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  1. Die Vorgeschichte 38 Jahre… So viele Jahre unterrichtete ich zahllose Jugendliche unterschiedlichster Herkunft in einer aargauischen Realschule; nach einer technischen Ausbildung in den 60er-Jahren hatte ich mich 1975 zum Pädagogen ausbilden lassen. 2013 war die Zeit für meinen Abschied gekommen. Ich sehe es als Geschenk an, dass ich während der letzten vier Jahre noch eine sehr angenehme Klasse führen durfte. Deren Klassengeist war geprägt von herzlicher Wärme und einer aussergewöhnlichen Sozialkompetenz. Zu meinem Abschied schenkte mir die ebenfalls austretende Klasse einen Flug von Swiss Helicopter AG, den ich erst noch selber aussuchen durfte. Aus verschiedenen Gründen dauerte es bis April 2015, bis ich das Geschenk einlösen konnte. Auf der Website von Swiss Helicopter fand ich in diesen Tagen unter dem Standort «Pfaffnau» ein Angebot, das mich sowohl als ehemaligen Geografielehrer als auch als Fotograf begeisterte: «Matterhorn, Walliser- und Berner Alpenflug, inkl. einer Landung auf dem Kanderfirn oder dem Petersgrat-Gletscher», Flugdauer 95 Min. Na, wenn das kein tolles Angebot ist! Dass sich der gesamte Flug schliesslich auf drei Stunden ausdehnen würde und eine weitere Zwischenlandung eingeplant war, wusste zu dem Zeitpunkt keiner der Passagiere. Mitte April kam die Schweiz in den Genuss einer langen Schönwetterperiode. Also schnell zum Telefon gegriffen. Eine nette Stimme auf der anderen Seite. Ja, das Angebot sei aktuell. Ob ich morgen Zeit hätte? Hatte ich. Schnell das Wichtigste geklärt. Um 9 Uhr sollte es losgehen. Gutes Schuhwerk, Sonnenbrille, Fotoausrüstung und Jacke. Mehr sei nicht nötig. Alles klar? Alles klar. Es blieb nur noch, mich auf den morgigen Tag zu freuen. Von Pfaffnau ins Wallis Der Dienstag beginnt strahlend; er sollte wettermässig der schönste Tag des noch jungen Jahres werden. Viertel vor neun Uhr sind bereits alle, die mitfliegen wollen, beim Heliport im Industriequartier von Pfaffnau versammelt: Simon, der junge und aufgestellte Pilot von Swiss Helicopter, die Passagiere Rolf aus Zofingen und seine Tochter, Josef aus dem Luzernerland sowie der Aargauer Dani mit seinen zwei Kameras. Unser Fluggerät ist ein Eurocopter EC 120B Colibri mit der Registration HB-ZFM, ein moderner und leiser Drehflügler, von dem Swiss Helicopter zurzeit 6 Stück betreibt. Die geräumige Kabine bietet uns vier ausgewachsenen Personen bequem Platz. Des Fotografierens wegen darf ich die erste (über einstündige) Teilstrecke vorne links Platz nehmen. Von hier ist die Rundumsicht schlicht grossartig. Wenige Minuten vor neun Uhr werden die Flugvorbereitungen abgeschlossen. Alle sind angeschnallt und tragen das Headset. Die interne Kommunikation klappt. Zulu-Foxtrott-Mike kann abheben. Aus Lärmschutzgründen bewegen wir uns direkt dorfauswärts, dem nahen Wald zu. Mit etwas mehr als 105 Knoten und einer beständigen Steigleistung von rund 500 Fuss/Minute überfliegen wir in den ersten Minuten das hügelige und liebliche Luzerner Mittelland Richtung Napf. Im Grenzgebiet der Kantone Luzern und Bern wird die Landschaft zusehends gebirgiger. Bei einem Blick aus dem rechten Fenster lässt sich in der Ferne die Stockhornkette erkennen. Unter uns das Napfbergland: Die Stächeleggflue mit dem Änziloch und der Stächelegg auf der Höhe Eine bekannte Entlebucher Gemeinde: Escholzmatt LU Mittlerweilen sind wir den Schneebergen mächtig nahegerückt. In wenigen