aussergewöhnlicher Fluglagen, die zum Beispiel durch Randwirbel oder Turbulenzen verursacht worden sein können. Natürlich merkt man meinem Sim-Partner und mir an, dass wir noch ganz frisch auf dem Flugzeug sind. Doch in Anbetracht dessen machen wir unsere Sache ganz ansehnlich und erhalten den positiven Bescheid, dass wir auch das praktische Typerating erfolgreich bestanden haben.

 

In diesem Übungs-Szenario im Simulator erfolgte durch das Heraussprengen einer Frachttür ein rascher Druckabfall. Dieser erforderte nicht nur einen raschen Sinkflug, sondern sollte mich auch «bewusstlos» machen und so eine sogenannte «pilot incapacitation» simulieren. So konnte ich mich für einmal zurücklehnen, während mein Sim-Partner das Flugzeug im virtuellen Amsterdam allein zur Landung bringen musste – was er mit Bravour erledigte (Foto mit Genehmigung von LAT)

 

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Für den Notfall gerüstet
Damit ist auch der zweite Monat vorüber. Nun stehen noch ein paar letzte Formalitäten und Kurse an. Insbesondere werden wir mit allem an Bord vorhandenen Notfall-Equipment und dessen Bedienung vertraut gemacht. Dazu gehört zum Beispiel das fachgerechte Öffnen und Schliessen der Flugzeugtüren (für Neulinge durchaus eine Wissenschaft für sich, mit dem zusätzlichen Kick, dass eine fehlerhafte Bedienung im ungewollten Aufblasen einer Notrutsche enden könnte – ein sehr teurer Spass!), oder die Operation der Notrutschen und der daraus herstellbaren Schwimminseln. Doch auch der Umgang mit Sauerstoffflaschen, Schwimmwesten, Feuerlöschern und Schutzmasken zur Feuerbekämpfung will geübt sein, damit im Notfall jeder Handgriff sitzt. Bei Feuer ist das besonders relevant. Deswegen dürfen wir uns im «Firehouse» mit realem Feuer duellieren, um die Bekämpfung verschiedenster an Bord möglicher Brände zu üben. Als Abkühlung geht es dann am Folgetag – natürlich frühmorgens bei ziemlich frischer Aussentemperatur – im nahen Freibad noch ins Wasser-Training. Dort schwimmen wir wahlweise mit durchnässter und damit schwerer Kleidung oder den Schwimmwesten (die im aufgeblasenen Zustand übrigens ziemlich einengend wirken) mehrere Längen. Schliesslich lernen wir auch noch, wie wir aus der aufblasbaren Notrutsche bzw. ihren Diensten als Schwimmhilfe das Maximum rausholen. Für die paar Rentner, die neben uns im Pool ihre Bahnen ziehen, ein überaus amüsantes Schauspiel. Aber immerhin sind wir nun sprichwörtlich mit allen Wassern gewaschen! Zum Abschluss geht's dann im sogenannten "Preflight Inspection"-Training auf Tuchfühlung mit unserem neuen Arbeitsgerät - auf einem extensiven Rundgang um eine unserer Maschinen schauen wir uns alle Bestandteile und Besonderheiten des realen Flugzeuges an. Der grosse Moment rückt also immer näher. Nur selber real geflogen, das sind wir nun schon länger nicht mehr. Bevor man uns Passagiere anvertraut, geht es daher noch in ein Landetraining mit dem realen Flugzeug. Doch das wird der Stoff der nächsten Episode sein 🙂

 

Äusserst lehrreich und eindrücklich: Das Fire Training

 

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Das Notwasserungs-Training ist überstanden 🙂

 

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Im "Preflight Inspection"-Training kommen wir dem Objekt der Begierde schon ganz nah! 

