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"Just Culture" in der Luftfahrt


Kuno

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Am 19.2.2021 um 22:04 schrieb bhoeneis:

Keine Schuld ohne konkrete Gefahr

 

Warum werde ich als Autolenker dann gebüsst, wenn ich mit 81 (also 1 km/h zu schnell) auf der Landstrasse geblitzdingst werde?

Sorry, ich verstehe die Logik nicht. Kann mich wer erhellen bitte?

 

Chris

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vor 51 Minuten schrieb Pioneer300:

 

Warum werde ich als Autolenker dann gebüsst, wenn ich mit 81 (also 1 km/h zu schnell) auf der Landstrasse geblitzdingst werde?

Sorry, ich verstehe die Logik nicht. Kann mich wer erhellen bitte?

 

Chris

 

Soweit ich weiß gibt es auch in der CH eine Toleranz die abgezogen wird? Also warst du dann effektiv doch schneller. Dazu hast du schlichtweg gegen eine Regel verstoßen.

 

Aber so wie ich es verstanden habe lag in der Situation des Fluglotsen kein Verstoß gegen eine Vorschrift vor. Der Lotse hatte einen Plan, der soweit legal war und dann nicht aufging. Das Ansprechen des TCAS und das Ausweichmanöver sind scheinbar kein Beweis für das Vorliegen einer konkreten Gefahr.

In deinem Verkehrsbeispiel wäre das evtl. eher eine Situation in der der Überholst während sich auf der Gegenspur ein anderer Verkehrsteilnehmer nähert. Vor Gericht wird dann geklärt, dass du noch rechtzeitig eingeschert bist und keine Gefahr bestand. Da du nicht zu schnell warst und sonst kein Verkehrsverstoß vorlag kannst du nicht verurteilt werden.

 

Soweit mein Verständnis.

 

Gruß Alex

Bearbeitet von Alexh
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vor 9 Minuten schrieb Alexh:

 

Aber so wie ich es verstanden habe lag in der Situation des Fluglotsen kein Verstoß gegen eine Vorschrift vor

 

Dann hätte man das auch so begründen sollen, nämlich dass schlichtweg gegen keine Vorschrift verstossen wurde und gut. Aber nicht: Es bestand keine Gefahr.

Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass eine gleichzeitige Startfreigabe für 2 Maschinen auf sich kreuzenden Pisten gegen eine Vorschrift verstösst. Das könnte ein Lotse mal ausführen.

 

Chris

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Möglicherweise steht in der Anklageschrift etwas von "Gefährliche Situation herbeigeführt" oder so. Gut möglich, dass das Gericht diese Vorwürfe dann explizit adressieren muss. 

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vor 9 Stunden schrieb Pioneer300:

 

Warum werde ich als Autolenker dann gebüsst, wenn ich mit 81 (also 1 km/h zu schnell) auf der Landstrasse geblitzdingst werde?

Sorry, ich verstehe die Logik nicht. Kann mich wer erhellen bitte?

 

Chris

Das habe ich mich auch schon gefragt, ich sehe jedoch 2 Gründe:

 

Erstens führt das Feststellen einer konkreten Gefahr zu schwierigen Definitionsfragen und endlosen Diskussionen und Gerichtsfällen.  Bei einer Radarkontrolle gibt es keine Diskussion. Die Geräte werden regelmässig geeicht (hoffentlich).

 

Zweitens braucht der Staat das Geld dringend.

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vor 8 Stunden schrieb Pioneer300:

 

Dann hätte man das auch so begründen sollen, nämlich dass schlichtweg gegen keine Vorschrift verstossen wurde und gut. Aber nicht: Es bestand keine Gefahr.

Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass eine gleichzeitige Startfreigabe für 2 Maschinen auf sich kreuzenden Pisten gegen eine Vorschrift verstösst. Das könnte ein Lotse mal ausführen.

 

Chris

In Bezug auf den Vorfall vom August 2012 hat der Lotse eine Anflugfreigabe gegeben und eine Startfreigabe. Dies ist daily business weltweit, wird täglich tausende mal praktiziert und verletzt keine Vorschrift.