Augenblicken werden wir die Schrattenfluh überfliegen. Hinten erkennen wir das Tannhorn, dann das Faulhorn, und auch die Eigernordwand lässt sich bereits ausmachen. Hinter dem kantigen Riedergrat taucht der wie immer schön blau-grün leuchtende Brienzersee auf. Im Vordergrund liegt der Männlichen mit seinen Schneesportanlagen, der Gondelbahn-Bergstation und dem Restaurant im Morgenlicht. Auf den Skipisten läuft hier Mitte April 2015 nichts mehr. Hinter dem Männlichen erkennnen wir das Lauterbrunnental, darüber das Breithorn und die Tschingelhörner. Simon steuert unseren Eurocopter direkt auf die Nordseite des Eigers zu. Diese Wand sprinteten Dani Arnold und Ueli Steck in jeweils weniger als drei Stunden hoch. Noch immer steigen wir mit 500 Fuss pro Minute kontinuierlich. Vorne rechts erscheint das Jungfraujoch im Blickfeld. Auf diesem Bild lässt sich seine Rolle als Sattel zwischen Jungfrau und Mönch gut erkennen. Stolz thront «Top of Europe» über dem Aletschgletscher. Noch ist wenig Betrieb auf der Terrasse. Das wird sich jedoch in den nächsten Wochen stark ändern. Dahinter lässt sich das Eggishorn erkennen, und wer gut hinschaut, sieht sogar die Bergstation der Eggishorn-Bahn. Hier oben, hinter den getönten Scheiben des Restaurants Crystal, durfte ich meinen 60sten feiern. Ein unvergessliches Erlebnis! Schnell erreichen wir den Grossen Aletschgletscher, den flächenmässig grössten und längsten Gletscher der Alpen mit dem Konkordiaplatz im Zentrum. Während wir markante Felsen der Berner Alpen überfliegen, sehen wir bereits in der Ferne Weisshorn und Matterhorn in den Himmel ragen. Wird noch ein Weilchen dauern, bis hier der Schnee auch geschmolzen ist. Mal wieder etwas Grün zwischendurch: Visp, am Eingang zu den Südtälern Mattertal und Saastal. Nun gerät der höchste Berg, der ganz auf Schweizer Boden steht, in unser Blickfeld: der Dom (4545 m ü.M). Schön ist auch die Lenzspitze zu sehen. Niemand an Bord kann sich dem Bann der hochalpinen Bergwelt, in der wir uns hier befinden, entziehen. Die Ski-Arena von Saas Fee; daneben erhebt sich mächtig das Mittaghorn. Die Erschliessung des Tales für den Tourismus verändert die Landschaft. Breites Angebot für Wintersportler unterhalb des Allallinhorns (4027m ü.M.) Die Schraube ums Matterhorn Via Gornergrat gelangen wir nun vom Saastal ins Mattertal und geniessen eine tolle Ansicht DES Schweizer Berggipfels, dem Matterhorn. Die wolkenfreie Ansicht heute weiss ich sehr zu schätzen, bedeckt doch häufig bereits am Morgen, auch an sonnigen Tagen, ein Nebeldegen die Ostwand. Wegen dieses Anblicks reisen Touristen aus der ganzen Welt nach Zermatt. Kein Wunder, wie ich meine. Bereits 1959 wurde im Disneyland Resort in Kalifornien eine Nachbildung des Matterhorns im Massstab 1:100 eröffnet. Der markante pyramidenförmige Gipfelkopf diente unter anderem der Schokoladenfirma Tobler als Muster für ihre Toblerone. (Quelle: Wikipedia) 2014 veranstaltete «Virgin»-Gründer Richard Branson das Charity-Event «Virgin Strive Challenge» per Fahrrad, Kanu und zu Fuss von London bis aufs Matterhorn. Sein Sohn Sam erreichte begleitet von zwei Bergführern mit stechenden Kopfschmerzen und vollkommen desorientiert den Gipfel und musste per Helikopter vom Matterhorn zu Tal geflogen werden. Vater Richard beobachtete die Ereignisse aus einem Helikopter. (Quelle: Wikipedia) Bergsteiger erreichen den Gipfel meistens über den Nordostgrat (Hörnligrat), nachdem sie in der Hörnlihütte (roter