 

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Da auch professionelle Simulatoren viel Geld kosten, startet man die Ausbildung übrigens nicht gleich auf jenen. Die ersten Annäherungen an die Flug-Prozeduren macht man im sogenannten "Paper Tiger", der einem immerhin die Orientierung im "Cockpit" ermöglicht

 

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Als nächsten Schritt geht es in den sogenannten Fixed Base Simulator. Hier fliegt zwar noch immer nichts, doch immerhin sind die Systeme simuliert und man kann lernen, wie sie auf Piloten-Inputs reagieren und miteinander interagieren (Foto: LAT)

 

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Erst, wenn man diese zwei Stufen überstanden hat, ist man bereit, um den "richtigen", beweglichen Simulator mit all seinen Möglichkeiten adäquat zu nutzen (Foto: LAT)

 

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Immerhin: Im Hotelzimmer in Wien stimmt auch die Aussicht 🙂

 

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Bis zum nächsten Mal!

 

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  • 3 Wochen später...

...uuuund weiter geht's!

 

10: Das Landetraining: Eins werden mit dem neuen Arbeitsgerät
In der letzten Episode erlangte ich im Typerating alles notwendige Wissen, um einen Airliner sicher und zuverlässig von A nach B zu steuern, und brachte dieses Wissen in über einem Dutzend anspruchsvoller Lektionen im «Full Flight Simulator» auch zur Anwendung. Doch auch wenn diese Simulatoren selbst schon beachtliche technische Meisterwerke sind und die Flugdynamik fast perfekt abbilden: Natürlich ist es nochmals ein ganz anderes Gefühl, ein reales Linienflugzeug zu steuern. Und genau das steht heute erstmals auf dem Programm!

 

Bevor neue, frisch von der Flugschule stammende Piloten ein Flugzeug dieser Grösse im Linienbetrieb bewegen dürfen, müssen sie noch ein sogenanntes Landetraining absolvieren. Sechs Landungen werden dafür vom Gesetzgeber – in der Schweiz das BAZL – vorgeschrieben. Am besten bewegt man das Flugzeug dafür – wie man es schon von den Kleinflugzeugen in der Ausbildung kennt – in einer standardisierten Platzrunde, und setzt nach jeder Runde zur Landung bzw. zum Touch and Go an. Meist finden diese Landetrainings an Flughäfen statt, die zwar eine gute Infrastruktur bieten, allerdings kaum regulären Flugverkehr aufweisen – so bleibt man ungestört und hat Zeit und Raum, um alles sauber trainieren zu können. Der Flughafen Châteauroux im Zentrum Frankreichs erfreut sich für diese Zwecke grosser Beliebtheit, für unseren Kurs standen aber auch Pula in Kroatien oder das französische Épinal im Fokus. Schliesslich fiel die Entscheidung auf Letzteres.

 

Das Datum des Landetrainings stand schon zu Beginn unseres zwei Monate dauernden Typeratings fest, entsprechend freudig fieberten wir ihm entgegen. Nachdem wir uns in den Simulatoren des Ausbildungs-Partners Lufthansa Aviation Training (LAT) in Wien unsere Sporen abverdient und die Bedienung des Flugzeuges verinnerlicht hatten, stieg die Vorfreude bei der Aussicht darauf, all dies nun auch in der Realität anzuwenden, noch einmal beträchtlich an. Die letzten Tage vor dem Landetraining verbrachte ich damit, nochmals alle relevanten Abläufe durchzugehen und mich mit dem Flugzeug, aber vor allem auch mit dem Flughafen Épinal vertraut zu machen. Der Aéroport d'Épinal-Mirecourt wurde im Jahr 1953 als Reservebasis für die NATO gebaut, war allerdings daraufhin nie wirklich stark frequentiert. Idyllisch inmitten von Äckern gelegen, bietet er neben den zahlreichen ehemaligen militärischen Flugzeug-Standplätzen auch ein kleines ziviles Vorfeld sowie eine mit 2'700 Metern generös lange Piste in Ost-West-Ausrichtung. Kurzum: Ein perfektes Trainingsgelände, weshalb unsere Airline auch in der Vergangenheit schon einige Male für Landetrainings zugegen war.

