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...oder 20000 Zentimeter unter dem See Ich weiss, dass das hier Flightforum heisst. Aber für einmal nehme ich euch nicht mit über die Wolken, sondern mal flugs in die Gegenrichtung. Hat aber auch ein klein wenig mit Aviatik zu tun, versprochen! Bei dem Titel fragt sich der geneigte Leser aber vielleicht schon «HÄÄÄÄ?!?». Tauchen würde man ja noch verstehen, so mit Taucherbrille und Flasche auf dem Rücken. Aber «TauchFAHRT» impliziert ja ein U-Boot? In einem Schweizer See? Gibt es das tatsächlich? Und ist das legal möglich?!? Da könnte ja jeder kommen!!! Die gute Nachricht ist: ja, es ist tatsächlich möglich und ja, es kann auch wirklich jeder kommen! Das nötige Kleingeld vorausgesetzt, der Spass ist nicht ganz billig. Aber im finanzierbaren Rahmen, wenn man sich das mal leisten und ersparen will, siehe Link am Ende. So in der Kategorie Helikopter fliegen sage ich mal. Die notwendigen Murmeln um da einzusteigen, die muss man hingegen wirklich selber mitbringen... ------------------------ Ein kleiner, rechtlicher Hinweis an dieser Stelle: dieser Bericht ist auf eigene Initiative entstanden. Ich musste zwar netterweise für die Fahrt nicht selber bezahlen. Dies liegt aber daran, dass es ein Geburtstagsgeschenk meiner Eltern zu meinem Vierzigsten war: vielen herzlichen Dank noch einmal an dieser Stelle für das erfüllen eines alten Bubentraumes!!! Ja, ich bin anfangs ein alter Sack geworden… Die ausführende Firma hat hingegen keinerlei finanzieller Zustupfe gegeben oder irgendwie Verpflichtungen eingefordert. Dass ich sie, bzw. deren Produkt hier mit porträtiere, liegt in der Natur der Sache. Ist ja in einem Flight Review auch nicht anders, wenn ich mal wieder über KLM oder Icelandair schwärme ------------------------ Ein U-Boot also. Natürlich ist das kein riesiges Atom-U-Boot mit allen Annehmlichkeiten, sondern ein kleines Tauchboot. Die P-63 verfügt gerade mal über Platz für fünf Personen, ein Pilot und vier Fahrgäste. Auch da sind wir im Bereich eines Helis, wie etwa einem Bell Jet Ranger und es ist auch etwa ähnlich eng. Abgesehen vom Gewicht – mit 6.5 Tonnen ist sie dann doch etwas gewichtiger… Und es ist das einzige U-Boot in der Schweiz mit einer kommerziellen Zulassung. Gebaut wurde sie 1987 als Arbeitsgerät, etwa zum inspizieren von Staumauern und wurde 2023 komplett revidiert. Und jetzt, genauer am 7. September 2024 darf ich damit in die Tiefen des Vierwaldstättersees tauchen Am morgen früh mache ich mich auf nach Gersau, wo ich gegen zehn Uhr am Hafen auf Herrn Philippe Epelbaum, den Gründer und CEO des Betreibers SubSpirit und auch heutiger Pilot, so wie die anderen drei Gäste treffe. Kurz darauf kommt auch schon das Zubringerboot: Bei allerbestem Spätsommerwetter verlassen wir den Hafen von Gersau… ...und nehmen Kurs auf die Trägerplattform: An der Plattform machen wir fest und können einen ersten Blick auf das Objekt des Interesses werfen: Umsteigen und erstes Begutachten: Das Trägerschiff besteht aus zwei seitlichen Schwimmkörpern in Form eines Katamarans mit einer mittig angebrachten, absenkbaren Plattform, auf der die P-63 aus dem Wasser gehoben werden kann. Liegt daran, dass das Böötli über eine Vne von gerade mal 4 Knoten verfügt und daher mit etwas Schnellerem vom Heimathafen in Vitznau zum Einsatzort gebracht werden muss. Sonst würde das viel zu lange dauern und die Batterien unnötig beanspruchen. Ein kurzer Besuch einer Personenwaage muss auch noch sein, damit das Boot sauber ausgetrimmt werden kann. Auch