Kreis) übernachtet haben. Immer noch im Steigflug begriffen beginnen wir nun das «Horu» ein erstes Mal zu umrunden. Noch befinden wir uns weit unterhalb des Gipfels, geniessen aber eine gute Sicht auf die Nordwand. Während diese, die West- und die Ostwand auf schweizerischem Staatsgebiet liegen, gehört der südliche Bereich zu Italien. Endlich einmal kann ich, dank diesem Flug – als Nichtbergsteiger – die Solvayhütte aus der Nähe betrachten. Von der Hörnlihütte her ist sie schlecht einsehbar. Die Notunterkunft auf 4003 m ü.M. darf für die Nacht nur im Abstieg benützt werden, steht schon im Hüttenbuch des SAC im Jahre 1931. Sie bietet zehn Schlafplätze und ist mit einem Funktelefon ausgerüstet. Simon steuert den Colibri eng der Wand entlang. Hier der weite Blick nach Westen. Bald haben wir das Matterhorn ein erstes Mal umrundet. Hier blicken wir gegen Norden. Der grössere der beiden Berge rechts ist das Weisshorn. Unmittelbar links davon ist das Zinalrothorn zu sehen und noch weiter links das Obergabelhorn (unser Pilot kennt die Berge auf der ganzen Route wie seine Hosentasche; vielen Dank, Simon, für deine Erläuterungen!) Wir nähern uns auf der zweiten Umrundung dem Gipfel, befinden uns hier bereits wieder auf der Südseite. So bietet sich uns ein feiner Blick auf Breuil-Cervinia und das Valtournenche. Die Höhe ist geschafft! Wir befinden uns auf 4478 m ü.M. und überschauen den gesamten Gipfelgrat, d.h. sowohl die italienische Seite wie auch die schweizerische. Das Gipfelkreuz befindet sich übrigens auf der italienischen. Der Blick gegen Nordwesten. Imposant wirkt von hier aus auch die Schroffheit der Südseite. Kurz vor Vollendung unserer zweiten Umrundung können wir noch einmal, tief unter uns, die Solvayhütte inmitten des Nordostgrates zu erkennen. Gletscherlandung auf dem Petersgrat Nun aber ist es Zeit, uns auf den Rückweg zu machen. Immerhin haben wir ja noch eine Gletscherlandung vor uns. Vor uns zeigen sich die Dom-Gruppe, das Zmutt- und das Mattertal mit Zermatt sowie links das verschneite Höhbalmen. Im besten Licht ragt das Zinalrothorn vor uns in den Himmel. Auf grössere Distanz sehen wir bereits von hier den Petersgrat jenseits des Walliser Haupttales. Beim Überfliegen des Rhonetales bietet sich Gampel Steg als lohnendes Fotosujet an. Deutlich ist rechts oben die kurvenreiche Strasse Richtung Lötschental zu sehen. Wenige Minuten später sind wir bereits im Anflug auf den Petersgrat (3100 m ü.M.) Mit uns ist nur der Schatten. Simon steuert den Colibri auf die kleine Flagge zu, die einsam aus dem Schnee ragt. Nach dem Aussteigen entdecken wir erst, welch tolle Rundsicht sich hier oben bietet: Im Süden glänzt der weite Kranz der Walliser Alpen, im Norden blicken wir ins schneefreie Lötschental hinunter. Wir freuen uns ob dieses gelungenen Zwischenhaltes wie die Schneekönige. Kann es etwas Schöneres geben als bei diesem Wetter jetzt hier an diesem Ort zu sein? Wir haben das riesige Schnee- und Eisfeld ganz allein für uns und geniessen die Zeit hier oben in vollen Zügen. Unser Pilot Simon vor seinem Heli. So wie wir gerade jetzt empfinden, muss er einen absoluten Traumberuf haben, obwohl er betont, Piloten seien «nur Chauffeure». Kaffeehalt im Kemmeriboden-Bad und Rückkehr nach Pfaffnau Wie sich alle satt gesehen haben, geht der Flug weiter. Ich sitze nun hinten in der Mitte und fokussiere mich auf die Sicht nach vorne. Inmitten der Berner Alpen gelangen wir an diese enge Stelle zwischen