 

Etwas zaghaft und mit einem Gemisch aus Vorfreude, Ehrfurcht und leichter Nervosität, betrete ich am Morgen des lang herbeigesehnten Tages erstmals den Crew-Room meiner Airline im «Operation Center» des Flughafens Zürich. Dort geht es zu dieser Uhrzeit, in Vorbereitung auf die morgendliche Abflugwelle, zu und her wie in einem Bienenhaus: Cockpit- und Kabinencrews studieren konzentriert ihre Flugunterlagen und bringen sich gegenseitig in Briefings auf den neusten Stand, bevor sie in alle Himmelsrichtungen ausschwärmen. Und heute dürfen auch wir endlich ausschwärmen! In einem Nebenraum treffe ich auf den Rest meiner Gruppe: Drei weitere «ab-initio-Kopiloten» frisch ab der Flugschule sowie drei erfahrene Ausbildungskapitäne, die uns durch den speziellen Tag begleiten werden.

 

Grosse Vorfreude vor dem ersten Start. Der Ausbildungskapitän und ich tragen beide ausnahmsweise, da ohne Passagiere fliegend, Zivilkleidung

 

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Überraschung zu Beginn
Kaum habe ich meine Briefing-Unterlagen ausgebreitet, folgt die grosse Überraschung: «Tis, du fliegst uns heute nach Épinal! Passt das für dich?» Ich kneife mich kurz, um sicherzustellen, dass ich nicht noch träumend im Bett liege. Doch es ist die Realität. Dass ich erstmals Hand ans Steuer einer realen Embraer E190 legen würde, war mir bewusst – für sechs Landungen im ländlichen Osten Frankreichs. Dass ich aber die Maschine auch noch gleich selbst dorthin steuern würde, überrumpelt mich nun doch etwas. Aber natürlich macht es Sinn: Indem ich schon den Hinflug bestreite und danach gleich meine erste Landung absolviere, muss eine Platzrunde weniger geflogen werden – das freut nicht nur die Umwelt und die Anwohner, sondern auch die Buchhaltung. Ich hatte auch vage mit dieser Möglichkeit gerechnet und den Streckenflug von Zürich nach Épinal mental vorbereitet sowie ein paar Mal am heimischen PC-Flugsimulator durchexerziert. So fühle ich mich bereit für diese zusätzliche Herausforderung und nehme sie gerne an!

 

Als wir wenig später übers Vorfeld des Flughafens Zürich zur Maschine gebracht werden, die ich gleich steuern werde, steigt die Vorfreude rasant ins Unermessliche. Gewiss, ich bin hochkonzentriert, die Ehrfurcht ist weiterhin gross und ich bin entsprechend angespannt. Doch kaum haben wir die Flugzeugtür geöffnet und das Cockpit betreten, wirkt sich die gute Vorbereitung einmal mehr sehr positiv aus: Es sieht hier exakt gleich aus wie im Simulator der LAT in Wien. So fühle ich mich gleich wie zuhause und pudelwohl. Ich weiss genau, was ich zu tun habe und schreite mit den erlernten Abläufen zur Tat. Eine halbe Stunde später ist der Bordcomputer programmiert, die Wetter- und Beladungsdaten sind eingeholt und analysiert, die Start-Parameter berechnet und im «Departure Briefing» habe ich mit dem erfahrenen Ausbildungskapitän auf dem Nebensitz sämtliche Eventualitäten unseres Abfluges besprochen. Ich werde das Flugzeug beim Start selber steuern. Er hat die Hände aber ebenfalls an den Steuerflächen und könnte jederzeit eingreifen, sollte von meiner oder von flugtechnischer Seite etwas nicht so laufen wie geplant. So sind wir gerüstet und können unseren Flug beginnen. „9110, Embraer 190, Stand India 05, Information Papa, ready to copy IFR Clearance to Épinal“, höre ich mich bald am selbst am Flugfunk sagen – ohne recht zu wissen, ob das nun Traum oder Realität ist. Doch im Unterschied zum Simulator kommt auch postwendend die Antwort eines realen Zürcher Fluglotsen zurück, der uns die erbetene Flugfreigabe erteilt.