hier eine Parallele zur Kleinfliegerei. Kurz darauf hat die Trägerplattform die Tauchstelle erreicht und wir können einsteigen. Mein Excitement ist am Anschlag – als Jugendlicher ist man natürlich an Jules Verne nicht vorbeigekommen und auch ein Namensvetter namens Cousteau (mein zweiter Vorname ist Jacques…) hat meine Phantasie lange genug beflügelt. Und nun darf ich auch mal! Wie schon oben erwähnt, geht ein lange gehegter und immer für unerreichbar gehaltener Bubentraum in Erfüllung! Boarding in dem Fall Gut zu sehen links und rechts der Einstiegsluke: die beiden Schächte mit den vertikalen Schrauben für die Tiefenregulierung. Da komme ich gleich nochmal darauf zurück: Unser Pilot ist schon am Platz und hat das Maschinchen vorbereitet. Sprich die Trimmtanks vorgeflutet und alle Checklisten abgearbeitet: Die PET-Flasche vor dem Bullauge hat übrigens einen wichtigen Zweck: die Sicht aus dem Innern ist nicht gerade sehr... sagen wir panoramisch. Beim «einparken» auf dem absenkbaren Gitterrost dient die Flasche als Marker, so kann an Hand dieser sowohl korrekte Höhe über dem Gitterrost, als auch die seitliche Ablage bestimmt werden. Oder sehr vereinfacht: wenn man die Flasche vorne raus sehen kann, liegt man richtig. Dann fährt man vorwärts und sobald die Flasche ans Bullauge schlägt, ist man auch in Längsrichtung an der korrekten Position, man stoppt und die Plattform kann gehoben werden. KISS-Prinzip in Aktion: keep it stupid simple... So, Deckel ist zu... Erst gibt es noch ein Safety Briefing und dann fahren wir rückwärts von der Plattform runter und öffnen die Tauchventile: Das Abtauchvideo habe ich leider verhauen, deshalb gibt es hier nur Standbilder… Auf einer Tiefe von etwa 5-6 Meter stoppen wir den Abstieg und schauen, was das Boot macht. Hier kommen wir nochmal zu den vertikalen Schrauben: das Boot wird aus Sicherheitsgründen etwas zu leicht getrimmt. Sprich, im Gegensatz zu dem was man erwarten würde, tauchen wir nicht über das Gewicht, sondern mit Motorkraft. Sollte der Antrieb (oder generell die elektrischen Systeme) ausfallen, würde das Boot so ohne weiteres Zutun von selber wieder auftauchen. Mit dem Stopp der Motoren wird also geschaut, ob sich das Boot tatsächlich so verhält wie gewünscht. Denn allzu leicht sollte es natürlich auch nicht sein. Ideal getrimmt ist, wenn das Boot so auftaucht, dass die halbe Kuppel der Einstiegsluke aus dem Wasser schaut. Klappt denn auch perfekt Aber nun tauchen wir weiter, es wird ernst. 17 Meter… Es wird schnell dunkel, wir schalten auf «mood lighting», welches eine bessere Ablesbarkeit der Instrumente bietet. Schon bei 40 Meter sieht man oben nur noch einen dunkelgrünen Schimmer: Gucken wir halt innen weiter – man ist ja schliesslich nicht jeden Tag in so einem Gefährt, da sollte auch das Interieur ausreichend gewürdigt werden. Es ist natürlich recht dunkel da unten, daher sind diese Fotos nicht wirklich pfefferscharf… Im Cockpit sind Instrumente verschiedener Generationen zu finden. Hauptsächlich kommen elektronische Mittel zum Einsatz, aber es gibt als Back-up immer noch einen grossen, klassischen Tiefenmesser, wie auch einige Manometer für die Druckanzeigen von Pressluftbehältern (zum anblasen der Tauchzellen, sollte es nötig sein) und der Sauerstoffflaschen (für die Atemluft). Stichwort Atemluft: hinter mir befinden sich diese drei «Büchsen». Dies sind die Kalkfilter, welche das ausgeatmete CO2 aus der Kabinenluft filtern. Sauerstoff wird dann aus den genannten Flaschen nachgeliefert. Der Vorrat reicht für 96 Stunden, das