Gspaltenhorn links und Tschingelspitz rechts. Die Routenwahl auf diesem Flug überzeugt voll: Immer wieder streifen wir bekannte Orte, hier zum Beispiel das Drehrestaurant auf dem Schilthorn. James Bond grüsst von der Terrasse. Am Seeende liegt Thun. Auch hier oben ruht man von der Wintersaison aus und bereitet sich auf den Sommer vor. Bald darauf befinden wir uns über Interlaken. Gut zu sehen sind der Bahnhof West und die Anlegestelle für die Thunerseeschiffe. Mittlerweile ist es zwanzig vor elf geworden. Und nun überrascht uns Simon mit der Frage: «Was meint ihr zu einem Kaffeehalt im Kemmeriboden-Bad?» Alle sind begeistert, und es wird diskutiert, ob vielleicht ein Meringue – das Kemmeriboden-Bad ist berühmt dafür – drin liege. Wir werden sehen. Nach wenigen Minuten erblicken wir das Gehöft bereits unter uns und setzen zur Landung an. Auf der Wiese neben der Hotelanlage stellt Simon den Eurocopter ab. In Anwesenheit einiger leicht frustrierter Hotelgäste begeben wir uns an einen Tisch im Freien. Total friedlich hier! Rolf und ich können der Versuchung nicht widerstehen und ordern nebst dem Kaffee ein «kleines» Meringue. Als es dann aufgetischt wird, stellen wir allerdings fest, dass der Begriff «klein» nicht überall gleich verstanden wird. Egal, schmecken tut es köstlich. Nach einer kleinen Fotosession vor dem Hotel gehts mit erneut veränderter Sitzzuteilung an die letzte Flugetappe, schliesslich zeigt die Uhr bereits viertel vor zwölf an. Schnell gewinnt der Colibri an Höhe und wir können das Bumbachtal, durch das man zum Bad gelangt, gut überblicken. Rechts steigt das Gelände zur Marbachegg empor. Wenig später überfliegen wir auf direktem Nordkurs das Tal der Kleinen Emme und das Napfbergland, ebenso Zell LU (hier im Bild), einige Kilometer nordwestlich von Willisau. Solche Siedlungen zeigen an, dass wir uns bereits wieder über dem Mittelland befinden. Wir sind mehr oder weniger im Endanflug auf Pfaffnau. Der Hof Liebigen gehört zur aargauischen Gemeinde Brittnau. Gleich hinter dem Hof geht die Kantonsgrenze AG/LU durch. Wenige Minuten vor zwölf Uhr setzen wir beim Heliport auf. Bald sind die Gurten gelöst, die Headsets abgelegt und wir stehen auf festem Grund. Alle sind erfüllt vom Erlebten. Simon ist die Anstrengung der vergangenen Stunden anzusehen. Es folgt eine letzte kleine Fotorunde, bei der ein weiterer Mitarbeiter von Swiss Helicopter dafür sorgt, dass es auch Bilder mit allen Beteiligten drauf gibt. Nach dem Begleichen der Kosten verabschieden wir uns vom gastlichen Personal des Heliports und treten die Heimreise an. Fazit Schon beim Durchlesen des Angebotes von Swiss Helicopters Pfaffnau hatte mich die Idee und das, was geboten werden sollte, in Bann geschlagen. Die Realität übertraf jedoch die Erwartung dann noch bei weitem. Der Eurocopter 120B erwies sich mit seiner geräumigen Kabine und der hohen Reisegeschwindigkeit als ideales Fluggerät. Als besonders angenehm schätzte ich die geringe Geräuschentwicklung dieses modernen Drehflüglers. Klein, aber fein: das Seitenfensterchen zum Öffnen, ideal für Fotografen. Mit Simon hatten wir einen Piloten, der sehr auf unsere Wünsche einging, sich viel Zeit nahm und sich als versierter Geografiekenner und Helikönner erwies. Mit ihm und Swiss Helicopter würde ich jederzeit wieder in die Lüfte abheben. Damit findet der Bericht von einem wunderschönen Heliflug seinen Abschluss. Gruss Dani
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