 

Danach starten wir die Triebwerke, arbeiten weitere Checklisten ab und rollen zur Piste 28 des Flughafens Zürich. Das Rollen ist bei diesem Flugzeugtyp Sache des Kapitäns, da nur er über eine Steuerung für das Bugrad verfügt. Entsprechend habe ich noch kurz Zeit, um mich zu sammeln. Ich blicke zum Pistenbeginn und sehe keine Flieger vor uns. Keine Frage: Das wird schnell gehen heute! Während ich mental noch meine weiteren Schritte durchgehe, folgt schon die nächste Instruktion des Fluglotsen: «9110, line up and wait runway 28» – wir dürfen uns also auf der Piste in Startposition bringen. Sind wir dafür überhaupt schon bereit? Haben wir alles erledigt? Meinen fragenden Blick quittiert der erfahrene Ausbildungskapitän mit einem hochgehaltenen Daumen und einem gutmütigen Lächeln. Also dann! Wenig später folgt schon die Startfreigabe. Zum ersten Mal schiebe ich die Schubhebel des richtigen Flugzeuges nach vorne und höre hinter mir die Triebwerke aufheulen. Mit nur sieben Personen an Bord sind wir sehr leicht – entsprechend kräftig stossen uns die Triebwerke nach vorn. Die Schläge der Bodenwellen werden mit zunehmender Geschwindigkeit immer rasanter und verschmelzen schliesslich zu einem vibrierenden Rumpeln. Links und rechts sausen die Terminals und einige meiner liebsten Fotoplätze vorbei. Schon steht die Geschwindigkeits-Anzeige bei 135 Knoten: 250 km/h, die berechnete Abhebe-Geschwindigkeit! Von links ertönt das Kommando «Rotate!». Etwas zaghaft ziehe ich am Steuerhorn und hebe so die Flugzeugnase in die Höhe, nur wenig später folgt ihr das Hauptfahrwerk. Wir fliegen tatsächlich. Oder präziser: Ich fliege tatsächlich!

 

 

Unterwegs nach Épinal, hier bereits wieder im Sinkflug. 

 

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Ich fliege!
Brav folge ich dem sogenannten «Flight Director» – dem pinkfarbenen Fadenkreuz auf meinem primären Flugdisplay, das mir die zu steuernde Fluglage anzeigt. Dennoch kann ich es nicht lassen, kurz fast unmerklich die Flügel zu schwenken. Ja, dieses grosse, über 40 Tonnen schwere Flugzeug folgt tatsächlich präzis meinen Steuerbewegungen! Die angestaute Anspannung verschwindet augenblicklich, ein zufriedenes Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus. Ich habe gar Zeit, für einen Moment den Blick aus dem Fenster schweifen zu lassen und erblicke mein Zuhause, das rechts unter uns vorbeizieht. Ein einmaliges Gefühl! «Select VNAV, Engage Autopilot», kommandiere ich kurz darauf, und schon bin ich wieder mittendrin in den erlernten Abläufen. Der Kapitän tut wie geheissen und schaltet den Autopiloten sowie den Modus für das Befolgen des eingegebenen vertikalen Flugprofils ein. In der Folge fliegt der Autopilot das Flugzeug, während ich die Vorgaben des Fluglotsen bezüglich Geschwindigkeit, Kurs und Höhe am Bedienpanel einstelle. So steuern wir auf eine Flughöhe von 18'000 Fuss (5'500 Meter), überfliegen meinen ersten Ausbildungs-Flugplatz Schupfart (Zeit zum Runterschauen habe ich leider keine!) und nehmen dann via der Stadt Basel Kurs auf das französische Elsass. Die Flugzeit nach Épinal beträgt nur 30 Minuten – ein anspruchsvolles, weil sehr kurzes Programm für einen Erstflug! Entsprechend rasant vergeht die Zeit, während wir im Cockpit alle Berechnungen und Vorbereitungen für die Landung erledigen.