reicht also auch in einem Notfall lange genug, um eine Rettung zu gewährleisten. Alle paar Minuten ist zudem ein nervtötendes Piepen zu hören, zusammen mit einem Bildschirm, der eine rote Alarmmeldung zeigt: dies ist eine Totmannschaltung – quittiert der Pilot das Signal nicht innert weniger Sekunden, würde das Boot automatisch sofort und unumkehrbar einen Notaufstieg einleiten. Auch dies ist ein wichtiger Sicherheitsmechanismus. So, Halbzeit bis zum Grund ist durch – der linke der beiden grösseren Bildschirme zeigt die Tiefe unter dem Seespiegel, der kleinere noch weiter links die verbleibende Tiefe bis zum Grund, gemäss Sonar. Auch werden per Unterwassertelefon alle zehn Minuten die aktuellen Biodaten an die Mutterplattform gemeldet, also Sauerstoff- und CO2-Gehalt der Atemluft. Der gesamte Abstieg dauert etwa eine knappe halbe Stunde. Approaching minimums… Und wir landen einen Volltreffer! Das Boot ist ja wie schon angetönt, nicht wirklich dafür gebaut, längere Strecken unter Wasser zurückzulegen. Vielmehr kann es im Prinzip nur senkrecht runter und wieder hoch, plus etwas manövrieren vor Ort. Der Tauchspott muss daher schon oben mit der Plattform so genau wie möglich angepeilt werden. Auf dem Seitensicht-Sonar (auf dem Notebook) taucht unser Ziel in weniger als 20 Meter Distanz auf: Sieht das etwa nach einem Flugzeug aus? Richtig, ich habe es euch ja versprochen Es ist ein von den Eidgenössische Konstruktionswerkstätten Thun gefertigte C-35 der Schweizer Flugwaffe, die 1941 nach einer Kollision mit einer anderen Maschine hier in den See gestürzt ist. So eine war das (Link zu Wikipedia) Unser Pilot muss sich nun aufs höchste konzentrieren und das Wrack nach Sonar anfahren. Die Sicht ist leider ziemlich schlecht, mehrere Unwetter in den letzten Wochen haben viel Dreck in den See gespült. Sogar Herr Epelbaum meint, so eine Suppe habe er auch noch selten gesehen… Sonst wäre es hier unten eigentlich relativ klar, da sich die Wasserschichten nur sehr wenig vermischen. Die Atmosphäre an Bord ist denn auch recht gespannt, alle starren wie gebannt aus dem (übrigens 14 Zentimeter dicken) Bullauge: DA! Ist da etwas? Tatsächlich, da liegt es Dies war mal das Cockpit: Wir fahren langsam und vorsichtig dem Rumpf entlang nach hinten, wo sich das Maschinengewehr des Beobachters/Bordschützen befindet: Gruslige Überreste gibt es hier im übrigen nicht zu finden – die Crew konnte mit dem Fallschirm abspringen. Leider hat nur der Beobachter überlebt, der Pilot ist unglücklicherweise ertrunken bei einem gescheiterten Versuch, ihn aus dem Wasser zu fischen Wir bewegen uns weiter zum Heck, immer mit grösster Vorsicht. Einerseits will man natürlich nicht mit dem Wrack kollidieren, zum anderen können zu starke Manöver mit den Propellern Schlamm aufwirbeln und dann wäre die sonst schon nicht so gute Sicht endgültig bei null. Dann kann man gleich abbrechen. Nicht zu unterschätzen ist auch, dass es einiges an Bodenströmungen hat, die man ausgleichen muss. Mehr als einmal muss der Pilot mit einem kräftigen Stoff mit den Schrauben das Boot sicherheitshalber vom Wrack wegdrücken. Und zack, ist man 15 Meter weg und darf von vorne anfangen… Das Seitenleitwerk kommt in Sicht: Joa, etwas Oratex und das Ding fliegt wieder… Einmal mehr müssen wir uns neu heranschpirschen, diesmal auf der Steuerbordseite, wo ein Teil des Flügels sichtbar ist: Wir kommen noch einmal am Seitenleitwerk vorbei… ...bevor dann tatsächlich nur noch Mehlsuppe angesagt war. Wir sind aber auch schon eine gute halbe Stunde hier unten und