 

Wenn du den Vergleich machen willst mit dem Strassenverkehr und just culture:

Stell dir vor im Strassenverkehr halten sich alle an die Speed Limits, jeder sieht den Sinn und Notwendigkeit der Limits und keiner fährt absichtlich zu schnell. Systeme überwachen deine Geschwindigkeit (meistens) und falls du doch mal zu schnell fährst, dann schreibst du einen Bericht darüber und erklärst wieso das passiert ist. Daraufhin wierden diese Berichte gesammelt und analysiert und man sucht Ursachen oder Schwachpunkte, wo und wann Geschwindigkeitsüberschreitungen immer noch stattfinden. Mit dem Ziel diese verbleibenden 0,01% Übertretungen auch noch auszumerzen.
In so einem System wären Radarfallen/Bussen sinnlos.

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...oder Geschwindigkeitslimits würden angepasst (nach oben oder nach unten), weil ja z.B. nachweislich viele an einer bestimmten Stelle ohne Gefährdung schneller gefahren sind.

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vor 7 Stunden schrieb HRK:

In Bezug auf den Vorfall vom August 2012 hat der Lotse eine Anflugfreigabe gegeben und eine Startfreigabe. Dies ist daily business weltweit, wird täglich tausende mal praktiziert und verletzt keine Vorschrift.

 

Inklusive gefährlicher Annäherung und Ausweichmanövern? Das bezweifle ich stark, wenn das der Fall wäre, würde ich nie wieder fliegen.

 

Die Begründung für die Straffreiheit war nicht "Dies ist daily business weltweit, wird täglich tausende mal praktiziert und verletzt keine Vorschrift." sondern "Es bestand keine konkrete Gefahr."

 

Strassenverkehr: "Ja ich bin zu schnell gefahren und wurde geblitzdingst, aber ich war lediglich 1 km/h zu schnell und allein auf weiter Flur, es bestand deshalb keine "konkrete Gefahr". Von einer Bestrafung ist daher abzusehen."

 

Ja nu, muss ich auch nicht verstehen.

 

Chris

Bearbeitet von Pioneer300
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vor 10 Minuten schrieb Pioneer300:

 

Inklusive gefährlicher Annäherung und Ausweichmanövern? Das bezweifle ich stark, wenn das der Fall wäre, würde ich nie wieder fliegen.

 

Die Begründung für die Straffreiheit war nicht "Dies ist daily business weltweit, wird täglich tausende mal praktiziert und verletzt keine Vorschrift." sondern "Es bestand keine konkrete Gefahr."

 

Strassenverkehr: "Ja ich bin zu schnell gefahren und wurde geblitzdingst, aber ich war lediglich 1 km/h zu schnell und allein auf weiter Flur, es bestand deshalb keine "konkrete Gefahr". Von einer Bestrafung ist daher abzusehen."

 

Ja nu, muss ich auch nicht verstehen.

 

Chris

Es geht mir hier um die Terminologie, will weder das Urteil noch den Vorfall bewerten;

Man erteilt als Lotse eine Anflugfreigabe auf eine Piste, das passiert in genügend großem Abstand, aber diese Piste wird munter weiter benutzt für Starts und Landungen.
Bei einer darauffolgenden Landefreigabe muss die Piste frei sein (auch hier wieder Ausnahmen von der Regel möglich). Will nur deine Aussage klarstellen, dass in diesem Fall eben NICHT überschneidende Lande- oder Startfreigaben erteilt wurden.

 

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vor 4 Minuten schrieb HRK:

Will nur deine Aussage klarstellen, dass in diesem Fall eben NICHT überschneidende Lande- oder Startfreigaben erteilt wurden.

 

Dann wird der Fall vollkommen falsch kommuniziert, Zitat von weiter oben: "Im Sportflugzeug hatte ein Flugschüler, der von einer erfahrenen Fluglehrerin begleitet wurde, Aufsetz- und Durchstartemanöver trainiert und auf der Piste 16 landen und gleich wieder starten wollen. Der beschuldigte Fluglotse hatte dies bewilligt, aber auch einer mit 15 Passagieren und 3 Besatzungsmitgliedern besetzten Passagiermaschine Saab 2000 von Darwin Airline auf Piste 28 die Starterlaubnis erteilt. Die beiden Pisten kreuzen sich.