 

So fühlen sich die 30 Minuten eher wie 30 Sekunden an. Schon drehen wir einem GPS-Anflugverfahren folgend in den Endanflug auf die Piste 27 ein. Das Wetter ist perfekt: Kaum Wind, keine Wolken und gute Sicht. So nehme ich die Augen von den Instrumenten und blicke geradeaus nach vorn. Wahrhaftig: Da liegt direkt vor mir die Runway von Épinal! «Hui, jetzt muss ich den Vogel irgendwie hier landen», schiesst es mir durch den Kopf. «Autopilot coming off», kündige ich an, damit der Ausbildungskapitän neben mir weiss, dass ich den Autopiloten gleich ausschalten und für die Landung wieder selber das Steuer übernehmen werde. So könnte er jederzeit eingreifen, falls ich einen Fehler mache. Doch sofort bin ich wieder im Rhythmus drin, führe aus, was ich so oft im Simulator geübt habe, und die Maschine gehorcht mir wunderbar. Nur mein Abfangmanöver («Flare») kurz vor dem Touchdown fällt etwas zu wenig pointiert aus, weswegen die Landung etwas härter wird, als persönlich erhofft. Ein etwas bestimmtes Aufsetzen ist aber gar nicht mal schlecht, ja wird bei gewissen Verhältnissen (bspw. bei nasser oder kurzer Piste) sogar bewusst angestrebt; so wird durch den Touchdown selbst schon mehr kinetische Energie vernichtet, die Gefahr von Aquaplaning wird reduziert, und es wird sichergestellt, dass alle Sensoren und Systeme des Flugzeuges auch tatsächlich registriert haben, dass man nun am Boden ist. Nur dem Ego gefällt das natürlich nicht immer. Aber hey: ich habe soeben mein erstes Mal ein über hundertsitziges Passagierflugzeug sicher zurück auf den Boden gebracht, und genau für diesen Feinschliff ist das Landetraining ja da. Willkommen in Épinal!

 

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Feilen an der richtigen Technik
Nach einer kurzen Pause auf dem Vorfeld folgen noch meine verbleibenden fünf Touch and Go des eigentlichen Landetrainings – allesamt siebenminütige Platzrunden rund um Épinal. Mit jeder Landung stimmt das Fingerspitzengefühl etwas besser, ich bringe kleine Korrekturen an und kann mir eine Strategie einprägen: Bei 30 Fuss (10 Meter) über der Piste den Schub in den Leerlauf nehmen, die Nase etwas hochziehen, bei 10 Fuss (3 Meter) über der Piste nochmals ein kleiner Zug am Steuerhorn, und dann küsst die Embraer meist sanft den Boden. Als die Maschine schliesslich nach der fünften Runde und meiner insgesamt sechsten Landung auf dem kleinen Vorfeld zum Stehen kommt, sind die Glücksgefühle riesig: Ich habe sie mit meinen eigenen zwei Händen hierhin geflogen, sechsmal sicher gelandet, und heil geblieben ist sie dabei auch noch. Dennoch beschliesse ich, die als HB-JVR registrierte E190 in Anlehnung an unser erstes gemeinsames Rencontre mit dem französischen Boden fortan «JVRumms» zu nennen. Ich hoffe, sie hat mir mittlerweile verziehen!

 

Vielleicht ist die HB-JVR nicht unglücklich, als ich daraufhin die Plätze mit meiner Kopiloten-Kollegin tausche, die mit ihr schon von Beginn weg etwas feinfühliger umzugehen weiss. Währenddessen geniesse ich in der ansonsten leeren Kabine von verschiedenen Sitzen aus die weiteren sechs Platzrunden über französischem Ackerland sowie die meist relativ sanften Landungen. Danach ist eine kurze Pause angesagt. Wir steigen aus und überlassen die Maschine den zwei verbliebenen Kollegen für ihr Training, während wir zusammen mit unserem Ausbildungskapitän im kleinen Abfertigungsgebäude einigen Papierkram erledigen. Alle sieben Minuten hören wir derweil die Maschine – unsere Maschine! – anfliegen, hören ihre Triebwerke aufheulen, und sehen die HB-JVR dann wieder für die nächste Runde von dannen ziehen.