müssen uns eh langsam Gedanken ans auftauchen machen. Bisschen Selfie-Time muss dann schon noch sein Auch das auftauchen dauert wiederum etwa eine halbe Stunde, totale Tauchzeit war denn auch bei ca. 90 Minuten. Ein grüner Schimmer wird in der Ausstiegsluke sichtbar: In 15 Metern Tiefe stoppen wir den Aufstieg für ein weiteres Sicherheitsverfahren: das Boot wird stabilisiert, dann wird ein Luftstoss aus den Pressluftflaschen ins Wasser gegeben. Die aufsteigenden Luftblasen zeigen der Besatzung der Mutterplattform, wo sich das U-Boot befindet und damit auch wo es auftauchen wird. So wird einerseits sichergestellt, dass sich nicht zufällig ein anderes Schiff über der Auftauchstelle befindet. Zum andern würde offensichtlich, wenn sich die Mutterplattform zu weit weg befinden würde. Dann können sich die auch schon einmal positionieren. Wir tauchen daher erst ganz auf, wenn die Luftblasen an der Oberfläche sind und von der Crew an der Oberfläche das «klar zum Auftauchen» gekommen ist. Das Video vom Auftauchen habe ich zum Glück nicht auch noch verhunzt Auf dem Notebook wird nun vom Sonar auf die Aussenkamera umgeschaltet, so dass man die Plattform anfahren kann: Der Gitterrost ist gut zu sehen, da müssen wir drauf: Und die berühmte PET-Flasche gibt uns das letzte Quäntchen Präzision beim einparken: Wir werden von der Plattform aus dem Wasser gehoben - engines shut down, parking brake set, cabin crew disarm slides, oder so ähnlich… Beim öffnen der Ausstiegsluke gibt es dann noch einen kleine Druckausgleich. Nicht durch das Tauchen, die Hülle verformt sich bei 30 Bar (dem Druck in der maximal zulässigen Tauchtiefe von 300 Metern) gerade mal im sub-Mikrometer-Bereich. Aber wir fünf Menschen an Bord haben die Innenluft etwas erwärmt. Wer in Füsick oder wie das heisst, gut aufgepasst hat, weiss jetzt natürlich, dass sich warme Luft ausdehnt. Aber wohin, wenn die Hülle keinen Mikrometer nachgibt? Dann erhöht sich eben der Innendruck, bei uns waren es doch ca. 12 Millibar, die ausgeglichen werden wollten. Knackte kurz in den Ohren… Und dann hat das Abenteuer leider auch schon wieder sein Ende gefunden und ich entsteige dem Tauchgerät – nicht ohne ein paar abschliessende Cockpit-Shots natürlich: Der dunkle Hebel ganz rechts ist eines der Tauchventile, während die Schalter auf der Konsole gleich rechts des Bullauges die Bedienung für die einzelnen Schrauben sind. Linkerhand finden sich nebst dem Notebook des Sonars auch noch weitere Tauchventile so wie ein Teil der Notfall-Sauerstoffversorgung: Und dann ist es leider so weit – yours truly beim aussteigen (okay, das war etwas gestaged…) Ein Blick zurück auf die P-63... …wir verlassen mit dem Shuttleboot die Plattform wieder… ...und sind nur wenige Minuten später wieder in Gersau: Und nun? Ich schreibe es zum dritten Mal – ein erfüllter Bubentraum! Eine ganz und gar geniale Sache!!! Danke an dieser Stelle auch an Philippe Epelbaum und sein Team bei SubSpirit, die es Otto Normalbootfahrer ermöglichen, so ein Abenteuer zu erleben! Bloss jetzt habe ich ein Problem: wo soll es zum Fünfzigsten hingehen? Bleibt eigentlich nur der Weltraum, aber ein Flug mit New Shepard von Blue Origin ist dann finanziell doch nochmal eine ganz andere Liga Wer noch mehr über das Boot und dir Firma dahinter erfahren möchte: https://www.subspirit.ch/ Und nein, ich bekommen wirklich kein Geld dafür: aber wer mal etwas wirklich spannendes und aussergewöhnliches erleben will, dem kann ich das nur zur Nachahmung empfehlen!
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