Die Flugzeuge kamen sich in der Folge horizontal bis auf 256 und vertikal bis auf 30 Meter nahe, wobei das Sportflugzeug in einer scharfen Rechtskurve abdrehte. Die Crew der Passagiermaschine, durch das Kollisionswarnsystem an Bord alarmiert, erhöhte die Steigrate."

 

Chris

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vor 26 Minuten schrieb Pioneer300:

 

Dann wird der Fall vollkommen falsch kommuniziert, Zitat von weiter oben: "Im Sportflugzeug hatte ein Flugschüler, der von einer erfahrenen Fluglehrerin begleitet wurde, Aufsetz- und Durchstartemanöver trainiert und auf der Piste 16 landen und gleich wieder starten wollen. Der beschuldigte Fluglotse hatte dies bewilligt, aber auch einer mit 15 Passagieren und 3 Besatzungsmitgliedern besetzten Passagiermaschine Saab 2000 von Darwin Airline auf Piste 28 die Starterlaubnis erteilt. Die beiden Pisten kreuzen sich.

Die Flugzeuge kamen sich in der Folge horizontal bis auf 256 und vertikal bis auf 30 Meter nahe, wobei das Sportflugzeug in einer scharfen Rechtskurve abdrehte. Die Crew der Passagiermaschine, durch das Kollisionswarnsystem an Bord alarmiert, erhöhte die Steigrate."

 

Chris

Es ist ein Zeitungsbericht den du hier zitierst. Ich erwarte nicht von den Journalisten, dass sie die Terminologie unterscheiden können. Glücklicherweise könnten es die Richter.

 

Hast du als Pilot denn noch nie einen Anflug begonnen, während dem auf der Piste weiter gestartet und gelandet wurde? Bist du immer allein in der Volte?

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vor 7 Minuten schrieb HRK:

Es ist ein Zeitungsbericht den du hier zitierst.

 

Dann gab es auch keine gefährliche Annäherung, keine Ausweichmanöver, keinen TCAS-Alarm?

Keine Ahnung, was ich nun von allem halten soll, wenn die NZZ offensichtlich falsch berichtet.

 

vor 7 Minuten schrieb HRK:

Hast du als Pilot denn noch nie einen Anflug begonnen, während dem auf der Piste weiter gestartet und gelandet wurde?

 

Doch natürlich. Ich wurde aber noch nie freigegeben, in dessen Folge ich scharfe Ausweichmanöver fliegen musste und/oder im Airliner die Bimmel anging.

 

Chris

Bearbeitet von Pioneer300
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Ein heikler Fall: Ob es da schlussendlich gerecht zugehen mag...

 

Wie verhält es sich eigentlich mit seinem Lotsen Tower-Kollegen in Genf? Dort gibt es keine kreuzenden Pisten - hat er deswegen ein leichteres Leben?

 

Es ist ein Kreuz!

Richard

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Kann "HRK" zu 100% recht geben: sowohl was den Vergleich "Luftfahrt - Autoverkehr" (Landefreigaben versus zu schnelles Fahren) als auch die Erklärungen zum Fall angeht. 

Wäre spannend, das vom Gericht verfasste Urteil und dessen Argumentation zu lesen.

 

Eine Freigabe für den Anflug bei noch startenden Flugzeugen passiert jeden Tag Tausende Mal auf der Welt (in diesen Zeiten wahrscheinlich etwas weniger).

Ebenfalls nicht unüblich sind Landefreigaben als Nummer 3 oder 6: "Your are number 6. Cleared to land runway XY". Jeder, der mal in den grossen USA unterwegs waren, hat dies wahrscheinlich schon erlebt.

 

JUST CULTURE
Der Titel dieses Beitrages sagt das aus, was in den vergangenen Jahren in der Luftfahrt zu einem sehr hohen Sicherheitsniveau geführt hat. Ich kann nur hoffen, dass man diesen Weg weiter geht.

 

Patrick

 

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