Nach gut vier Stunden auf französischem Boden haben alle vier ab-initio-Kopiloten ihre Platzrunden gedreht und können auf erfolgreiche Landungen zurückblicken. Die Euphorie in meiner Gruppe ist grenzenlos! Nur ein Kollege ist noch hoch konzentriert: Er hat erst fünf Runden absolviert und wird uns nun noch zurück nach Zürich fliegen, um dort seine sechste Landung durchzuführen. Auch er erledigt diese Aufgabe mit Bravour, wenngleich er mit seinem bestimmten Aufsetzen in Zürich ebenfalls HB-JVRs neuem Spitznamen zu huldigen scheint. Während mein Kollege vorne konzentriert am Arbeiten ist, koste ich die freie Platzwahl aus und geniesse seinen Flug aus Passagiersicht. Ich bin zurück in der ach so vertrauten Beobachter-Perspektive – und kann noch immer nicht glauben, dass ich genau dieses grosse Flugzeug gerade eben noch selber gesteuert habe.


Doch meine Piloten-Karriere hat mit diesem wichtigen Meilenstein erst richtig begonnen. Die Ausbildung ist damit nämlich beendet, mein nächster Flug wird mein erster Linienflug sein. Auch das Datum steht schon fest: In genau einer Woche bin ich für einen Flug nach Bremen und zurück eingeplant. Die Kabine wird dann nicht mehr so leer sein wie beim Landetraining, sondern prall gefüllt mit über hundert Fluggästen. Gewiss eine riesige Verantwortung. Doch dank der soliden Grundausbildung, der umfangreichen Simulator-Phase in Wien und dem erfolgreich gemeisterten Landetraining fühle ich mich bereit für diesen grossen Schritt. Wie es mir dabei ergeht, wird in der nächsten jetstream-Ausgabe zu lesen sein! 

 

 

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Hochkonzentriert fliegt die Kollegin ihre erste Platzrunde um Épinal. Dafür steigt sie jeweils auf eine Flughöhe von 2'600 Fuss, das sind 1'500 Fuss bzw. 460 Meter über Flugplatzhöhe. Jede Runde wird nach Sicht sowie von Hand geflogen und dauert rund sieben Minuten.

 

 

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Runde um Runde wird gedreht...

 

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Ausblick aus dem Tower auf das zivile Vorfeld. Der Fluglotse ist an jenem Tag mangels anderem Verkehr fast ausschliesslich für unser Flugzeug zuständig – und führt natürlich über jede erfolgte Landung genau Buch.

 

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Herzliche Gratulation zu deinem Erstflug an deinem neuen Arbeitsplatz nach erfolgreicher Ausbildung, Tis!

Und solltest du mal das Fliegen satt haben (rhetorisch 😉) - als Schriftsteller würde ich dich auch kaufen. Schön geschrieben - well done!

 

Ich bin sicher, dass sich deine gewohnte und sichere Beobachterrolle bald in die der Reihe 0 widerspiegelt und du dort das gleiche Gefühl und Routine haben wirst. 

 

Habe viel Spass in deinem aktiven Linien-Fliegerleben.

 

Gruss

Markus

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Hallo Tis

ich bin hier im Forum ein eher stiller Mitleser, aber nach dem Abschluss deiner RayBan Story sehe ich mich in der Pflicht hier ein grosses "Merci" fürs teilhaben lassen zu deponieren.

Seit ich mich hier angemeldet habe durfte ich immer wieder mit Freuden deine hochwertigen Beiträge verfolgen, gespickt mit fantastischen Bildern und packenden Texten haben sie mich mehr als einmal virtuell mit auf die Reise genommen. Dem geneigten Leser dürfte damals schon klar gewesen sein das es sich bei deinem "Virus aviaticus" um eine besonders intensive Variation handelt und dieser dich mit ziemlich grosser Wahrscheinlichkeit in die Lüfte führen wird, nein in die Luft führen MUSS.

Ich wünsche dir in deiner weiteren Laufbahn weiter viel Erfolg und das du bei aller Verantwortung und wohl auch Hektik die so ein Beruf mitbringt, immer wieder die Zeit findest es auch zu geniessen 😉

Ich hoffe sehr das ich eines Tages mal in einen Passagierjet sitze und im Announcement "Ladies and Gentleman this is your Captain Tis Meyer speaking..." höre, DANN ist für mich, auch wenn es seltsam klingt, der Kreis perfekt geschlossen.

Grüsse Martin

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